SPON: Wie Merkel die Verkehrswende torpediert

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c-a-b
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Beitrag von c-a-b »

SPON regt sich völlig zu Recht über die Unfähigkeit der Regierung auf, eine ökologische Trendwende im Verkehr einzuleiten und dabei lieber wie gewohnt auf ihre Klienten aus Luftverpestern und Wirtschaftslenkern setzt. Politik von Vorgestern einer ideenlosen Klimablenderin!
Das schwarz-gelbe Sparpaket befördert die Verkehrspolitik von vorgestern: Es schröpft die Bahn und belohnt PS-Protzerei. Merkels Regierung begreift nicht, wie groß ihr Gestaltungsspielraum gerade in Zeiten des Sparzwangs ist. So behindert sie die Entwicklung intelligenter Mobilitätskonzepte.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Der Verfasser dieses Artikels auf SPON scheint wohl gerade an der MPU gescheitert zu sein :D
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Bogestra
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Beitrag von Bogestra »

Eigentlich ist der Ansatz doch gar nicht so verkehrt: Die Verkehrssparten der DBAG zahlen ihrem Eigentümer eine marktgerechte Dividende. Und davon werden dann Schienenprojekte mitfinanziert. Aber anstatt das Geld da wieder auszugeben, stopfen sie einfach nur Haushaltslöcher.

Aber wer weiß, ob diese Regierung 2011 überhaupt noch im Amt sein wird. Das einzige, was die jahrelang heißersehnte Wunschkoalition noch zusammenhält ist das Festhalten an Posten und die Angst (vor allem der FDP) vor massivem Schrumpfen der Fraktion.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Vieles im Artikel ist richtig und gut beobachtet aber ich denke es greift zu kurz, die ganze Misere auf die Bundesregierung zu schieben, so schlecht deren Performance auch ist.
Die Autolobby hat ihr besten Freunde auch in der Provinzfürsten, wie auch Kurt Beck der allein mit der SPD regiert. auch die Grünen schaden der Bahn oft, in dem sie zwar grundsätzlich für die Bahn sind, aber dann doch lieber ne blauflügelige Heuschrecke retten wollen oder ein Verkehrsplanungsbüro bestehend aus einem Psychologen und einem BWLer ein drittes Alternativgutachten zustehen wollen.
Die Linken brauche ich nicht erwähnen, die wollen Bahnfahren billiger machen wie Benzin und 500 andere Dinge auch; pseudogegenfinaziert durch eine Vermögenssteuer.

Was mich total wundert, ist dass der deutschen Politik die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit international kaum mehr auffält, ausser ein paar ölemiraten setzt niemand mehr weltweit auf Straßenbau (abgesehen von Regionen wie Irak und Afghanistan, die echte Aufbauarbeit zu leisten haben). Das Auto sowie seine Ablegen LKW und Panzer haben das 20. Jahrhundert entscheidend geprägt aber werden im 21 Jahrhiundert sicherlich rapide an Bedeutung verlieren. Interessant ist dabei ja auch der Blick auf die Bundeswehr die sicherlich eine der stärksten Panzerwaffen der Welt hat, in Afghanistan aber nicht zuletzt wegen mangelhafter Ausrüstung hilflos erscheint.
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Bogestra
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Beitrag von Bogestra »

Wir brauchen weiterhin Straßen und auch deren Finanzierung muß durch den Staat erfolgen. Die Bahn ist auch als solche nicht unterfinanziert, es wird falsch ausgegeben (wie Du sagtest, lieber noch nen befreundetes Planungsbüro mit nem Drittgutachten beauftragen, erst Geld für Verbesserungen von Bahnhöfen ausgeben und dann die gestiegenen Stationsgebühren bezahlen etc.), da kommt dann so ein Desaster bei raus.

In Rheinland-Pfalz haben lange Jahre SPD und FDP "Seit an Seit" regiert und in meinen Augen wird da auch guter SPNV gemacht. Es ist aber fraglich, ob das an der rot-gelben bzw. SPD-Alleinregierung liegt oder ob man nicht einfach nur gute Leute in den Aufgabenträgern hat. Vor allem auch, weil man beim Wegfall überregionaler Züge hart geblieben ist. Anstatt IR- bzw. demnächst IC-Ersatzleistungen zu bezahlen, legt man den Fokus weiterhin auf Flächenerschließung.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung traut sich ja schon was: Der DBAG eine Dividende abzuverlangen, das hätte rot-grün bestimmt nicht hingekriegt. Ich halte es nach wie vor für richtig, die Infrastruktur auch aus den Verkehrssparten zu finanzieren, in der mehrjährigen Planungen müssen Gewinnausschüttungen sowieso geplant gewesen sein.

Eins noch: Es sagen immer alle, die Bahn habe keine Lobby. Als dann vor ein paar Wochen das Gutachten des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen rausgekommen ist, in dem auf Mißwirtschaft hingewiesen wurde, da hat sich die Bahnlobby gezeigt, die ist Sturm gelaufen gegen die Forderung, auch nur einen müden Euro nach Wirtschaftlichkeit zu verteilen. Zugegeben, ganz falsch ist es nicht, es hat ja wenig Zweck, dem VRR (wer einen Aufgabenträger kennt, der größeres Mißmanagment betreibt, möge schreien) in der jetzigen Situation noch Geld wegzunehmen.

Zum Thema Straße: Gucken wir z.B. mal nach Bochum. Wir haben hier eine Südumfahrung, den Bochumer Autobahnring, die NS7. Die beginnt und endet an normalen Straßen. Sowohl zur A40 in Gerthe und Stahlhausen als auch zur A44 in Laer muß man über Stadtstraßen fahren. So ein typisches Projekt aus den 70ern: Gebaut bis das Geld alle war. Um für eine solche autobahnähnliche Straße, die schon da ist, den maximalen Nutzen zu ziehen, braucht man drei Dinge: Die Heranführung in Stahlhausen an die A40, die Heranführung in Gerthe an die A40 und die "Opel-Spange", die Heranführung der A44 in Laer an die NS7. Damit entlastet man die Stadtstraßen und hat einer vorhandenen Autobahn endlich geholfen, den Nutzen zu bringen, den sie zu bringen in der Lage ist. Pauschal "alle Straßenbauprojekte absagen" ist genauso falsch wie pauschal alle Schienenbauprojekte abzusagen. Das hat Oliver Wittke nach seinem Amtsantritt gemacht.
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Beitrag von JNK »

Es ist ja nichts dagegen zu sagen, wenn man geplante Lückenschlüsse verwirklicht, wenn sie wirklich dafür sorgen, den Verkehr zu entlasten. Allerdings wissen wir ja auch, dass jeder neue Meter Straße neuen Verkehr generiert.

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Bogestra
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Beitrag von Bogestra »

Das ist auch was, das sich leicht dahersagt: "Jeder Meter Straße sorgt für mehr Autos". Das passiert eben nicht zwingend, wenn man Lücken schließt, Nadelöhre erweitert etc. Im Gegenteil: Wenn Du eine durchgehende Autobahn vom Kreuz DO/WIT bis BO-Stahlhausen hast inklusive Stichstrecke nach BO-Gerthe, dann hast Du im Endeffekt wahrscheinlich weniger Verkehrslärm, Stau und Emmissionen als vorher, eben weil solche Strecken dann entsprechend angebunden sind.

Auf der anderen Seite muß man aber sagen, daß gerade im VRR noch jede Menge Autoverkehr eingespart werden könnte, wenn denn der Aufgabenträger mal vernünftig arbeiten würde.
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Beitrag von Hot Doc »

Bogestra @ 19 Jun 2010, 13:19 hat geschrieben: Das ist auch was, das sich leicht dahersagt: "Jeder Meter Straße sorgt für mehr Autos". Das passiert eben nicht zwingend, wenn man Lücken schließt, Nadelöhre erweitert etc.
Doch genau das passsiert in nahezu 100% der Fälle, und gerade bei Lückenschüssen und erweiterten Nadelören steigen die Verkehrszahlen besinders drastisch. (Beispiel: Richard-Strauss-Tunnel in München. Der hat mehrere Nadelöre in Form von Ampeln beseitigt und der Verkehr ist um rund 50% gestiegen.) Das einzige wo man darüber reden kann sind Ortsumfahrungen, obwohl auch die immer mit steigenden Verkehrszahlen einhergehen und schon für viele Ortschaften wirtschaftlich das Aus bedeutet haben.
[
QUOTE]Im Gegenteil: Wenn Du eine durchgehende Autobahn vom Kreuz DO/WIT bis BO-Stahlhausen hast inklusive Stichstrecke nach BO-Gerthe, dann hast Du im Endeffekt wahrscheinlich weniger Verkehrslärm, Stau und Emmissionen als vorher, eben weil solche Strecken dann entsprechend angebunden sind.[/QUOTE]
Da zigen einfach alle Beobachtungen das Gegenteil. Selbst wenn nach der Fertigstellung ein solcher Effekt erstmal auftritt, ist der durch Umstellungsprozesse in wenigen Jahren aufgebraucht und verkehrt sich ins Gegenteil.
Da würde auch der autoaffinste Verkahrsplaner nicht wiedersprechen, aber der führt hat den jetztigen Stau als Gegenargument an und den meisten ist halt das Hemd näher als die Hose - oder anders: die meisten wollen schlicht nicht ein paar Jahre im Voraus denken und hoffen, dass sich die Probleme dann schon irgendwie lösen lassen werden. Dass oft die Bauzeit mit meistens noch mehr Stau länger dauert, als die Zeit nach der Eröffnung, wo man echte Vorteile davon hat bis das Verkehrsaufkommen weiter angestiegen ist, das mag keiner sehen.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Das Straßen Verkehr generieren ist schon richtig. Wo keine sind, kann auch kein Verkehr stattfinden. Das Aussage, dass mehr Straßen auch mehr Verkehr generieren geschieht aber vor dem Hintergrund, dass die Transportleistungen ohnehin steigen. Oder anders ausgedrückt, mit dem Autobahnnetz von 1960 wäre das heutige Transportvolumen gar nicht zu bewältigen.

Die von Bogestra genannten Lückenschlüsse in Bochum sind dringend notwendig, um die A40 zwischen Bochum-Stahlhausen und Bochum-Gehrte sowie die A43 zwischen dem Kreuz Bochum/Witten und dem Kreuz Bochum zu entlasten. Der Anschluss der L705 zur A40 ist derzeit im Bau, für die so genannte Opel-Spange besteht seit kurzem Baurecht.

Vor dem Hintergrund, im Jahr 1951 kostete ein Liter Benzin 0,3289 € (0,649 DM), heute sind es 1,409 € (2,749 DM). Die Mineralölsteuer betrug damals 0,156 € (0,305 DM), heute sind es 0,883 € (1,726 DM). Die Mineralölsteuer hat sich in diesem Zeitraum um 566% erhöht. Ein Vielfahrer, der im Jahr 60.000 Km fährt, zahlt bei einem Durchschnittsverbrauch von 7 Litern/100 Km einen Betrag von 7.253 € an Mineralölsteuer. Ach ja, jeder Sprinter in meiner Firma bringt es auf mehr als 56.000 € Mineralölsteuer pro Jahr. Macht zusammen genommen ca. 1.500.000.

Um den Bogen jetzt zur Eisenbahn zu schlagen, diese wäre auch mit einem (Stand 1960) zehn mal größerem Schienennetz nicht in der Lage, das Transportvolumen zu bewältigen. Vor allem auf den Hauptrouten und in Ballungsräumen käme es zum Zusammenbruch.

Dennoch ist der Ausbau der Eisenbahninfrastruktur notwendig, vor allem vor dem Hintergrund der Güterverkehrsvorrangsverordnung der EU. Es müssen verdammt noch mal eigenständige Güterzugtrassen her.
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c-a-b
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Beitrag von c-a-b »

Damals gab es auch noch weit mehr Strecken als heute, viele Nebenstrecken die vom regionalen Güterverkehr lebten und dann aufgrund der besseren Straßenausbauten unwirtschaftlich wurden. Merkst du was? Da beisst sich der Hund in den Schwanz! Wären seit damals die Bahnstrecken besser ausgebaut worden als die Straßen, dann wäre heute noch der Güterverkehr mehr auf der Schiene zu Hause und viele ökologische Dummheiten wären wohl erst gar nicht passiert!

So entschied man sich aber für das was heute Realität ist: Die Bahn verkommt und die Straßen sind der ewig rollende Lagerplatz von halb Europa!
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Beitrag von Rohrbacher »

Vor dem Hintergrund, im Jahr 1951 kostete ein Liter Benzin 0,3289 € (...) Die Mineralölsteuer hat sich in diesem Zeitraum um 566% erhöht
Hast du es schonmal mit der Kaufkraft gegengerechnet? Ähnlich wie bei den Bahntickets (hab' ich hier mal irgendwo ausgerechnet) müsste dann nämlich rauskommen, dass das der Sprit betrachtend den Zeitraum 1951 bis heute billiger geworden ist. In den 80ern und f90ern war vermutlich der absolute Tiefpunkt, erst seit etwa 2000 steigen die Preise wirklich etwas. Betonung auf etwas, also man muss im Schnitt für einen Liter Sprit etwas mehr arbeiten als in den 80ern und 90ern.

Ansonsten kann ich es dir auch in Reichsmark, Butter während der Inflation 1929 oder römische Sesterzen umrechnen. Das ergibt sicher schöne Zahlen für einen BILD-Titel, sagt aber über irgendwelche Steigerungen rein gar nichts aus. :rolleyes:
Um den Bogen jetzt zur Eisenbahn zu schlagen, diese wäre auch mit einem (Stand 1960) zehn mal größerem Schienennetz nicht in der Lage, das Transportvolumen zu bewältigen.
Behauptung. Beweis?
Es müssen verdammt noch mal eigenständige Güterzugtrassen her.
Nicht nur. Es müssen verdammt noch mal mehr Trassen her. Wie man die verteilt, kommt auf den Einzelfall an.
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 19 Jun 2010, 17:15 hat geschrieben: Das Straßen Verkehr generieren ist schon richtig. Wo keine sind, kann auch kein Verkehr stattfinden. Das Aussage, dass mehr Straßen auch mehr Verkehr generieren geschieht aber vor dem Hintergrund, dass die Transportleistungen ohnehin steigen.
Also die Aussage dass neue Straßen Verkehr anziehen geschieht natürlich vor dem Gesichtspunkt, dass der Verkehr allgemein wächst, aber man kann eben darüber hinaus noch eine signifikante Steigerung ausmachen.
Oder anders ausgedrückt, mit dem Autobahnnetz von 1960 wäre das heutige Transportvolumen gar nicht zu bewältigen.
Um en noch mal anders auszudrücken. Ohne einen solch gigantischen Ausbau des Autobahnnetzes, hätte man andere Verkehrswege mehr benutzt und hätte sich evtl. besser überlegt ob bestimmte Transporte wirklich notwendig sind. Die Transpotleistung wäre schlicht nicht so hoch. Wozu müssen z.B. Krabben nach Marokko zum Pulen über subventionierte Autobahnen gefahren werden, oder italienische Tomaten nach Holland und andersrum. Oder Milch aus Deutschland zum Joghurt machen nach Italien.
Das ganze funktioniert nur, weil der LKW-Verkehr viel zu billig ist, für die Probleme die er auslöst. Wir waren in einem anderen Thema (Energien) schon mal an einem ähnlichen Punkt: Das ganze ist Vernichtung von Wohlstand, da es Subventionen sind, die keinen gesellschaftlichen Nutzen haben und nebenbei noch unsere Umwelt stark belasten.
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Beitrag von Electrification »

Was her muss ist eine unabhängige Infrastrukturgesellschaft, das Netz und die restliche Infrastruktur gehört nicht in DB-Hand. Infrastruktur ist eine staatliche Hoheitsaufgabe.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

c-a-b @ 19 Jun 2010, 17:23 hat geschrieben:Damals gab es auch noch weit mehr Strecken als heute, viele Nebenstrecken die vom regionalen Güterverkehr lebten und dann aufgrund der besseren Straßenausbauten unwirtschaftlich wurden. Merkst du was? Da beisst sich der Hund in den Schwanz! Wären seit damals die Bahnstrecken besser ausgebaut worden als die Straßen, dann wäre heute noch der Güterverkehr mehr auf der Schiene zu Hause und viele ökologische Dummheiten wären wohl erst gar nicht passiert!

So entschied man sich aber für das was heute Realität ist: Die Bahn verkommt und die Straßen sind der ewig rollende Lagerplatz von halb Europa!
Du verkennst eines, vor dem ersten Weltkrieg gab es in den Ballungszentren alle fünf Kilometer einen Güterbahnhof und die Fracht wurde als bahnamtliche Rollfuhr mit Pferdefuhrwerken ausgefahren. Es gab also einen im Ort Angermund (der heute zu Düsseldorf gehört) und (neben anderen) einen in Benrath (das heute auch zu Düsseldorf gehört). Enfernung 22 Bahnkilometer. Also brachte man die zehn Sack Getreide mit dem Fuhrwerk zum Bahnhof, wo sie (von Hand) verladen wurden. Dort stand der Waggon dann bis zum Abend oder gar bis zum nächsten oder übernächsten Tag. Irgendwann kam dann mal eine Lok und holte den einsamen Güterwagen ab und brachte ihn zum Güterbahnhof Düsseldorf. Dort wurde er entladen und die Waren wurden je nach Bestimmungsort sortiert und in andere Güterwagen umgeladen. Und hier kam dann auch wieder ein Lok, die den Güterwagen für Benrath übernahm und zum Bahnhof Benrath zog. Dort wurde der Wagen dann entladen, die Fracht auf mehrere Fuhrwerke verteilt und den Empfängern zugestellt.

Merkst Du jetzt was?

Die Fuhrwerke wurden schon vor dem 2. Weltkrieg weitgehend durch LKW ersetzt. Dadurch steigerte sich aber auch der Radius der bahnamtlichen Rollfuhr und die Zahl der Güterbahnhöfe verringerte sich. Der Straßenbau folgte dem Anstieg der Kraftfahrzeuge, nicht umgekehrt. Der Stückgutverkehr mit der Bahn wurde nach dem Krieg mangels Nachfrage immer weiter herunter gefahren und 1998 schließlich ganz eingestellt. Die bahnamtliche Rollfuhr durch Bahntrans war schon vorher von ABX (einer ehemaligen Tochter der belgischen Eisenbahn) übernommen worden, die heute zum dänischen DSV-Konzern gehört. Nur sehe ich da nichts von Eisenbahngüterverkehr.
Rohrbacher @ , hat geschrieben:Hast du es schonmal mit der Kaufkraft gegengerechnet? Ähnlich wie bei den Bahntickets
Hätte ich gerne gemacht, aber leider fehlen mir die Zahlen. Gib mir den Link zum Kaufkraftindex und ich hole es gerne nach.
Hot Doc @ , hat geschrieben:Also die Aussage dass neue Straßen Verkehr anziehen geschieht natürlich vor dem Gesichtspunkt, dass der Verkehr allgemein wächst, aber man kann eben darüber hinaus noch eine signifikante Steigerung ausmachen.
Wie darf ich das verstehen? Kaufen die Menschen sich Autos oder fahren mit einem vorhandenen, weil eine Straße vorhanden ist? Oder fahren sie doch eher, weil sie ein Ziel erreichen wollen/müssen und der öffentliche Verkehr keine oder nur unzureichende Alternativen bietet?
Electrification @ , hat geschrieben:Was her muss ist eine unabhängige Infrastrukturgesellschaft, das Netz und die restliche Infrastruktur gehört nicht in DB-Hand. Infrastruktur ist eine staatliche Hoheitsaufgabe.
Mein Reden seit 1950 ;). Na gut, zumindest seit der Bahnreform.
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Beitrag von mrj »

Ich glaube nicht, dass es in Deutschland für eine Eisenbahn wirklich eine langfristige Zukunft gibt und geben sollte. Fast alles, was die Bahn kann, können andere Verkehrsträger mindestens genauso gut oder besser. Wichtig ist halt nur ein gut ausgebautes Verkehrsnetz anderer Verkehrsträger.
Mobilität wird zwar dadurch wieder etwas mehr Luxusgut - aber das ist allgemein nicht das Verkehrteste...
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

mrj @ 19 Jun 2010, 19:56 hat geschrieben: Fast alles, was die Bahn kann, können andere Verkehrsträger mindestens genauso gut oder besser. Wichtig ist halt nur ein gut ausgebautes Verkehrsnetz anderer Verkehrsträger.
Mobilität wird zwar dadurch wieder etwas mehr Luxusgut - aber das ist allgemein nicht das Verkehrteste...
Sicherlich wird Mobilität landfristig teurer, aber den Rest halte ich für schlicht falsch. Die Bahn schafft viel höhere Transportdichten als vergleichbare Verkehrsträger. Versuch mal die Münchner S-Bahn Stammstrecke durch andere verkehrsträger zu ersetzen, bei allem außer Beamen wünsche ich viel Spass.
Weiterhin kann die Bahn (lassen wir mal den O-Bus und Seilbahnen als Nischenprodukte weg) als einzige Strom ohne Speicherung verwenden. Bei der jetzt notwendigen Wende weg vom Öl ist das ein immenser Vorteil.
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ubahnfahrn
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Beitrag von ubahnfahrn »

Autobahn @ 19 Jun 2010, 18:50 hat geschrieben: ... fahren mit einem vorhandenen, weil eine Straße vorhanden ist? Oder fahren sie doch eher, weil sie ein Ziel erreichen wollen/müssen und der öffentliche Verkehr keine oder nur unzureichende Alternativen bietet? ...
Die Zahl der Autofahrten hat sich mit Sicherheit in den Anfangsjahren zu Lasten anderer Verkehrsträger (Rad, Bahn, Fußwege) erhöht, da der Autoverkehr gefördert wurde und der Bahnverkehr auf dem Stand vor 1945 blieb, bzw. sogar seit 1960 massiv eingeschränkt wurde. In Bayern hat sich das Streckennetz seit 1945 massiv reduziert.
Dafür wurden seitdem vor allem entlang der noch vorhandenen Bahnstrecken Autobahnen gebaut, aber auch sonst Landstraßen ausgebaut.
Seitdem haben sich die gefahrenen km massiv ausgeweitet.
Bestes Beispiel ist die A92 und die B11 in Moosburg a. d. Isar: Noch 1985 (Eröffnung A92 im Jahr 1987) fuhren auf der Isarbrücke 15.044 KfZ, davon 1.847 LKW, 2009 waren es bereits 23.500 auf der B11 und 41.137 KfZ auf der A92, davon 3.611 LKW, zusammen also 64.637 - die Steigerungsrate kannst Dir jetzt selber ausrechnen.
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Beitrag von Bayernlover »

Also ganz ehrlich, mrj, was Du hier so vom Stapel lässt, zeugt nicht gerade von großem Sachverstand ;)

ÖPNV ist billiger, hat einen geringeren Flächenverbrauch und ist auch noch ökologischer. Es kommt nur darauf an, wie man die einzelnen Verkehrsträger aufeinander abstimmt, dann kann das Verhältnis ganz schnell in Richtung ÖPNV kippen - was auf lange Sicht für uns alle besser ist.

Wenn man natürlich genau die Taktlücke beim Bus erwischt so wie heute, und dann 27 Minuten hätte warten müssen, ohne Haltestellendach, wünscht man sich ein Auto herbei. Wenn man das mehrmals erlebt, hat man dann auch eines.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 19 Jun 2010, 18:50 hat geschrieben: Wie darf ich das verstehen? Kaufen die Menschen sich Autos oder fahren mit einem vorhandenen, weil eine Straße vorhanden ist? Oder fahren sie doch eher, weil sie ein Ziel erreichen wollen/müssen und der öffentliche Verkehr keine oder nur unzureichende Alternativen bietet?
Der erste Teilsatz stimmt schon ziemlich. Die langfristige Entscheidung sich in einem Haushalt ein, zwei oder sogar drei Autos zuzulegen, hängt natürlich von der Verfügbarkeit von Straßeninfrastruktur oder eben anderen Fortbewegungsmittel ab. Auch z.B. die Möglichkeit Geschäftsmeilen oder Industrieparks außerhalb der Städte zu errichten, hängt ganz Maßgeblich von der Erschließung dieser Standorte ab. Man könnte das vielleicht auch mit dem ÖPNV gewährleisten, aber es wurde eben zu weit über 90% mit Straßen gelöst. Auch z.B. die Bevorzugung der Finanzierung von Parkhäusern in der Innenstadt zu Lasten von dichteren Takten bei Bus oder Tram ist - obwohl schon in vielen Studien nachgewiesenermaßen wirtschaftlich, verkehrstechnisch und sowieso klarerweise ökologisch unsinnig - Gang und Gebe. Solche Entscheidungen beeinflussen auf die Dauer und in Ihrer Gesamtheit durchaus die Kaufentscheidung für oder gegen ein Auto und auch die Benutzungshäufigkeit des selben entscheidend!
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Beitrag von Boris Merath »

Autobahn @ 19 Jun 2010, 17:15 hat geschrieben: Vor dem Hintergrund, im Jahr 1951 kostete ein Liter Benzin 0,3289 € (0,649 DM), heute sind es 1,409 € (2,749 DM). Die Mineralölsteuer betrug damals 0,156 € (0,305 DM), heute sind es 0,883 € (1,726 DM). Die Mineralölsteuer hat sich in diesem Zeitraum um 566% erhöht.
Wenn mir mal sachlich bleiben und die Polemik weglassen: Die Mineralösteuer betrug den Zahlen nach 1951 47% und heute 62%.

Das ganze so absolut und ohne Zusammenhang zur normalen Preissteigerung so darzustellen ist doch etwas daneben.
Autobahn @ 19 Jun 2010, 18:50 hat geschrieben:Dort stand der Waggon dann bis zum Abend oder gar bis zum nächsten oder übernächsten Tag.
Wo ist das Problem?
Irgendwann kam dann mal eine Lok und holte den einsamen Güterwagen ab und brachte ihn zum Güterbahnhof Düsseldorf.
Da verkennst eher Du was. Die Lok hat natürlich nicht einen Bahnhof angefahren, ist zum Güterbahnhof Düsseldorf, dann zum nächsten Bahnhof, dann wieder zum Güterbahnhof, sondern die Lok ist die ganze Strecke abgefahren und hat in jedem Bahnhof angehalten und hat die jeweiligen Wagen an/abgehängt, ist dann einen Bahnhof weiter, und hat da die nächsten Wagen abgeholt. Also nix mit hunderte Loks irren durch NRW mit jeweils einem Wagen dran wie Du grade versuchst den Anschein zu erwecken.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von c-a-b »

Selbst wenn, viele umherirrende Lastwagen mit "nur" einem Anhänger sollen besser sein als Eine Lok, die mal nur einen Güterwagen zieht? :P
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Beitrag von Autobahn »

@ Rohrbacher

Na gut, Du willst den Vergleich nach dem Preisindex. Leider finde ich nur Zahlen ab 1991. Setzt man das Jahr 1991 = 100 sind die allgemeinen Lebenshaltungskosten auf 141 Punkte gestiegen, der Benzinpreis aber "nur" auf 195,9. Ich glaube aber, dass die Einzelwerte hier niemanden interessieren.

@ Boris

So blöd bin ich auch nicht, dass ich nicht wüsste, dass die Lok mehrere Güterbahnhöfe anfährt. Aber ich hatte schon erwartet, dass Du der Transportdauer keine Beachtung schenkst. Nur geht das an der Wirklichkeit vorbei.
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Beitrag von BMI »

ubahnfahrn @ 19 Jun 2010, 21:39 hat geschrieben: Die Zahl der Autofahrten hat sich mit Sicherheit in den Anfangsjahren zu Lasten anderer Verkehrsträger (Rad, Bahn, Fußwege) erhöht, da der Autoverkehr gefördert wurde und der Bahnverkehr auf dem Stand vor 1945 blieb, bzw. sogar seit 1960 massiv eingeschränkt wurde. In Bayern hat sich das Streckennetz seit 1945 massiv reduziert.
Dafür wurden seitdem vor allem entlang der noch vorhandenen Bahnstrecken Autobahnen gebaut, aber auch sonst Landstraßen ausgebaut.
Seitdem haben sich die gefahrenen km massiv ausgeweitet.
Bestes Beispiel ist die A92 und die B11 in Moosburg a. d. Isar: Noch 1985 (Eröffnung A92 im Jahr 1987) fuhren auf der Isarbrücke 15.044 KfZ, davon 1.847 LKW, 2009 waren es bereits 23.500 auf der B11 und 41.137 KfZ auf der A92, davon 3.611 LKW, zusammen also 64.637 - die Steigerungsrate kannst Dir jetzt selber ausrechnen.
Vergiss bitte auch nicht, dass die Deutsche Teilung mit Schuld am Schlamassel der Eisenbahn in Deutschland ist!
Durch die Teilung haben sich die Güterströme massiv verändert, weg vom Ost-West zw. den dt. Indutriestandorten hin zum Nord-Süd der EG. Und in Deutschland(West) blieben nicht allzu viele Nord-Süd-Verbindungen, die leistungsfähig waren, dazu kamen die ganzen gekappten Ost-West-Verbindungen im Grenzbereich zw. BRD-DDR und BRD-CSSR -nehmt einfach mal einen Eisenbahnatlas zur Hand und schaut bei der ehemaligen Interzonengrenze nach.

Und nachdem sich die Bundesbahn einigermaßen mit dem Nord-Süd-Verkehr abgefunden hatte (auch die Neubaustrecke über Fuld-Hannover ist eigentlich der Teilung geschuldet) heißt es auf einmal "Kommando zurück" wegen der Wiedervereinigung und der folgenden EU-Osterweiterungen - und die DB AG steht zw. den Stühlen...
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Beitrag von Boris Merath »

Autobahn @ 20 Jun 2010, 11:02 hat geschrieben: So blöd bin ich auch nicht, dass ich nicht wüsste, dass die Lok mehrere Güterbahnhöfe anfährt.
Dann erwecke aber auch nicht den Anschein, weils besser in Deine Argumentation passt.
Aber ich hatte schon erwartet, dass Du der Transportdauer keine Beachtung schenkst. Nur geht das an der Wirklichkeit vorbei.
Ja? Wohin muss der Getreidesack denn so dringend? Und warum lässt man heute alles mögliche in China produzieren und schippert mit den Waren wochenlang quer durch die Welt, wenn es so auf die Transportgeschwindigkeit ankommt?
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Beitrag von Autobahn »

Boris Merath @ 20 Jun 2010, 13:38 hat geschrieben:Dann erwecke aber auch nicht den Anschein, weils besser in Deine Argumentation passt.
Ob die Lok einen oder mehrere Güterwagen abholt, spielt keine Rolle. Dadurch wird es auch nicht schneller. Daher halte ich das nicht für besonders erwähnenswert.
Boris Merath @ 20 Jun 2010, 13:38 hat geschrieben:Ja? Wohin muss der Getreidesack denn so dringend?
Zum Empfänger!
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Zum Empfänger!
Um dann ein halbes Jahr im Silo zu liegen... Es ist nicht alles "just in time".
Hot Doc
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Beitrag von Hot Doc »

Just in time loht sich in vielen Fällen eben auch nur, weil der Verkehrsträger LKW viel zu billig ist und subventioniert ist und sich dadurch Lagerflächen nicht lohnen. Wären die Transporte realistisch teuer, würden sich in vielen Fällen sicher eine gewissen Lagerung wieder lohnen. Klar würden sich dadurch auch die Endpreise etwas erhöhen, aber es würde eben in mindestens gleichem Maße die Steuerlast gesenkt (ob das dann die Regierungen direkt an den Steuerzahler weitergeben oder etwas anderes sinnvolles damit machen ist erstmal unerheblich).
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

@ Rohrbacher

Du lebst zwar auf dem Land, aber was ein Silo mit einem Getreidesack zu tun hat, scheint Dir nicht bekannt zu sein. Frag doch da mal die Landwirte in Deiner Umgebung.

@ Hot Doc

Schuster bleib bei Deinen Leisten.

Wenn Du Mediziner bist, meine Hochachtung. Von der Materie verstehst Du dann wirklich mehr, als ein Sanitätsobergefreiter. wie ich es einmal war.

Doch ob ein Medizinstudium ausreicht, die Zusammenhänge der Logistik zu überblicken, stelle ich in Frage.
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Beitrag von c-a-b »

So lange Logistik allerdings dadurch besteht, LKWs und deren Ladung nachts kostenlos auf Autobahnparkplätzen zu lagern, finde ich, sind immer noch viel zu viele Kosten "sozialisiert" und dadurch wird der Wettbewerb verzerrt. Ist ja auch billiger für Spediteure und es kostet ja auch nichts. Straßen zahlt ja der Steuerzahler. Und die Spediteure meckern schon über das bisschen LKW-Maut ziemlich laut.
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Beitrag von Hot Doc »

Erstmal geht es hier nur sekundär um Logistik, sondern primär um die Kosten im Transportwesen (wo Logistik natürlich einen wichtigen Part spielt). Und zweitens ist sowohl im Krankenhaus, als auch in größeren Praxen Logistik ein wichtiger Punkt. Klar, nicht vergleichbar mit einer großen Produktionsfirma, aber dennoch mit einem sehr großen Warenumsatz und mit einer sehr sensiblen Vorratshaltung, die IMMER die wichtigsten "Artikel" auf Lager haben muß, und dabei genau so wenig Platz zu verschenken hat, wie andere Unternehmen. Und dabei können wir noch nichteinmal den Verbrauch sicher planen.
Und auch hier sieht man im Prinzip die selben Mechanismen im kleinen. Wenn ich größere Mengen bestelle bekomme ich Rabatt (u.a. wegen der geringeren Transportkosten pro Stück) muß aber die Artikel zwischenlagern, was nur bedingt möglich ist, wegen Platz und Haltbarkeit.
Unsere Apotheke liefert z.B. just in time, wenn nicht bräuchten wir einen extra Raum für alle Arzneimittel. Da die Apotheke kostenlos liefert, werden wir einen Teufel tun, den einen Raum zusätzlich frei zu machen. Würde aber die Apotheke einen Lieferpreis pro Lieferung verlangen (was ja durchaus realistisch wäre) würde man sich sicher überlegen lieber auf eine Lieferung pro Woche zurückzugehen und einen Raum mit Arzneischränken anzulegen.

Ich will ja auch nicht sagen, dass deshalb alle Transporte plötzlich unnötig würden, oder dass LKWs keine Daseinsberechtigung hätten, sondern nur, dass das Gleichgewicht durch die künstliche Verbilligung des Straßenverkehrs Zugunsten des LKWs verschoben ist und dass bei einer realistischen Berechnung (oder meinetwegen auch ökologischeren Berechnung) sich an den Stellen Änderungen ergeben würden, wo die Kostenrechnung heute schon ziemlich knapp für den LKW ausfällt.
Ich will auch garnicht sagen, dass Güterverkehr auf der Bahn nicht suventioniert wird (weil ich da nicht sicher bin), ich kann nur sagen, dass Güterverkehr auf der Straße definitiv subventioniert wird und dass man diesen Mißstand beseitigen sollte, aufgrund der falschen Steuerungswirkung und Aufgrund der Ökologie.
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