Larry Laffer @ 19 Sep 2007, 18:29 hat geschrieben: vielleicht sollte man das ganze auch mal aus der anderen Perspektive betrachten: Die DB Station & Service ist eine AG und hat die Anweisung, betriebswirtschaftlich zu arbeiten. Das heißt sie muss überall wo sie investiert, auch wieder die Kosten plus einen Gewinn raus bekommen. Dummerweise ist aber das Aufgabengebiet der Station & Service aber keineswegs so lukrativ, als dass man da groß Geld verdienen könnte. Insbesondere die alten Bahnhofsgebäude sind eine finanziell nicht so einfach zu halten bzw. zu sanieren. Jetzt könnte man behaupten, die Bahn hätte doch über die Jahre Rückstellungen für diese Gebäude machen können, wie jede andere Firma ja auch. Hat sie aber wahrscheinlich nicht, weil es sowieso aussichtslos war und ist, für alle Gebäude genug Geld zusammenzukratzen. Denn die Bahnhofsgebäude in ihrer Pracht, meist aus dem vorletzten Jahrhundert, sind so in der Form heute überflüssig. Für Bahnhofsbäckerei, Reisezentrum oder Reisebüro, kleine Läden u.ä. dürfte auch ein kleinerer, moderner Zweckbau genügen.
Wenn das Gebäude jedoch architektonisch und stadtplanerisch wertvoll ist, muss die Stadt sich halt finanziell beteiligen, das geht nun mal nicht anders. Sie kann entweder das Gebäude kaufen, sanieren und selbst vermieten oder aber mit DB Bahnhof & Bedienung einen Vertrag über gemeinsame Sanierung und Mietpreise aushandeln. Die Mietpreise kann man ja bis zu einem gewissen Jahr inflationsbereinigt festschreiben.
Sicher kann man Bauten, die für die heutige Zeit überdimensioniert sind, durch moderne Zweckbauten ersetzen. Nur hier stellt sich wieder die Frage, wer die bezahlen soll. Wird die DB Station&Service AG hier investieren? Man muß bedenken, daß so ein verfallenes Gebäude wie in Wuppertal-Vohwinkel regelmäßig Geld bringt, wenn auch nur kleine Summen.
Ich hätte ja gar nichts dagegen, wenn die Länder und Gemeinden die Bahnhöfe finanzieren, ich finde es nur dann schlimm, und ich glaube, daß wir uns dabei einig sind, wenn die Mehreinnahmen aus den von der öffentlichen Hand geschaffenen höheren Werten an eine börsennotierte Aktiengesellschaft gehen, so geht es nicht! Im konkreten Fall kann man ja gucken, wieviel das Bahnhofsgebäude noch wert ist und es dann an die Stadt Wuppertal oder das Land Nordrhein-Westfalen verkaufen. Was nicht geht, ist daß die Stadt Wuppertal oder das Land Nordrhein-Westfalen hier sehr viel Geld für die Sanierung bezahlen und die DB Station&Service AG es zu dem dann höheren Wert an private Investoren verkaufen. Das meine ich mit staatlicher Alimentierung privater Investoren.
Abellio Rail NRW GmbH gehört aber nicht Kommunen, sondern noch ganz anderen Leuten... Dass die NWB mehrheitlich zum Veolia-Konzern gehört, ist dir aber schon klar? Ich will ja nichts gegen diese "Public Private Partnership"-Projekte sagen, aber deswegen das Kommen der Stadtwerke zu verkünden halte ich für gewagt. Bundesweit werden Stadtwerke und städtische Liegenschaften sowohl veräußert (Freiburg, Leipzig, Dresden) als auch wieder angekauft bzw. vergrößert (weiß grad kein Beispiel außer Rastatt, der Städtetag hat aber ne Studie, könnte ja mal suchen...

).
Richtig, Abellio gehört nur teilweise der Stadt Essen, die Nordwestbahn nur teilweise der Stadt Osnabrück. Im Grunde wollte ich aber auf was anderes raus, auf Konzepte wie bei der Regio-Bahn, daß nämlich die öffentliche Hand wieder die Eisenbahninfrastruktur, insbesondere die für den Nahverkehr betreiben.
Übrigens wäre das auch nicht besser, wenn man das Netz in verschiedene selbstständige Regionalnetze zerschlagen würde, jedes hätte auf seinem Gebiet eine Monopolstellung.
Natürlich, deswegen ist es ja notwendig, daß die Eisenbahninfrastruktur vom Staat betrieben wird. Man privatisiert ja auch keine Straßen, und auch die Bundeswasserstraßen will niemand an die Börse bringen. Ich denke aber, daß es durchaus in Ordnung ist, wenn die Länder Einfluß auf die SPNV-Netze nehmen, wie das ja schon der Fall ist.
Hm, ich bin jetzt kein Gegner von marktwirtschaftlichen Mechanismen. Aber im Bereich von Verkehrsinfrastrukturen ist "Markt" immer vorsichtig zu genießen, im Bereich der Bahnhöfe gibt es überhaut keinen Markt (oder auf einer Seite nur einen Marktteilnehmer).
Ich bin sicher auch kein Kommunist

sondern ich halte die Idee der sozialen Marktwirtschaft nach wie vor für die beste Wirtschaftsform, die uns bislang eingefallen ist. Allerdings rede ich von einer sozialen Marktwirtschaft, die kein Selbstzweck ist, sondern von einer sozialen Marktwirtschaft, deren Aufgabe es ist, für das Gemeinwohl zu sorgen. Das heißt eben nicht, daß wir nur einen Nachtwächterstaat haben, sondern das heißt, daß der Staat seine Aufgaben wahrnimmt. In der Theorie der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik (die etwas anderes ist als die marktradikalen Forderungen, die hier gestellt werden) ist es eine der Hauptaufgaben des Staates, Infrastruktur vorzuhalten, und dazu gehört eben auch ein seriöser Eisenbahnbetrieb. Und wenn Firmen ans Straßennetz angeschlossen werden, gleichzeitig aber seit MORA C im großen Stil vom Schienennetz abgekoppelt werden, dann ist das nicht in Ordnung. Im Hochlohn- und Hochleistungsland Bundesrepublik Deutschland ist die Infrastruktur einer der wichtigsten Standortfaktoren. Das betrifft Hochgeschwindigkeitsinternetanschlüsse, die inzwischen nur noch da verfügbar sind, wo die Deutsche Telekom AG Geld verdienen kann, das gilt für zuverlässige Energiezufuhr (daß eben nicht ständig Stromausfall ist), das gilt aber auch für einen vernünftigen Eisenbahnbetrieb. Auch die Abschaffung des InterRegio, die dafür gesorgt hat, daß viele Mittelstädte ihren SPFV-Anschluß verloren haben, war in diesem Sinne ein Fehler. Die Wirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte beschränkt sich auf die Parole "Löhne runter", man glaubt, wir würden einen Lohnwettbewerb mit Bangladesch und einen Steuerwettbewerb mit Irland bestehen, so geht es nicht.
Anders sieht es übrigens bei Verkehrsflughäfen oder Seehäfen aus. Hier kann unter Umständen aufgrund der Flexibilität der Güter und Personen durch andere Verkehrsmittel auf Konkurrenzhäfen ausgewichen werden.
Richtig, das zeigt, daß die Verflechtung zwischen Infrastruktur und Rollmaterial bei der Eisenbahn besonders groß ist. Es gibt halt einen Unterschied, ob man mit einem LKW über eine Straße oder mit einem Zug über eine Schiene fährt.