Lokbeschaffungsstrategien in der Vergangenheit

Rund um die Technik der Bahn
146225
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Beitrag von 146225 »

218 466-1 @ 30 Nov 2013, 17:11 hat geschrieben: Bei der Bundesbahn gab es stets kleine Vorserien (idR. 5-15 Loks/Triebzüge), die einige Zeit erprobt wurden. Auch die hatten Kinderkrankheiten, aber das konnte man bei der geringen Anzahl der Fahrzeuge schnell aussortieren.
Schwachstellen, Störungen und Verbesserungsmöglichkeiten sind für die "Serie" berücksichtigt worden.
Das halte ich aber auch für eine unzureichende Verklärung der Vergangenheit, denn es gab auch zu Zeiten der glorifizierten Bundesbahn mehr als nur einen "Flop" in der Beschaffungsgeschichte. Manche waren sicherlich politisch gesteuert, andere durch Beharrungskräfte - anders ist es z.B. nicht mehr erklärbar, warum noch Baureihen wie 10 oder 66 mit je 2 Prototypen zu einer Zeit entstanden sind, wo eigentlich klar war, dass man mit Dampflokomotiven nicht mehr für die Zukunft plant. Was ich meine, sind z.B. Versuche am lebenden Fahrgast wie die Gliedertriebzüge VT10.5 - das hat man auch sehr schnell wieder sein lassen, oder Kleinserien wie 184 oder 403/404, oder jahrzehntelange Entwicklungsarbeiten wie der Weg von der 182/183 über die 181.0 zur letztlich "serientauglichen" 181.2 - nicht alles war Gold, was glänzte. Siehe auch Geschichten wie die 120.0: Sie war seinerzeit 1979 sicher eine technische Meisterleistung, als die Serie 120.1 dann 1987/1988 ins Rollen kam, war sie eigentlich schon wieder veraltet, die Serie hätte spätestens 1982 schon kommen müssen, um den hochfliegenden Plänen ("Universallok") gerecht zu werden. Dafür wurde Ende der 1970er / Anfang der 1980er aus beschäftigungspolitischen Gründen noch der "aufpolierte" 110-Neuaufguss 111 produziert, während die kleine, verlachte ÖBB zu jener Zeit längst die leistungsmäßig überlegene modernere 1044 beschaffte.

Derartige Beispiele lassen sich in der Bundesbahn-Geschichte viel zu oft finden, und Baureihen wie 112 (später 114 und heute 113), 210, 217, 219, 230, 232, 240, 245, 427, 456, 517, 627 - nur die, die mir gerade einfallen - legen davon Zeugnis ab. Einfache Glorifizierungen der Vergangenheit helfen uns also heute nicht weiter.

Und jetzt genug mit OT - zurück zu den FV-Dosto.
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Beitrag von Rohrbacher »

146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:Das halte ich aber auch für eine unzureichende Verklärung der Vergangenheit, denn es gab auch zu Zeiten der glorifizierten Bundesbahn mehr als nur einen "Flop" in der Beschaffungsgeschichte. Manche waren sicherlich politisch gesteuert, andere durch Beharrungskräfte - anders ist es z.B. nicht mehr erklärbar, warum noch Baureihen wie 10 oder 66 mit je 2 Prototypen zu einer Zeit entstanden sind, wo eigentlich klar war, dass man mit Dampflokomotiven nicht mehr für die Zukunft plant.
Das war wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland noch nicht so ganz klar. Während der Entwicklung der beiden Lokomotiven ab 1950 war der Bau z.B. der 105 (!) Maschinen der Baureihe 23, der Baureihe 65 (18 Stück) oder der Baureihe 82 (41 Loks) bis 1955 noch voll im Gange. Es war zwar schon länger abzusehen, dass Dampflokomotiven nicht mehr Stand der Technik sind, aber man hatte die Infrastruktur (!) für Dampfloks, jede Menge Kohle im eigenen Land und billige Arbeitskräfte. Theorie vs. Alltagssituation im Nachkriegsdeutschland.
146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:Was ich meine, sind z.B. Versuche am lebenden Fahrgast wie die Gliedertriebzüge VT10.5 - das hat man auch sehr schnell wieder sein lassen
Der VT10.5 war ein Prototyp für den VT12.5. Quasi ein ICE-V der 50er Jahre.
146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:Kleinserien wie 184
Mehr Mehrsystemloks brauchte man damals nicht, damals wurde an der Grenze brav Lok und Personal gewechselt und mit den 184 wollte man das erstmals vermeiden. Im Prinzip waren die Loks aber auch nur ein technischer Testballon.
146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:oder 403/404
Naja, das war eine politische Entscheidung. Und zwar gar nicht mal so die Wagenzug vs. Triebwagen (wie bei der Erfindung der x-Wagen), sondern die Einführung des IC79 mit sehr viel mehr Zügen und erhöhtem Fahrzeugbedarf durch die zusätzliche 2. Klasse.
146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:Siehe auch Geschichten wie die 120.0: Sie war seinerzeit 1979 sicher eine technische Meisterleistung, als die Serie 120.1 dann 1987/1988 ins Rollen kam, war sie eigentlich schon wieder veraltet, die Serie hätte spätestens 1982 schon kommen müssen
Hä? Wie kann die 120 veraltet gewesen sein, wenn sie 1987 immer noch die erste Drehstromlok in Serie war? Zum anderen war die 120.0 was völlig neues und deswegen erstmal noch alles andere als serientauglich. Die 120.0 kam 1979 und wurde dann erstmal etwa 4 Jahre erprobt. Das ist ja der Sinn von Prototypen. Es nutzt ja nichts, wenn die baut und dann ungetestet eine Serie bestellt. Die Erfahrungen, die zu den Veränderungen in der Serienversion führen, müssen ja irgendwie erstmal gewonnen werden. :rolleyes: Die Bestellung der 120.1 durch die Bundesbahn fand 1984 statt, die Auslieferung war dann ab Anfang 1987. Schneller baut die Industrie heute auch nicht!
146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:Dafür wurde Ende der 1970er / Anfang der 1980er aus beschäftigungspolitischen Gründen noch der "aufpolierte" 110-Neuaufguss 111 produziert, während die kleine, verlachte ÖBB zu jener Zeit längst die leistungsmäßig überlegene modernere 1044 beschaffte.
Ja mei. Dafür hat die ÖBB die 1044 noch gebaut als die DB nach 120.1 und 401 mit der 101 bereits die dritte Drehstrom-Baureihe bestellt hatte. So ist das eben manchmal.
146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:Derartige Beispiele lassen sich in der Bundesbahn-Geschichte viel zu oft finden, und Baureihen wie 112 (später 114 und heute 113), 210, 217, 219, 230, 232, 240, 245, 427, 456, 517, 627 - nur die, die mir gerade einfallen - legen davon Zeugnis ab. Einfache Glorifizierungen der Vergangenheit helfen uns also heute nicht weiter.
Halbwahrheiten auch nicht.

Was sollen das für Beispiele sein? Und welcher "Flop" soll da jetzt dabei gewesen sein? Testfahrzeuge der Industrie fahren heute auch viele rum, die letztlich von der "Staatsbahn" nicht bestellt werden, weil sie sich technisch nicht bewährt haben, zu groß oder zu klein sind oder einfach kein konkreter Bedarf (mehr) besteht. Der Bau und Test von Prototypen führt ja nicht zwangsläufig zu einer Serie. :unsure:
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben: (...) Siehe auch Geschichten wie die 120.0: Sie war seinerzeit 1979 sicher eine technische Meisterleistung, als die Serie 120.1 dann 1987/1988 ins Rollen kam, war sie eigentlich schon wieder veraltet, die Serie hätte spätestens 1982 schon kommen müssen, um den hochfliegenden Plänen ("Universallok") gerecht zu werden.
Die 120er waren nicht veraltet. Sie sind ja bis heute noch im Einsatz und waren zu Zeiten des IR und der noch fehlenden ICE3 ein wichtiger Bestandteil im Fernverkehr. Es wären nicht genug 103er vorhanden gewesen um sowohl IC, als auch IR zu fahren.
Welche modernere Lok wäre 1987 denn verfügbar gewesen?
Das "Endprodukt" ist nun die 101 und "Du" als TRAXX. ;)
146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:Dafür wurde Ende der 1970er / Anfang der 1980er aus beschäftigungspolitischen Gründen noch der "aufpolierte" 110-Neuaufguss 111 produziert, während die kleine, verlachte ÖBB zu jener Zeit längst die leistungsmäßig überlegene modernere 1044 beschaffte.
Da wurde auf bewährtes gesetzt, was auch nicht falsch war. Nur für Steilstrecken hätte sich eine stärkere Lok gelohnt. Der Rest bei der DB war Sache der 103 und 151. Da hatten die ÖBB dafür nichts vergleichbares.
146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben:Derartige Beispiele lassen sich in der Bundesbahn-Geschichte viel zu oft finden, und Baureihen wie 112 (später 114 und heute 113), 210, 217, 219, 230, 232, 240, 245, 427, 456, 517, 627 - nur die, die mir gerade einfallen - legen davon Zeugnis ab. Einfache Glorifizierungen der Vergangenheit helfen uns also heute nicht weiter.
Die Mehr-Baureihen entstanden aufgrund verschiedener Entwicklungsversuche und/oder aufgrund regional bedingter Anforderungen.
Die 215 würde mit ausgereifter Technik benötigt, um Dampfrösser schneller los zu werden.
Die 217 war ein Versuch mit zweitem Motor. Letzlich hat sich die enimotorige 218 durchgesetzt, aber der Versuch war es wert.
Die 210 war nötig, um Fernzüge im Allgäu ohne Doppeltraltion fahren zu können, bzw. um den für BR 120 vorgesehenen Fahrplan Berlin-Hamburg einhalten zu können.
Die 627 sind als 640, 641 und 650 indirekt wieder da. Das waren ja nur eintelige 628.
427 heißen jetzt 429 aber die sind schon von der (Stadler-) Stange.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

146225 @ 1 Dec 2013, 10:04 hat geschrieben: Siehe auch Geschichten wie die 120.0: Sie war seinerzeit 1979 sicher eine technische Meisterleistung, als die Serie 120.1 dann 1987/1988 ins Rollen kam, war sie eigentlich schon wieder veraltet, die Serie hätte spätestens 1982 schon kommen müssen, um den hochfliegenden Plänen ("Universallok") gerecht zu werden.
Du sagst ja ganz richtig - die 120 war eine technische Meisterleistung. Sie war eine absolute Neuheit, die in nahezu allen Bereichen der Lok aus Innovationen bestand. Man betrat hier technisches Neuland, von dem keiner mit Sicherheit sagen konnte, ob das so funktioniert - einfach, weil die Erfahrungen im Drehstrombereich noch sehr gering waren. Aus diesem Grund war ausführliches Testen der Fahrzeuge (wo es ja auch um solche Details geht wie ob die Fahrzeuge nach einigen Jahren immer noch funktionieren - nicht alle Fehler zeigen sich nach dem ersten Einschalten!), ein sofortiger Start der Serie wäre ein gigantisches Risiko gewesen.

Heute sind die Erfahrungen im Drehstrombereich groß, Stromrichter kann man schon fast von der Stange kaufen - damals waren die Erfahrungen nur im Bereich der alten Wechselstromtechnik groß, beim Drehstromantrieb hat man bei den Versuchen dagegen noch einen Stromrichter nach dem anderen in die Luft gejagt.

Und was an der 120er Ende der 80er veraltet gewesen sein soll, wüsste ich dann doch ganz gern.
Dafür wurde Ende der 1970er / Anfang der 1980er aus beschäftigungspolitischen Gründen noch der "aufpolierte" 110-Neuaufguss 111 produziert, während die kleine, verlachte ÖBB zu jener Zeit längst die leistungsmäßig überlegene modernere 1044 beschaffte.
Naja...die DB hat ab 1969 Triebwagen mit Phasenanschnittssteuerung im Einsatz gehabt. Die ÖBB hat 1976 Loks mit Phasenanschnittssteuerung in Betrieb genommen.

Bei den S-Bahn/Regionalverkehrs-Triebwagen 4020 setzte man ebenfalls mit Inbetriebnahme 1976 aber ebenso noch auf die alte Technik (oder irre ich hier, habe leider jetzt keine definitive Aussage dazu gefunden?).

Effektiv war Mitte der 70er bereits absehbar, dass die Phasenanschnittstechnik vermutlich bald veraltet sein wird, außerdem bringt diese einige Nachteile mit sich: Bei nennenswertem Einsatz von Loks mit Phasenanschnittssteuerung müssen alles Bahnunterwerke, in denen die Fahrzeuge eingesetzt werden, aufwendig umgerüstet werden. Bei einem einzelnen Fahrzeug ist das noch kein so großes Problem Problem, hätte man 1044er in dem Umfang gefahren wie später die 111er wäre das doch ein erheblicher Aufwand gewesen.

Effektiv war es eher so, dass Österreich auf Technik gesetzt hat, von der absehbar war, dass sie bereits relativ bald veraltet ist. Die DB hat da, wo es nötig war, nämlich im S-Bahn-Verkehr, mit den 420ern auf die damals verfügbare und hochinnovative Phasenanschnittstechnik gesetzt, bei den Loks aber lieber abgewartet, bis die innovative Drehstromtechnik verfügbar war, die wesentlich zielführender war als die doch relativ problematische Phasenanschnittstechnik - und bis dahin wurde halt bewährte Technik gekauft, statt sich eine weitere technisch exotische Bauart auf den Hof zu stellen. Wo jetzt das große Problem an den 111ern sein soll erschließt sich mir jedenfalls nicht.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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War es nicht sogar so, dass die Bundesbahn im Prinzip Fahrzeuge selbst konstruiert und dann nur Fahrzeugfertiger (die im Prinzip "austauschbar" waren) mit der Fertigung, nach den Plänen der Bundesbahn, konkret beauftragt hat? Und war nicht auch dementsprechend die Zulassung anders geregelt, da die Bundesbahn ja eine Behörde war und demzufolge hoheitlich handeln konnte?

Ich erinnere mich halb an Erläuterungen dazu, die mir ein ehemaliger Bundesbahnler mal erzählte, ist schon einige Jahre her, daher erinnere ich mich nicht mehr genau daran. Weiss jemand mehr dazu?
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Jein. Also ja, generell war die Bundesbahn der "Hauptkonstrukteur" der Fahrzeuge. Die Entwicklung der einzelnen Komponenten wurde allerdings in der Regel an Fachfirmen vergeben, da die Bundesbahn hier das Knowhow nicht hatte. Bei der 120.0 stammt die Drehstromtechnik z.B. von BBC. Teilweise wurde hier wohl auch so vorgegangen, dass die Entwicklung von der selben Komponente von mehreren Herstellern durchgeführt wurde, und anschließend bei einem Vergleichstest die beste Konstruktion ausgewählt und ab da gefertigt wurde.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von 146225 »

Rohrbacher @ 1 Dec 2013, 15:04 hat geschrieben: Das war wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland noch nicht so ganz klar. Während der Entwicklung der beiden Lokomotiven ab 1950 war der Bau z.B. der 105 (!) Maschinen der Baureihe 23, der Baureihe 65 (18 Stück) oder der Baureihe 82 (41 Loks) bis 1955 noch voll im Gange. Es war zwar schon länger abzusehen, dass Dampflokomotiven nicht mehr Stand der Technik sind, aber man hatte die Infrastruktur (!) für Dampfloks, jede Menge Kohle im eigenen Land und billige Arbeitskräfte. Theorie vs. Alltagssituation im Nachkriegsdeutschland.






Nein, eher Beharrungskräfte - schon die Vorkriegsreichsbahn hatte diese Diskussionen geführt. Eigentlich war seit den "fliegenden Zügen" als VT und spätestens seit der E18 im Jahre 1935 klar, wo die Zukunft hingeht, nämlich weg von der Dampfloktechnik. Dennoch haben die am Dampflokbau interessierten (Wirtschafts-)Kreise mit Stromlinien-Loks wie den Baureihen 05, 19.10 oder 61, die allesamt über Prototypen nie hinaus kamen, noch versucht, das zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Okay, die Entwicklung wurde sinnlos und brutal durch den zweiten Weltkrieg zerschossen, und danach war man verständlicherweise erstmal ein gutes Jahrzehnt zufrieden mit allem was noch fuhr (- die ersten Serienneubauten an Diesel- und E-Lok kamen ja nach 1955 in Gang -), aber die Diskussion, ob man nicht doch "moderne" Dampfloks braucht, ist nicht verstummt. Lustigerweise hat es dann in der Realität bei Bundesbahnens manch alte Preußenlok der Baureihen 038, 055, 078, 094 noch weit bis in die 1970er geschafft, wo jüngere, modernere Dampfloks schon längst ausgemustert waren.
Der VT10.5 war ein Prototyp für den VT12.5. Quasi ein ICE-V der 50er Jahre.
Wenn, dann doch wohl eher für den VT11.5, die spätere Baureihe 601 und jetzt nicht unbedingt der Eierköpfe in der Version für den besseren Eilzugdienst. Und nein, da glaube ich nicht ganz daran, die Gliederzüge VT10.5 sollten schon der Beginn einer eigenständigen Entwicklung von Leichtbau-Schnelltriebwagen werden, allerdings wurde aus dieser Entwicklung soviel wie später z.B. aus dem 670 - nämlich nix.

Mehr Mehrsystemloks brauchte man damals nicht, damals wurde an der Grenze brav Lok und Personal gewechselt und mit den 184 wollte man das erstmals vermeiden. Im Prinzip waren die Loks aber auch nur ein technischer Testballon.
Nein, der technische Weg zur alltagstauglichen Mehrsystemlok war so quälend langsam wie heute die Zulassung einer neuen 442-Variante. Über die "Bastelversionen" E 344 (183) und E 310 (182), die aus der Höllental E-244 bzw. den Einheits-E-Loks abgeleitet wurden, entstanden die Prototypen 181.0 - diesen Loks war allen eine eher geringe Leistung bei hohem Pflegeaufwand gemeinsam. Mit der E 410, also der 184 sollte dann Technik "Made in Germany" beweisen, was möglich ist (bzw. sein sollte), deshalb wurden die 5 Loks auch in 2 Unterserien (184.0 und 184.1) von 2 Herstellern gebaut. Kurz und gut, der Versuch scheiterte an reichlich Ausfällen. Hätte es Foren wie dieses damals gegeben, die Freaks hätten sich heiser geschrien über den Schrott, den die Bundesbahn da heutzutage kauft...
Was sollen das für Beispiele sein? Und welcher "Flop" soll da jetzt dabei gewesen sein? Testfahrzeuge der Industrie fahren heute auch viele rum, die letztlich von der "Staatsbahn" nicht bestellt werden, weil sie sich technisch nicht bewährt haben, zu groß oder zu klein sind oder einfach kein konkreter Bedarf (mehr) besteht. Der Bau und Test von Prototypen führt ja nicht zwangsläufig zu einer Serie. :unsure:
Alles Baureihen, die in der Theorie - wenn doch die Bundesbahn immer so schön bis zur Serienreife getestet hat! - hätten in viel größerer Stückzahl kommen müssen. Aber manches wurde halt dann doch nix - Bedarf wäre auch für eine Großdiesellok wie die 232 (ex V320, nicht die Ludmillen) definitiv dagewesen, wenn man sieht, wieviele 218-Dotras in den 1980ern alleine noch ganz Schleswig-Holstein gebunden hatte. Bedarf wäre auch für einen modernen Nahverkehrs-ET wie den 427 gewesen, dann wäre mancher Vorkriegseilzugwagen und mancher Umbaudrei- und -vierachser früher den (richtigen) Weg des alten Eisens gegangen. Und die ganzen Gasturbinen-Spielereien mit 219,210 und 602 waren ja definitiv ein technischer Flop. Gut, der 517 war im Vergleich zum 515 vermutlich schlicht zu teuer, und der 627 ein Opfer der Politik, die Nebenstrecken lieber stillegen liess.
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Beitrag von 146225 »

Boris Merath @ 1 Dec 2013, 16:15 hat geschrieben: Du sagst ja ganz richtig - die 120 war eine technische Meisterleistung. Sie war eine absolute Neuheit, die in nahezu allen Bereichen der Lok aus Innovationen bestand. Man betrat hier technisches Neuland, von dem keiner mit Sicherheit sagen konnte, ob das so funktioniert - einfach, weil die Erfahrungen im Drehstrombereich noch sehr gering waren. Aus diesem Grund war ausführliches Testen der Fahrzeuge (wo es ja auch um solche Details geht wie ob die Fahrzeuge nach einigen Jahren immer noch funktionieren - nicht alle Fehler zeigen sich nach dem ersten Einschalten!), ein sofortiger Start der Serie wäre ein gigantisches Risiko gewesen.

Heute sind die Erfahrungen im Drehstrombereich groß, Stromrichter kann man schon fast von der Stange kaufen - damals waren die Erfahrungen nur im Bereich der alten Wechselstromtechnik groß, beim Drehstromantrieb hat man bei den Versuchen dagegen noch einen Stromrichter nach dem anderen in die Luft gejagt.

Und was an der 120er Ende der 80er veraltet gewesen sein soll, wüsste ich dann doch ganz gern.
Okay. Technischer Meilenstein. Wichtige Entwicklung. Wobei die Testobjekte für Drehstromantrieb ja nicht nur die 120.0, sondern auch die 202 waren. Ja, okay, wer soviel Neuland betritt, braucht Zeit. Die Frage ist aber dennoch, wieso es dann doch 8 Jahre bis zur Serienlieferung werden mussten, und vor allem: Wenn man dann schon so lange auf die Serie wartet, warum beendet man die "Universallok" der Zukunft dann bereits nach 60 Stück? Wir dürfen nicht vergessen: 1987 waren die letzten 194 noch unterwegs und die 141 wurde bereits recht kritisch gesehen. Eine Universallok in Serie hätte solche Dinge doch mit einem Schlag bereinigt, tagsüber Wendezug, nachts Güterzug, und wie die Bundesbahn eben war, wär im gleichen Plan auch noch ein IR oder IC aufgetaucht. Aber diese Serie kam, 6 Jahre vor der Bahnreform, und ohne Absehbarkeit, dass 2 Jahre später der Fuhrpark der Reichsbahn verfügbar sein würde, nicht. Ausschließlich politische Gründe oder war da doch was anderes?
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Beitrag von GSIISp64b »

146225 @ 1 Dec 2013, 18:56 hat geschrieben: Aber diese Serie kam, 6 Jahre vor der Bahnreform, und ohne Absehbarkeit, dass 2 Jahre später der Fuhrpark der Reichsbahn verfügbar sein würde, nicht. Ausschließlich politische Gründe oder war da doch was anderes?
Einspruch, euer Ehren! Das ist eine Suggestivfrage!

Und: Politische Gründe. Sowohl für die Verzögerung als auch für die kleine Serie. Das ist ziemlich wohlbekannt.

Die 120 hat zwar ihre Macken (schwacher Rahmen, keine netzunabhängige E-Bremse), die waren damals aber allesamt noch nicht absehbar.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
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146225 @ 1 Dec 2013, 18:56 hat geschrieben:Die Frage ist aber dennoch, wieso es dann doch 8 Jahre bis zur Serienlieferung werden mussten
Habe ich vorhin schon beantwortet: "Die 120.0 kam 1979 und wurde dann erstmal etwa 4 Jahre erprobt. Das ist ja der Sinn von Prototypen. Es nutzt ja nichts, wenn die baut und dann ungetestet eine Serie bestellt. Die Erfahrungen, die zu den Veränderungen in der Serienversion führen, müssen ja irgendwie erstmal gewonnen werden. :rolleyes: Die Bestellung der 120.1 durch die Bundesbahn fand 1984 statt, die Auslieferung war dann ab Anfang 1987. Schneller baut die Industrie heute auch nicht!"
146225 @ 1 Dec 2013, 18:56 hat geschrieben:Wenn man dann schon so lange auf die Serie wartet, warum beendet man die "Universallok" der Zukunft dann bereits nach 60 Stück?
Mei... Die Lieferung und Inbetriebnahme der 120 dauerte bis 1989. Die 120 sollte zusätzliche Züge fahren (Thema IR, sicherlich auch Güterzüge mit 194) und zusammen mit den kurz danach in Betrieb genommenen 401 dann langsam auch die 103 entlasten. Geplant war eine Baureihe 121, die letztlich in möglicherweise in mehreren Serien in mehreren hundert Exemplaren die 103 und auch 110/140 hätte ersetzen sollen.

Dass die 120.1 nur in 60 Stück gebaut wurde, lag sicher auch daran, dass mit Einführung des ICE-Netzes ein Teil der Loks als ICE auf die Welt kamen. Der Bau der 120 ICE1-Triebköpfe erfolgte ja ab 1989 in den selben Herstellerwerken direkt im Anschluss an die 120. Genau zu dieser Zeit 1989-91 verschwand dann aber die DDR, jede Menge DR-Loks kamen in den gesamtdeutschen Fuhrpark und die Bahnreform war abzusehen -> Aufspaltung in Geschäftsbereiche -> Keine Bestellung der Universal-121. Dazu kam, dass die Bundesbahn aus arbeitsmarktpolitischen Gründen 1992-94 die 112.1 mitbeschaffen musste, obwohl die eigentlich lieber weitere der moderneren und schnelleren 120 haben wollte. Die 120 hatte gewissermaßen ein bissl Pech. ;)

Aber aus heutiger Sicht: Durch was wurden 103, 110/140 und andere ersetzt? Es gab zwar nicht die geplante 121, trotzdem gibt es fast nur noch "Drehstrom-Universallokomotiven", mal mehr mal weniger universell, heute werden natürlich oft aufgabenspezifische Detaillösungen geordert. Sowohl die Traxx als auch Eurosprinter/Vectron haben mit der 120 ein gemeinsames Vorgängermodell und nutzen übrigens heute noch das Layout des damals nach neusten Erkenntnissen entwickelten "Einheitsführertischs" der 111. Soviel noch zum 110-Aufguß.
146225 @ 1 Dec 2013, 18:50 hat geschrieben:Nein, eher Beharrungskräfte - schon die Vorkriegsreichsbahn hatte diese Diskussionen geführt. Eigentlich war seit den "fliegenden Zügen" als VT und spätestens seit der E18 im Jahre 1935 klar, wo die Zukunft hingeht, nämlich weg von der Dampfloktechnik.
Äh... du hast in Geschichte nicht aufgepasst, oder? 1945 lag Deutschland besiegt in Trümmern. Die Jahre danach bis mindestens 1960 hatte man andere Probleme als die neusten Lokomotiven zu haben. Da ging es drum mit vorhandenen Mitteln möglichst schnell das Land wieder in Fahrt zu bringen.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

146225 @ 1 Dec 2013, 18:56 hat geschrieben: Wobei die Testobjekte für Drehstromantrieb ja nicht nur die 120.0, sondern auch die 202 waren.
Die 202 war ein reines Versuchsfahrzeug, und beanspruchte neben dem Platz in der Lok noch einen weiteren Wagen (Silberling-Steuerwagen). Der Weg von der 202 zur 120 war ein weiter Weg.
Die Frage ist aber dennoch, wieso es dann doch 8 Jahre bis zur Serienlieferung werden mussten
Zwischen Auslieferung der letzten 120.0 und Bestellung der 120.1 waren es nicht mal fünf Jahre. Und wie gesagt, ich würde davon ausgehen dass man hier auch Langzeittest machen wollte - hätte ja sein können, dass z.B. nach drei Jahren die Stromrichter schon am Ende der Lebenszeit sind.
Wenn man dann schon so lange auf die Serie wartet, warum beendet man die "Universallok" der Zukunft dann bereits nach 60 Stück?
In der ersten Serie 60 Stück, in der zweiten Serie (Baureihe 401 genannt) 120 Stück, in der dritten Serie (Baureihe 402 genannt) 44 Stück. Macht 224 Serienloks. Und ja, natürlich unterscheiden 120 sowie 401/402 sich, und es gibt auch in der laufenden 401er-Serie einen Umbruch bei den Stromrichtern, grundsätzlich ist ein 401 aber nichts weiter als eine weiterentwickelte 120 - und die Ersatzteile sind meines Wissens nach auch zu großen Teilen zwischen 120.1 und 401 austauschbar.
Eine Universallok in Serie hätte solche Dinge doch mit einem Schlag bereinigt, tagsüber Wendezug, nachts Güterzug, und wie die Bundesbahn eben war, wär im gleichen Plan auch noch ein IR oder IC aufgetaucht. Aber diese Serie kam, 6 Jahre vor der Bahnreform, und ohne Absehbarkeit, dass 2 Jahre später der Fuhrpark der Reichsbahn verfügbar sein würde, nicht.
Die 120 wurde in Form der 401 bis 1993 gebaut, ab 1996 kam die 101er. Das Ende der Universallok war die Privatisierung - man wollte mehr Kompetenzen an die private Wirtschaft geben, und von der privaten Wirtschaft eine vollständige Lok (inklusive Entwicklung). Spätestens mit der Bahnreform war die Universallok aus politischen Gründen gestorben - durch die Trennung in viele Geschäftsbereiche. Effektiv sind ja die meisten heutigen Loks so was ähnliches wie Universalloks, sie werden halt nicht so eingesetzt.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von GSIISp64b »

Na ja - die 101 läuft aber öfters mal vor Güterzügen, die 182 ist von Cargo zu Regio gewechselt et cetera pp.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

GSIISp64b @ 1 Dec 2013, 20:27 hat geschrieben: Na ja - die 101 läuft aber öfters mal vor Güterzügen, die 182 ist von Cargo zu Regio gewechselt et cetera pp.
Es passiert, Standard ist es aber nicht - im Gegensatz zum Taurus von Österreich. Aber das hat politische und nicht technische Gründe.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von 146225 »

Rohrbacher @ 1 Dec 2013, 20:16 hat geschrieben: Äh... du hast in Geschichte nicht aufgepasst, oder? 1945 lag Deutschland besiegt in Trümmern. Die Jahre danach bis mindestens 1960 hatte man andere Probleme als die neusten Lokomotiven zu haben. Da ging es drum mit vorhandenen Mitteln möglichst schnell das Land wieder in Fahrt zu bringen.
Äh ja? Also ich würde Dein mindestens 1960 nicht unterschreiben, weil die Serienlieferungen der Einheits-E-Loks ab 1957 begannen (und Fz wie V200.0 und die Schienenbusse auch Kinder der 1950er sind), aber ansonsten glaube ich durchaus, dass ich mit diesem Abschnitt
Okay, die Entwicklung wurde sinnlos und brutal durch den zweiten Weltkrieg zerschossen, und danach war man verständlicherweise erstmal ein gutes Jahrzehnt zufrieden mit allem was noch fuhr (- die ersten Serienneubauten an Diesel- und E-Lok kamen ja nach 1955 in Gang -), aber die Diskussion, ob man nicht doch "moderne" Dampfloks braucht, ist nicht verstummt.
letzten Endes ja genau das erwähnt habe. Natürlich war der zweite Weltkrieg eine Zäsur. Soweit habe das sogar ich alter Mann das verstanden.
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Beitrag von ropix »

146225 @ 1 Dec 2013, 18:50 hat geschrieben: Eigentlich war seit den "fliegenden Zügen" als VT und spätestens seit der E18 im Jahre 1935 klar, wo die Zukunft hingeht, nämlich weg von der Dampfloktechnik. Dennoch haben die am Dampflokbau interessierten (Wirtschafts-)Kreise mit Stromlinien-Loks wie den Baureihen 05, 19.10 oder 61, die allesamt über Prototypen nie hinaus kamen, noch versucht, das zu ihren Gunsten zu beeinflussen. ...aber die Diskussion, ob man nicht doch "moderne" Dampfloks braucht, ist nicht verstummt.
was dann 1957 in der neubeschafften Baureihe 10 gipfelte.

Aber auch Einheitsdampfloks wurden noch sehr lange produziert, genauer bis 1959, siehe 23 105
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Beitrag von bayerhascherl »

Boris Merath @ 1 Dec 2013, 17:08 hat geschrieben: Jein. Also ja, generell war die Bundesbahn der "Hauptkonstrukteur" der Fahrzeuge. Die Entwicklung der einzelnen Komponenten wurde allerdings in der Regel an Fachfirmen vergeben, da die Bundesbahn hier das Knowhow nicht hatte. Bei der 120.0 stammt die Drehstromtechnik z.B. von BBC. Teilweise wurde hier wohl auch so vorgegangen, dass die Entwicklung von der selben Komponente von mehreren Herstellern durchgeführt wurde, und anschließend bei einem Vergleichstest die beste Konstruktion ausgewählt und ab da gefertigt wurde.
Das klingt naja, nach einer richtig guten Idee, das so zu machen. Dadurch waren wir evtl. vielleicht auch etwas verwöhnt, was Zuverlässigkeit von Fahrzeuggenerationen aus Bundesbahnzeiten angeht. Deren Technik gilt ja bis heute als sehr robust, wo sie noch im Einsatz ist. Angesichts der großen Probleme mit neueren Zügen in den letzten Jahren: ist in der Diskussion wieder zur alten Konstruktionsorganisation zurück zu kehren? Irgendwelche Lehren muss man doch ziehen.
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Beitrag von Bat »

Es gibt nur zwei Lehren, die sie ziehen:

1. noch zu teuer
2. noch nicht schnell genug

PS: 3. ... böses EBA ...

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Beitrag von ropix »

bayerhascherl @ 2 Dec 2013, 10:06 hat geschrieben: Angesichts der großen Probleme mit neueren Zügen in den letzten Jahren: ist in der Diskussion wieder zur alten Konstruktionsorganisation zurück zu kehren? Irgendwelche Lehren muss man doch ziehen.
Nein. Das Problem kommt - im Personennahverkehr - ja auch nur daher dass man früher bei der Bundesbahn das alte Graffel einfach weiterlaufen lies wärend man jahrelang an den Neukonstruktionen gefeilt hat und heute halt das alte Graffel per Stichtag weg ist (zum Beispiel wegen Betreiberwechsel)

Außerdem würde sich z.B. Netinera wärmstens bedanken wenn es seine Fahrzeuge bei der Deutschen Bahn AG kaufen müsste. Woran liegts wohl dass bei den Privatbahnen zu Bundesbahnzeiten kein sinnvolles Zugmaterial zur Verfügung stand?

Auch im Fernverkehr ists halt schon immer so gelaufen wie jetzt auch. Nur dass das damals alte Graffel mittlerweile das zeitliche gesegnet hat.

Die gezogene Lehre ist übrigens deutlich erkennbar: Mehr Straßen.
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Beitrag von riedfritz »

Angesichts der großen Probleme mit neueren Zügen in den letzten Jahren: ist in der Diskussion wieder zur alten Konstruktionsorganisation zurück zu kehren? Irgendwelche Lehren muss man doch ziehen.

Ich denke, das mit den Problemen wird nur heute mehr an die große Glocke gehängt.

Wer sich z.B. mit den Anfängen der BR 103 befasst, glaubt nicht, dass es damals "weniger Probleme" gab.

Mit Müh und Not sind die Loks zur Internationalen Verkehrsausstellung München 1965 fertig geworden. Während dieser zwei Wochen mußte eine der Loks defekt abgestellt werden. Für die Vorführzüge stand nur eine Mindestanzahl von zugelassenen Waggons in verschiedenster Farbgebung zur Verfügung und die Strecke konnte erst ab Maisach mit 200 km/h befahren werden.

Viele Grüsse,

Fritz
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Beitrag von Rohrbacher »

ropix @ 2 Dec 2013, 11:17 hat geschrieben:Woran liegts wohl dass bei den Privatbahnen zu Bundesbahnzeiten kein sinnvolles Zugmaterial zur Verfügung stand?
An den kleinen Mengen und daran, dass die NE-Bahnen kaum Geld hatten.

Die DB hatte ja kein Monopol auf Eisenbahnfahrzeuge, nur als Großabnehmer hat sie mit der Industrie anders zusammengearbeitet. Auch NE-Bahnen oder ausländische Besteller konnten sich z.B. Uerdinger Schienenbusse oder jene von MAN kaufen. Oder dann eine Nummer größer den bekannten Esslinger. Die TAG in Tegernsee hatte z.B. eine oder zwei (?) werksneue V65. Weiter gab es eine ganze Reihe von mehr oder weniger DB-identischen Loks für NE-Bahnen und Typen, mit die DB nicht so viel zu tun hatte. Zu Dampflokzeiten gab es sogar NE-Einheitsloks:ELNA. "Gebaut wurden die ELNA-Dampflokomotiven von 1922 bis 1946. Da die wirtschaftliche Lage vieler Bahnen ungünstig war, wurden insgesamt nur etwa 150 Maschinen – bei zehn Herstellern – gebaut". Gebrauchtfahrzeuge und eine gut arbeitende Werkstatt wurden oft dem Neubau vorgezogen.
riedfritz @ 2 Dec 2013, 12:15 hat geschrieben:Mit Müh und Not sind die Loks zur Internationalen Verkehrsausstellung München 1965 fertig geworden. Während dieser zwei Wochen mußte eine der Loks defekt abgestellt werden. Für die Vorführzüge stand nur eine Mindestanzahl von zugelassenen Waggons in verschiedenster Farbgebung zur Verfügung und die Strecke konnte erst ab Maisach mit 200 km/h befahren werden.
Niemand hat ja gesagt, dass früher alles sofort auf Anhieb funktioniert hat. Aber du sagst es: 1965 waren es Vorführfahrten, keine Serienloks und vor allem kein Planbetrieb. Der kam erst ab 1971, die 200 km/h im Planbetrieb kamen sogar erst 1977, wenn ich mich nicht irre und die Schnellfahrten und die Technik dafür waren Neuland für DB und Hersteller. Und die nötigen Streckenausbauten samt einer ersten serientauglichen LZB/AFB fallen nicht vom Himmel. Da war im Grunde alles neu.

Es geht ja nicht drum, dass früher alles besser war, sondern darum, dass heute so gut wie kein Liefertermin eingehalten wird, die Zulassung nicht klappt und die Fahrzeuge dann wie im Falle des 440 oder 442 ein, zwei Jahre rumstehen. Wir reden hier nicht über Prototypen mit allerhand völlig neuer Technik, sondern um technisch nicht allzu innovative ET von der Stange. Das ist doch ein erheblicher Unterschied.
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Beitrag von ropix »

Rohrbacher @ 2 Dec 2013, 15:30 hat geschrieben: An den kleinen Mengen und daran, dass die NE-Bahnen kaum Geld hatten.
Oder doch daran dass es für sinnvolle Preise nix gescheits zum kaufen gab?
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Beitrag von Fichtenmoped »

Auch bei den Dampflokomotiven der DRG gab es Verzögerungen bei der Abnahme oder Inbetriebnahme.
http://de.wikipedia.org/wiki/DR-Baureihe_01
Die Serienlieferung der Baureihe 01 verzögerte sich zunächst etwas, da in den 1920er Jahren weder ausreichend Strecken mit der notwendigen zulässigen Achslast von 20 t noch Drehscheiben mit ausreichendem Durchmesser zur Verfügung standen. Erst ab Anfang der 1930er Jahre entwickelte sich die Baureihe 01 zur dominierenden Schnellzuglokomotive der Deutschen Reichsbahn. Im Jahr 1938 standen dann schließlich 231 Lokomotiven dieser Baureihe für den hochwertigen Schnellzugeinsatz zur Verfügung
Warum wurde jetzt nach 1945 erstmal auf Dampf gesetzt? Die Elektrotraktion war durch Kriegsschäden großflächig unbrauchbar, die Dieseltraktion ist aufgrund der Rohstofflage (Öl!) während des dritten Reiches und speziell während des Krieges ins Hintertreffen gelangt. Dazu kam noch genügend billige Arbeitskräfte (Vertriebene und Flüchtlinge aus der SBZ), die auch Lohn und Brot brauchten.
So blieb erstmal König Dampf am Leben. Die letzte Dampflok wurde bei der DB 1977 abgestellt. Vorher war sie also mitnichten "entbehrlich"!

Was aufgrund des Arbeitskräfteüberschuss wegen des Traktionswandels letztendlich durchgedrückt wurde, war der E-Lok-Heizer...
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
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Beitrag von Rohrbacher »

ropix @ 2 Dec 2013, 17:27 hat geschrieben:Oder doch daran dass es für sinnvolle Preise nix gescheits zum kaufen gab?
Das Angebot vor allem beim typischen NE-Nebenbahnmaterial ist zu jeder Zeit recht groß gewesen. Klar, hunderte von Maschinen kann so eine NE-Bahn nicht abnehmen, der Preis pro Lok liegt natürlich theoretisch höher. Praktisch haben sich aber trotzdem einige der nicht vorher schon (unter den Nazis zwangs)verstaatlichten Bahnen nicht für den DB-Schienenbus aus der Massenfertigung entschieden, sondern eben z.B. den von MAN gekauft, sofern die Bahn nicht bereits schon pleite war. Da NE-Bahnen meist Nebenbahnen waren, die oft so wenig Bedeutung hatten, dass sie von der Staatsbahn gar nicht erst gebaut wurden, wurden die natürlich von der automobilen Gesellschaft sehr bald aufgefressen. Statt was neues zu kaufen, wurde der Laden noch runtergefahren und dann dicht gemacht und/oder in einen Busbetrieb umgewandelt. Über die 60er Jahre sind viele der NE-Bahnen ja nicht hinausgekommen.

Was gab's in den 50er/60er Jahren an Nebenbahn-VT "von der Stange" zu kaufen, den Sückzahlen nach zu urteilen? Uerdinger Schienenbus, MAN-Schienenbus, Esslinger VT. Und heute? Stadler Regioshuttle und GTW, der LINT27/41, dazu kommt jetzt noch der PESA LINK, aber der Rest wird dann eigentlich schon wieder größer... So viel mehr ist das nicht.

An kleinen und mittleren Dieselloks gab's bei MaK, Gmeinder, Deutz & Co. stets ein großes Angebot für NE- und Werksbahnen.
Fichtenmoped @ 2 Dec 2013, 18:53 hat geschrieben:Auch bei den Dampflokomotiven der DRG gab es Verzögerungen bei der Abnahme oder Inbetriebnahme.
Was aber eben nicht an den Maschinen lag, sondern an den Strecken, die dafür noch nicht bereit waren. Das kam in den ersten 100 Jahren der deutschen Eisenbahn öfter vor. Nicht nur die Geschwindigkeiten, sondern auch die Gewichte sind deutlich gewachsen, da war die Infrastruktur manchmal hinter der Fahrzeugentwicklung hinterher. Es ist noch nicht so lange her, dass die zulässigen Lasten auf unterschiedlichen Strecken sich noch erheblich, also viel mehr als heute unterschieden haben. Die ELNA-Loks gab's mit 12 oder 14t Radsatzlast, während die 01 mit 20t ein ziemliches Trumm war. Daher gab's im DRG-Bauplan eben auch die 03 als "01 light" mit 18t. Auch deswegen gab's auch so viele "Einheitsloks" bei der DRG. ;) Dass man heute z.B. mit der selben 223 auf Haupt- und den meisten Nebenstrecken rumfährt, war früher undenkbar.
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Beitrag von ropix »

Rohrbacher @ 2 Dec 2013, 20:00 hat geschrieben: Das Angebot vor allem beim typischen NE-Nebenbahnmaterial ist zu jeder Zeit recht groß gewesen.
Also ich kann mich noch sehr gut an das Klagelied der Weg so im Jahre 1991 erinnern, dass man jetzt endlich mal den Fuhrpark erneuern müsste aber es schlicht nichts gibt. Das Land hätte sich an den Kosten ja wohl sogar beteiligt. Was gabs damals - den 10 Jahre alten NE81 hätte man sich kaufen können. (Hat die WEG ja auch, halt für andere Strecken)

Nach der Bahnreform sah die Sachlage dann in zweierlei Hinsicht völlig anders aus. Gut, von der WEG ist auch nicht viel übriggeblieben.

Aber auch du stimmst mir vermutlich zu. In den 80ern und 90ern neue Schienenbusse zu kaufen wäre indiskutabel gewesen. (schon allein, weil die auch niemand mehr produziert hat)

Das Problem ganz allgemein. Die DB entwickelte zusammen mit den Firmen die Einheitsloks (Diesel und Elektro) - die wurden dann in gigantischen Stückzahlen gekauft. Und danach kam die große Leere. Schon mehr aus der Not heraus dass immer mehr Strecken elektrisch wurden baute man mit der 111 den 110-Nachfolger (bei den Dieselloks gibt's nix) - und dann dauert es eine gefühlte Ewigkeit bis wenigstens bei den E-Loks der technischen Entwicklung wieder das Wasser gereicht wurde. Bei Dieselloks hat man erst in den letzten Jahren aufgeholt. Diese Entwicklung wollen wir garantiert auch nicht haben - auch wenn dafür aktuell Triebzüge mit 4 Monatiger Verspätung eingesetzt werden :D
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Beitrag von Fichtenmoped »

Naja, generell hatte man bei der DB den Glücksfall, dass bei der DR sehr viele Lokomotiven entbehrlich wurden. Speziell die DR-V300 (aka "Ludmilla" oder "232") hat den Bedarf an sehr starken Dieselloks nachhaltig gedeckt. So waren eine ganze Weile keine Neubestellungen notwendig.
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Beitrag von Rohrbacher »

ropix @ 2 Dec 2013, 20:56 hat geschrieben:Also ich kann mich noch sehr gut an das Klagelied der Weg so im Jahre 1991 erinnern, dass man jetzt endlich mal den Fuhrpark erneuern müsste aber es schlicht nichts gibt. Das Land hätte sich an den Kosten ja wohl sogar beteiligt. Was gabs damals - den 10 Jahre alten NE81 hätte man sich kaufen können.
Mag sein, wo ist das Problem? Heute kaufen sich die EVU in der Größenordnung den ebenso fast alternativlosen und mittlerweile 17 Jahre relativ unverändert am Markt befindlichen Nachfolger, den 650. Im Jahre 1991 hätte man z.B. auch 628 ordern können, hat die EVB und die FKE auch gemacht. Sicherlich wäre ohne größeren Aufwand auch wieder ein 627 möglich gewesen. Auch der 5047 wäre 1991 zu bekommen gewesen, wie ihn die NVAG gekauft hat. Sind also auch schon mindestens 2,5 Möglichkeiten.
ropix @ 2 Dec 2013, 20:56 hat geschrieben:Nach der Bahnreform sah die Sachlage dann in zweierlei Hinsicht völlig anders aus.
Ja, kurzzeitig. Aber die Baureihenvielfalt der frühen 2000er hat sich nicht lange gehalten. Desiro Classic und Diesel-Talent sind wieder weg, weil der Markt da mittlerweile auch wieder ganz gut gesättigt ist.
ropix @ 2 Dec 2013, 20:56 hat geschrieben:Aber auch du stimmst mir vermutlich zu. In den 80ern und 90ern neue Schienenbusse zu kaufen wäre indiskutabel gewesen.
Ja. Deswegen sprach ich ja von den 50er und 60er Jahren, als es noch einige NE-Bahnen mehr gegeben hat.
ropix @ 2 Dec 2013, 20:56 hat geschrieben:Das Problem ganz allgemein. Die DB entwickelte zusammen mit den Firmen die Einheitsloks (Diesel und Elektro) - die wurden dann in gigantischen Stückzahlen gekauft. Und danach kam die große Leere.
Bis 1984 wurden im Grunde ständig allerlei Einheitsloks bzw. deren Derivate gebaut, ab 1986/87 ging's bis zur Bahnreform mit der 120.1 und den 401 weiter. Ziemlich lange Ewigkeit und bis die technische Entwicklung wieder soweit war... ja... Drehstrom... Uralttechnik, fuhr schon 1903 mit 200 Sachen durch die Gegend. ;)

Dazwischen war Mitte der 80er Jahre vielleicht kurz mal ein Loch, wo keine Serien an E-Loks an die DB ausgeliefert wurden, weil halt die 120 und der ICE noch nicht fertig waren und "Uraltloks" bauen wollte man auch nicht.

Bei den Dieselloks kam nach 1979 in der Tat nicht mehr viel, da war die DB einfach dann bedient. Das Ausland und NE-Bahnen brauchen auch Loks. Hier mal ein paar und da mal ein paar. Im Prinzip wie heute, da mal 10 Loks, da mal 20 und dort vielleicht mal 30. Seit der überalterte elektrische Bundesbahnfuhrpark, vor allem bei Cargo/Railion/Schenker abgebaut ist, gibt's ja so richtig große Bestellungen seitens der DB logischerweise auch erstmal nicht mehr. Nein, doch! 130 Voith Gavita und 200 Traxx-Diesel. Aber auch da: Abbau eines überalterten Bundesbahnfuhrparks. Danach dürfte da auch erstmal länger nichts so arg großes mehr kommen.

Die Traxx wird seit mittlerweile 16 Jahren gebaut und dürfte 110 und 140 so langsam bei den Stückzahlen eingeholt haben. Wo ist eigentlich der Unterschied? Seit neustem gibt's mit der 187 eine neue Kopfform, die Änderung ist aber sogar weniger spektaktulär als der opische Unterschied von 110 auf 111. Gut, der optionale Last-Mile-Diesel ist ein interessantes neues Detail. Ist der jetzt revolutionärer als der Einheitsführerstand der 111? Kann man sich streiten. Sende eine SMS mit "ja" oder "nein" an keine Nummer... :rolleyes:
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Beitrag von 146225 »

Rohrbacher @ 2 Dec 2013, 15:30 hat geschrieben: Niemand hat ja gesagt, dass früher alles sofort auf Anhieb funktioniert hat. Aber du sagst es: 1965 waren es Vorführfahrten, keine Serienloks und vor allem kein Planbetrieb. Der kam erst ab 1971, die 200 km/h im Planbetrieb kamen sogar erst 1977, wenn ich mich nicht irre und die Schnellfahrten und die Technik dafür waren Neuland für DB und Hersteller. Und die nötigen Streckenausbauten samt einer ersten serientauglichen LZB/AFB fallen nicht vom Himmel. Da war im Grunde alles neu.

Es geht ja nicht drum, dass früher alles besser war, sondern darum, dass heute so gut wie kein Liefertermin eingehalten wird, die Zulassung nicht klappt und die Fahrzeuge dann wie im Falle des 440 oder 442 ein, zwei Jahre rumstehen. Wir reden hier nicht über Prototypen mit allerhand völlig neuer Technik, sondern um technisch nicht allzu innovative ET von der Stange. Das ist doch ein erheblicher Unterschied.
Irgendwie zeigt das für mich allerdings auch: Wenn man genug Zeit hat, bekommt man alles hin. Stellen wir uns für einen Augenblick vor, der damalige Bundesverkehrsminister Leber hätte der Bauindustrie soviel Geld nachwerfen können, dass die Streckenausbauten in kürzester Zeit erledigt gewesen wären und hätte dann die Bundesbahn darauf verpflichtet, ab 1968 oder 1969 einen Taktfahrplan im Fernverkehr samt Hg 200 km/h anzubieten. Wäre da nicht die "ausgereifte, bessere" Bundesbahn genauso grandios gescheitert? Wären da nicht auch reihenweise neu gebaute 103.1 bei Krupp, Krauss-Maffei und Henschel gestanden mit mannigfaltigen Problemen, aber ohne Abnahme? Vermutlich doch.

So gesehen ist es also unfair, auf eine Industrie einzudreschen, die heute in kürzeren Zyklen maßgeschneiderte innovative Fahrzeuge vor einem sich permanent ändernden Rechtsrahmen liefern soll. Hätte man beispielsweise Bombardier von Anfang an sagen können "Wenn der 442 schon 2011 einsatzbereit ist, wäre das schön, wenn es 2016 wird, ist auch nicht schlimm..." dann wäre sicherlich manche Klemme nicht so entstanden, wie wir sie die letzten Jahre mit verfolgen durften. Aber so läuft das Spiel heute nicht mehr, und in mancher Hinsicht ist das auch gut so. 12 Jahre auf eine Serienlieferung VT warten wie beim 628? Lass mal, das müssen wir nicht wieder haben.
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Beitrag von Balduin »

146225 @ 3 Dec 2013, 06:29 hat geschrieben: So gesehen ist es also unfair, auf eine Industrie einzudreschen, die heute in kürzeren Zyklen maßgeschneiderte innovative Fahrzeuge vor einem sich permanent ändernden Rechtsrahmen liefern soll. Hätte man beispielsweise Bombardier von Anfang an sagen können "Wenn der 442 schon 2011 einsatzbereit ist, wäre das schön, wenn es 2016 wird, ist auch nicht schlimm..." dann wäre sicherlich manche Klemme nicht so entstanden, wie wir sie die letzten Jahre mit verfolgen durften. Aber so läuft das Spiel heute nicht mehr, und in mancher Hinsicht ist das auch gut so. 12 Jahre auf eine Serienlieferung VT warten wie beim 628? Lass mal, das müssen wir nicht wieder haben.
Dass man nicht so ohne weiteres der Industrie den schwarzen Peter zuschieben kann, da stimme ich dir voll und ganz zu.

Dass es aber seinerzeit beim 628 so lange bis zu Serienproduktion gedauert hat, lag mWn aber nicht an der Technik - sondern man konnte sich einfach nicht entscheiden, ob man das Fahrzeug für dieses Einsatzgebiet überhaupt will, und die Beschaffung entsprechend hinausgezögert. Womit wir aber auch beim Punkt wären, das die DB zum Teil zu lange braucht, um sich für neue Fahrzeuge zu entscheiden. Es war eigentlich von Anfang klar, dass man irgendwann deutlich mehr internationale ICE3 brauchen würde als man ursprünglich bestellt hat. Eine Weiterbeschaffung hat man aber dann jahrelang hinausgezögert, sodass man dann den alten ICE3 nicht mehr nachbauen konnte, und eben einen Velaro D kaufen musste.
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Beitrag von 218 466-1 »

bayerhascherl @ 2 Dec 2013, 10:06 hat geschrieben:Das klingt naja, nach einer richtig guten Idee, das so zu machen. Dadurch waren wir evtl. vielleicht auch etwas verwöhnt, was Zuverlässigkeit von Fahrzeuggenerationen aus Bundesbahnzeiten angeht. Deren Technik gilt ja bis heute als sehr robust, wo sie noch im Einsatz ist. Angesichts der großen Probleme mit neueren Zügen in den letzten Jahren: ist in der Diskussion wieder zur alten Konstruktionsorganisation zurück zu kehren? Irgendwelche Lehren muss man doch ziehen.
Rohrbacher @ 3 Dec 2013, 00:22 hat geschrieben:(...) so richtig große Bestellungen seitens der DB logischerweise auch erstmal nicht mehr. Nein, doch! (...) 200 Traxx-Diesel. Aber auch da: Abbau eines überalterten Bundesbahnfuhrparks. Danach dürfte da auch erstmal länger nichts so arg großes mehr kommen.
Die Traxx wird seit mittlerweile 16 Jahren gebaut und dürfte 110 und 140 so langsam bei den Stückzahlen eingeholt haben. Wo ist eigentlich der Unterschied? Seit neustem gibt's mit der 187 eine neue Kopfform, die Änderung ist aber sogar weniger spektaktulär als der opische Unterschied von 110 auf 111. Gut, der optionale Last-Mile-Diesel ist ein interessantes neues Detail. Ist der jetzt revolutionärer als der Einheitsführerstand der 111? Kann man sich streiten. Sende eine SMS mit "ja" oder "nein" an keine Nummer... :rolleyes:
Die TRAXX sind ja sogar noch einheitlicher, als es seinerzeit 110, 111, 113, 139, 140, 141, 150 und 151 waren.
Sogar Diesel/Elektr. übergreifend, wie der direkte Vergleich 146/245 zeigt. Gleichteileanteil über 70%. Finden sie die 10 Unterschiede (falls es überhaupt so viele gibt). ;)
Die geänderte Kopfform der TRAXX 3 (187), sieht durch die Lakierung spektakulärer aus, als sie in Wirklichkeit ist. Auch hier der direkte Vergleich. Man beachte die seitlichen Führerstandsfenster ohne den Einfluss der Lackierung.
Die 245 hätte ursprünglich auch die neue Kopfform bekommen sollen, aber bei über 50 bestellten Loks, hat das EVU die diesbezüglich die Wahl.
Die TRAXX 1 (146.0 /185.0) hatten nochmal eine andere Kopfform, siehe Vergleich 146.2 / 146.0.
Im großen und ganzen sind es aber schlicht TRAXX - trotz der minimalen Unterschiede (Mehrsystem, 140 km/h -160 km/h, Strom/Diesel, last Mile).
Die 16 Jahre zeigen, dass Bombardier eigentlich nichts anderes macht, als die Bundesbahn damals auch.
Was früher die erwähnten "Einheits E-Loks" bzw. 210, 215, 216, 217, und 218 waren, sind heute 145, 146, 185, 186, 187, 245, 246 und 285.
Indirekt wird die Entwicklung aus der 120 sogar fortgesetzt, da die 101 daraus entstanden ist und die 101 die "Mutter" aller TRAXX ist.
Die 245 wurden heuer bereits getestet und werden erst in ca. 10 Monaten zum Planeinsatz kommen, sollten dann aber störungsfrei funktionieren. Die 70% der 146 darin werden ohnehin funktionieren. Der Rest (insbesondere die Motoren) bekommt man in 20 Monaten Testphase normalerweise hin.
Siemens hat diese Strategie kopiert (Vectron) aber mangelnde Erfahrung bremst eben (und hässlich sind sie auch, aber das ist Geschmackssache). Darum wurden Vectron vergleichsweise wenig bestellt.

Bei den Triebzügen schlägt aber die Bahnreform gnadenlos durch. Man kann keine neue Großserie à la 628 mehr entwickeln, da man erst durch Ausschreibungen kurzfristig weiß, was überhaupt grfordert wird. Das führt dann zu den Defekt-anfälligen 442 die in kürzester Zeit entwickelt und gebaut werden mussten und wegen der Ausschreibungen auch nicht viel kosten durften. Zeit für Vorserien und ausgiebige Tests bleibt da nicht.

Es ist nicht ein Problem von unfähigen Herstellern, sondern ein Problem der Bahnreform mit dem Zeit- und Gelddruck.
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Beitrag von Boris Merath »

218 466-1 @ 3 Dec 2013, 12:50 hat geschrieben: Siemens hat diese Strategie kopiert (Vectron) aber mangelnde Erfahrung bremst eben (und hässlich sind sie auch, aber das ist Geschmackssache). Darum wurden Vectron vergleichsweise wenig bestellt.
Was heißt da kopiert - Siemens baut ebenfalls schon sehr lange sowohl Elektroloks als auch Dieselloks, und ich bin mir sicher, dass auch Siemens von selbst darauf gekommen ist, dass es nicht unpraktisch ist möglichst identische Bauteile zu verwenden. Diese Erkenntnis ist ja trivial.

Und was meinst Du mit mangelnder Erfahrung?
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