Systemwechsel am Brenner
Systemwechsel am Brenner
Als ich kürzlich nach sehr langer Zeit mal wieder über den Brenner fuhr, fiel mir der lange Aufenthalt des EC auf (10-15 Minuten). Das wunderte mich, weil der Zug von München bis Verona mit demselben ÖBB-Taurus bespannt war. Als Mehrsystemlok müsste der Systemwechsel sogar auf freier Strecke während der Fahrt möglich sein wie z. B. an der Grenze zu Tschechien.
Ich kenne noch den umständlichen Lokwechsel mit Abziehen der Lok mit einer Diesellok (in den 1960gern sogar mit Dampflok!), aber jetzt müsste ja noch nicht einmal ein Aufenthalt nötig sein.
Was passiert da eigentlich?
Ich kenne noch den umständlichen Lokwechsel mit Abziehen der Lok mit einer Diesellok (in den 1960gern sogar mit Dampflok!), aber jetzt müsste ja noch nicht einmal ein Aufenthalt nötig sein.
Was passiert da eigentlich?
Re: Systemwechsel am Brenner
Personalwechsel, geht auch schneller bei Verspätung.
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Re: Systemwechsel am Brenner
Je nach Ausrüstung der strecke und der Fahrzeuge geht aber der Übergang vom Zugsicherungssystem des einen Landes in das des anderen nicht auf freier Strecke und benötigt im Stillstand ggf einige Minuten.
Wie es am Brenner im Speziellen aussieht, weiss ich nicht. Könnte mir aber vorstellen, dass das mit rein spielt...
Wie es am Brenner im Speziellen aussieht, weiss ich nicht. Könnte mir aber vorstellen, dass das mit rein spielt...
Re: Systemwechsel am Brenner
Soweit ich weiß, ist bei der Baureihe 1216 ein Umschalten nur im Stand möglich. Außerdem wechselt ja nicht nur das Stromsystem, sondern auch die Zugsicherung und die Bremsart.
Konkret läuft es am Brenner so ab: Etwa in der Mitte des Bahnsteigs befindet sich die Trennstelle zwischen dem österreichischen Wechselstrom und dem italienischen Gleichstrom. Die Lok bügelt bei der Einfahrt jeweils vor der Trennstelle ab und rollt dann in den jeweils anderen Abschnitt. Nachdem der Zug zum Stillstand gekommen ist, schaltet der ankommende Tf die "eigene" Zugsicherung aus und übergibt an den neuen Tf, welcher die Lok auf das "neue" Stromsystem umschaltet und die "eigene" Zugsicherung einschaltet. Währenddessen wird an den Wagen die Bremsart umgestellt. Nachdem das alles passiert ist, wird die Lok wieder aufgerüstet und der Zug kann, da die Lok unter dem "neuen" Stromsystem zum Stehen gekommen ist, ohne Rangiermanöver weiterfahren.
Dieser Vorgang nimmt durchaus 10 Minuten in Anspruch.
Der Bahnhof Brenner liegt größtenteils auf italienischem Staatsgebiet, nur ein kleiner Teil im Norden des Bahnhofs liegt in Österreich. Betrieblich ist er ein Bahnhof der RFI und mit italienischen Signalen ausgestattet. Die Bahnverwaltungsgrenze ist an der nördlichen Einfahrt in den Bahnhof noch auf österreichischem Staatsgebiet. Kleine Besonderheit: Die Einfahrsignale aus Richtung Österreich und die Ausfahrsignale in Richtung Österreich sind (obwohl italienische Signale!) mit PZB-Magneten ausgerüstet, da die Züge, die diese Signale passieren, von Österreich kommen bzw. nach Österreich fahren und daher PZB aktiviert haben.
Konkret läuft es am Brenner so ab: Etwa in der Mitte des Bahnsteigs befindet sich die Trennstelle zwischen dem österreichischen Wechselstrom und dem italienischen Gleichstrom. Die Lok bügelt bei der Einfahrt jeweils vor der Trennstelle ab und rollt dann in den jeweils anderen Abschnitt. Nachdem der Zug zum Stillstand gekommen ist, schaltet der ankommende Tf die "eigene" Zugsicherung aus und übergibt an den neuen Tf, welcher die Lok auf das "neue" Stromsystem umschaltet und die "eigene" Zugsicherung einschaltet. Währenddessen wird an den Wagen die Bremsart umgestellt. Nachdem das alles passiert ist, wird die Lok wieder aufgerüstet und der Zug kann, da die Lok unter dem "neuen" Stromsystem zum Stehen gekommen ist, ohne Rangiermanöver weiterfahren.
Dieser Vorgang nimmt durchaus 10 Minuten in Anspruch.
Der Bahnhof Brenner liegt größtenteils auf italienischem Staatsgebiet, nur ein kleiner Teil im Norden des Bahnhofs liegt in Österreich. Betrieblich ist er ein Bahnhof der RFI und mit italienischen Signalen ausgestattet. Die Bahnverwaltungsgrenze ist an der nördlichen Einfahrt in den Bahnhof noch auf österreichischem Staatsgebiet. Kleine Besonderheit: Die Einfahrsignale aus Richtung Österreich und die Ausfahrsignale in Richtung Österreich sind (obwohl italienische Signale!) mit PZB-Magneten ausgerüstet, da die Züge, die diese Signale passieren, von Österreich kommen bzw. nach Österreich fahren und daher PZB aktiviert haben.
Re: Systemwechsel am Brenner
Dann ist wohl die Prozedur viel komplizierter als zwischen Bad Schandau und Dečin. Zumindest der Wechsel der Stromsysteme geschieht dort ziemlich genau an der Grenze auf freier Strecke und während der Fahrt. Oder geschehen die anderen Anpassungen auf einem der Grenzbahnhöfe?
Re: Systemwechsel am Brenner
Das variiert, Deutschland/Belgien wird auch im Stand in Aachen gewechselt. Deutschland/Frankreich unterwegs. EDIT: Deutschland/Polen auch unterwegs. EDIT 2: Deutschland/Niederlande s.i.W. unterschiedlich, via Grenzbahnhof Emmerich durchfahren und Bad Bentheim im Stand.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Re: Systemwechsel am Brenner
Wie schon angedeutet kommt am Brenner auch noch die Umstellung der Bremsen dazu. In Deutschland und Österreich braucht der Zug die Magnetschienenbremse, damit er schneller als 140 km/h fahren darf. In Italien darf die Mg aber nicht benutz werden und muss daher am Brenner immer ein bzw. ausgeschaltet werden. Dazu muss schon mal jemand am ganzen Zug entlang gehen und an jedem Wagen den Hebel umstellen. Und zumindest nach dem Einschalten muss dann auch erst mal überprüft werden, ob das System auch funktioniert. Hier ist dann also eine Bremsprobe notwendig, obwohl sich die Zusammenstellung des Zuges gar nicht verändert.
Re: Systemwechsel am Brenner
Da wäre also mal eine europäische Vereinheitlichung fällig!
Immerhin geht es jetzt schon schneller als 1961, als ich als Kind das erste Mal über den Brenner fuhr. Damals wurden die Waggons für die 45minütige Passkontrolle sogar abgeschlossen! Das war die Zeit, in der in Südtirol die Separatisten die Hochspannungsmasten sprengten.
In Italien fuhren damals noch die urtümlichen Trifase-Lokomotiven mit zweifacher Oberleitung.
Immerhin geht es jetzt schon schneller als 1961, als ich als Kind das erste Mal über den Brenner fuhr. Damals wurden die Waggons für die 45minütige Passkontrolle sogar abgeschlossen! Das war die Zeit, in der in Südtirol die Separatisten die Hochspannungsmasten sprengten.
In Italien fuhren damals noch die urtümlichen Trifase-Lokomotiven mit zweifacher Oberleitung.
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Re: Systemwechsel am Brenner
Ist schon Wahnsinn wie primitiv es "im Westen" war

Dokumentarfilm 1992 (mit deutschen Untertiteln möglich).
Systemtrennstation Usunowo, Lokwechsel.
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Re: Systemwechsel am Brenner
Die UDSSR war aber ein Staat, und keine zwei mit unterschiedlichen Stromsystemen, Vorschriften, Sprachen usw.
Und schön, das du dir wegen Lokwechsel selbst widersprichst.
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Der mit dem Ölkännchen tanzt!
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Re: Systemwechsel am Brenner
Ja, aber das Prinzip ist das gleiche: Stromwechsel 3 kV = / 25 kV 50 Hz ~Auer Trambahner hat geschrieben: ↑03 Jun 2023, 10:43 Die UDSSR war aber ein Staat, und keine zwei mit unterschiedlichen Stromsystemen, Vorschriften, Sprachen usw.
Im Video wird gezeigt wie man das schnell machen kann, ohne Diesel- oder gar Dampfloks

P.S. Mit Zweisystem Loks geht es natürlich noch viel schneller.
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Re: Systemwechsel am Brenner
Seit wann geht Deutschland/Polen unterwegs? Kenne es im BWE nur mit 10-minütigem Halt in Frankfurt Oderbrücke (Betriebshalt), steht auch hier am Ende des Abschnittes "Geschichte": https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_F ... r%C3%BCcke.146225 hat geschrieben: ↑29 Mai 2023, 21:28 Das variiert, Deutschland/Belgien wird auch im Stand in Aachen gewechselt. Deutschland/Frankreich unterwegs. EDIT: Deutschland/Polen auch unterwegs. EDIT 2: Deutschland/Niederlande s.i.W. unterschiedlich, via Grenzbahnhof Emmerich durchfahren und Bad Bentheim im Stand.
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Re: Systemwechsel am Brenner
Keine Bange, der reine Spannungswechsel würde zwischen Österreich und Italien auch ohne Anzuhalten funktionieren. So wie in der UDSSR.Russischer Spion hat geschrieben: ↑03 Jun 2023, 15:10
Ja, aber das Prinzip ist das gleiche: Stromwechsel 3 kV = / 25 kV 50 Hz ~
Aber am Brenner wechseln nicht nur die Spannung, sondern auch die Zugleitsysteme. Das nationale italienische Zugleitsystem SCMT ist so gar nicht mit den Systemen in Deutschland und Österreich kompatibel, das macht den Systemwechsel aufwendig.
Das italienische Zugleitsystem SCMT benutzt neben Balisen auch die Gleise, um Informationen an Züge zu übertragen. Dabei werden verschiedene Wechselströme aus den Gleisen in den SCMT-Fahrzeugrechnern in Codes und Informationen umgewandelt.
Um das System nicht zu beeinflussen, müssen im Reiseverkehr am Brenner bei Fahrten in Richtung Italien die Magnetschienenbremsen ausgeschaltet werden. Dementsprechend müssen sie in die Gegenrichtung wieder eingeschaltet werden. Außerdem ist bei dem Wechsel der Zugleitsysteme eine Eingabe der Zugdaten und eine Prüfung der Funktion notwendig. Das sind ganz normale technische Notwendigkeiten, die nichts mit unmodern zu tun haben.
Wie sieht die Zukunft aus? Das europäische Zugleitsystem ETCS wurde unter anderem eingeführt, um diese Prozesse an den Landesgrenzen zu vereinfachen. Zumindest die Neubaustrecke des Brennerbasistunnels wird von Anfang an mit ETCS ausgerüstet sein. Der Basistunnel wird mit einer Fahrleitungsspannung von 25 KV 50 Hz AC ausgestattet, der Spannungswechsel erfolgt während der Fahrt. In Italien wird die bestehende Brennerstrecke schrittweise auf ETCS umgestellt. Das wird zwar eine Weile dauern, aber in ca. 20 Jahren wird sicher durchgehend von München bis Venedig oder Mailand mit ETCS gefahren. Bis zum Deutschlandtakt im Jahr 2070 dauert es noch viel länger.

Re: Systemwechsel am Brenner
Das Umstellen der Bremsen bei jedem einzelnen Wagen am Brenner habe ich auch schon beobachtet. Weiss jemand, wie es bei der Verbindung Wien-Venedig beim Railjet in Tarvisio vor sich geht, denn da ist der Aufenthalt ja meist geringer als die 15 Min. am Brenner? Hat da auch jeder Wagen einen Hebel, oder wird das zentral aus der Lok umgeschaltet?mapic hat geschrieben: ↑29 Mai 2023, 22:36 Wie schon angedeutet kommt am Brenner auch noch die Umstellung der Bremsen dazu. In Deutschland und Österreich braucht der Zug die Magnetschienenbremse, damit er schneller als 140 km/h fahren darf. In Italien darf die Mg aber nicht benutz werden und muss daher am Brenner immer ein bzw. ausgeschaltet werden. Dazu muss schon mal jemand am ganzen Zug entlang gehen und an jedem Wagen den Hebel umstellen. Und zumindest nach dem Einschalten muss dann auch erst mal überprüft werden, ob das System auch funktioniert. Hier ist dann also eine Bremsprobe notwendig, obwohl sich die Zusammenstellung des Zuges gar nicht verändert.
Re: Systemwechsel am Brenner
Wie wird es dann laufen wenn der Brennerbasistunnel fertig ist? Gut, sind ja noch ca. 10 Jahre bis dahin...aber man muss sich ja darüber Gedanken gemacht haben.
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Re: Systemwechsel am Brenner
Bis dahin fahren alle Züge mit eingebauter Wärmepumpe.
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Re: Systemwechsel am Brenner
Der Tunnel soll durchgängig mit 25kV/50Hz elektrifiziert sein, d.h. Systemwechsel in Österreich wohl direkt nach dem Bahnhof Innsbruck und vermutlich ETCS-typisch während der Fahrt: https://de.wikipedia.org/wiki/Brennerba ... ahntechnik
Re: Systemwechsel am Brenner
Das Umstellen der Bremsen bei jedem einzelnen Wagen am Brenner habe ich auch schon beobachtet. Weiss jemand, wie es bei der Verbindung Wien-Venedig beim Railjet in Tarvisio vor sich geht, denn da ist der Aufenthalt ja meist geringer als die 15 Min. am Brenner? Hat da auch jeder Wagen einen Hebel, oder wird das zentral aus der Lok umgeschaltet?
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Weiss jemand, wie das beim Railjet in Tarvisio funktioniert?
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Re: Systemwechsel am Brenner
Nageh, die 200 Meter schafft man auch in halbwegs unmotiviertem Tempo locker in den 8-9 Minuten Aufenthalt?
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Re: Systemwechsel am Brenner
Das war auch den gespannten Beziehungen zu verdanken. Zwischen .de und .fr ging es schon von Anfang an in freier Fahrt.Russischer Spion hat geschrieben: ↑03 Jun 2023, 01:39 Ist schon Wahnsinn wie primitiv es "im Westen" war... In der UdSSR gab es schon in den 60-ern Systemtrennstationen.
Re: Systemwechsel am Brenner
Deshalb fährt der HGV in Italien ausschließlich unter ETCSMatthias1044 hat geschrieben: ↑27 Jun 2023, 22:48
Das italienische Zugleitsystem SCMT benutzt neben Balisen auch die Gleise, um Informationen an Züge zu übertragen. Dabei werden verschiedene Wechselströme aus den Gleisen in den SCMT-Fahrzeugrechnern in Codes und Informationen umgewandelt.