Grundsätzlich dürfte der Name "Regional" für unsere Verhältnisse ein wenig irreführend sein, er dürfte von der Haltefrequenz her irgendwo knapp unter unserem Intercity, aber noch über dem ex-Interregio liegen. Man muss sich aber klar vom Acela, der die selbe Strecke bedient abgrenzen. Daher wohl der Name. Warum nicht Acela? Ganz einfach, ich war zu geizig

Positiv ist zu bemerken:
- Der Sitzabsatand selbst in der Holzklasse ist irre. Geschätzt ist das sogar mehr als bei allen unserer 1. Klasse Wagen.
- Die Bestuhlung ist sinnvoll gelöst: USA-typisch sind die Wagen fast ausschließlich reihenbestuhlt, etwaigen Unfug wie übermäßige Mengen vis-à-vis Plätze (4x4 Sitze pro Wagen) oder gar Abteile hat man sich gott sei Dank gespart.
- Es gibt unkompliziertes, kostenfreies WLAN, ohne Anmeldung oder sonstige Spirenzchen. Verbinden, Geschäftsbedingungen abnicken und das wars (selbst wenn die DB Umsonst-WLAN anböte, so dürfte sie es hierzulande gar nicht machen, Störerhaftung).
- Strom am Platz ist selbstverständlich. Eine Steckdose pro Sitzplatz. Vorbildlich.
- Es gibt ausreichende und große Gepäckablagen, vom Umfang her vielleicht ein klein wenig über dem ICE1, das Unterbringen der Koffer war jedenfalls absolut Problemlos. Mein Koffer (max. Handgepäckgröße) passt völlig problemlos in die Gepäckwanne, der Koffer meiner Freundin (zwei Nummern größer) hätte wohl ebenfalls reingepasst, habe aber aus Gründen der Einfachheit die gesonderte Gepäckablage am Wagenende genutzt.
- Ebenfalls USA-typisch verdient die Klimaanlage auch ihren Namen. Es zieht nicht, sie macht schön kühl und ist auch für höhere Temperaturen, anders als die der deutschen Bpmz, nicht unterdimensioniert.
- Die Preise des Bordcafés können sich sehen lassen: das teuerste Gericht (Cheeseburger) kostet 6$, Colafantasprite kosten 2$
- Die Ruhezone wird vom Personal rigoros durchgesetzt. Es wird nicht telefoniert, Eltern mit Kindern werden schon von vorneherein gebeten den Ruhewagen nicht zu nutzen (es kam auch keiner auf die Idee), Unterhaltungen laufen allenfalls im Flüsterton. Schlafen, arbeiten, lesen, usw. ist hier tatsächlich möglich!
allerdings gibt es auch eine Menge zu "motzen":
Fangen wir gleich mit dem einzigen "echten" Punkt an.
- Die Sitze sind eine Katastrophe, sie unterbieten sogar noch die ausgesessenen Bpmz-Sitze unserer ICs. Man kann die Lehnen zwar vergleichsweise weit zurückstellen, doch ist die Oberschenkelauflage viel zu kurz und durch die fehlende Konturierung eiert man auch ein wenig darauf herum. Des Weiteren finde ich sie subjektiv zu weich. Ich hatte schon kurz vor Providence, RI Rückenschmerzen. Auch fehlt eine Mittelarmlehne - ist ja nett, wenn man sich lieb hat, aber für den Alltagsgebrauch imho zu intim.
- Dank der Anforderungen an die Züge in die USA (aberwitzige Crashsicherheit) sind die Fenster etwas klein geraten, man sieht aber genug. Hat auch den Vorteil, dass es etwas dunkler ist und der Zug sich auch nicht so aufheizt. Mich störts nicht, mancher Phobiker mag sich daran aber reiben.
- Die Zugsammelschiene fällt extrem häufig für 1-2 Minuten aus (pro Stunde ca. 5-6 Mal). D.h. Licht aus, Strom weg, Klima weg. Ist mir bei meiner letzten Fahrt vor einigen Jahren schon aufgefallen, ist also kein Einzelfall.
- Beim Beschleunigen kommt es aus mir nicht bekannten Gründen gelegentlich zu extremen Rucklern, die Laufruhe ansonsten ist in Ordnung.
- Bei den Klapptischchen wurde geschlampt: sie sind zwar ausreichend breit aber nur etwa halb so tief wie bei uns. Bei diesen Sitzabständen wäre mehr drin gewesen - unnötig. 15" Notebook passt nur zu Hälfte drauf (bleibt aber stehen).
- Skurril: das WC ist nicht klimatisiert
- Die Druckschwankungen in den Wagen sind ein wenig hoch. Nicht so extrem wie in A/Bpmz aber für mich immer noch unangenehm wahrnehmbar. Nicht bedrohlich, da Vmax weit unter 200km/h liegen dürfte.
- Essen: es ist Fertigfutter, in der Mikrowelle aufgewärmt (im Acela soll es wesentlich besser sein, so höre ich). Es sieht grausig aus. Aber es ist gar nicht mal so schlecht wie es aussieht, mindestens ebenbürtig mit dem ICE-Fraß der DB, tendenziell sogar besser - und es kostet deutlich weniger.
Fazit: der Northeast Regional braucht sich vor einem DB A/Bpmz-IC oder einem ÖBB-EC definitiv nicht verstecken (SBB-ECs sind gar vernichtend geschlagen), unterm Strich dürfte er sogar ein, zwei Wagenlängen vorsprung haben. An einen ICE kommt er in einzelnen Aspekten heran, überflügelt ihn teilweise sogar, im Endeffekt ist es aber die Summe der kleinen Kritikpunkte, die ihn aber dann doch zurückfallen lassen.