Beinahezusammenstoß BRB im Bahnhof Utting

Strecken und Fahrzeuge des Regionalverkehrs (ohne S-Bahn!)
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Die beherzte Reaktion eines Zugführers hat am Donnerstag im Bahnhof Utting vermutlich eine Katastrophe verhindert. Zwei Bahnen, die vor allem mit Schülern besetzt waren, fuhren gegen 7.50 Uhr auf Gleis 2 aufeinander zu. Der Zugführer der aus Richtung Schondorf einfahrenden Bahn löste im letzten Moment eine Notbremsung aus. Die beiden Züge kamen etwa 40 Meter voneinander entfernt zum Stehen. (...) nach SZ-Informationen wurde der Fahrdienstleiter im Uttinger Bahnhof unmittelbar nach dem Vorfall abgelöst.
Lokführer verhindert Kollision von zwei vollbesetzten Zügen
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Puh, das ist ja gerade noch mal gut gegangen. Für mich wäre das fast ein eigenes Thema Wert.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Angesichts der Formsignale sieht das für mich nach dem Klassiker bei Alttechnik aus - nicht genau hingeschaut und die falsche Fahrstraße eingestellt.
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Beitrag von 146225 »

Entenfang @ 22 Feb 2018, 20:31 hat geschrieben: Angesichts der Formsignale sieht das für mich nach dem Klassiker bei Alttechnik aus - nicht genau hingeschaut und die falsche Fahrstraße eingestellt.
Sollte nicht selbst bei mechanischer Stellwerkstechnik die zeitgleiche Einstellung kollidierender Fahrstraßen unmöglich sein? :unsure:
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Beitrag von Entenfang »

146225 @ 22 Feb 2018, 20:36 hat geschrieben: Sollte nicht selbst bei mechanischer Stellwerkstechnik die zeitgleiche Einstellung kollidierender Fahrstraßen unmöglich sein? :unsure:
In der Regel gibt es bei Alttechnik keine Gleisfreimeldung.

Mögliches Szenario:
Zug nach Norden fährt pünktlich ein und kommt auf Gleis 2 zum Stehen.
Zug nach Süden ist verspätet, der Fdl vertut sich und stellt Fahrstraße ebenfalls auf Gleis 2 ein. Vielleicht, weil Gleis 2 das durchgehende Hauptgleis ist und er so Verspätung reduzieren will?
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Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

Lt. einem Zeitungsartikel hatte Bahn Nummer 2 rund zehn Minuten Verspätung, also keine Fahrstraße gegen eine andere.
In Utting fährt Zug 2 normalerweise immer nach Gleis 1, vielleicht fuhr der Lokführer auch deswegen schon etwas langsamer weil ihm etwas komisch vorkam. Da kann man nämlich eigentlich so reinbrettern, dass es beim Erkennen des Hindernisses zu spät ist.
mapic
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Beitrag von mapic »

146225 @ 22 Feb 2018, 20:36 hat geschrieben:Sollte nicht selbst bei mechanischer Stellwerkstechnik die zeitgleiche Einstellung kollidierender Fahrstraßen unmöglich sein?  :unsure:
Ja, das ist auch unmöglich. Sobald der erste Zug aber im Bahnhof angekommen ist, kann (und muss) die Fahrstraße aufgelöst werden. Die Fahrstraße für den zweiten Zug ist dann nicht mehr zeitgleich mit der ersten Fahrstraße eingestellt. Ob das Gleis im Bahnhof besetzt ist oder nicht, weiß das Stellwerk nicht. Die Einfahrt in ein bereits besetztes Gleis kann daher bei dieser Technik immer gestellt werden. Eine gleichzeitige Einfahrt von beiden Richtungen wäre nicht möglich.
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Beitrag von JeDi »

Entenfang @ 22 Feb 2018, 20:41 hat geschrieben: In der Regel gibt es bei Alttechnik keine Gleisfreimeldung.
Jo, zwei kollidierende Fahrstraßen sollten aber trotzdem nicht gehen.
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Luchs
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Beitrag von Luchs »

Brauchts hier auch nicht. Zug 1 fährt auf Fahrstrasse ein, hält, Fahrstrasse wird aufgelöst. Dann kann für Zug 2 die Fahrstrasse ins gleiche Gleis eingestellt werden und bumms.

Luchs.
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Beitrag von 218 466-1 »

Klarer Fall einer nicht - oder nicht richtig durchgeführten "Räumungsprüfung durch Augenschein".
Oder die Fahrstrassen beim einstellen verwechselt. Normale Einfahrt auf Hauptignal in besetztes Gleis ist bei dieser Technik in der Tat möglich!

Der Artikel ist mal wieder deppert formuliert. Einerseits heisst es die Züge "fuhren aufeinander zu", anderseits wird nur die Reaktion eines Zugführers = Tf gelobt. Man kann davon ausgehen, dass der andere Zug schon einige Minuten im Bf stand.
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E18-Fan
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Beitrag von E18-Fan »

Was ist da los?
Können Fdl Alt-Technik nicht mehr?
Sicherstellung einer freien Fahrstrasse durch Augenschein?
Das sind doch Basics!
Vor ein paar Monaten Leese-Stolzenau und jetzt Utting ...
Ich war bisher ein verfechter der Bahn und ihrer Sicherheit aber jetzt komme ich doch ins gübeln ...
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Beitrag von Trapeztafelfanatiker »

Auch wenn es in Aibling anders war, man sollte mal die Qualität dieser 90-Tage-"Ausbildungen" für Fdl überdenken.
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guru61
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Beitrag von guru61 »

Entenfang @ 22 Feb 2018, 21:41 hat geschrieben: In der Regel gibt es bei Alttechnik keine Gleisfreimeldung.

Mögliches Szenario:
Zug nach Norden fährt pünktlich ein und kommt auf Gleis 2 zum Stehen.
Zug nach Süden ist verspätet, der Fdl vertut sich und stellt Fahrstraße ebenfalls auf Gleis 2 ein. Vielleicht, weil Gleis 2 das durchgehende Hauptgleis ist und er so Verspätung reduzieren will?
Was mich aber schon sehr wundert. Die Technik wäre vorhanden gewesen:
Das letzte mechanische SBB Stellwerk 2009 im Personenverkehr:
https://www.flickr.com/gp/r_walther/0539Je
Schön zu sehen: Der Dampftriebwagen ist im Gleis 3:
https://www.flickr.com/gp/r_walther/78kZ3j
Sogar hier in Uznach gab es eine rudimentäre Überwachung:
https://c2.staticflickr.com/4/3203/29292185...6eb7278d1_o.jpg
Wenn eine Fahrstrasse in ein Gleis eingestellt wurde, wechselte die Farbe der Scheibe über den Kurbeln. Dann musstest du eine Ausfahrstrasse einstellen, bevor wieder eine Einfahrsignal gezogen werden konnte.
Das Prozedere wird einem in Romanshorn im Lokorama sehr gut erklärt, auch wie man das überlisten musste.

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mapic
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Beitrag von mapic »

Trapeztafelfanatiker @ 23 Feb 2018, 11:39 hat geschrieben:Auch wenn es in Aibling anders war, man sollte mal die Qualität dieser 90-Tage-"Ausbildungen" für Fdl überdenken.
War das denn im aktuellen Fall ein 90-Tage-Fdl? Oder auf welche Zwischenfälle bezieht sich das jetzt?
guru61 @ 23 Feb 2018, 12:23 hat geschrieben:Wenn eine Fahrstrasse in ein Gleis eingestellt wurde, wechselte die Farbe der Scheibe über den Kurbeln. Dann musstest du eine Ausfahrstrasse einstellen, bevor wieder eine Einfahrsignal gezogen werden konnte.
Und was macht man, wenn man das Gleis gar nicht durch eine Ausfahrt frei machen will, sondern durch eine Rangierfahrt?
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Beitrag von Entenfang »

guru61 @ 23 Feb 2018, 12:23 hat geschrieben:Was mich aber schon sehr wundert. Die Technik wäre vorhanden gewesen:
Danke für einen Blick in die Sicherungstechnik der Schweiz - war denn die technische Gleisfreimeldung im mechanischen Stellwerk standardmäßig verbaut?

Technische Gleisfreimeldung gibt es selbstverständlich auch in Deutschland - nur halt nicht standardmäßig bei Alttechnik. Menschen machen Fehler, die Gleisfreimeldung durch Hinsehen ist der wesentliche Sicherheitsnachteil der Alttechnik verglichen mit modernen Stellwerken.
Und was macht man, wenn man das Gleis gar nicht durch eine Ausfahrt frei machen will, sondern durch eine Rangierfahrt?
Vielleicht ist das in einigen Bahnhöfen einfach nicht vorgesehen? Oder man muss dann eine Hilfshandlung einsetzen?
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

E18-Fan @ 23 Feb 2018, 10:44 hat geschrieben:Können Fdl Alt-Technik nicht mehr?
Sicherstellung einer freien Fahrstrasse durch Augenschein?
Das sind doch Basics!
Trapeztafelfanatiker @ 23 Feb 2018, 12:39 hat geschrieben:Auch wenn es in Aibling anders war, man sollte mal die Qualität dieser 90-Tage-"Ausbildungen" für Fdl überdenken.
Jeder Mensch macht Fehler. Nur aus diesem Grund sind Stellwerke heute so aufgebaut wie sie aufgebaut sind - um genau diese menschlichen Fehler zu verhindern. Wenn jetzt in einem Stellwerk elementare Sicherheitsvorkehrungen fehlen (in dem Fall: Gleisfreimeldung) dann passiert halt gelegentlich etwas. Ich bin mir sicher, jeder kennt das dass er mal total dumme Fehler gemacht hat, sei es privat, sei es in der Arbeit. Die meisten Leute haben halt Glück, dass wenn sie einen Fehler machen das nicht sofort in der Zeitung steht, weil die Auswirkungen nicht so schlimm sind - bei einem Fahrdienstleiter ist das halt anders.

In meinen Augen gibt es zwei elementare Kategorien bei Fehlern:
1) Fehler im Regelbetrieb, die durch Routine entstehen
2) Fehler im Störfall, die auch durch mangelhafte Ausbildung oder Fortbildung entstehen können

Der Vorfall in Utting ist ganz klar ein Fehler der Kategorie 1), das hat definitiv absolut nichts mit mangelhaftem Wissen zu tun, sondern ist ein Fehler der Art, wie Menschen ihn nun mal machen, das kann absolut jedem passieren - genau aus dem Grund gibt es ja all die Sicherheitsvorkehrungen in Stellwerken.

Dass die fehlende Gleisfreimeldung in den mechanischen Stellwerken ein großes Sicherheitsrisiko ist ist bekannt (und es gibt deswegen auch immer wieder (Beinahe-)Unfälle) - genauso wie die fehlende PZB auf diversen Strecken in Ostdeutschland als Sicherheitsrisiko bekannt war.
guru61 @ 23 Feb 2018, 13:23 hat geschrieben:Was mich aber schon sehr wundert. Die Technik wäre vorhanden gewesen:
Das letzte mechanische SBB Stellwerk 2009 im Personenverkehr:
Klar ist die Technik vorhanden (auch in Deutschland gibt es mechanische Stellwerke die zumindest eine teilweise Gleisfreimeldung haben), es kostet halt Geld das einzubauen.
Wenn eine Fahrstrasse in ein Gleis eingestellt wurde, wechselte die Farbe der Scheibe über den Kurbeln. Dann musstest du eine Ausfahrstrasse einstellen, bevor wieder eine Einfahrsignal gezogen werden konnte.
Das Prozedere wird einem in Romanshorn im Lokorama sehr gut erklärt, auch wie man das überlisten musste.
Das ist das klassische "Belegt", das bei der Königlich Bayerischen Staatseisenbahn (und auch darüber hinaus bis in die 30er-Jahre hinein) in Bayern Standardausrüstung war und in einigen Stellwerken (z.B. Lindau-Reutin, Seeshaupt, Garching an der Alz, ...) auch immer noch existiert. Grundsätzlich war die Belegtabhängigkeit aber durchaus nicht unumstritten - es handelt sich ja nicht um eine echte Gleisfreimeldung, sondern nur um eine Anzeige ob die letzte Zugfahrstraße in diesem Gleis eine Einfahrt oder eine Ausfahrt war.

Wenn ein Zugteil stehen gelassen wurde, oder das Gleis durch eine Rangierfahrt belegt wurde, dann ist das Belegt fehlerhaft nicht gesetzt. Wenn sich jetzt ein Fahrdienstleiter (entgegen der Vorschrift) auf die Belegtabhängigkeit verlässt ist das ein deutliches Sicherheitsrisiko.
Besonders schwierig ist das ganze in Bahnhöfen mit Weichenwärtern - die Belegtabhängigkeit ist beim Fahrdienstleiter untergebracht, die Rangierfahrten werden aber von den Weichenwärtern durchgeführt.

Aus diesem Grund wurde die Belegtabhängigkeit z.B. von den Preußischen Staatseisenbahnen nicht eingesetzt. Als dann später mit der Gründung der Reichsbahn ganz Deutschland auf die preußischen Eisenbahngrundsätze umgestellt wurde, war es dann mit der Belegtabhängigkeit in Bayern irgendwann vorbei.
mapic @ 23 Feb 2018, 13:43 hat geschrieben:Und was macht man, wenn man das Gleis gar nicht durch eine Ausfahrt frei machen will, sondern durch eine Rangierfahrt?
Das hängt von der Bauform des Stellwerks ab.

Bei vielen bayerischen Stellwerksbauformen ist es so, dass die Fahrstraße sofort nach Umlegen des Fahrstraßenhebels mechanisch festgelegt wird (und nicht erst durch eine zweite Bedienhandlung über das Fahrstraßenfestlegefeld). Aus diesem Grund gibt es in diesen Stellwerken separate Bedieneinrichtungen für jedes Gleis, nämlich den "Belegthersteller" und den "Belegtbeseitiger". Ersteres ist gerne ein fest montierter Hebel, während letzteres teilweise ein...ich glaube Dreikantschloss ist, das mit einem speziellen Schlüssel bedient werden muss.

Es gibt hier aber keinerlei Zählwerke oder andere Sicherheitsmechanismen, das Belegt kann man also nach Belieben herstellen oder beseitigen, da gibt es keine Überprüfung.

Bei Befehlsstellen dagegen wird der Fahrstraßenhebel nicht automatisch festgelegt, hier erfolgt die Festlegung erst mit Bedienen des Befehlsabgabefeldes, die Fahrstraßenhebel sind also frei beweglich. Hier muss man zum Herstellen des Belegts einfach einen Einfahrstraßenhebel einmal um- und gleich wieder zurücklegen, zum Beseitigen nimmt man einen Ausfahrstraßenhebel. Hier besteht wie gesagt das zusätzliche Problem dass die Weichenwärter (aus technischer Sicht) jederzeit in das Gleis reinrangieren können, ohne dass der Fdl beteiligt wäre. Wird hier auf die nötige Kommunikation verzichtet, so dass der Fdl das Belegt nicht von Hand herstellt, dann ist das Belegt irrtümlich nicht gesetzt. Insgesamt also keine allzu sichere Sache.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Beitrag von Mühldorfer »

Hallo,
wenn ich die Beiträge richtig lese, dann sieht das für mich so aus:

Die Schweizer Alttechnik speichert mechanisch eine Gleisbelegung nach einer Einfahrt und löscht diese Belegung erst wieder mit einer zulässig ausgeführten Ausfahrt.
( Ggf. Rangierfahrt wenn dieZugsfahrt dort endet )


Die deutsche Technik hat dagegen kein "Gedächniss"! Das wird auschließlich durch Gleisfreimeldung nach augenschein gemacht.
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Mühldorfer @ 23 Feb 2018, 18:42 hat geschrieben: wenn ich die Beiträge richtig lese, dann sieht das für mich so aus:
Auch die deutsche Technik konnte diese "Speicherung", allerdings ist sie nicht (mehr) verbreitet. Ausführlich oben beschrieben. Und auch mit der Belegtabhängigkeit kann man diese Situation produzieren, da sie eben nicht unmittelbar an eine Gleisfreimeldung gekoppelt ist.

Gruß Michi
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guru61
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Beitrag von guru61 »

Mühldorfer @ 23 Feb 2018, 19:42 hat geschrieben: Hallo,
wenn ich die Beiträge richtig lese, dann sieht das für mich so aus:

Die Schweizer Alttechnik speichert mechanisch eine Gleisbelegung nach einer Einfahrt und löscht diese Belegung erst wieder mit einer zulässig ausgeführten Ausfahrt.
( Ggf. Rangierfahrt wenn dieZugsfahrt dort endet )


Die deutsche Technik hat dagegen kein "Gedächniss"! Das wird auschließlich durch Gleisfreimeldung nach augenschein gemacht.
Also,ich musste ein wenig im Palm, "Stellwerke der Schweiz" nachlesen.
Wie hier in Biel, dem letzten noch in Betrieb stehenden Stellwerk, nur für den Güterverkehr, waren die meisten Weichen über die Zugfahrstrassen führten überwacht:
https://flic.kr/p/FWPzC4
Gut zu sehen sind die elektrischen Verschlüsse, die direkt auf den Weichenhebel einwirken:
https://flic.kr/p/FWKnZ3

Und zwar, wie hier, auch die direkt vor dem Stellwerk (STW1):
https://flic.kr/p/GSfkE8

Die mechanische Fahrstrassenverriegelung und Besetztanzeige, war zwar rudimentär, brachte aber sicher in Bahnhöfen, in denen normalerweise kein Zug endete, einen Sicherheitsgewinn.
Diese Einrichtung war, nach dem Palm, in der Schweiz üblich.
Eine vermutlich irrtümlich eingestellte Fahrstrasse, wie hier beschrieben, wäre so verhindert worden.
Dazu kommt noch, dass in der Schweiz der erste Zug, bei Stationen ohne schienenfreie Zugänge immer ins nähere Gleis einfuhr. So deckte er das Gleis für den zweiten Zug. Natürlich bedeutete dies auch, dass nach der Einfahrt des zweiten Zuges, die Abfertigung des ersten Zuges rassig gehen musste. Bei minutenlangem Warten hätte sich das Publikum auf den Weg um die Züge gemacht.
Normalerweise wurde, sobald die Einfahrweiche abgedeckt war, die Fahrstasse des Ausfahrenden Zuges eingestellt und auf den Schlusspfiff des einfahrenden Zuges gewartet (lang kurz kurz lang). Sobald dieser ertönte wurde das Ausfahrsignal gezogen und der Zug abgewunken.
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Beitrag von guru61 »

Mühldorfer @ 23 Feb 2018, 19:42 hat geschrieben: Hallo,
wenn ich die Beiträge richtig lese, dann sieht das für mich so aus:

Die Schweizer Alttechnik speichert mechanisch eine Gleisbelegung nach einer Einfahrt und löscht diese Belegung erst wieder mit einer zulässig ausgeführten Ausfahrt.
( Ggf. Rangierfahrt wenn dieZugsfahrt dort endet )


Die deutsche Technik hat dagegen kein "Gedächniss"! Das wird auschließlich durch Gleisfreimeldung nach augenschein gemacht.
Kann man so sagen.
Da aber die Belegtanzeige von der Einstellung einer Zugfahrstrasse über den Fahrstrassenhebel gesteuert wird, muss, sowie in Romanshorn,wo des öfteren Züge enden und rangiermäsig weggestellt werden, kurz der Fahrstrassenhebel gezogen und wieder zurückgestellt werden.
Natürlich kann man jetzt mokieren, dass es möglich wäre zu manipulieren.
Nun kann man aber davon ausgehen, dass ein Fdl mal zum mindesten guten Willen hat und keine Sicherungsanlage vorsätzlich falsch bedient.

Man kann jede Sicherung manipulieren: Die Achszähler wie hier:
https://www.sust.admin.ch/inhalte/BS/2016022001_SB.pdf
Die sind sogar sehr einfach zu "Manipulieren", denn sie können zurückgestellt werden, und damit hat sichs. Wenn der Bauchlütteri, wie hier, zu faul ist, sich die Belegung der Weiche anzusehen und sie freimeldet, obwohl das nicht der Fall war, hilft alles nichts.

Bei den alten Gleisstromkreisen war das schon mit mehr Aufwand verbunden: Im Prellbock-Gleis B1 in Bauma, gab es noch eine Weichenverbindung ins Gleis A1. Bei einem Ablauf vom Berg her,war die Weiche falsch ins A1 gestellt und die Weiche mit Vorisolierung ausgerüstet. Die reichte bis etwa 15 Meter vor die Weichenspitze.
Der Rangierer bemerkte die Falschstellung und bremste. Leider kam er mit der vordersten Achse bereits auf der Vorisolierung zum stehen. Die Weiche konnte nicht mehr gestellt werden und eine Plombe hätte gerissen werden müssen, um die Isolierung zu umgehen. Den Rangiertraktor zu holen hätte zu lange gedauert. Also, was geschah?
Der Statiönler kam mit ein paar Bogen Kanzleipapier raus und legte sie vor die erste Achse. Der Rangierer (das Gleis hatte leichtes Gefälle) löste die Bremse und fuhr auf das Papier. Die Isolation war überbrückt und die Weiche konnte umgestellt werden. :)
Offensichtlich war das nicht das erste Mal, dass das passierte.

Beim Unfallmit dem Dampftreibwagen hätte ein Gleisstromkreis die Belegung dauernd angezeigt und den Unfall verhindert.

Was mich in Deutschland immer wieder erstaunt ist, dass man beim Fahrpersonal nicht genug technische Sicherungen einbauen kann, aber man die Fahrdienstleiter selbständig die deftigsten Entscheidungen treffen lässt, ohne weitere Rückfallebene.

Auch hier ist vermutlich dasselbe passiert, nur hats geknallt:
https://www.eisenbahn-unfalluntersuchung.de...icationFile&v=2
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Hackfleisch
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Beitrag von Hackfleisch »

Nach dem Unfall in Bad Aibling hat der Staatskonzern zuerst alles versucht um die Schuld von sich zu weisen, das private EVU wurde auf den Kopf gestellt und trotzdem konnte man zum vielleicht ersten Mal in der Geschichte der deutschen Eisenbahnen die Ursache auf menschliches Versagen einer einzelnen Person eingrenzen (nicht mehrere Personen, keine unglückliche Verkettung einzelner Umstände,...), der Fdl des Staatskonzerns.

Spätestens seitdem hätte klar sein müssen, dass sich auf Seiten des Netz Dinge grundlegend zu ändern haben, personell und technisch. Ggf ist es auch einfach eine Frage der Sicherheit Netz und Betrieb zu trennen und das Netz wieder zur Staatsbehörde zu machen, so wie auch jede Autobahnmeisterei usw., da eine Frage des Gemeinwohls.

Was nun aber vermutlich passiert ist, dass einfach nur ZS1 abgeschafft wird und der Fdl nur noch ZS7 schalten kann. Damit hat man zwar technisch und personell Null verändert oder reformiert, aber die Verantwortung auf den Lokführer abgewälzt, der damit nur noch auf Sicht (=max 40 kmh, oder weniger) fahren darf und folglich alleine schuld ist, wenn dann was passiert, weil dann abgeleitet wird, dass er wohl einfach nicht langsam genug fuhr.. wie sich Fahrgäste und Arbeitgeber über Schleichen oder gar ausfallende Züge bei zu schlechter Sicht freuen ist klar, entsprechend wird der Triebfahrzeugführer unter zusätzlichem Druck stehen und generell - wozu haben wir Leitstellen und Fdl wenn dann doch auf Sicht gefahren werden muss, wenn ein Hauptsignal gestört ist?!

Immer wenn man denkt, die kaputt gesparte Eisenbahninfrastruktur hierzulande hat ihren Tiefpunkt endlich erreicht, geht es noch eine Stufe tiefer...derweil träumt der Staatskonzern von ETCS für zweistellige Milliarden, während der Basisbetrieb vordigitaler Zeit schon marode ist.

Es ist pures Glück und Übererfüllung des Lokführers zu verdanken, dass hier nichts passierte. Es waren über 100 Schulkinder in Gefahr, rein von den Vorschriften und dem gestellten Fahrweg und den Signalen hätte der Lokführer auch mit höherer Geschwindigkeit auf den Haltepunkt zufahren dürfen - er hätte dann nicht mehr rechtzeitig bremsen können und wäre trotzdem nicht schuld gewesen, wenn dann Menschen zu Schaden gekommen wären. Pures Glück, dass die Strecke so einsehbar war und der Lokführer sofort reagieren konnte. Pures Glück! Was muss noch passieren?
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Beitrag von mapic »

Hackfleisch @ 1 Mar 2018, 11:56 hat geschrieben: Nach dem Unfall in Bad Aibling hat der Staatskonzern zuerst alles versucht um die Schuld von sich zu weisen, das private EVU wurde auf den Kopf gestellt
Kannst du das vielleicht mal näher erläutern? Inwiefern hat die DB damals zuerst irgendeine Schuld von sich gewiesen?
Und inwiefern wurde die BOB auf den Kopf gestellt, und von wem?
Dass bei der Unfalluntersuchung absolut alles was auch nur entfernt mit dem Unfall zu tun haben könnte auf den Kopf gestellt wird, ist ja wohl logisch. So soll es ja auch sein, oder etwa nicht?


Und einfach nur Zs1 durch Zs7 ersetzen hätte den Unfall in Bad Aibling übrigens überhaupt nicht verhindert. Also wie kommst du jetzt darauf, dass man das vorhätte so umzusetzen?
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

guru61 @ 28 Feb 2018, 06:31 hat geschrieben:Natürlich kann man jetzt mokieren, dass es möglich wäre zu manipulieren.
Nun kann man aber davon ausgehen, dass ein Fdl mal zum mindesten guten Willen hat und keine Sicherungsanlage vorsätzlich falsch bedient.
Es geht nicht um vorsätzlich falsch bedienen, sondern um versehentlich falsch bedienen. Fehler können nicht nur bei seltenen Handlungen, die nicht sicher sitzen und wo vielleicht der genaue Wortlaut der Vorschrift nicht mehr bekannt ist, passieren, sondern auch bei Routinehandlungen - genau letzteres dürfte in Utting passiert sein.

Genau das gleiche kann aber auch bei der Bedienung der Belegtanzeige passieren - wenn in einem Bahnhof mit viel Rangierarbeiten laufend das Belegt manuell hergestellt oder beseitigt werden muss, dann passiert das schnell mal beim falschen Gleis - einmal an den falschen Fahrstraßenhebel gelangt, und schon ist das Belegt in Gleis 3 beseitigt, obwohl eigentlich das Gleis 4 freirangiert wurde. Umgekehrt kann es bei einer Rangierfahrt in ein Hauptgleis schnell passieren, dass vergessen wird das Belegt herzustellen.

Wenn man sich jetzt auf das Belegt verlässt (und es nicht nur als zusätzliche Sicherung zum Blick aus dem Fenster betrachtet) kann das in Bahnhöfen mit viel Rangierbetrieb in meinen Augen die gewonnene Sicherheit mindestens beeinträchtigen, wenn nicht sogar reduzieren.
Man kann jede Sicherung manipulieren: Die Achszähler wie hier:
https://www.sust.admin.ch/inhalte/BS/2016022001_SB.pdf
Die sind sogar sehr einfach zu "Manipulieren", denn sie können zurückgestellt werden, und damit hat sichs.
Das ist aber ein komplett anderes Thema als Fehler bei der Bedienung im Regelbetrieb.
Was mich in Deutschland immer wieder erstaunt ist, dass man beim Fahrpersonal nicht genug technische Sicherungen einbauen kann, aber man die Fahrdienstleiter selbständig die deftigsten Entscheidungen treffen lässt, ohne weitere Rückfallebene.
Was baut man denn beim Fahrpersonal alles für technische Sicherungen ein, die man beim Fahrdienstleiter nicht einbaut?

Beim Fahrpersonal gibt es die Zugbeeinflussung, die dazu dient, Fehler des Regelbetriebes zu verhindern. Eine bewusste Fehlbedienung (z.B. in Mannheim) wird dabei nicht verhindert. Andere Themen (z.B. Bremsproben), die durchaus auch schon öfter zu Unfällen geführt haben, werden gar nicht überwacht.

Beim Fahrdienstleiter baut man ein komplettes Stellwerk mit sehr komplexen Überwachungsfunktionen, die Fehlbedienungen im Regelbetrieb verhindern. Auch hier wird der Regelbetrieb (außer die fehlende Gleisfreimeldung in alten mechanischen/elektromechanischen Stellwerken, die leider nicht nachgerüstet wurde) vollständig überwacht. Ich wüde da beides auf einem gleichen Level betrachten (was nicht heißt dass man nicht auf beiden Seiten über Verbesserungen nachdenken sollte).
Hackfleisch @ 1 Mar 2018, 12:56 hat geschrieben:Nach dem Unfall in Bad Aibling hat der Staatskonzern zuerst alles versucht um die Schuld von sich zu weisen, das private EVU wurde auf den Kopf gestellt
Wie kommst Du darauf?
und trotzdem konnte man zum vielleicht ersten Mal in der Geschichte der deutschen Eisenbahnen die Ursache auf menschliches Versagen einer einzelnen Person eingrenzen (nicht mehrere Personen, keine unglückliche  Verkettung einzelner  Umstände,...), der Fdl des Staatskonzerns.
So ein Schmarrn, dass Unfälle die Ursache einer einzelnen Person sind kommt immer wieder raus. Leider hält sich das Märchen, dass es nur zu einem Unfall kommt, wenn mindestens zwei Personen einen Fehler machen, selbst beim Betriebspersonal sehr hartnäckig - es bleibt aber ein Märchen, und ist definitiv Blödsinn.

Und wie kommst Du darauf, dass die Ursache auf eine einzelne Person eingegrenzt wurde? Die Ursachenermittlung des Unfalls ist nach wie vor nicht abgeschlossen, und die letzten offiziellen Aussagen im Zwischenbericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung sagen ganz klar aus, dass noch nicht endgültig geklärt ist was da wirklich passiert ist:
Bundesstelle_für_Eisenbahnunfalluntersuchung @ , hat geschrieben:Da die Untersuchungen in den Fachrichtungen Leit- und Sicherungstechnik und Eisenbahnbetrieb sowie deren Wechselwirkungen aufgrund der Komplexität und des Umfangs bisher nicht abgeschlossen werden konnten, ist eine finale Betrachtung gegenwärtig noch nicht möglich.
Auch im Prozess gegen den Fahrdienstleiter gab es Aussagen der BEU die darauf hindeuten dass hier Unstimmigkeiten gefunden wurden. Ob diese Einfluss auf den Unfall hatten war damals meiner Erinnerung noch nicht abschließend geklärt.

Bei der strafrechtlichen Verurteilung ging es im wesentlichen um das Handyspielen - ob Mängel in den Vorschriften oder in der Technik den Unfall begünstigt haben war den Mitschriften der Presse nach kein ernsthaftes Thema im Prozess.

Das muss natürlich nicht heißen, dass es hier Mängel gegeben hat - es ist aber schlicht nicht abschließend geklärt. Ich weiß, nach dem strafrechtlichen Prozess ist es sehr schwer darauf aufmerksam zu machen - aber letztendlich ist es bei dem momentan bekannten Stand der Ermittlungen nach wie vor eine Vorverurteilung, wenn man die alleinige Schuld dem Fahrdienstleiter gibt.
Was nun aber vermutlich passiert ist, dass einfach nur ZS1 abgeschafft wird und der Fdl nur noch ZS7 schalten kann.
Reine Spekulation.
wozu haben wir Leitstellen und Fdl wenn dann doch auf Sicht gefahren werden muss, wenn ein Hauptsignal gestört ist?!
Eine hundertprozentige Sicherheit wird man bei Fahren auf Ersatzsignal nie erreichen, man kann nur versuchen das Risiko so weit wie möglich zu minimieren.
Es ist pures Glück und Übererfüllung des Lokführers zu verdanken, dass hier nichts passierte.
Ich glaube nicht dass die Diskussion "gute professionelle Lokführer versus böse unfähige Fahrdienstleiter" bei der Frage, wie die Sicherheit erhöht werden kann, zielführend ist. Fehler beider Berufsgruppen sind immer wieder Auslöser schwerer Unfälle, siehe z.B. Hordorf oder Mannheim. In Hosena haben wir sogar zwei Unfälle innerhalb kurzer Zeit - der erste war durch einen Lokführerfehler ausgelöst, der zweite durch einen Fehler des Weichenwärters.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von 218 466-1 »

Hackfleisch @ 1 Mar 2018, 05:56 hat geschrieben:Nach dem Unfall in Bad Aibling hat der Staatskonzern zuerst alles versucht um die Schuld von sich zu weisen,  (nicht mehrere Personen, keine unglückliche  Verkettung einzelner  Umstände,...), der Fdl des Staatskonzerns.
Inwiefern?
Hackfleisch @ 1 Mar 2018, 05:56 hat geschrieben:das private EVU wurde auf den Kopf gestellt und trotzdem konnte man zum vielleicht ersten Mal in der Geschichte der deutschen Eisenbahnen die Ursache auf menschliches Versagen einer einzelnen Person eingrenzen
Schrozberg? Mannheim?
Hackfleisch @ 1 Mar 2018, 05:56 hat geschrieben:Was nun aber vermutlich passiert ist, dass einfach nur ZS1 abgeschafft wird und der Fdl nur noch ZS7 schalten kann.
ZS1 hat mit diesem Unfall überhaupt nichts zu tun.
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Beitrag von JeDi »

218 466-1 @ 23 Feb 2018, 00:07 hat geschrieben: Klarer Fall einer nicht - oder nicht richtig durchgeführten "Räumungsprüfung durch Augenschein".
Da wäre keine Räumungsprüfung, sondern eine Fahrwegprüfung fällig gewesen.
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Beitrag von Boris Merath »

JeDi @ 1 Mar 2018, 19:47 hat geschrieben: Da wäre keine Räumungsprüfung, sondern eine Fahrwegprüfung fällig gewesen.
Zumal eine Räumungsprüfung auf Augenschein im Allgemeinen kaum möglich ist, sofern man nicht mit einer Drohne die komplette Strecke abfliegen will :-)

Aber auch da ist der Fall nicht klar - neben einer nicht durchgeführten Fahrwegprüfung kann der Fahrdienstleiter ja auch die Fahrwegprüfung für das richtige Gleis durchgeführt, dann aber die Fahrstraße ins falsche Gleis eingestellt haben.

Es bleibt dabei: So etwas sind Fehler die jedem passieren können - deswegen müsste die Technik eigentlich so aufgebaut sein dass sie dies verhindert.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von JeDi »

Boris Merath @ 1 Mar 2018, 19:06 hat geschrieben: Zumal eine Räumungsprüfung auf Augenschein im Allgemeinen kaum möglich ist, sofern man nicht mit einer Drohne die komplette Strecke abfliegen will :-)
Es soll Betriebsstellen geben, zwischen denen das funktioniert ;-). Was ich jedenfalls festhalten wollte: Eine Fahrwegprüfung findet innerhalb einer Betriebsstelle statt, eine Räumungsprüfung für einen Zugfolgeabschnitt (d.h. für die freie Strecke).
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Beitrag von mapic »

Boris Merath @ 1 Mar 2018, 19:06 hat geschrieben:Zumal eine Räumungsprüfung auf Augenschein im Allgemeinen kaum möglich ist, sofern man nicht mit einer Drohne die komplette Strecke abfliegen will :-)
Es reicht ja eigentlich auch, am vorbeifahrenden Zug augenscheinlich das Zugschlusssignal zu erkennen, oder nicht? :blink:
Boris Merath @ 1 Mar 2018, 19:06 hat geschrieben:Aber auch da ist der Fall nicht klar - neben einer nicht durchgeführten Fahrwegprüfung kann der Fahrdienstleiter ja auch die Fahrwegprüfung für das richtige Gleis durchgeführt, dann aber die Fahrstraße ins falsche Gleis eingestellt haben.
Das halte ich auch für sehr wahrscheinlich. Der Zug müsste dort ja direkt vor dem Fenster des Fdl stehen. Übersehen kann man den nicht, selbst wenn man noch so flüchtig schaut. Und noch dazu hat er ja kurz davor erst die Einfahrt für den Zug gestellt und wieder aufgelöst. Vergessen und übersehen ist also eher unwahrscheinlich.
Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

mapic @ 1 Mar 2018, 19:43 hat geschrieben: Es reicht ja eigentlich auch, am vorbeifahrenden Zug augenscheinlich das Zugschlusssignal zu erkennen, oder nicht? :blink:
Man nehme ein anderes Stellwerk, bei dem das nicht geht, aus welchen Gründen auch immer. Auch hier dürfte nach Räumungsprüfung normal gefahren werden.

Ich hatte mal den Fall in einem ESTW-Bereich, "guckst Du bitte im Bahnhof Y, ob irgendein Fahrzeug auf den Gleisen steht?" Minuten später bretterte dann ein ICE durch. :)
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