Demonstrationen und Bahnanlagen
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/...,723539,00.html
Laut Spiegel gab es heute im Raum Halle/Leipzig massive Betriebsstörungen nach Brandanschlägen auf Signalanlagen. Vermutet wird ein Zusammenhang zu einer Nazidemo, die heute ebenfalls stattfand, möglicherweise sollte die Anreise verhindert werden.
So was kommt ja immer wieder mal vor, zum Beispiel vor einigen Wochen in Dortmund, wo der Hauptbahnhof von Gegendemonstranten zu einer NPD-(?)-Kundgebung blockiert wurde, es wurden ebenfalls massive Betriebsstörungen verursacht.
Solche Maßnahmen sind doch einfach, mit Verlaub, bescheuert. Wie sieht da die rechtliche Handhabe aus? Störung öffentlicher Betriebe (§ 316b StGB) könnte ich mir da vorstellen, im heutigen Fall wohl auch gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr (§315 StGB)? Wie sieht das gängigerweise aus, bzw. werden die Verantwortlichen für solche Aktionen i. d. R. überhaupt zur Rechenschaft gezogen?
Vielleicht könnten wir hier eine Art "Sammelthread" aufbauen?
Gruß,
Stephan
Laut Spiegel gab es heute im Raum Halle/Leipzig massive Betriebsstörungen nach Brandanschlägen auf Signalanlagen. Vermutet wird ein Zusammenhang zu einer Nazidemo, die heute ebenfalls stattfand, möglicherweise sollte die Anreise verhindert werden.
So was kommt ja immer wieder mal vor, zum Beispiel vor einigen Wochen in Dortmund, wo der Hauptbahnhof von Gegendemonstranten zu einer NPD-(?)-Kundgebung blockiert wurde, es wurden ebenfalls massive Betriebsstörungen verursacht.
Solche Maßnahmen sind doch einfach, mit Verlaub, bescheuert. Wie sieht da die rechtliche Handhabe aus? Störung öffentlicher Betriebe (§ 316b StGB) könnte ich mir da vorstellen, im heutigen Fall wohl auch gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr (§315 StGB)? Wie sieht das gängigerweise aus, bzw. werden die Verantwortlichen für solche Aktionen i. d. R. überhaupt zur Rechenschaft gezogen?
Vielleicht könnten wir hier eine Art "Sammelthread" aufbauen?
Gruß,
Stephan
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- Tripel-Ass
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Ich war heute vormittag gegen 10.30 am Hbf in Halle. War sicher die Ruhe vor der Sturm. Vorm Hbf standen etliche Polizeiautos, die S 10 nach Leipzig fiel aus oder kam verspätet an. Für Reisende nach Leipzig wurde auf den IC verwiesen, der mit NV-Fahrscheinen benutzt werden konnte.
Nach einiger Zeit (war gegen 12Uhr, ich wohne ca 2 km vom Hbf weg) kreiste einige Zeit ein Hubschrauber über dem Hbf.
Laut RIS war ja alles verspätet was nach Leipzig rüber ging. RE 5 wurde umgeleitet, S 10 fiel ganz aus teilweise und IC´s endeten teilweise schon in Halle.
Nach einiger Zeit (war gegen 12Uhr, ich wohne ca 2 km vom Hbf weg) kreiste einige Zeit ein Hubschrauber über dem Hbf.
Laut RIS war ja alles verspätet was nach Leipzig rüber ging. RE 5 wurde umgeleitet, S 10 fiel ganz aus teilweise und IC´s endeten teilweise schon in Halle.
- Boris Merath
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Also erstmal isses Sachbeschädigung, und kann damit für die Täter (falls man sie findet) sehr teuer werden. Neben der strafrechtlichen Komponente hat man ja auch noch den zivilrechtlichen Schadensersatz, und der Schaden kann in solchen Fällen enorm sein. Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr ist bei dieser Art Anschläge ziemlich sicher auch gegeben.Taschenschieber @ 16 Oct 2010, 22:12 hat geschrieben: Wie sieht da die rechtliche Handhabe aus? Störung öffentlicher Betriebe (§ 316b StGB) könnte ich mir da vorstellen, im heutigen Fall wohl auch gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr (§315 StGB)? Wie sieht das gängigerweise aus, bzw. werden die Verantwortlichen für solche Aktionen i. d. R. überhaupt zur Rechenschaft gezogen?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Wirklich kritisch wirds, wenn soetwas in Stuttgart passiert...
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB
Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
- Boris Merath
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Es wurde ja wohl nicht das Signal, sondern das Signalkabel demoliert, das ist ein wesentlicher Unterschied, auch von den Auswirkungen her. Zum anderen ist eine Gefährdung bei der Zerstörung von sicherheitsrelevanten Anlagen im allgemeinen durchaus gegeben, beim Anzünden von Signalkabel im konkreten erst recht - auf die Details möchte ich hier aber nicht eingehen.Teef @ 17 Oct 2010, 13:11 hat geschrieben: Eine Strafbarkeit des § 315 StGB dürfte wohl nicht gegeben sein, da durch die bloße Zerstörung eines Signals nach Rspr. des BGH "dadurch" noch keine konkrete Gefährdung gegeben ist.
Dazu kommt, dass man gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr heutzutage ja teilweise schon aus nötigen Schnellbremsungen zusammenkonstruiert (auch wenn ich das nicht ganz nachvollziehen kann wo da die große Gefahr sein soll) - und Schnellbremsungen/Zwangsbremsungen sind in dem Fall nicht unwahrscheinlich.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Das von mir zitierte Problem ist keines tatsächlicher Art, sondern ein rein juristisches.
Der BGH fordert, dass die konkrete Gefährdung (Gefahr für Leib oder Leben oder eben für eine Sache bedeutenden Wertes) etwas anderes darstellt als die Tatbestandsalternative des § 315 I Nr. 1 StGB.
Heißt: Tathandlung im Sinne des § 315 StGB ist die Beschädigung einer Anlage. Dies ist hier gegeben durch Zerstörung des des Kabels.
Wie der Tatbestand des § 315 StGB muss DURCH die Beschädigung entweder die Gefahr für Menschen oder für eine teure Sache gegeben sein. Heißt: Wenn im konkreten Fall Menschen gefährdet wurden, dann ist § 315 StGB gegeben. Wenn sich aber über die bloße Beschädigung des Signales keine konkrete Gefahr ergeben hat, ist § 315 StGB nicht gegeben.
Zum Beispiel der Notbremsung:
Hier sind die Voraussetzungen des § 315 StGB unweigerlich gegeben. Es kommt zu einem Eingriff (Ziehen der Notbremse) und einer Gefahr für die Insassen durch die Starke bremsen.
Wenn es aber über die bloße Signalbeschädigung keine weitere Gefährdung konkreter Art gegeben hat, ist § 315 StGB nicht gegeben. Bloß weil das Beschädigen eines Signales abstrakt gefährlich ist, ist nicht automatisch § 315 StGB einschlägig.
Der BGH fordert, dass die konkrete Gefährdung (Gefahr für Leib oder Leben oder eben für eine Sache bedeutenden Wertes) etwas anderes darstellt als die Tatbestandsalternative des § 315 I Nr. 1 StGB.
Heißt: Tathandlung im Sinne des § 315 StGB ist die Beschädigung einer Anlage. Dies ist hier gegeben durch Zerstörung des des Kabels.
Wie der Tatbestand des § 315 StGB muss DURCH die Beschädigung entweder die Gefahr für Menschen oder für eine teure Sache gegeben sein. Heißt: Wenn im konkreten Fall Menschen gefährdet wurden, dann ist § 315 StGB gegeben. Wenn sich aber über die bloße Beschädigung des Signales keine konkrete Gefahr ergeben hat, ist § 315 StGB nicht gegeben.
Zum Beispiel der Notbremsung:
Hier sind die Voraussetzungen des § 315 StGB unweigerlich gegeben. Es kommt zu einem Eingriff (Ziehen der Notbremse) und einer Gefahr für die Insassen durch die Starke bremsen.
Wenn es aber über die bloße Signalbeschädigung keine weitere Gefährdung konkreter Art gegeben hat, ist § 315 StGB nicht gegeben. Bloß weil das Beschädigen eines Signales abstrakt gefährlich ist, ist nicht automatisch § 315 StGB einschlägig.
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Sofern in dem durch die Beschädigung betroffenen Bereich ein Zug unterwegs ist, ist eine Gefährdung in meinen Augen gegeben.Teef @ 17 Oct 2010, 15:47 hat geschrieben: Wenn es aber über die bloße Signalbeschädigung keine weitere Gefährdung konkreter Art gegeben hat, ist § 315 StGB nicht gegeben. Bloß weil das Beschädigen eines Signales abstrakt gefährlich ist, ist nicht automatisch § 315 StGB einschlägig.
Auch bei einer Schnellbremsung ist es ja nicht so dass bei jeder Schnellbremsung Leute verletzt werden - so stark ist so eine Schnellbremsung nun auch nicht (und Zwangsbremsungen sind ja auch relativ häufig ohne dass man jedesmal einen Notarzt braucht).
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Sofern ein Zug im betroffenen Signalbereich unterwegs ist, muss es zu einer konkreten Gefährdung kommen. Die bloße Möglichkeit, dass irgendetwas passieren könnte, genügt nicht.Boris Merath @ 17 Oct 2010, 16:43 hat geschrieben: Sofern in dem durch die Beschädigung betroffenen Bereich ein Zug unterwegs ist, ist eine Gefährdung in meinen Augen gegeben.
Auch bei einer Schnellbremsung ist es ja nicht so dass bei jeder Schnellbremsung Leute verletzt werden - so stark ist so eine Schnellbremsung nun auch nicht (und Zwangsbremsungen sind ja auch relativ häufig ohne dass man jedesmal einen Notarzt braucht).
Bei der Schnellbremsung sagen die Obergerichte jedoch, dass die Gefährdung sich konkretisiert. Es besteht bei einer Schnellbremsung nicht nur die Möglichkeit einer etwaigen Gefährdung, sondern vielmehr hat sich schon ein konkreter Sachverhalt herausgebildet.