Den Untersuchungen der Staatsanwaltschaft zufolge muss sich der 24-Jährige ganz am Ende des Bahnsteigs aufgehalten haben, als er vom ICE erfasst worden ist. Was er dort wollte, sagt der Bamberger Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb, werde man womöglich niemals erfahren. Einen Suizid schließen die Ermittler ebenso aus wie ein Verbrechen. Neun Wochen nach dem Unfall hat die Staatsanwaltschaft nun auch die Ermittlungen gegen die Deutsche Bahn eingestellt. Am Bahnhof in Forchheim sei "keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten" festzustellen.
Soweit so gut.
Die Verkehrssicherungspflichten seien am Bahnhof Forchheim "sogar übererfüllt", betont ein Bahnsprecher. Passieren Züge einen Bahnhof mit mehr als 160 Kilometern pro Stunde, dann müssen sie angesagt werden. Ist das nicht der Fall, dann reichen die gelben Hinweisschilder. An den Pfeilern auf Bahnsteig 2 und 3 hängen in Forchheim tatsächlich sehr viele dieser Tafeln: Schaut man einen halben Meter nach oben, dann sieht man mindestens vier davon, egal an welcher Stelle man gerade steht.
Immer noch gut. Doch jetzt kommt der typische Hammer:
Achtet man auf solche Warnschilder, fragt Andreas Frank - auf einem Bahnhof kurz vor Mitternacht?
Ähm, bitte? Warum sollte man Mitternacht nicht auf die Schilder achten? Warum steht man überhaupt so nah an der Bahnsteigkante?
Im April ist ein 40 Jahre alter Mann, der zu nahe an der Bahnsteigkante stand, im Bahnhof Brackwede von einem ICE berührt und auf den Bahnsteig geschleudert worden. Der Zug soll mit Tempo 150 durch die Station gefahren sein, der Mann wurde schwer am Kopf verletzt. Zuvor war in Sterkrade eine Frau von einem ICE überfahren worden. Die 59-Jährige hatte an der Kante das Gleichgewicht verloren. In Niederweimar wurde im Juni ein Kinderwagen von den Luftverwirbelungen eines Zuges mitgerissen und zermalmt. Die Mutter hatte ihr Kind kurz zuvor herausgenommen und den Wagen auf dem Bahnsteig abgestellt. In Benrath wurde ein 75-Jähriger von Luftdruck eines durchfahrenden Intercitys umgestoßen. Er stand zu nah an der Bahnsteigkante und stürzte auf den Boden. Der Zugführer leitete eine Notbremsung ein, er erlitt einen Schock.
"Zu nah an der Bahnsteigkante" - das ist das, was ich hier immer lese. Was kann die Bahn dafür? Soll sie jedem Fahrgast einen persönlichen Betreuer mit an die Hand geben, der einen von der Kante wegzieht?
Möglichst Mitte des Jahres 2011 soll es dort außerdem Durchsagen geben, die auf die durchrauschenden Züge hinweisen. Allerdings werden das zyklische Ansagen sein, vom Band. Auf jede einzelne Durchfahrt, sagt ein Bahnsprecher, werde man nicht hinweisen können. Das könne die Bahn nicht leisten.
Warum eigentlich nicht? Wenn man Züge auf DFI's anzeigen kann, kann man sie auch ansagen. So riesig dürfte der technische Aufwand nicht sein.
Er telefoniert mit dem Handy, und während er das so macht, läuft er viermal vom Kaugummiautomaten zur Bordsteinkante und wieder zurück. Vor ihm stehen zwei Kinder mit Schulranzen, beide balancieren auf der weißen Linie am Boden.
Und was kann die Bahn dafür, wenn die Leute das, was sie als Kind schon eingetrichtert bekommen, nicht umsetzen?
So schlimm der Verlust ist, aber man kann nur an den gesunden Menschenverstand appellieren: NIEMALS hinter die Bahnsteigkante treten, und wenn das Gleis noch so frei aussehen mag! Aber solche Fälle eignen sich natürlich wieder prima dazu, auf die Bahn einzudreschen...