Diesel-FLIRT von Stadler

Rund um die Technik der Bahn
Antworten
mic
Routinier
Beiträge: 424
Registriert: 08 Jul 2007, 09:16

Beitrag von mic »

Hallo Ihr!

Habe gerade der ERI entnommen, dass Stadler konkret an einem Diesel(elektrischen)-FLIRT (in diesem Fall für Estland) arbeitet. Geplant ist, Dieselmotor, Generator und Tank in einem eigenen, begehbaren Zwischenmodul (wie die Fahrgastmodule auch, allerdings kürzer) auf Jacobs-Drehgestellen unterzubringen. Damit lässt sich dieses Modul technisch in normale FLIRTs eingliedern, es bleibt also bei elektrischen Fahrmotoren.

Als Antrieb sind zwei Cummins-Dieselmotoren mit ca. 670 KW vorgesehen, elektrische Leistung der Generatoren damit ca. 2x 610 KW. In einem Foreneintrag hier im Internet war zu lesen, dass angeblich zudem eine Ausrüstung mit Super-Kondensatoren geplant ist, womit elektrische Energie aus dem Bremsvorgang für die nächste Beschleunigung zur Verfügung stünde.

Mein erster Eindruck:
Genial: Damit läge der nächste Schritt nahe: Eine Hybrid-Variante für elektrischen und dieselelektrischen Betrieb. Der dieselelektrische Antrieb in Verbindung mit Super-Kondensatoren für schnelle Beschleunigung, Niederflur und breite Türen für schnellen Fahrgatwechsel wäre dann eine ernstzunehmende Alternative zum leidigen Thema Neigetechnik.

Vielleicht DIE Alternative z. B. auf der Franken-Sachsen-Magistrale?
Benutzeravatar
rob74
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2330
Registriert: 30 Sep 2004, 13:00

Beitrag von rob74 »

mic @ 2 Mar 2011, 10:25 hat geschrieben: Geplant ist, Dieselmotor, Generator und Tank in einem eigenen, begehbaren Zwischenmodul (wie die Fahrgastmodule auch, allerdings kürzer) auf Jacobs-Drehgestellen unterzubringen. Damit lässt sich dieses Modul technisch in normale FLIRTs eingliedern, es bleibt also bei elektrischen Fahrmotoren.
Naja, so neu ist die Idee nicht, bei den GTW-Zügen setzt Stadler das Prinzip schon länger ein - allerdings hat da auch die elektrische Variante diese Module, und der komplette Antrieb ist in diesem Modul untergebracht (d.h. die angetriebenen Achsen sitzen nur unter den "Power-Modulen". Trotzdem vermute ich, dass Stadler das dieselelektrische Power-Modul mit relativ geringen Änderungen zur Verwendung im FLIRT anpassen kann.
mic
Routinier
Beiträge: 424
Registriert: 08 Jul 2007, 09:16

Beitrag von mic »

Ich finde diese konsequente Modularität genial, weil es letztlich keiner großen Anpassung beim Rest des FLIRT bedarf.
ChoMar
Routinier
Beiträge: 434
Registriert: 19 Jul 2007, 12:35

Beitrag von ChoMar »

Jo, an sich genial.
Nur das Dieselelektrisch eigentlich bei so "kleinen" leistungen wie leichten Triebwagen wohl etwas suboptimal ist.
Benutzeravatar
Iarn
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 24618
Registriert: 20 Jul 2007, 13:22

Beitrag von Iarn »

Eigentlich wäre das dann schon ein vollständiger Hybridantreib weil wie ich das verstehe, die eletrischen Komponenten komplett von der E-variante übernommen werden.

Damit würde sich das Teil ja auch andernorts anbieten (Flughafen MUC - Mühldorf, BOB für Flügelung Bayrischzell/Mangfalltal).
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
Nicht zu verwechseln mit der Populären Front
Rohrbacher
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14700
Registriert: 10 Apr 2006, 23:21
Wohnort: ja

Beitrag von Rohrbacher »

Ich frag' mich jetzt spontan ein bisschen, wo der Vorteil zu einem lokbespannten Zug sein soll, wenn der Triebwagen bei vier angetriebenen Achsen nicht nur größere Technikräume hat, sondern auch noch einen Mittelteil, der ausschließlich der Technik dient. Dann kann ich auch einen ER20 oder 'ne 146 vor ein paar Wagen hängen. Irgendwann führt man das Triebwagenkonzept dann irgendwie auch mal ad absurdum, meine ich!?
Benutzeravatar
Naseweis
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2908
Registriert: 20 Nov 2007, 23:34
Wohnort: Südwest Nasenfarbe: weiß

Beitrag von Naseweis »

@Rohrbacher: Naja, wenn du nur die Kapazität eines Triebwagens brauchst, sollte das passend sein. Die 146er oder ER20 wäre da eher mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Dazu bräuchtest du zwei Loks und zwei Wagen statt solch einem Triebwagen, was dann schätzungsweise doch 3-mal so teuer ist.

@Iarn: Gute Idee. Das könnte eine gute Chance für ein neues Hybridfahrzeug im Angebot der Hersteller sein.
Für gnadenlose Vertaktung und strategische Ausbauten!
Jede Stunde, jede Klasse - willkommen auf der Gäubahn!
Rohrbacher
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14700
Registriert: 10 Apr 2006, 23:21
Wohnort: ja

Beitrag von Rohrbacher »

Die 146er oder ER20 wäre da eher mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Eine Doppeltraktion Integral (entspricht etwa 1,5 Bn-Wagen) der BOB hat die Leistung einer 218 und dieser Flirt soll ja 2x 670 kW Motorleistung haben, das ist im Dieselbereich schon 'ne ziemlich große Kanone, würde ich sagen.
Dazu bräuchtest du zwei Loks und zwei Wagen statt solch einem Triebwagen, was dann schätzungsweise doch 3-mal so teuer ist.
Och, das kommt auf die Stückzahlen an und was das für Wagen sind. Einen RS1 bekommst du für rund 1,5 Mio. Euro, ohne Führerstände und Antriebsanlagen dürftest du knapp unter 1 Mio. Euro pro Wagen liegen. Wenn man jetzt keine Kanone nehmen würde, sondern sowas was die 141 oder die 212 früher war, nämlich eine leichte Lok, dann muss das nicht wirklich teurer sein als so ein VT; ein Flirt, der eine Lok gefressen hat - die aber nicht ausspucken kann, wenn sie mal defekt ist. Wenn das Ding wenigstens so gebaut wäre, dass man den Antrieb unter die schweren Motoren setzt, aber so wie sich das hier liest, hat dieser Flirt in der Mitte in der "Motorengondel" richtig viel Masse, den Antrieb aber unter den Endwagen, das killt die Traktion dann noch mehr. Dann hast du einen VT, der mehr Leistung hat als ein 612, sich aber traktionsmäßig von 'ner 212 mit Leichtstahlwagen abhängen lässt und im Unterhalt nicht einfacher ist.

Und als "Hybrid" im E-Betrieb schleppt das Gerät immer noch jede Menge tote und teure Masse rum, nicht nur Masse, sondern quasi 'ne habe Lok. Gut, ich bin kein Ingenieur, aber alles was ich darüber weiß, steht in krassen Gegensatz zu einem Fahrzeug wie's hier beschrieben ist!? :unsure:
mic
Routinier
Beiträge: 424
Registriert: 08 Jul 2007, 09:16

Beitrag von mic »

Ich denke, es bleiben da noch die konkreteren Technikdaten von Stadler abzuwarten. M. E. wäre ein fünf- oder sechsteiliger Flirt (mit zwei Powerpacks) von den Kapazitäten her etwa vergleichbar mit zwei 612ern.

Interessant würde dann der Vergleich der Verbrauchswerte einerseits (dieselhydraulisch vs. dieselelektrisch) sowie der Fahrzeiten andererseits (Neigetechnik vs. Niederflur+breite Türen+Super-Kondensatoren). Ggf. auch unter Betrachtung einer Hybrid-Variante des FLIRT.
alphorn
Eroberer
Beiträge: 51
Registriert: 26 Apr 2009, 21:02

Beitrag von alphorn »

mic @ 2 Mar 2011, 10:25 hat geschrieben:Der dieselelektrische Antrieb in Verbindung mit Super-Kondensatoren für schnelle Beschleunigung, Niederflur und breite Türen für schnellen Fahrgatwechsel wäre dann eine ernstzunehmende Alternative zum leidigen Thema Neigetechnik.
Ein elektrischer FLIRT könnte die Fahrzeiten eines Diesel-RE mit Neigetechnik (VT 612) auf der Strecke Basel-Singen beinahe halten (64 statt 62 Minuten), als RB wäre er sicher deutlich schneller. Das Geschwindigkeitsdiaramm sieht man in diesem PDF ab Seite 39.

Wie nahe die Dieselversion den sehr guten Beschleunigungswerten des FLIRT kommt, weiss ich nicht; das hängt von Leistung und Kapazität der Supercaps ab. Die reine Leistung der Generatoren, 1220 kW, ist jedenfalls deutlich tiefer die Kurzzeitleistung von 2600 kW des FLIRT.

Technisch interessanter als der Ersatz des Dieselneigers durch einen Dieselbeschleuniger wäre meiner Meinung nach die Konstruktion eines Elektrobeschleunigungsneigers. Gibt's momentan nirgends auf der Welt, aber wird's wohl zumindest in Deutschland auch nie geben - die NT scheint ja abgeschrieben zu sein, nicht verwunderlich nach den negativen Erfahrungen (welche aber in den anderen NT-Ländern ausblieben).
mic
Routinier
Beiträge: 424
Registriert: 08 Jul 2007, 09:16

Beitrag von mic »

Du meinst die Schweiz und WAKO ? ;)

In Deutschland war ja auch die sonstige "Qualität" des 612er (Lärm...) ein überzeugendes Argument gegen die im Einsatz befindlichen Neigetechnikfahrzeuge, obwohl die Anfangsjahre mit dem 610 und auch 411 vielversprechend waren bzw sind.
Antworten