Allgemeine Technikfragen

Rund um die Technik der Bahn
Antworten
Benutzeravatar
Iarn
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 24282
Registriert: 20 Jul 2007, 13:22

Beitrag von Iarn »

Ich hoffe es gibt noch keinen Thread für Allgemeines, SuFu hat dazu nichts ausgespuckt, genausowenig wie für "Schutzweiche".
Ich hätte mal ne Frage zu einer Weiche, sie befindet sich am Ostkopf des Bahnhofs MBAU, Gleisplan gibts bei Ropix oder Sat Bild bei Google Maps. Westlich des Mittelgleises befindet sich ne Abstellung für einen 423 Vollzug (?) aber am Ostende des Bahnhofs gibt es eine Weiche zu einem sehr kurzen Stumpfgleis.

Ist das eine Schutzweiche oder welchen Zweck erfüllt diese Weiche?

Also bisher dachte ich Schutzweichen wären an Einmündungen zu Schnellfahrtstrecken aufgebaut um ein Einfahren eines Zuges durch einen Einfachfehler auf eine SFS zu vermeiden. Nun ist die Strecke keine SFS, aber das Gleis ist in meinen Augen zu kurz um einen anderen Sinn zu ergeben.
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
Nicht zu verwechseln mit der Populären Front
Benutzeravatar
Froschkönig
Haudegen
Beiträge: 683
Registriert: 03 Nov 2002, 13:37
Wohnort: München

Beitrag von Froschkönig »

Ich schätze, du meinst ein Ausziehgleis.
Sowas gibt es recht oft in Bahnhöfen und verhindert Flankenfahrten, weil die davor liegende Weiche bei Signalhalt in Richtung des Ausziehgleises gestellt ist.
Auf diese Weise ist vor vielen Jahren in Dachau mal ein 420er in einem Vorgarten gelandet.
Benutzeravatar
Iarn
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 24282
Registriert: 20 Jul 2007, 13:22

Beitrag von Iarn »

Danke, also ist das doch eine Schutzweiche oder?
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
Nicht zu verwechseln mit der Populären Front
ChristianMUC

Beitrag von ChristianMUC »

Ja, ist ein Stumpfgleis zum Flankenschutz.
In dieser Art auch zu finden in Mammendorf, Maisach, Olching (bei den drei wird es im Zuge des Ausbaus verschwinden oder ist schon weg), Allach (Gleise 3,5,7), Dachau (Gleis 7 beidseitig), Röhrmoos (Gleis 2 beidseitig), Petershausen (Gleis 1 und 4 Nordseite), Feldmoching (Nordende Gleis 4), Freising (ehemals Gleis 5 beidseitig, mit ESTW-IB rückgebaut), Johanneskirchen (Gleis 3 nördlich) und Großhesselohe Isartalbahnhof (Gleis 203 nördlich).
Guido
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4177
Registriert: 24 Jan 2004, 20:03
Wohnort: München / Berlin

Beitrag von Guido »

Also ich will mich ja jetzt nicht festnageln, aber bei Cargo - also im Güterverkehr - und auch vor meiner aktiven Eisenbahnzeit habe ich mal gelernt, daß ein Ausziehgleis ein Gleis ist, auf das man mit einer Rangierfahrt hinausziehen kann um dann in den Bahnhof wieder rein zu scheiben, sowas wie z.B. in Riem neben der S-Bahntrasse Richtung Feldkirchen liegt. Diese sehr kurze Form so wie es z.B. an der beschrieben Stelle in Buchenau der Fall ist kenne ich unter dem Begriff Ausfallgleis, welches lediglich die Funktion hat eine Fahrstraße gegen eine Flankenfahrt zu schützen, nicht aber die Möglichkeit bietet dort wirklich mit einem Schienenfahrzeug rein zu fahren oder gar abzustellen, was auf einem Ausziehgleis durchaus möglich ist. Diese Schutzweiche nennen Alteisenbahner deshalb manchmal auch "Ausfallweiche", falls jemand also mal den Begriff hört, weiß er was gemeint ist.


Boah, eigentlich ja 'nen heißes Eisen, einen Ausbilder zu korrigieren, ich hoffe Du bist mir nicht böse. So hab ich das zumindest mal gelernt, von Alteisenbahnern (u.a. meinem Vater, der 45 Jahre bei der Eisenbahn war), was ja nicht heißt das es 100% richtig sein muß.
Gruß, Guido

Tf bei der S-Bahn München
[img]http://www.eisenbahner-online.de/420-423.gif[/img]

Hinweis: Der obenstehende Beitrag spiegelt - sofern nicht anders gekennzeichnet - ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wider.
Benutzeravatar
Iarn
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 24282
Registriert: 20 Jul 2007, 13:22

Beitrag von Iarn »

Danke für die Antworten, wann ist denn Flankenschutz vorgeschrieben? Bisher dachte ich, dass wäre nur auf Schnellfahrtstrecken vorgeschrieben.
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
Nicht zu verwechseln mit der Populären Front
ChristianMUC

Beitrag von ChristianMUC »

Flankenschutz an sich regelt die EBO in §14:
-EBO\ @ 19.03.2008, 00:00 hat geschrieben:Für Reisezüge (auf Nebenbahnen: Reisezüge, die mit mehr als 50 km/h fahren,) sind Flankenschutzvorkehrungen zu treffen.
Der Flankenschutz für Gleise, die mit mehr als 160 km/h befahren werden, muß in Bahnhöfen und auf Anschlußstellen durch Schutzweichen gewährleistet sein.
Dieser Flankenschutz kann bei der DB lt. Ril 408.0121 wie folgt sichergestellt werden:
-Ril 408\ @ 14.12.2008, 00:00 hat geschrieben:Flankenschutzeinrichtungen sind signaltechnische Einrichtungen, die Fahrten auf
Fahrstraßen gegen Fahrzeugbewegungen schützen. Zu den Flankenschutzeinrichtungen
gehören Weichen, Gleissperren, Sperrsignale, Hauptsignale ohne Signal
Zs 103, Signale Ra 11 (DS 301) mit Lichtsignal Sh 1, sofern technisch ausgeschlossen
ist, dass das Signal Sh 1 erteilt werden kann, solange das Wartezeichen als
Flankenschutz für eine Zugfahrt dient, und Signale Ra 11 a (DV 301).
ET 423
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 13072
Registriert: 23 Okt 2002, 12:34

Beitrag von ET 423 »

Iarn @ 5 Jan 2009, 18:26 hat geschrieben:Bisher dachte ich, dass wäre nur auf Schnellfahrtstrecken vorgeschrieben.
Ist gar nicht mal so falsch. ;) Um das Ganze zu erklären, bedarf es erstmal der Klärung, was Flankenschutz so gesehen bedeutet. Flankenschutz ist nicht nur der mechanische Flankenschutz (sei dies durch die hier angesprochene Weiche, die sich Schutzweiche nennt, oder auch eine Gleissperre), sondern auch der mit Signalen, also Hauptsignale, Lichtsperrsignale, usw.. Letztere bieten quasi indirekten Flankenschutz, da sie ja beachtet werden müssen (und unter Umständen mißachtet werden könnten...) und somit keinen 100%igen Schutz bieten. 100%igen Schutz bietet hingegen der mechanische Flankenschutz und dieser ist bei Streckengeschwindigkeiten >160km/h vorgeschrieben, da der Schutz durch den indirekten Flankenschutz nicht mehr ausreichend ist.
Ich schaue weg, weil mir hier Einiges nicht paßt.
Benutzeravatar
Iarn
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 24282
Registriert: 20 Jul 2007, 13:22

Beitrag von Iarn »

Ok danke, dann habe ich das glaube ich doch richtig verstanden. Flankenschutz ist ab 50 km/h (also fast immer) vorgeschrieben, aber ab 160 km/h braucht man zwingend einen mechanischen Flankenschutz als Zusatzmassnahme (das was ich mit Vermeidung der Einfahrt durch einen Einfachfehler meinte). Folglich kann es bei SFS erst bei einem Doppelfehler (gestörtes Signal plus gestörte Schutzweiche) zu einem katastrophalen Zwischenfall (Flankenfahrt bei bei über 160 km/h kommen). Habe ich das so halbwegs richtig ausgedrückt?
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
Nicht zu verwechseln mit der Populären Front
ChristianMUC

Beitrag von ChristianMUC »

Ja, richtig. Und diese 160 wurden erst vor ein paar Jahren geändert - zuvor waren es mal 120 km/h, aus dieser Zeit stammen die diversen Weichen im Großraum München...
Benutzeravatar
Froschkönig
Haudegen
Beiträge: 683
Registriert: 03 Nov 2002, 13:37
Wohnort: München

Beitrag von Froschkönig »

Guido @ 5 Jan 2009, 18:21 hat geschrieben:Diese sehr kurze Form so wie es z.B. an der beschrieben Stelle in Buchenau der Fall ist kenne ich unter dem Begriff Ausfallgleis, welches lediglich die Funktion hat eine Fahrstraße gegen eine Flankenfahrt zu schützen, nicht aber die Möglichkeit bietet dort wirklich mit einem Schienenfahrzeug rein zu fahren oder gar abzustellen, was auf einem Ausziehgleis durchaus möglich ist.
Boah, eigentlich ja 'nen heißes Eisen, einen Ausbilder zu korrigieren, ich hoffe Du bist mir nicht böse. So hab ich das zumindest mal gelernt, von Alteisenbahnern (u.a. meinem Vater, der 45 Jahre bei der Eisenbahn war), was ja nicht heißt das es 100% richtig sein muß.
Och mei, ich bin ja erstens nicht Gott und zweitens kein Gleisbauingenieur
und darum können wir deine Erklärung einfach mal so stehen lassen, die klingt auch besser als meine! B)
ropix
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14149
Registriert: 14 Apr 2004, 09:55
Wohnort: Überm großen Teich: Zumindest kann man mit der MVG gemütlich hinschippern
Kontaktdaten:

Beitrag von ropix »

Iarn @ 5 Jan 2009, 19:00 hat geschrieben: Folglich kann es bei SFS erst bei einem Doppelfehler (gestörtes Signal plus gestörte Schutzweiche) zu einem katastrophalen Zwischenfall (Flankenfahrt bei bei über 160 km/h kommen). Habe ich das so halbwegs richtig ausgedrückt?
Ähm - eigentlich nein. Zu dem katastrophalen Zwischenfall kann es so noch nicht kommen. Dazu bräuchte man ja schon zwei fahrende Züge, und die bekäme man im Falle eines kaputten Signals und einer kaputten Weiche nur noch auf schriftlichen Befehl (meinetwegen auch Ersatz/Vorsichtssignal) in den Bahnhof. Das wäre dann aber sicher gegen irgendeine Richtlinie die vorschreibt welche Einfahrten gleichzeitig überhaupt zugelassen sind. Und mit Vmax max. 40. Die LZB macht da aber ganz sicher nicht mit (es sei denn die ist auch noch gestört).

Und wenn jetzt schon 4 Sachen schief gegangen sind, dann ist das doch sehr sehr sehr unwahrscheinlich.
-
Benutzeravatar
Luchs
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2021
Registriert: 07 Apr 2007, 11:33
Wohnort: München

Beitrag von Luchs »

Ehm, bei einer gestörten Weiche wird im Zweifelsfall erst einmal gar nicht mehr gefahren - bis geklärt ist ob und in welcher Richtung sie noch sicher befahren werden kann; sie kann ja nicht in Endlage liegen und verriegelt sein.

Zur Frage von Schutzweichen nur bei SFS: man muss sich einfach die dort gefahrenen Geschwindigkeiten und damit verbundenen Bremswege vorstellen, um festzustellen, dass diese nur ein ganz, ganz kleiner Baustein zur Sicherheit sein können. Ganz anders auf einfachen Bahnhöfen, wo mit < 30 kim/h rangiert wird oder z.B. ein Wagen nicht richtig gesichert ist und losrollt.

Luchs.
ropix
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14149
Registriert: 14 Apr 2004, 09:55
Wohnort: Überm großen Teich: Zumindest kann man mit der MVG gemütlich hinschippern
Kontaktdaten:

Beitrag von ropix »

Luchs @ 6 Jan 2009, 10:31 hat geschrieben: Ehm, bei einer gestörten Weiche wird im Zweifelsfall erst einmal gar nicht mehr gefahren - bis geklärt ist ob und in welcher Richtung sie noch sicher befahren werden kann; sie kann ja nicht in Endlage liegen und verriegelt sein.
Was bei einer Weiche die nicht im Fahrweg liegt aber vielleicht nicht so schlimm ist, da sowieso auf Befehl gefahren wird und die Weiche im Zweifelsfalle hinter einem roten/gestörten Signal liegt.

Andersrum - sollte schon so viel gestört sein, da hast du aber recht, wird im Zweifelsfalle wohl gar nicht mehr gefahren, eventuell lässt man einen Zug aber sofern möglich vielleicht noch an einen Bahnsteig ranschleichen :)
-
Benutzeravatar
Boris Merath
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 16129
Registriert: 18 Nov 2002, 23:57
Wohnort: München

Beitrag von Boris Merath »

Luchs @ 6 Jan 2009, 10:31 hat geschrieben: Zur Frage von Schutzweichen nur bei SFS: man muss sich einfach die dort gefahrenen Geschwindigkeiten und damit verbundenen Bremswege vorstellen, um festzustellen, dass diese nur ein ganz, ganz kleiner Baustein zur Sicherheit sein können. Ganz anders auf einfachen Bahnhöfen, wo mit < 30 kim/h rangiert wird oder z.B. ein Wagen nicht richtig gesichert ist und losrollt.
Die Schutzweiche schützt aber die Schnellfahrten vor auf den nichtdurchgängigen Hauptgleisen losfahrenden Zügen - und nicht die anderen Züge vor den Schnellfahrten.

Grund dürfte daher weniger der Bremsweg sein als vielmehr dass bei so hohen Geschwindigkeiten die Auswirkungen eines UNfalls deutlich höher wären.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
Antworten