[CL] Chile

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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karhu
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Beitrag von karhu »

Meine erste Reise außerhalb Europas führte mich Mitte November bis Weihnachten nach Chile. Nur wegen der Eisenbahn sicherlich nicht wirklich lohnend dahin zu reisen denn die gibt es in ganz Südamerika sehr wenig. Dürfte glaub ich der bahnfeindlichste Kontinent (ausgenommen Antarktis) sein. Aber so ein bischen was gibt es, und das was es gibt ist gar nicht mal so uninteresannt.

Der Flug von Mailand ging über Paris und Lima (Peru) nach Santiago de Chile, der Haubtstadt. Warum von Mailand? Nun das war die günstigste Möglichkeit, 460€ hin und zurück, von Helsinki über 1100€. Von Paris aus schon einiges teurer (um die 760€), obwohl gleicher Flug und kürzere Strecke. Also gleicher Flug mit dem Teilstück Mailand - Paris war billiger als direkt von Paris aus, logisch ist das wirklich nicht :D

Santiago de Chile

Santiago de Chile hat um die 7 Millionen Einwohner. Dafür ist der Flughafen recht klein. Der ÖPNV besteht aus der Metro de Santiago und Bussen. Die Linie 3 befindet sich jetzt im Bau.

Nunja die Busse dort. Noch nie habe ich Busse in so schlechten Zustand erlebt wie dort. Es gibt dort Volvo und Mercedes die sich allerdings erheblich von den europäischen Modellen unterscheiden und Marcopolo (Brasilien).

Solobus mit Heckmotor:

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Gelenkbus mit Frontmotor:

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Von außen sieht man den schlechten Zustand der Busse weniger, das ändert sich wenn man jetzt mal einen Blick ins Innere wirft. Dieser Frontantrieb halte ich für eine Fehlkonstruktion, direkt hinter dem Fahrer befindet sich der Motor, extrem Platz verschwendend. In Europa hab ich das so noch nie gesehen. Was der Grund für diese Variante ist kann ich mir echt nicht erklären.

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Diese Tür befindet sich im voll geschlossenen Zustand, zum Glück regnet nicht so oft dort :blink: Klima entspricht etwa von dem Südspaniens.

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Ich bin ja wirklich nicht so anspruchsvoll wegen Sauberkeit aber das ist echt beschämend in welchem Zustand diese vielleicht 10 Jahre alten Busse sich befinden. Und die sind fast ausnahmslos alle so, egal von welchem Hersteller und Betreiber.

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Es gibt ein paar Linien die so stark benutzt werden das man stehplatz optimierte Busse mit Türen auf beiden Seiten einsetzt:

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Während die Busse wirklich sehr schlecht gewartet werden ist die Metro eine andere Welt, hier ist alles sauber und im sehr gutem Zustand.
Metro Station:

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Von der Metro hab ich keine brauchbaren Fotos hinbekommen, die meißten Linien fahren auf Gummirädern.
Das hier ist die neueste Linie 6, vollautomatisch:

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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Hat Santiago evtl. so BRT-Buslinien, die Mittelhaltestellen hat und auch deswegen Türen auf beiden Seiten brauchen? Ich meine, mir wär so.

Der Innenzustand spricht ja sehr für die chilenische Version von "nachfragegerecht": ;) abgenutzt und überbeansprucht.
Kann es sein, dass dieser Frontantrieb robuster ist als Schubgelenkbusse? Und der mutmasslich "rustikaleren" Infrastruktur geschuldet ist?
Stadtbahn für Regensburg , offizielle Projektseite der Stadt Regensburg
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karhu
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Beitrag von karhu »

Wie gesagt Eisenbahn gibt es nicht viel, der echt hübsche Haubtbahnhof:

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Von dort gibt es genau drei Verbindungen die alle die gleiche Strecke und Richtung benutzen, den Metrotren Nos und Rancagua und den einzigsten Fernzug Chiles ins etwa 500km südlich gelegene Chillán.
Mit dem Metrotren Nos sind wir ein Stück mitgefahren, das ist die einzigste Verbindung die im dichtem Takt verkehrt, der Fernzug nur 2 Zugpaare am Tag.
Hier an einer Zwischenstation:

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Spurweite ist 1676 mm:

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Einfahrt in den Haubtbahnhof:

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Das wars dann vom ÖPNV der Haubtstadt.
Gut gemachte Kunst hat es aber auch:

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Das ist ein Tempel der Religion Bahá'í Faith. Mit Religion hab ich nichts am Hut aber das Gebäude war schon interesannt:

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In Santiago de Chile gibt es viele Sicherheitsfanatiker, solche Elektrozäune gab es doch häufiger zu sehen. Wollte jetzt nicht testen ob das wie ein Weidezaun wirkt oder doch stärker ist :ph34r:

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Die Anden beginnen gleich am Stadtrand:

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Eine Wanderung haben wir auch gemacht dorthin. Die Natur war wunderschön, das Smog Problem der Stadt deutlich sichtbar von dort. Im Smog ist auch das höchste Gebäude von ganz Südamerika zu erkennen.

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Das wars aus der Haubtstadt doch mehr Chile kommt noch :)
146225
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Beitrag von 146225 »

Kurzer Einwurf zu "ziehenden" Gelenkbussen: van Hool baut(e) doch so was auch?
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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218217-8
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Beitrag von 218217-8 »

Korrekt: Der Van Hool AG 300 ist genauso konstruiert. Freilich ist das kein Frontantrieb, sondern ein Antrieb auf die Mittelachse bei stehendem Motor im Vorderwagen ;) . Bis zur Erfindung und Markteinführung des Schubgelenkbusses durch Mercedes-Benz im Jahr 1978 war dies das übliche Antriebsprinzip für Gelenkbusse, wobei der Motor bei den damaligen Hochbodenbussen natürlich noch unterflur angeordnet war. Heute gibt es in Europa fast nur noch Schubgelenkbusse. Der Nachteil der Konfiguration mit Mittelmotor im Vorderwagen bei Niederflurbussen, ist auf dem 3. Bild gut zu erkennen und von karhu auch gut beschrieben. Warum in Ländern wie Chile trotzdem an diesem Prinzip festgehalten wird? Ich kann mir auch nur vorstellen, dass es an der einfacheren und damit robusteren, aber auch kostenmäßig günstigeren Technik liegt. Die Konstruktion des Gelenks eines Schubgelenkbusses mit der notwendigen Knickwinkelsteuerung ist nicht ganz trivial und damit teuer sowohl beim Kauf als auch beim Unterhalt.
Vielen Dank, karhu, für die Einblicke in dieses mir fremde Land. Freue mich auf mehr.
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Beitrag von karhu »

spock5407 @ 3 Jan 2018, 23:10 hat geschrieben: Hat Santiago evtl. so BRT-Buslinien, die Mittelhaltestellen hat und auch deswegen Türen auf beiden Seiten brauchen? Ich meine, mir wär so.
Genau und dort findet die Fahrkartenkontrolle an den Zugängen zur Bushaltestelle statt. Bei den normalen Buslinen gibt es nur Vordereinstieg und man hält die elektronische Karte an ein Lesegerät beim Fahrer.
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

Oh, Chile... da wären wir uns ja fast begegnet, ich bin allerdings schon Oktober bis Anfang November dort gewesen. Tolle Bilder....

Ja, in Südamerika sieht es leider ziemlich mau aus mit schienengebundenen Verkehrsmitteln, von einigen guten Metrosystemen und ein paar Straßenbahnen mal abgesehen.

Bist du auch in Valparaiso gewesen und hast die alten Trolleybusse gesehen?

Eine gewisse Kuriosität sind übrigens im Norden Chiles (Atacama-Wüste) die alten Schmalspur-Eisenbahnlinien, die unerwarteterweise immerhin noch von Güterzügen befahren werden. Die Gleise sehen zwar eher aus wie die Schienen einer stillgelegten Parkeisenbahn mitten im Geröll und Sand der Wüstenlandschaft, aber es fahren erstaunlich lange Güterzüge im Schneckentempo durch die Einsamkeit.
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

Übrigens: im Gegensatz zu den Stadtbussen sind die Fernbusse, die in Chile den Ersatz für den Eisenbahnverkehr darstellen, eigentlich überwiegend in recht gutem Zustand. Wir sind mit solchen Bussen nach Valparaiso gefahren, und da gab es nichts auszusetzen - außer, dass diese Busse meistens keinen Blick nach vorn auf die Straße bieten, weil der Fahrer in einer Art blickdichten Kabine sitzt. Ich hatte mir extra einen Platz ganz vorn reserviert, doch statt einer guten Aussicht habe ich nur den Blick auf die graue Wand der Fahrerkabine.
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Valentin
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Beitrag von Valentin »

218217-8 @ 3 Jan 2018, 23:04 hat geschrieben: Korrekt: Der Van Hool AG 300 ist genauso konstruiert. Freilich ist das kein Frontantrieb, sondern ein Antrieb auf die Mittelachse bei stehendem Motor im Vorderwagen ;) . Bis zur Erfindung und Markteinführung des Schubgelenkbusses durch Mercedes-Benz im Jahr 1978 war dies das übliche Antriebsprinzip für Gelenkbusse, wobei der Motor bei den damaligen Hochbodenbussen natürlich noch unterflur angeordnet war. Heute gibt es in Europa fast nur noch Schubgelenkbusse. Der Nachteil der Konfiguration mit Mittelmotor im Vorderwagen bei Niederflurbussen, ist auf dem 3. Bild gut zu erkennen und von karhu auch gut beschrieben. Warum in Ländern wie Chile trotzdem an diesem Prinzip festgehalten wird? Ich kann mir auch nur vorstellen, dass es an der einfacheren und damit robusteren, aber auch kostenmäßig günstigeren Technik liegt. Die Konstruktion des Gelenks eines Schubgelenkbusses mit der notwendigen Knickwinkelsteuerung ist nicht ganz trivial und damit teuer sowohl beim Kauf als auch beim Unterhalt.
Vielen Dank, karhu, für die Einblicke in dieses mir fremde Land. Freue mich auf mehr.
Umfaßt das Liniennetz auch Steilstrecken? Besonders in engen Kurven bergauf muß die Motorleistung von Schubgelenkbussen stark reduziert werden, um das Gelenk nicht zu überlasten. Bei Zuggelenkbussen wirken weitaus weniger Kräfte auf das Gelenk ein, sie wären in diesen Einsatzszenario weitaus robuster und langlebiger..
10bis10 jetzt - oder Rücknahme der damit begründeten Tariferhöhung.
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

Valentin @ 4 Jan 2018, 11:28 hat geschrieben: Umfaßt das Liniennetz auch Steilstrecken?
Hm, soweit ich weiß nicht. Santiago liegt zwar zwischen den Anden und der Küstenkordillere, aber in einem breiten Zwischental, sodass die Stadt überwiegend relativ flach ist. Es gibt zwar den Cerro San Cristobal, einen Hügel mitten in der Stadt, aber soweit ich weiß fahren keine Busse auf den Hügel, sondern eine Stand- und eine Luftseilbahn.
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Beitrag von Catracho »

rautatie @ 4 Jan 2018, 12:27 hat geschrieben: Hm, soweit ich weiß nicht. Santiago liegt zwar zwischen den Anden und der Küstenkordillere, aber in einem breiten Zwischental, sodass die Stadt überwiegend relativ flach ist. Es gibt zwar den Cerro San Cristobal, einen Hügel mitten in der Stadt, aber soweit ich weiß fahren keine Busse auf den Hügel, sondern eine Stand- und eine Luftseilbahn.
Das Busnetz in Santiago ist in mehrere Subnetze aufgeteilt, die jeweils ausgeschrieben werden. Die Betreiber sind Privatunternehmen (einige, alle?), wie z.B. Alsacia, Subus Chile oder Buses Vule. Nicht auszuschließen, dass die zusätzlich noch Linien im Umland betreiben, wo es definitiv Steilstrecken gibt. Also hat man wohl entsprechend geeignete Busse in der Flotte, die aber eben auch in der Stadt unterwegs sind. Außerdem - und das wird wohl wahrscheinlicher sein - irgendwann werden die Dinger ja gebraucht weiterverkauft und das geht wesentlich einfacher, wenn die Fahrzeuge für die Topographie des Landes besser geeignet sind.

Mfg
Catracho
Theirs not to reason why, theirs but to do and die. - Alfred Tennyson
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karhu
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Beitrag von karhu »

Die runtergekommenen Fahrzeuge will bestimmt keiner mehr haben ;) Steilstrecken gibt es in Santiago nur ganz am Stadtrand der Nobelvirtel und dort fahren Minibusse oder Linientaxis (Colectivos).

Ja alle anderen Busse in Chile waren in gutem Zustand, auch die Stadtbusse anderer Städte in deutlich besserem Zustand. Die schlechte Wartung scheint ein Problem in Santiago zu sein.

Mehr Bilder aus der Mitte Chiles kommen heute Abend dann :)
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karhu
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Beitrag von karhu »

Región del Maule

Talca

Einen Tag haben wir in Talca verbracht, eine typische chilenische mittelgroße Stadt, um die 200.000 Einwohner.
Das schwere Erdbeben von 2010 ist immer noch sichtbar in der Stadt, wie bei dieser Schule(?) im Zentrum:

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Die Microbusse sind ein sehr beliebtes ÖPNV-Fahrzeug in Südamerica und auch in Talca die einzigsten Stadtbusse dort. Und diese Microbusse sind auch in gutem Zustand. Hier ein Mercedes den es so in Europa denke ich nicht gibt. Oder ist nur der Motor von Mercedes und der Rest von Neobus? Bezahlt wird beim Fahrer in Cash, ein elektronisches Kartensystem gibt es (noch?) nicht, somit sind auch nur Einzeltickets erhältlich, die aber sehr günstig.

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Ein weiteres wichtiges ÖPNV Verkehrsmittel sind die Colectivos (Linientaxis), nicht sehr viel teurer als die Stadtbusse:

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Auch der Bahnhof wurde schwer beschädigt 2010, jetzt ist er frisch renoviert:

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Von dort gibt es eine Nebenbahn mit Spurweite 1000mm nach Constitución an der Küste. Es ist die einzigste Schmalspurbahn in Chile mit Personenverkehr. Mit 80km/h wie im Wikipedia Artikel beschrieben ist diese Strecke sicherlich nicht befahrbar, es waren maximal etwa 40km/h.

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Allein die Bereitstellung des Zuges nahm einiges an Zeit in Anspruch weil viel rangiert werden musste vom Abstellschuppen bis zum Bahnsteiggleis. Der Motorwagen ist ein Einrichtungsfahrzeug und wird mit einer Drehscheibe gedreht.

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Dann konnte es los gehen:

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Einige Zeit geht es parallel zur Haubtstrecke:

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Dann kommt immer mehr Natur, dieses Tal des Rio Maule ist nicht durch eine Straße erschlossen, die Bahn ist die einzigste Verbindung für die paar kleinen Dörfer dort bis auf paar Waldwege gibt es nur Natur sonnst:

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In González Bastías kreuzen sich die Züge und es gibt einen längeren Aufenthalt dort:

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karhu
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Beitrag von karhu »

Dort steht auch einiges verrostete rum sowie im Hintergrund eine betriebsfähige Reserve-einheit:

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Dann nach über 3 Stunden für knapp 90km wird planmäßig der Bahnhof Constitución erreicht.

Nach einer Weile an der Küste dort ging es mit dem Bus wieder ins Landesinnere durch kleine Dörfer. Typisch dort sind selbstgebaute Häuser dieser Art:

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Meine chilenische Begleitung wollte mir unbedingt auch eine dunkle Seite der deutsch-chilenischen Beziehungen zeigen, auch weil sie dort auch noch nicht waren. Nach einer ewig langen Fahrt durch den Wald liegt das riesige Gelände sehr abgelegen und idyllisch dort wo die Anden beginnen.

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Das Hotel und Freizeitgelände nennt sich Villa Baviera (Dorf Bayern) und sieht auch ganz danach aus:

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Doch die Geschichte dieses Geländes sieht sehr dunkel und erschreckend aus, früher hies es Colonia Dignidad und war eine christliche Sekte:

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In einem kleinen Museum abseits vom Hotel und Restaurantgebäude in einem Schuppen kann man sich über die Geschichte informieren. Erz-konservative Probaganda:

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Und Misshandlungen und sexuellen Vergewaltigungen durch den Sektenführer Paul Schäfer:

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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Auch von mir danke für die interessanten Eindrücke! Die Schmalspurbahn sieht ja mal richtig exotisch aus...
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Beitrag von Rathgeber »

Vielen Dank für Deine Eindrücke!
Solche bebilderten Reiseberichte sind eine schöne Abwechslung zum Diskussionsalltag.
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

Oh, du hast die Colonia Dignidad / Villa Baviera besucht? Das hatte ich mir auch überlegt, aber irgendwie war mir nicht wohl bei dem Gedanken gewesen....
Wo ist das Problem?
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karhu
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Beitrag von karhu »

Joo da war ich. Wie gesagt das Ding sieht aus wie ein Feriendorf mittlerweile. Und ist jetzt ganz auf Tourismus ausgelegt mit diesem Bayern Style.
Abseits auf dem Gelände befindet sich aus der Sektenzeit stammend noch viel landwirtschaftlicher Betrieb, mittlerweile arbeiten dort Chilenen größtenteils für normalen Lohn.
Die etwa 100 Sektenmitglieder, großteils sind die ja mittlerweile im Rentenalter, die noch dort leben halten sich so über Wasser, denn Rente bekommen sie ja keine.
Ich selber wollte dort aber kein Urlaub machen, wir waren dort nur etwa einen halben Tag zum anschauen. Bis auf das kleine Museum, das auch recht abseits liegt, erinnert aber nichts daran wie es hier früher zuging.



Wie der Schmalspur Motortriebwagen gewendet wird sieht man hier, mittlerweile wurde die Drehscheibe renoviert und befindet sich in deutlich besserem Zustand.
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

karhu @ 5 Jan 2018, 10:38 hat geschrieben: Die etwa 100 Sektenmitglieder, großteils sind die ja mittlerweile im Rentenalter, die noch dort leben halten sich so über Wasser, denn Rente bekommen sie ja keine.
Ich selber wollte dort aber kein Urlaub machen, wir waren dort nur etwa einen halben Tag zum anschauen. Bis auf das kleine Museum, das auch recht abseits liegt, erinnert aber nichts daran wie es hier früher zuging.
Ist es denn gut touristisch besucht? Leben die alten Sektenmitglieder von den Einnahmen aus dem Tourismus?

Urlaub würde ich da auch nicht machen wollen, aber ich habe in einem Bericht gesehen, dass das Angebot gern von Chilenen angenommen wird, die den "deutschen Style" und das Essen mögen.

Die Bahnlinie nach Constitucion würde mich auch reizen. Allerdings ist das Gebiet zwischen Santiago und Puerto Montt einer der Teile von Chile, die ich bisher noch nicht besucht habe. Eisenbahnmäßig ist es ja anscheinend die einzige Gegend, in der sich überhaupt noch was im Personenverkehr tut.
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Beitrag von karhu »

Hm, als wir dort waren war nicht sehr viel los, allerdings war es ein Werktag und auch Nebensaison, war Mitte Dezember. Haupt-Urlaubszeit normalerweise ist Januar und Februar.
Ja die leben von diesen Einnahmen, von der Landwirtschaft und ein medizinisches Labor betreiben sie noch in Parral das mir aufgefallen ist. Was es sonnst noch so an Einnahmen gibt weiß ich nicht.

Ja der mittlere Teil Chiles ist das einzigste Gebiet wo etwas Personenverkehr stattfindet, und bis auf die Metrotren ist der Takt recht dünn.
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Beitrag von rautatie »

karhu @ 5 Jan 2018, 11:02 hat geschrieben:
Ja der mittlere Teil Chiles ist das einzigste Gebiet wo etwas Personenverkehr stattfindet, und bis auf die Metrotren ist der Takt recht dünn.
Ganz nachvollziehen kann ich es nicht, dass man in Südamerika so wenig Wert auf Bahnlinien legt. Gerade im dichter besiedelten Teil Chiles wäre eine Bahnlinie doch naheliegend - auch wegen der schmalen Topografie, die nicht einmal viele Abzweigungen nötig machen würde. Ich fände je eine Bahnstrecke nach Süden (bis Puerto Montt) und nach Norden (bis z.B. La Serena) das mindeste... Dann noch eine runter nach Valparaiso (die allerdings wegen der Berge etwas anspruchsvoller wäre - aber soweit ich weiß hat es da früher eine Trasse gegeben)....

Wenn man sich überlegt, dass die Busse zwischen Santiago und Valparaiso alle paar Minuten fahren, dann gäbe es da sicher genügend Fahrgastpotential...
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Beitrag von Trapeztafelfanatiker »

Mich wundert auch, dass in Südamerika so wenig Schienenverkehr ist. Gerade um Santiago könnte man doch auch einen gewissen Regionalverkehr aufziehen und einen guten Fernverkehr zwischen den größeren Städten.
Chile soll ja eines der reicheren Staaten Südamerikas sein.

Die Abschottung einiger Grundstücke könnte doch sicher auch an der massiven Ungleichheit der Bevölkerung liegen, die ja wahrscheinlich extremer ist als in Europa und sogar Nordamerika.
Die Frage ist ja wieso es diese Länder nicht schaffen aus ihren Potentialen einen gewissen Wohlstand für die Masse der Bevölkerung zu bekommen.
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

Trapeztafelfanatiker @ 5 Jan 2018, 15:28 hat geschrieben: Die Frage ist ja wieso es diese Länder nicht schaffen aus ihren Potentialen einen gewissen Wohlstand für die Masse der Bevölkerung zu bekommen.
Im Vergleich zu den anderen südamerikanischen Ländern ist die Situation in Chile meinen Beobachtungen nach sowieso recht gut. Ich bin auch in Argentinien und Brasilien gewesen, und da scheint mir in Chile die Bevölkerung noch ganz gut dazustehen- zumindest gibt es anscheinend eine ausreichend große Mittelschicht.

In Brasilien liegt das Problem wohl unter anderen an den Nachwirkungen des langen Kolonialismus und der Sklaverei, die die gesellschaftliche Ungleichheit regelrecht in die Köpfe der Menschen eingeimpft hat und die sich immer noch weiter fortsetzt. Im Gegensatz zu Europa hat anscheinend fast jeder halbwegs mittelständische Haushalt eine Vollzeit-Haushälterin, die meistens mit im Haus bzw. in der Wohnung lebt, und die von morgens bis abends für alles zuständig ist. Das würde gar nicht funktionieren, wenn die Lebensverhältnisse einigermaßen ausgeglichen wären. Wer würde sich dann schon dazu bereit erklären, für geringes Geld ständig für eine Familie zur Verfügung zu stehen?

Einigermaßen gut geht es wohl den Leuten in Uruguay, das neben Chile meines Wissens den ausgeglichendsten und höchsten Lebensstandard in Südamerika hat. Trotzdem gibt es auch in diesem Land so gut wie keinen Eisenbahnverkehr mehr.

Generell würde ich in vielen südamerikanischen Regionen zumindest ein gutes Potential für einen Regionalverkehr zu sehen, gerade im Umland der großen Metropolregionen, wie z.B. Santiago, Buenos Aires, Rio de Janeiro. Ärgerlich finde ich, dass es fast überall mal ein gutes Schienennetz gegeben hat, was leider stillgelegt worden ist.
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Beitrag von Trapeztafelfanatiker »

Wie sieht es denn mit neuen Projekten aus?
Es soll ja ein West-Ost-Projekt durch den Kontinent für den Güterverkehr geben, aber gibt es sonstige Projekte?

In Afrika gibt es ja viele Projekte, vor allem durch China finanziert (natürlich mit gewissem Interesse, aber Infrastruktur hilft auch langfristig dem Land selbst).
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karhu
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Beitrag von karhu »

Ja in Bolivien hat die Regierung von Evo Morales vor einiges jetzt in die Eisenbahn zu investieren.....

Dort war ich auch für 3 Wochen von Chile aus, war eigentlich nicht geplant dorthin, wollte in den Norden Chiles weiter, aber mein chilenischer Bekannter wollte dorthin. Und wenn man schon jmd. dabei hat der sich auskennt und flüssig spanisch spricht war ich natürlich damit einverstanden. Denn dort geht mit Englisch (kann selber kaum spanisch) noch weniger (also fast gar nichts dann) als in Chile schon.

Deshalb hab ich jetzt von Chile "nur" den mittleren Teil. Die meißte Zeit war, und die meißten Bilder gibt's von

Valparaíso

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Erreichbar leider nur mit dem Fernbus von Santiago aus.

Die Stadt der alternativen Szene und Kunst, und der einzigsten O-Busse in Chile:

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Und den coolsten Müllautos:

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Und Häußer die am Hang kleben:

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Und gefährlichen Anwohnerparkplätzen:

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Beitrag von karhu »

O-Bus

In Valparaíso gibt es das einzigste O-Bus System in Chile und nur eine Linie durch das Zentrum:

Dort werden die ältesten O-Busse der Welt im täglichen Linienbetrieb eingesetzt:

Hier abgestellt, und werden von einem neueren überholt die gebraucht aus der Schweiz erworben wurden:

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In der Wendeschleife:

Bild

Obwohl die Busse deutlich älter sind als in Santiago befinden sie sich auch innen in deutlich besserem und gepfelgten Zustand:

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Plaza de Armas:

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Ascensores

Eine Art Schrägaufzug oder Seilbahn wie in Stuttgart auch aber deutlich kürzer und dafür steiler gebaut. 16 Stück gibt es im Stadtgebiet.

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Diese sind wichtig für die Verbindung vom unteren Stadtgebiet, wo der O-Bus verkehrt nach oben:

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Noch weiter oben verkehren dann Micros:

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Beitrag von karhu »

Metro Valparaíso

Valparaíso selber ist nicht so groß, im Ballungsraum sind es aber 900.000 Einwohner die durch die Metro erschlossen wird. Diese Metro ist aber untypisch für eine Metro, die Strecke ist über 40km lang und großteils oberirdisch und ist eigentlich eine Eisenbahnstrecke.

Hier ein Zug der älteren Baureihe in der Endhaltestelle Puerto:

Bild

Hier ein Zug der neuen Baureihe am anderen Endpunkt in Limache, die selben Züge wie auch im Großraum Santiago:

Bild

In Valparaíso:

Bild

Bevor der Endpunkt in Limache erreicht wird fährt die Metro lange ohne Halt durch bergiges ländliches Gebiet, auch untypisch für eine Metro. Auch wie die Strecke dort gebaut wurde, unterschiedliche Trassen für die beiden Richtungsgleise hab ich so auch noch nie gesehen:

Bild

Der Hafen, einen Gleisanschluß gibt es, aber durch den dichten Takt der Metro ist kein Güterverkher möglich, jedenfalls hab ich keinen Güterzug gesehen, alle Container werden mit dem Lkw transportiert:

Bild


Streetart

Das hat mir auch sehr gut in Valparaíso gefallen, die viele Kunst dort und das alternative Flair:

Bild

Das Kabelgewirr ist auch typisch für eigentlich alle Städte in Südamerika, alles wird oberirdisch verlegt:

[Bild

Eine dunkle Gasse muss nicht grau und trist sein:

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Und immer wieder gibt es auch mal was neues:

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Für mich ist Valparaíso die schönste und interesanteste Stadt in Chile, auch der ÖPNV ist hier am interresantesten ;)
Hab die Zeit genossen in der Stadt :)

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Das wars aus dem mittleren Teil von Chile, wie gesagt es ging unplanmäßig noch nach Bolivien, Bilder von dort kommen bald :)
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218217-8
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Beitrag von 218217-8 »

Sind ja hochinteressant, die Trolleybusse von Valparaiso. Hab gerade bei Wikipedia die Details zu den Fahrzeugen nachgelesen. Aber auch sonst finde ich Chile sehr interessant. Sollte ich auf meine To-do-Liste schreiben.
Freue mich auch schon auf den Bericht aus Bolivien.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

218217-8 @ 6 Jan 2018, 15:52 hat geschrieben:Sind ja hochinteressant, die Trolleybusse von Valparaiso. Hab gerade bei Wikipedia die Details zu den Fahrzeugen nachgelesen.
In der Tat. Aus Wikipedia:
1991 beschaffte die ETCE anlässlich der bevorstehenden Wiedereröffnung des Hauptstadtbetriebs acht fabrikneue Solo-Oberleitungsbusse aus der Volksrepublik China. Die Wagen vom Typ Shenfeng SY-D60C stammen vom Hersteller Norinco und wurden unter den Betriebsnummern 601 bis 608 in den Bestand eingereiht. Vier von ihnen gelangten später nach Valparaíso, davon sind die Wagen 601 und 604 mittlerweile verschrottet, Wagen 603 wurde 2014 ausgemustert, lediglich Wagen 607 befindet sich noch im Einsatz.
Scheint ja nicht gerade für die Qualität der chinesischen Neufahrzeuge zu sprechen, wenn noch 9 Wagen aus den 1940ern und 5 Wagen aus den 1950ern in Betrieb sind. :lol:
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Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Lobedan
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Beitrag von Lobedan »

Die Gebäudegestaltung gefällt mir! :)
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