Georg A. @ 14 Sep 2013, 02:01 hat geschrieben: Schon mal überraschend ist, dass sie es wohl geschafft haben, für Bahn und die lokalen Verkehrsverbünde (zB. in Amsterdam GVB) ein gemeinsames Zahlungsmodell einzuführen, die OV-chipkaart. Ist quasi eine NFC-Geldkarte, die man aufladen kann. Tages/Monatskarten etc. auf der Basis gibts natürlich auch.
Aber jetzt kommts: Das Ding ist nicht nur wie bei der NYC-Metro eine Karte für den "Checkin" eines Verkehrsmittels, sondern auch für den Checkout. Abgerechnet werden nämlich die gefahrenen Kilometer (ala italienische Maut), plus Grundbetrag pro Fahrt. Eine Fahrt kann max. 35min Lücken haben.
Zuerst, "Verkehrsverbünde" gibt es in den Niederlanden nicht. Jedes Verkehrsunternehmen verkauft seine Fahrkarten selbst und legt die Tarife fest, in den grösseren Städten gibt es allerdings verkehrsverbundähnliche Gemeinschaftstarife
Dazu gab es, bis zur flächendeckenden Einführung der OV-chipkaart, die landesweit gültigen Strippenkaartjes, es sind entsprechend der Fahrt (die Anzahl notwendiger Streifen legt ebenfalls das VU fest), Streifen durch den Fahrer/Schaffner abzustempeln. (Zudem noch andere "nationale vervoerbewijzen", wie wochen/tages/monats-abonementen.
Grösstes Manko der Strippenkaarten war allerdings, dass diese nicht bei den Nederlandse Spoorwegen gültigkeit hatten.
Zur OV-chipkaart:
es gibt die Persoonlijke (personengebundene) OV-chipkaart , Pre- Oder Post-Paid, nur diese können mit Abonements versehen werden, sowie
die Anonieme (personenungebundene) OV-chipkaart, die nur im Prepaidverfahren ("Reizen op saldo") funktioniert.
Inzwischen kann man manche Verkehrsmittel (v.A. Busse) nur noch mit OV-chipkaart nutzen. Dafür gilt die OV-chipkaart in allen Verkehrsmitteln. Vom Stadtbus/Tram über ICE (hier braucht man aber noch einen ICE-Zuschlag in Papierform) bis hin zum Fernbus.
Wenn das uitchecken (bei Reizen op saldo - also ohne Abo führ die Fahrt) vergessen wurde, wird die Karte mit dem "Instaptarief" belastet, der ist je Nach VU zwischen 4 bis 20 Euro. Liegt der Saldo bei inchecken niedriger als der Instaptarief, so schlägt der Check-In fehl. Steht auch auf der Homepage:
https://www.ov-chipkaart.nl/reizen/tarieven...penbasistarief/.
Wird regelmässig das uitchecken vergessen (kann unter Umständen ja sogar günstiger kommen!), wird die Karte automatisch gesperrt.
Über ein Claimformular beim entsprechenden VU kann zuviel gezahltes Geld erstattet werden, wenn z.B. aus technischen Gründen kein uitchecken möglich war.
Ach ja, der beschriebene Einstiegs/Ausstiegsstau ist nicht CICO-Systemtypisches sondern liegt an der gängigen Kontrollwahnpraxis (ausstieg nur dort/einstieg nur da, kontrolle durch fahrer/schaffner), wie er z.B. in den Niederlanden betrieben wird (in Münchner Bussen nicht inzwischen auch ? - staut es sich da nicht?). I.R. sind pro ein/ausgang 2 CICO-Geräte, die NFC- transaktion verläuft in Sekundenbruchteilen...
Ich persönlich bin generell vom CICO-System überzeugt, bei der Niederländischen Umsetzung im Vergleich z.B. zu anderen Umsetzungen (in der BRD z.B. die VDV Kernapplikation (aka e-Ticket) oder TouchAndTravel) sehe ich vor allem folgendes:
A) Hoher Instaptarief bei Zügen der NS, Veolia, Syntus (dafür ist der Datenverarbeitungsaufwand/Rechnungsstellungsaufwand allerdings im Vergleich zu VDV KA und T&T deutlich geringer)
B) Umsteigezeit auf 35 Minuten begrenzt - Zugverspätungen, ein Paar Verbindungen haben sogar in den Niederlanden einen grösseren Takt als 30 Minuten..
C) beim Umsteigen muss nur uit/in gecheckt werden, wenn man das VU (z.B. Arriva-Bus-> NS-Zug oder NS-Zug->Veolia-Zug) wechselt. Diese umständlichkeit (wann muss ich aus und wieder einchecken, wann nicht) führt zu vielen vielen ... vielen Problemen in der Praxis.
D) bei Umstiegen zwischen unterschiedlichen VU oder Verkehrsmitteln zahlt man erneut den Basistarief (es wird keine durchgehende Fahrt verrechnet)
Am Rande möchte ich auch noch die Vor/Nachteile (aus meiner Sicht) der VDV-KA (mit CICO&Abos) erläutern:
Vorteil (i.V. zur OV-chipkaart)
A) Das Verfahren beim betreten verlassen JEDES verkehrsmittels, auch beim Umstieg aus und wieder einzuchecken erscheint zwar umständlich. Aber:
- Es ist einfach simpel, man braucht nicht jedes mal zu überlegen ob man aus oder einchecken muss -> Weniger Fehler
- Spontaner Fahrtabbruch auch nach Busfahrt möglich (wenn der Bus schon weg ist, kann man sich ja nicht mehr dort auschecken)
- Kein ausreichendes Saldo muss vorbehalten werden
B) -VU-Übergreifend (Abrechnung i.R. nach bereits bestehenden Tarifen)
Nachteil (i.V. zur OV-chipkaart)
A) noch nicht annähernd Flächendeckend eingeführt
Vor und/oder Nachteil:
-Bei einem vergessenen Checkin/Checkout ist man verpflichtet, sich beim Aussteller des e-tickets zu melden.
Ebenso touch&travel:
Vorteil:
-Es muss immer nur bei Fahrtbeginn bzw. bei Fahrtende "ein/ausgecheckt" werden.
-Kein Guthaben, sondern rein post-paid
Nachteil:
-Man ist auf funktionierendes Handy angewiesen
-Der Betreiber weiss während der Fahrt immer meine Position (auch während einer Fahrtunterbrechung)
-Ist ein Checkout nicht möglich muss man über eine Hotline die Fahrt beenden, bevor man eine neue Fahrt beginnen kann
-Ungeklärte Frage: was ist wenn meine fahrt in einem FUnkloch endet oder gar in einem Funkloch enden soll???
Eine andere angesprochene Sache oben war der mögliche Missbrauch der Verkehrsdaten. In unseren Überwachungsstaaten sind CICO-Daten aber nur eine von vielen Quellen (Mobilfunk...), Der Nutzen dieser Daten für die Netzbetreiber ist aber von unschätzbaren Wert.
Grösster Vorteil am CICO-Verfahren sehe ich darin, dass man sich vor der Fahrt nicht auf eine Fahrtroute festlegen muss, wie bei Papierfahrscheinen.
Beispiel hiefrür ist meine letzte Fahrt mit touch&travel:
Ich wollte von .Heilbronn nach Hardheim(Odenwald),
geplante Route:
Mit dem RE (DB Regio) von Heilbronn nach Lauda, mit dem RE (DB RegioNetz) von Lauda nach Tauberbischofsheim, mit dem Bus (DB RBS) von Tauberbischofsheim nach Hardheim
Dann war der 1. Zug dermassen verspätet, dass ich den Anschluss in Lauda nicht erreicht hätte,
schnell im Zug im DB Navigator neue Route gesucht:
In Osterburken ausgestiegen, mit der S-Bahn (DB Regio) nach Elsenz, mit der RB (DB RegioNetz) nach Walldürn, mit dem Bus (DB BRN) nach Hardheim. (Aus Verspätung > 1 Stunde wurden 30 Minuten Verspätung)
Mit dem Ticket in Papierform (nur für den Bahnanteil), hätte ich in Osterburken eine neue Fahrkahrte erwerben müssen, (ohne Tarifkenntnisse hätte ich dann vielleicht noch ein teueres Verbundticket von Osterburken nach Hardheim genommen...) und später mir den Ärger geben müssen, meine Fahrgastrechte geltend zu machen um mein Geld zurückerstattet zu bekommen.
Dank Touch&Travel konnte ich die Fahrtroute einfach ändern - der korrekte Fahrpreis (der in dem Fall dann noch günstiger war, als der Ursprüngliche) wird im Nachhinein errechnet und vom Konto abgebucht. Und brauchte keine 2-3 Fahrausweise (DB+DB+VRN oder DB+VRN).