Moin, Moin,Wildwechsel @ 27 May 2006, 23:13 hat geschrieben:Richtig, das ist dieser niedrige Hotelzug, bei dem sich jeder Wagen als "Komfort-"irgendwas bezeichnet. Die Wagen sind mit passiver Neigetechnik ausgestattet, und mehr als 140 täte denen auch sicherlich nicht besonders gut. Exakt in diesem Moment vor 2 Wochen habe ich mich in so einem Teil auf der Fahrt von Hamburg-Altona nach München Ost befunden, daher nutze ich die Gelegenheit hier für einen kleinen Abenteuerreise... äh TALGO-Bericht:
Also, während München ja am Ostbahnhof ein Autoreisezugterminal hat, gibt es in Hamburg-Altona zwar seitlich des Bahnhofs eine Autoabfertigung zum "Einchecken", wo man dann auch in einer Schlange wartet, bis man abgeholt und zum Zug begleitet wird. Aber ansonsten fährt man dann halt mit dem Auto mitten durch Bahnhofshalle. Für Leute, die noch nicht dort waren, man darf sich den Kopfbahnhof Hamburg-Altona etwa wie München Hbf vorstellen, nur kleiner und mit weniger Andrang. Man fährt also mit dem Auto seitlich von der Straße aus in die Bahnhofshalle rein (man stelle sich das in München vor) und bis zum Prellbock. Bis dahin sichern lediglich 2-3 Sicherheitsmenschen und ein paar provisorische Absperrungen die Fahrt. Dort steigt dann der Beifahrer aus, das Gepäck, das über Nacht im Zug benötigt wird, deponiert man am Bahnsteig. Dann gehts über eine Rampe auf den Autotransportwagen, wo man eingewiesen wird und das Fahrzeug mit sowas ähnlichem wie Keilen (und ggf. zusätzlich mit Sandsäcken !) festgelegt wird. Man klettert dann von dem Autotransportwagen runter auf den ganz normalen Bahnsteig, wo beispielsweise gerade am Gleis gegenüber die Fahrgäste in irgendeinen Regionalzug einsteigen und dumm rüberschauen.
Man geht dann zu dem in der Reservierung angegebenen Wagen, stellt fest, dass eh nur je Seite jeder zweite Wagen eine Tür hat, von denen auch noch nur jede zweite funktioniert, läuft also wieder zurück bis zu einer funktionierenden Tür, und dann den Zug durch bis zum gebuchten Abteil. Auf dem Weg dorthin befinden sich freilich ein paar Wagenübergänge der Marke "das Gepäck oder ich", die mit ihrer Breite schonmal darauf einstimmen, dass die Gepäckablage im Abteil nicht sehr viel größer ist als diejenige in einem DoSto.
Gut irgendwann will man dann also endlich sein Abteil betreten, sucht die Tür und merkt, dass man schon drinsteht, größer isses nämlich nicht: Stockbett, vielleicht 80 cm breit (hab's nicht nachgemessen), davor noch schätzungsweise 40 cm mal 1,80m Bewegungsfreiheit ("Geh mal ins Bett, damit ich meine Schuhe ausziehen kann" "Aber die hab ich doch selber noch kann, geh Du doch nochmal auf den Gang raus, dass ich meine Schuhe ausziehen kann"). Gut, wenn man dann das Piktogramm zum Treppeausklappen
begriffen hat, geht's ans Gepäck verstauen. Hier rächt sich die niedrige Wagenhöhe, denn bei normalen Schlafwagen hat man wenigstens reichlich Platz nach oben. Von der Breite sind die Ablagen so, dass man zwei nicht allzu große Gepäckstüche gerade so nebeneinander kriegt, von der Höhe her reichts mit etwas zusammendrücken gerade so, dass eine normale Reisetasche reingeht (knapp 30 cm hoch dürfte es da sein, und wenn sie da erstmal steht, kommt man nicht mehr an den Inhalt - toll). Achja, dafür gibt es ja noch einen weiteren Raum, die Naßzelle zu jedem Abteil. Zähneputzen mit Klodeckel in der Kniekehle geht noch recht gut, ans Duschen habe ich mich nicht herangewagt, dafür hätte ich mich mit meinen 1,75 m doch zu sehr unter den ganz an die Decke raufgefahrenen Brausekopf bücken müssen.
Es ist soweit, der Zug fährt ab. Dank der passiven Neigetechnik (= Zug pendelt in Kurven rein durch die Fliehkraft aus) schwankt der Zug mehr, als ich dieses nicht ganz kleine Schiff eineinhalb Wochen zuvor bei stolzer Windstärke 11 (= orkanartiger Sturm) im Nordatlantik zwischen den Färöern und Island erlebt habe. Hinzu kommt ein Sound, wie man ihn nur von Nostalgiefahrten in Donnerbüchsen erlebt. Dank mordsmäßiger Übermüdung habe ich dann doch immerhin von etwa Göttingen bis Würzburg schlafen können - immer schön mit einem nicht drosselbaren Luftstrom der Klimaanlage (ja, so gern ich die Dinger sonst habe) mitten im Gesicht. Und wenn man dann nachts mal runterkraxelt und während man auf der Leiter steht gerade ein Gegenzug kommt, dann hauts einen von der Leiter fast runter, da der schwingend aufgehängte Wagenkasten fröhlich einen unerwarteten Satz zur Seite macht. Technik, die begeistert.
Um nicht nur rumzumosern, hab ich aber doch auch noch was positives, nämlich das Frühstücksbuffet. Ein derart reichhaltiges Angebot trifft man selbst in etwas-mehr-Sterne-Hotels nur selten an, da war ich dann doch positiv beeindruckt - aber ansonsten froh, völlig gerädert endlich daheim zu sein.
Soweit also mein Talgo-Bericht. Ist sonst schonmal wer mit diesem Zug gefahren?
dem ganzen Bericht kann nur zustimmen!!! Ich bin am 26.06.07 von Bremen nach München gefahren und am 28.06.07 das ganze wieder zurück. Und das war das erste und auch gleich das letzte mal das ich mit dem Talgo gefahren bin. Ich hatte einen Sitzplatz resserviert und die ganze Nacht herschte eine Gereusch Kulisse die nicht zum aushalten war. Selbst ein 628 hört sich dann schon wieder besser an. Traurig auch das grundsätzlich keine Ansagen im Zug gemacht werden über eventuelle Verspätungen.
Mfg. Markus aus Achim, kbs: 380