ETCS Level 3: Fahren im absoluten Bremswegabstand

Rund um die Technik der Bahn
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josuav
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Beitrag von josuav »

Funktionsweise ETCS Level 3

Bei ETCS Level 3 wird auf eine klassische, ortsfeste Gleisfreimeldung (mit Gleisstromkreisen oder Achszählern) verzichtet. Die Streckenzentrale, in der Stellwerk und RBC integriert sind, kontrolliert hier fließend die Abstände der Züge. Dadurch sind die Züge unabhängig von definierten Blockabschnitten und können so geschwindigkeitsabhängig dichter hintereinander geführt werden (bis hin zum Fahren im absoluten Bremswegabstand).
(Wikipedia)

Was heißt "Fahren im absoltuem Bremswegabstand" ?
Heißt das , dass zum Beispiel ein Zug mit 160 km/h in 1000m Abstand hinter einem zweiten fahren kann und wenn er langsamer ist noch dichter?
Gibts das bei LZB auch schon?

Wieso werden neue Strecken für ETCS Level 2 und nicht Level 3 geplant, obwohl das so wie ich es verstanden habe besonders für den Güterverkehr große Vorteile brächte? :unsure:
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

josuav @ 24 Feb 2008, 13:08 hat geschrieben: Was heißt "Fahren im absoltuem Bremswegabstand" ?
Heißt das , dass zum Beispiel ein Zug mit 160 km/h in 1000m Abstand hinter einem zweiten fahren kann und wenn er langsamer ist noch dichter?
Genauso ist es.
Gibts das bei LZB auch schon?
Wäre theoretisch möglich (hat man schon bei der LZB der S-Bahn-Stammstrecke geplant - und nein, ich meine nicht die jetzige, sondern die von 1972, ob man es nur geplant oder auch gebaut hat habe ich aber leider noch nicht rausgefunden). Die Nürnberger U-Bahn bekommt das ganze jetzt mit dem System LZB, allerdings ist die U-Bahn-LZB technisch kaum mit der Bahn-LZB vergleichbar.
Wieso werden neue Strecken für ETCS Level 2 und nicht Level 3 geplant, obwohl das so wie ich es verstanden habe besonders für den Güterverkehr große Vorteile brächte?  :unsure:
Das System ist so nicht so ganz leicht - ein Problem ist, dass der Zug seinen Standort dabei selber feststellen und an die Strecke senden muss - diese Eigenortung muss also ausreichend gut funktionieren. Dann können so ein System natürlich nur Züge nutzen, die damit ausgerüstet sind - wenn man auch will dass nicht ausgerüstete Züge drüber können, braucht man zusätzlich auch noch die konventionelle Gleisfreimeldung, hat hier also keine Einsparung.

Das größte Problem ist die technische Ausrüstung der Züge selber. Es reicht dabei nicht, in die Lok ein Gerät einzubauen:
Bei der herkömmlichen Gleisfreimeldung wird von Seiten der Strecke festgestellt, ob ein Zug den Abschnitt vollständig verlassen hat. Bei älteren Stellwerken durch den Fahrdienstleiter/Weichenwärter durch hinschauen, ob der Zugschluß gesteckt ist/leuchtet, bei neueren Stellwerken durch die selbsttätige Gleisfreimeldung. Wenn ein Wagen unterwegs verloren geht bleibt die Strecke besetzt. Wenn man keine orstfeste Gleisfreimeldung hat, ist das natürlich nicht mehr möglich - hier muss der Zug selber durchgehend überprüfen, ob er noch komplett ist. Bei Triebwagen geht das relativ einfach, die neueren sollten das von Haus aus können - aber bei nem Güterzug stellt das ein ernsthaftes Problem dar - da müssten alle Wagen mit diesem System ausgestattet sein - heutzutage haben diese Wagen in der Regel keinerlei Technik von der Luftbremse abgesehen.

Das ganze ist halt eine erhebliche Umstellung, die nicht so leicht zu stemmen ist. Letztlich dürfte es aber egal sein - die Hochrüstung von Level 2 auf Level 3 dürfte in erster Linie ne Softwaresache sein - die dafür nötige Streckentechnik für die Kommunikation Zug - Radio Block Center existiert ja eh.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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josuav
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Beitrag von josuav »

Ah, danke. :)

Kann man nicht Achszähler auf die Strecke bauen? Wie viel kostet denn in etwa ETCS, würd es sich lohnen, alle Hauptbahnen damit auszurüsten?
Es ist nämlich ziemlich bescheuert bei der nomalen PZB, dass wenn ein Zug losgefahren ist die S-Bahn 4 Minuten warten muss usw... ;)
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Beitrag von ET 423 »

josuav @ 24 Feb 2008, 13:40 hat geschrieben: Es ist nämlich ziemlich bescheuert bei der nomalen PZB, dass wenn ein Zug losgefahren ist die S-Bahn 4 Minuten warten muss usw... ;)
In der Tat. Aber schon eine Ausrüstung einer Strecke mit LZB kostet Millionen (je nach Länge natürlich *g*), von daher wird das nur dort gemacht, wo es sich rentiert. Dieses sinnlose ETCS kostet noch ein Vielfaches mehr, davon kannste ausgehen. :)
Ich schaue weg, weil mir hier Einiges nicht paßt.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

josuav @ 24 Feb 2008, 13:40 hat geschrieben: Kann man nicht Achszähler auf die Strecke bauen?
Kann man schon - nennt sich dann halt ETCS Level 2 :-)
Wie viel kostet denn in etwa ETCS, würd es sich lohnen, alle Hauptbahnen damit auszurüsten?
Langfristig wirds kommen - aber halt sehr langfristig. Nur durch ETCS wird die Strecke ja auch nicht leistungsfähiger, das Stellwerk muss das schon auch unterstützen, bei Level 3 darf man vermutlich auch das Stellwerk neu bauen - und damit wird es sehr teuer. Level 2 und längerfristig Level 3 würde ich momentan nur bei Schnellfahrstrecken und sehr stark befahrenen Strecken erwarten, die Ottonormalhauptbahn dagegen dürfte denke ich in der Regel ETCS Level 1 erhalten - das ist dann auch kompatibel zu bestehenden Sicherungstechnik.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von dochnochmal »

Boris Merath @ 24 Feb 2008, 13:33 hat geschrieben:Das System ist so nicht so ganz leicht - ein Problem ist, dass der Zug seinen Standort dabei selber feststellen und an die Strecke senden muss - diese Eigenortung muss also ausreichend gut funktionieren.
Die Ortung der Züge stellt aber kein Problem dar. Bereits bei der heute üblichen LZB ist die Ortung auf 12,5 m (Feinortunterteilung) möglich und arbeitet zuverlässig. Während bei LZB die Synchronisation der Wegmessung und damit der Ortung durch die Linienleiterkreuzungen (Groborte) erfolgt, geschieht diese Synchronisation bei ETCS mittels nicht schaltbaren Balisen. Die eigentliche Ortung erfolgt dann durch Wegimpulsgeber (Odometer) und eine Radar-Wegmesseinrichtung. Es ist damit also möglich die Position und Geschwindigkeit relativ zu den festen Balisen der Streckeneinrichtung zu ermitteln.
Boris Merath @ 24 Feb 2008, 13:33 hat geschrieben:Das größte Problem ist die technische Ausrüstung der Züge selber. Es reicht dabei nicht, in die Lok ein Gerät einzubauen: Bei der herkömmlichen Gleisfreimeldung wird von Seiten der Strecke festgestellt, ob ein Zug den Abschnitt vollständig verlassen hat. Bei älteren Stellwerken durch den Fahrdienstleiter/Weichenwärter durch hinschauen, ob der Zugschluß gesteckt ist/leuchtet, bei neueren Stellwerken durch die selbsttätige Gleisfreimeldung. Wenn ein Wagen unterwegs verloren geht bleibt die Strecke besetzt. Wenn man keine orstfeste Gleisfreimeldung hat, ist das natürlich nicht mehr möglich - hier muss der Zug selber durchgehend überprüfen, ob er noch komplett ist. Bei Triebwagen geht das relativ einfach, die neueren sollten das von Haus aus können - aber bei nem Güterzug stellt das ein ernsthaftes Problem dar - da müssten alle Wagen mit diesem System ausgestattet sein - heutzutage haben diese Wagen in der Regel keinerlei Technik von der Luftbremse abgesehen.
Das ist eigentlich das einzige Problem von ETCS Level 3 und auch der einzige Unterschied zu ETCS Level 2. Die Zugvollständigkeitsmeldung des Zuges muss fahrzeugseitig realisiert werden können. Dafür gibt es momentan wohl noch nicht wirklich brauchbare Verfahren. Ideen bisheriger Ansätze sind z.B. die Auswertung des HL-Druckes und eines plötzlichen Druckabfalles, der bei einer Zugtrennung ja entsteht oder aber eine funkgestützte Vollständigkeitsmeldung, die jedoch einen zusätzlichen Sender am letzten Fahrzeug erfordert.
Boris Merath @ 24 Feb 2008, 14:00 hat geschrieben:bei Level 3 darf man vermutlich auch das Stellwerk neu bauen - und damit wird es sehr teuer
Da kommst du auch bei Level 2 nicht wirklich drumherum. Die Zugvollständigkeitsmeldung allein ist ja nicht verantwortlich für den erforderlichen Stellwerksneubau. Und bis auf dieses "Feature" sind ETCS Level 2 und Level 3 ja gleich.
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Beitrag von Wittekind »

In welchem Abstand wird man bei ETCS denn die Balisen anbringen und welche, für die Bestimmung des Abstandes zwischen den Zügen, maßgebliche Genauigkeit erreicht man dadurch?
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Beitrag von dochnochmal »

Wittekind @ 24 Feb 2008, 16:00 hat geschrieben:In welchem Abstand wird man bei ETCS denn die Balisen anbringen und welche, für die Bestimmung des Abstandes zwischen den Zügen, maßgebliche Genauigkeit erreicht man dadurch?
Die Genauigkeit der Ortung ist mehr von der Wegmessung im Fahrzeug, als von den Balisenabständen abhängig. Unter ungünstigsten Verhältnissen (starkes Schleudern oder Gleiten) rechnet man mit einem Fehler von 3%. Dieser größte anzunehmende Fehler wird bei den Fahraufträgen natürlich bereits berücksichtigt. In welchem Abstand die Balisen genau liegen, lässt sich schwer sagen. Es gibt ja die unterschiedlichsten Balisen. So können es auch Balisengruppen (Hauptbalisengruppe) sein oder Balisen, die weitere Informationen übertragen (z.B. Infillbalisen oder Systemwechselbalisen). Diese liegen dann natürlich an dem Punkt, wo die Information relevant ist. Zusätzlich gibt es dann eben noch die Positionierungsbalisen. Es gibt also keinen festen Balisenabstand. Dies ist auch gar nicht notwendig, da die Balisen - auch die fest programmierten Positionierungsbalisen - ja eine genaue Ortsangabe enthalten können. Beim bisherigen System LZB mussten die Kreuzungsstellen wirklich alle 100 m sein, da ja nur die Information "hier ist wieder eine Kreuzungsstelle" 'übertragen' wurde und das Fahrzeuggerät die Kreuzungsstellen aufzählen musste. Mit einer Balise kann ich aber auch die Information "ich bin ein Balise im km 12,345" übermitteln. Als Maßstab der Zahl der Balisen vielleicht einmal das Beispiel Nordteil der deutschen ETCS Teststrecke (Level 2). Hier sind im Bereich des RBC Jüterbog auf einer Streckenlänge von 40 km 250 Balisen verbaut.
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Beitrag von Auer Trambahner »

dochnochmal @ 24 Feb 2008, 15:46 hat geschrieben: Ideen bisheriger Ansätze sind z.B. die Auswertung des HL-Druckes und eines plötzlichen Druckabfalles, der bei einer Zugtrennung ja entsteht oder aber eine funkgestützte Vollständigkeitsmeldung, die jedoch einen zusätzlichen Sender am letzten Fahrzeug erfordert.
Wärs nicht (mal ganz uningeniös ausgedrückt) am einfachsten, ein zweiadriges Kabel zu verlegen,
das dann mittels Schalter im ersten und letzten Wagen eine Schleife bildet?
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Vorweg, von Bahntechnik habe ich wirklich keinen blassen Schimmer. Trotzdem möchte ich hierzu eine Frage stellen.

In unserem Unternehmen ist jedes Fahrzeug mit einem GPS-System ausgerüstet und damit jederzeit ortbar. Wäre ein solches System auch für die Ortung von Zügen und Güterwagen einsetzbar?
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Beitrag von dochnochmal »

Autobahn @ 24 Feb 2008, 17:10 hat geschrieben:In unserem Unternehmen ist jedes Fahrzeug mit einem GPS-System ausgerüstet und damit jederzeit ortbar. Wäre ein solches System auch für die Ortung von Zügen und Güterwagen einsetzbar?
Zu Ortungszwecken wo sich welcher Wagen befindet - z.B. als Info für den Kunden - macht man das bereits.
Für Sicherungszwecke ist GPS aber nicht zuverlässig genug. Was ist im Tunnel? Außerdem ist das System auch sehr ungenau. Und kann erschwerend zusätzlich noch ungenauer gemacht werden, wenn es Amerika denn will...

Eine einfache zweiadrige Leitung als Schleife wäre sicher denkbar. Womit wir aber wieder beim Thema Ausrüstung von Güterwagen sind...
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Beitrag von Auer Trambahner »

Der Aufwand wird jeden Kostenwächter ins Wasser treiben. Du hast diverse Lücken im GPS-Signal spätestens sobald irgendein Dach oder Tunnel überm Empfänger ist. Dann hast auch noch das Positionsabweichungsproblem.
Sobald du also 100% Ortung willst muß ein DGPS-system her, oder du brauchst Backupsysteme die das ganze mehr oder minder ad absurdum führen.
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josuav
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Beitrag von josuav »

Auer Trambahner @ 24 Feb 2008, 16:55 hat geschrieben:
dochnochmal @ 24 Feb 2008, 15:46 hat geschrieben: Ideen bisheriger Ansätze sind z.B. die Auswertung des HL-Druckes und eines plötzlichen Druckabfalles, der bei einer Zugtrennung ja entsteht oder aber eine funkgestützte Vollständigkeitsmeldung, die jedoch einen zusätzlichen Sender am letzten Fahrzeug erfordert.
Wärs nicht (mal ganz uningeniös ausgedrückt) am einfachsten, ein zweiadriges Kabel zu verlegen,
das dann mittels Schalter im ersten und letzten Wagen eine Schleife bildet?
Genau, wieso nicht? :)
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Beitrag von ChoMar »

Also, es ginge hier da drum, JEDEN güterwagen auszurüsten. So einfach ist das nicht. Zumal das kabel ja nicht einfach nur klingeldraht ist, den man IRGENDWO lang legt, sondern der müsste schon geschützt sein. Ebenso die verbindungen zwischen den wagen etc.

Was noch? Ach ja, die Bremsleitung. (Die Luftleitung)
Die wird doch eh bei zugbremsung wirksam, is schon ne art klingeldraht, oder? Und da müsste man nur das Zugfahrzeug ausrüsten, das das ne Zugtrennung bei Abfall der Luftleitung meldet. SIcher, es würde den Sicherrheitsabstand vergrößern, aber das is ja nicht so schlimm.

Alternativ wäre nen ansetzbares zugtrennmeldeding vieleicht machbar. So wie jetzt die Schlussignalsteckblenden. Nur mit mehr Technik drin.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

ChoMar @ 24 Feb 2008, 21:14 hat geschrieben: Alternativ wäre nen ansetzbares zugtrennmeldeding vieleicht machbar. So wie jetzt die Schlussignalsteckblenden. Nur mit mehr Technik drin.
Nur woher weiß der letzte Wagen dass er vom Zug davor abgetrennt wurde? Einfach nur nen Funksender aufstecken geht da auch nicht, wenn dann müsste der Zugschlußerkenner ebenfalls die Balisen auswerten sowie eine Wegzählung haben, und dann sind wir schon wieder bei für Güterwagen eigentlich viel zu komplizierter Technik.
dochnochmal @ 24 Feb 2008, 15:46 hat geschrieben:Da kommst du auch bei Level 2 nicht wirklich drumherum. Die Zugvollständigkeitsmeldung allein ist ja nicht verantwortlich für den erforderlichen Stellwerksneubau. Und bis auf dieses "Feature" sind ETCS Level 2 und Level 3 ja gleich.
Doch, das ist ein wesentlicher Unterschied. ETCS Level 2 ist vom Prinzip her ja auch nichts anderes als die LZB, nur funkt man halt von Handymasten statt mim Linienleiter, und die Balisen ersetzen die Kreuzungen. Ich wüsste nicht was einen dran hindern sollte, ein ETCS Level 2 an ein Relaisstellwerk, oder von mir aus sogar an ein mechanisches Stellwerk zu hängen - ETCS muss halt vom Stellwerk die Signalstellungen abgreifen können, und das ist bei jeder Stellwerksbauform möglich. Gibt ja auch genug Stellwerke, die nachträglich mit LZB ausgerüstet wurden, Beispiele wären z.B. Allach und Dachau.

Wenn man weitere Funktionalitäten haben will, wie zum Beispiel Teilblöck, braucht man natürlich Anpassungen beim Stellwerk.

Bei Level 3 ist das etwas anders. Zum einen wird ja die ortsfeste - hier hat man schon die erste Änderung direkt am Stellwerk. Zum anderen ist die Frage in wie weit man ein Relaisstellwerk mit Moving-Block anfreunden kann. Möglich dürfte es mit einem Relaisstellwerk wohl schon sein - aber ich denke die dafür nötigen Verrenkungen dürften dann nicht mehr sinnvoll sein.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von dochnochmal »

Boris Merath @ 24 Feb 2008, 21:39 hat geschrieben:wenn dann müsste der Zugschlußerkenner ebenfalls die Balisen auswerten sowie eine Wegzählung haben, und dann sind wir schon wieder bei für Güterwagen eigentlich viel zu komplizierter Technik.
Wozu um alles in der Welt muss der Wagen wissen wo er ist? Es geht doch lediglich darum zu gewährleisten, dass der Zug vollständig ist oder - falls nicht - eine entsprechende Erkennung zu gewährleisten. Und eine Zugvollständigkeitskontrolle via Funk ist so abwegig nicht. In Amerika durchaus anzutreffen. Train Integrity Devices

Zum Stellwerk bei Level 2 zitiere ich einfach mal von DB Netz:

"Die Vergabe einer Fahrterlaubnis ist nicht mehr an Zielpunkte der Fahrstraßen gebunden, sondern der Fahrweg kann [...] in kleineren Einheiten vergeben und dadurch die Performance der Strecke, insbesondere in Bahnhöfen, erhöht werden. Der Einsatz von ETCS Level 2 setzt neue elektronische Stellwerke voraus."
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Beitrag von Boris Merath »

dochnochmal @ 24 Feb 2008, 22:24 hat geschrieben: Wozu um alles in der Welt muss der Wagen wissen wo er ist? Es geht doch lediglich darum zu gewährleisten, dass der Zug vollständig ist oder - falls nicht - eine entsprechende Erkennung zu gewährleisten. Und eine Zugvollständigkeitskontrolle via Funk ist so abwegig nicht.
Nur woher weiß der Wagen ob er noch am Zug hängt oder nicht? Man könnte natürlich mit Funklaufzeiten spielen, aber ob das so zuverlässig funktioniert?
In Amerika durchaus anzutreffen. Train Integrity Devices
Ich werd jetzt leider nicht so ganz schlau draus wie das funktioniert - nachdem auch weiter oben immer von GPS-gestützter Zugortung die Rede ist würd ich aber auch mal auf GPS tippen, oder hab ich da irgendwas überlesen?
Zum Stellwerk bei Level 2 zitiere ich einfach mal von DB Netz:

"Die Vergabe einer Fahrterlaubnis ist nicht mehr an Zielpunkte der Fahrstraßen gebunden, sondern der Fahrweg kann [...] in kleineren Einheiten vergeben und dadurch die Performance der Strecke, insbesondere in Bahnhöfen, erhöht werden. Der Einsatz von ETCS Level 2 setzt neue elektronische Stellwerke voraus."
Das ist ja schön wenn man den Fahrweg in kleineren Einheiten vergeben kann - aber man muss es nicht unbedingt. ETCS Level 2 mit Altbaustellwerken dürfte nur eine Sache des Wollens sein, nicht des Könnens. Wenn man als Dateneingang nur eine Netzwerkschnittstelle, aber keine digitalen I/O-Schnittstellen vorsieht geht es natürlich nicht. ETCS Level 2 ist unterm Strich aber dennoch nur eine LZB mit etwas anderen Übertragungstechnik - ein Zusammenarbeiten mit herkömmlichen Stellwerken müsste daher gehen. Oder fällt Dir irgendwas ein was einen daran hindern könnte?
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Beitrag von Didy »

Boris Merath @ 24 Feb 2008, 22:46 hat geschrieben: Nur woher weiß der Wagen ob er noch am Zug hängt oder nicht? Man könnte natürlich mit Funklaufzeiten spielen, aber ob das so zuverlässig funktioniert?
Auf der verlinkten Seite:
Integrity EOT (End of Train) monitors the brake pipe pression, universal coupling system fits all kinds of couplings
Ich könnte mir denken: Bremsleitungsdruck messen und der Lok per Funk mitteilen. Wenn das Ding einen Druckabfall funkt, die Lok aber weiß, daß nicht gebremst wurde, stimmt was nicht...
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Beitrag von Boris Merath »

Didy @ 25 Feb 2008, 00:17 hat geschrieben: Ich könnte mir denken: Bremsleitungsdruck messen und der Lok per Funk mitteilen. Wenn das Ding einen Druckabfall funkt, die Lok aber weiß, daß nicht gebremst wurde, stimmt was nicht...
Hm....stimmt, das hab ich überlesen. Bleibt nur die Frage ob der HLL-Druck ausreicht - bei der S-Bahn-LZB 1972 hat man sich ja gerade nicht auf die HLL verlassen, sondern auch eine elektrisches Zugschlußfeststellung eingebaut - zum Spaß wird man das nicht gemacht haben.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Boris Merath »

dochnochmal @ 24 Feb 2008, 22:24 hat geschrieben: "Die Vergabe einer Fahrterlaubnis ist nicht mehr an Zielpunkte der Fahrstraßen gebunden, sondern der Fahrweg kann [...] in kleineren Einheiten vergeben und dadurch die Performance der Strecke, insbesondere in Bahnhöfen, erhöht werden. Der Einsatz von ETCS Level 2 setzt neue elektronische Stellwerke voraus."
Warten wirs ab - das ganze widerspricht sich mit der "Übersicht ETCS-Strategie", nach der bis 2010 München - Nürnberg mit ETCS ausgestattet werden soll, was auch die Relaisstellwerke Dachau und Allach betrifft. Auch wenns vielleicht nicht unbedingt 2010 wird, sondern ein paar Jahre später, würde es mich doch wundern wenn man dort jetzt dann sofort ein ESTW baut, nachdem man diese Stellwerke gerade erst grundlegend saniert und mit LZB ausgestattet hat. Aber wir werdens sehen.
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Beitrag von josuav »

Hm, auf der Karte steht schon was von "Bestellungen bis 2009" und soweit ich weis bekommt M - N ETCS bis 2009, oder?
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Beitrag von ChoMar »

Naja, mit Funklaufzeiten spielen ist schon recht zuverlässig. (Mal angeschaut, wie GPS funktioniert? Signallaufzeit. Und mal die theoretische Genauigkeit angeschaut?)
Zusätzlich zur HLL-Prüfung dürfte das ein recht zuverlässiges System geben. Sicher, absoluten Bremswegabstand würde ich damit nicht fahren, aber doch zumindest recht dicht dran.
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Beitrag von Autobahn »

Boris Merath @ 24 Feb 2008, 22:46 hat geschrieben:Ich werd jetzt leider nicht so ganz schlau draus wie das funktioniert - nachdem auch weiter oben immer von GPS-gestützter Zugortung die Rede ist würd ich aber auch mal auf GPS tippen, oder hab ich da irgendwas überlesen?
Das System stützt sich tatsächlich auf GPS.

DAIKEN OBC2-ONBOARD COMPUTER
Daiken OBC2 is an innovative low cost system based on satellite positioning with features oriented to improve and control the engineer’s handling, automate the licensing process in dark territories and aggregate instruments in the locomotive’s cabin. The system also deploys radio, satellite and GPRS as a communication system.


Das System dürfte ähnlich wie bei unseren Fahrzeugen funktionieren. Der GPS-Empfänger ermittelt die Position, die durch Kalibrierung mit den Radumdrehungen und Lenkeinschlägen abgeglichen wird. Dadurch werden Fehler des Signals ausgeglichen. Die ermittelte Position wird ständig oder in Intervallen über die Mobilfunknetze an einen Server übertragen. Mit Hilfe spezieller Kartensoftware kann dort die Position exakt dargestellt werden.

Mit "dark territories" sind Tunnel und Taleinschnitte gemeint, in denen kein GPS-Signal zur Verfügung steht.
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Beitrag von dochnochmal »

Autobahn @ 25 Feb 2008, 08:46 hat geschrieben:Das System stützt sich tatsächlich auf GPS.

DAIKEN OBC2-ONBOARD COMPUTER
Das von dir genannte Teil ist aber nicht für die "end of train" Prüfung gedacht, sondern zur Verwendung auf der Lok.
Weiter unten geht es auf der Seite dann um EOT. Und dort wird - wie von Didy geschrieben - erwähnt, dass der Luftdruck ausgewertet wird.

Als unsicher sehe ich das nicht an. Eine Druckerfassung ist heute doch recht zuverlässig möglich und wird bereits auf anderen Gebieten der Eisenbahn angewendet. So messen Druckwiderstandsumformer bei Lokomotiven der Baureihenfamilie 143 den Vorsteuerdruck für die Bremszylinder und bilden daraus einen Sollwert für die elektrische Bremse. Seit Jahren zuverlässig und zugelassen. ;)

Und zu den Stellwerken... nun, ob es Sinn macht eine neue Zugsicherung auf alter Technik aufzubauen und damit alle Vorteile, die sich daraus ergeben, zunichte zu machen...
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Beitrag von Autobahn »

dochnochmal @ 25 Feb 2008, 10:31 hat geschrieben:Das von dir genannte Teil ist aber nicht für die "end of train" Prüfung gedacht, sondern zur Verwendung auf der Lok.
Habe ich so auch nicht gemeint. Und in wie weit ein solches System für den Bremswegabstand verwendet werden kann, kann ich nicht beurteilen. Auf diese Weise könnten aber Güterwagen schnell und sicher geortet werden, um z.B. die Ladung zu tracken. Durch ein solches Verfahren wird bei DHL, UPS usw. den Kunden die Möglichkeit gegeben, den Sendungsverlauf zu verfolgen. Aber das ist sicher ein anderes Thema.
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Beitrag von dochnochmal »

Autobahn @ 25 Feb 2008, 12:14 hat geschrieben: Auf diese Weise könnten aber Güterwagen schnell und sicher geortet werden, um z.B. die Ladung zu tracken. Durch ein solches Verfahren wird bei DHL, UPS usw. den Kunden die Möglichkeit gegeben, den Sendungsverlauf zu verfolgen. Aber das ist sicher ein anderes Thema.
Da kann ich dich beruhigen, das gibt es auch bei der Eisenbahn. ;)
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Wildwechsel
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Beitrag von Wildwechsel »

Muss denn wirklich der letzte Wagen selbst wissen, ob er noch am Zug dranhängt? Es müsste doch reichen, wenn die Lok weiß, wo ihr letzter Wagen gerade sein sollte (anhand ihres eigenen Standortes plus der Zuglänge wohl machbar), und wenn der letzte Wagen weiß, wo er wirklich gerade ist (Balisen auslesen) und dies kontinuierlich der Lok per Funk mitteilt.
Beste Grüße usw....
Christian


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Beitrag von Cloakmaster »

Wenn man das so liest, könnte der Verdacht aufkommen, daß die Bahn ständig und immer wieder einige Waggons unterwegs verliert... je, wo laufen sie denn...??
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Beitrag von Autobahn »

dochnochmal @ 25 Feb 2008, 12:24 hat geschrieben:Da kann ich dich beruhigen, das gibt es auch bei der Eisenbahn. ;)
Ich war auch gar nicht beunruhigt. ;)
Wenn man das so liest, könnte der Verdacht aufkommen, daß die Bahn ständig und immer wieder einige Waggons unterwegs verliert... je, wo laufen sie denn...??
Das wäre in der Tat bedenklich.
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Beitrag von Boris Merath »

Wildwechsel @ 25 Feb 2008, 14:51 hat geschrieben: und wenn der letzte Wagen weiß, wo er wirklich gerade ist (Balisen auslesen) und dies kontinuierlich der Lok per Funk mitteilt.
Nur woher weiß der letzte Wagen das? Dass der letzte Wagen die Balisen ausließt und auch noch eine Wegmessung drinhat mag für Triebzüge realisierbar sein, aber nicht für Güterwagen - statte mal jeden Güterwagen mit sowas aus....
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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