Die Anreise erfolgte am Samstag vormittag im Railjet bis Wien Westbahnhof. Da dies meine erste Fahrt mit dem Railjet war, einige Worte hierzu: die Laufruhe ist sehr gut (erst recht wenn man von deutschen Gleisen das Jaulen der Unterflurmotoren vom ICE-T gewohnt ist), die Beinfreiheit ist für die 2. Klasse überwältigend und die Rückenlehnen der Sitze sind schön massiv und hoch, was jede Menge Privatsphäre garantiert. Die Fahrgastinformation mit TFT-Displays ist das Beste, was ich bisher gesehen habe – inkl. aktueller Fahrtverlaufskarte in einer Art Google Maps. Negativ ist vor allem, dass kein richtiger Speisewagen vorhanden ist. Gerade wenn man die volle Fahrtstrecke bis Budapest durchfährt, immerhin siebeneinhalb Stunden, würde man sich doch etwas mehr als das Bistro mit seiner nur mageren Auswahl an warmen Gerichten wünschen. Selbst auf der "kurzen" Fahrt nach Wien kann man den fehlenden Speisewagen schon als dickes Minus bezeichnen, zumal die Großbaustellen Wien Westbahnhof und Südbahnhof derzeit zur Nahrungsaufnahme auch nicht wirklich einladen.
Nach etwas über vier Stunden Fahrt und pünktlicher Ankunft löste ich am Wiener Westbahnhof einen Fahrschein für die Bim der Linie 18, mit der ich stilecht im Altbau-Hochflurwagen über den Gürtel (sozusagen der Wiener Altstadtring) und durch die dort vorhandenen Straßenbahntunnel einmal bis zum Südbahnhof gondelte.
Südbahnhof? Ach ja richtig, den gibt’s ja nimmer:

Wo ich noch vor 2 Jahren durch eine große Empfangshalle im 50er-Jahre-Look (der Empfangshalle in München nicht unähnlich) und sich daran anschließende, endlose Treppenaufgänge zu meinem SuperCity nach Brno gegangen bin, klafft heute die Baugrube für den neuen Wiener Hauptbahnhof, der hier bis 2015 entstehen wird. Im Hintergrund sichtbar, der Übergangsbau aus Wellblech für den noch in Betrieb befindlichen Bahnhofsteil „Wien Südbahnhof (Ostbahn)“. Die Züge Richtung Bratislava fahren weiterhin von hier ab – so auch mein REX, bestehend aus einer ÖBB-2016 + vier CityShuttle-Wagen. Nach etwa einer Stunde Fahrt war am Samstag um 15.30 Uhr das Ziel erreicht: Bratislava hlavna stanica (Hauptbahnhof).
Hier habe ich mich erstmal ein wenig umgeschaut und konnte neben diesem Fahrleitungs-Arbeitsfahrzeug

auch 263 011 vor ihrem Os (Personenzug) nach Kuty ablichten.

Danach ging es erstmal auf den Bahnhofsvorplatz zum Busse fotografieren, wobei mich einige Schmankerl und eine erstaunliche Typenvielfalt freudig überraschten.
Da wären zum Beispiel die alten Karosa B741, die noch mit einigen Exemplaren unterwegs sind:

Oder auch diese Solowagen des Herstellers TEDOM:

(zu den anderen Bustypen später mehr)
Der Hauptbahnhof von Bratislava ist nichts Besonderes, vor allem die Empfangshalle ist klein, eng und überfüllt. Den Vogel schießt jedoch die überaus siffige Straßenbahn-Endhaltestelle auf dem Vorplatz – oder besser gesagt, im Tiefgeschoss des Vorplatzes – ab. Zunächst muss man den Treppenabgang zur Straßenbahn erstmal finden, der ist nämlich im hintersten Eck versteckt und noch dazu völlig unbeleuchtet. Auch die beiden Rolltreppen scheinen grundsätzlich außer Betrieb zu sein und an einen Lift mag man sowieso nicht denken.
Unten angekommen, sollte ich erstmal das feststellen, was ich bereits zuvor im Internet gelesen hatte: aufgrund von Bauarbeiten ist derzeit das halbe Straßenbahnnetz von Bratislava außer Betrieb und es verkehrt auch nur die Hälfte der Linien. So fahren derzeit vom Bahnhofsvorplatz in die Altstadt nur die SL 3 und 13, die ausschließlich mit K2 bedient werden:

Da ich zuvor am Fahrkartenautomat (der übrigens oben am Treppenabgang steht, nicht jedoch unten an der Haltestelle) eine 48-Stunden-Touristenkarte für 6,50 EUR gelöst hatte, konnte ich gleich in den K2 einsteigen und die Fahrt in die Altstadt antreten. Und hier die erste Feststellung: der überaus miserable Gleiszustand der Stichstrecke zum Hauptbahnhof. Mehr als Tempo 20 scheint hier grundsätzlich nicht drin zu sein. Auch als Fußgänger und Straßenbahn-Fotograf muss man hier aufpassen, der Asphalt hat sich rund um die Gleise teilweise ganz schön aufgehoben bzw. „gewellt“ und teilweise fehlen einfach Betonstücke zwischen den Schienen, wodurch man böse stolpern kann. Zum Glück ist das nicht der Zustand des gesamten Netzes, doch dazu später mehr.
Nachdem es bei gefühlten 15 Grad Dauerregen gab, beschloß ich, mich nach dem Einchecken ins Hotel erstmal gemütlich in die Straßenbahn zu setzen und bis zum Einbruch der Dunkelheit das gesamte derzeit bediente Netz abzufahren. Neben den Altstadtstrecken und der Stichstrecke zum Hauptbahnhof sind dies derzeit zwei der vier Außenäste: einmal nach Dubravka, Pri Krizi und einmal nach Raca, Komisarky. Wesentlich besser gefallen hat mir dabei die Strecke nach Westen, in die Plattenbauviertel von Dubravka, da diese sehr kurvenreich und hügelig verläuft. Die Strecke nach Raca im Nordosten dagegen verläuft eher schnurgerade und langweilig. Interessant die gesamte Anlage der Strecke nach Dubravka: die Haltestellen in Straßenmitte sind großteils nur über monumentale Beton-Überführungen aus der sozialistischen Zeit zu erreichen, zu derer beiden Seiten sich riesige Plattenbauten in den Himmel recken. Die grundsätzlich verrosteten, rot-weißen Schutzgitter und die ungepflegten Überdachungen der Haltestellen zeichnen ein tristes Bild:

Sitzgelegenheiten sind grundsätzlich nicht vorhanden, die Beleuchtung fehlt großteils. Die Seitenwände sollten eigentlich verglast sein, das Glas fehlt wegen Vandalismus aber praktisch überall. Immerhin: die Fahrkartenautomaten funktionieren und es gibt an jeder Haltestelle aktuelle Aushangfahrpläne.
Und obwohl die Gleise und Schwellen entlang der gesamten Strecke recht neu aussehen, muß vor Kurven und bergab teilweise stark runtergebremst werden, damit der Tatrawagen nicht aus den Schienen hüpft. Überhaupt, der Tatrawagen:

Beeindruckend die Aufstellung der wartenden Traktionen an der Endstelle Dubravka, Pri Krizi. Neben T3-Traktionen finden wir in Bratislava auch die schönen T6.
Neben den Fotos aus Dubravka entstanden am Samstag noch diese zwei am Namestie L. Stura:

Dieser K2 wird gleich seine kurze Rückfahrt durch die Altstadt zum Hauptbahnhof antreten

während dieser T3-Trakt auf der Linie 5 eine gute halbe Stunde bis zum Endpunkt in Dubravka unterwegs sein wird. Dicht dahinter ein weiterer T3-Trakt auf der Linie 4, die ebenfalls Richtung Dubravka fährt, aber quasi als Verstärker bereits in der Zwischenschleife Karlova Ves endet.