ETCS Level 3: Fahren im absoluten Bremswegabstand

Rund um die Technik der Bahn
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

dochnochmal @ 25 Feb 2008, 10:31 hat geschrieben: Und zu den Stellwerken... nun, ob es Sinn macht eine neue Zugsicherung auf alter Technik aufzubauen und damit alle Vorteile, die sich daraus ergeben, zunichte zu machen...
Angesichts der Kosten für neue Stellwerke kann es schon Sinn machen, sofern man die Vorteile nicht unbedingt aus Kapazitätsgründen braucht. Ansonsten hätte man Dachau und Allach ja mit einem ESTW wkund CIR-Elke ausgestattet. UNd wenn es sich schon für die LZB scheinbar nicht rentiert hat, warum sollte es sich dann für ETCS lohnen?
Cloakmaster @ 25 Feb 2008, 15:18 hat geschrieben:Wenn man das so liest, könnte der Verdacht aufkommen, daß die Bahn ständig und immer wieder einige Waggons unterwegs verliert... je, wo laufen sie denn...??
Laufend vielleicht nicht, aber es kommt doch immer wieder vor. Ganz so irrelevant ist das ganze also nicht.

Das ist übrigends auch ein interessanter Aspekt zu ETCS Level 3 - freilaufende Wagen werden durch die ortsfeste Gleisfreimeldung erkannt und der Fdl kann ggf. noch eingreifen, Level 3 würde das nicht erkennen. Und mir fallen allein im MVV-Gebiet auf Anhieb drei Fälle ein wo ein Wagen lustig durch die Gegend gekullert ist, so weit hergeholt ist das also nicht. Und dort hat zumindest in einem Fall die schnelle Reaktion des Fdl wohl wirklich ein größeres Unglück verhindert.

"Normale" Zugtrennungen dagegen sind nicht so das Problem, die Wagen werden ja schließlich zwangsgebremst (sofern nicht an anderer Stelle geschlampt wurde).
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Autobahn »

Boris Merath @ 26 Feb 2008, 00:07 hat geschrieben:Laufend vielleicht nicht, aber es kommt doch immer wieder vor. Ganz so irrelevant ist das ganze also nicht.

Das ist übrigends auch ein interessanter Aspekt zu ETCS Level 3 - freilaufende Wagen werden durch die ortsfeste Gleisfreimeldung erkannt und der Fdl kann ggf. noch eingreifen, Level 3 würde das nicht erkennen. Und mir fallen allein im MVV-Gebiet auf Anhieb drei Fälle ein wo ein Wagen lustig durch die Gegend gekullert ist, so weit hergeholt ist das also nicht. Und dort hat zumindest in einem Fall die schnelle Reaktion des Fdl wohl wirklich ein größeres Unglück verhindert.
Beruhigend klingt das nicht. Wenn man es auf das ganz Deutschland hochrechnet also doch ständig? Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, wie so etwas überhaupt möglich ist.
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Beitrag von Wildwechsel »

Boris Merath @ 26 Feb 2008, 00:04 hat geschrieben: Dass der letzte Wagen die Balisen ausließt und auch noch eine Wegmessung drinhat mag für Triebzüge realisierbar sein, aber nicht für Güterwagen - statte mal jeden Güterwagen mit sowas aus....
Die aufsteckbare Zugschlussscheibe würde dadurch halt etwas aufwändiger als die heutige Ausführung aus etwas Blech mit reflektierender Folie.
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Beitrag von ChristianMUC »

Autobahn @ 26 Feb 2008, 08:02 hat geschrieben:
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 00:07 hat geschrieben:Laufend vielleicht nicht, aber es kommt doch immer wieder vor. Ganz so irrelevant ist das ganze also nicht.

Das ist übrigends auch ein interessanter Aspekt zu ETCS Level 3 - freilaufende Wagen werden durch die ortsfeste Gleisfreimeldung erkannt und der Fdl kann ggf. noch eingreifen, Level 3 würde das nicht erkennen. Und mir fallen allein im MVV-Gebiet auf Anhieb drei Fälle ein wo ein Wagen lustig durch die Gegend gekullert ist, so weit hergeholt ist das also nicht. Und dort hat zumindest in einem Fall die schnelle Reaktion des Fdl wohl wirklich ein größeres Unglück verhindert.
Beruhigend klingt das nicht. Wenn man es auf das ganz Deutschland hochrechnet also doch ständig? Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, wie so etwas überhaupt möglich ist.
Andauernd nicht - aber es unter dem Aspekt "kommt doch eh nie vor" das ganze bei der Konzeption eines neuen Sicherheitssystems unter den Tisch kehren zu wollen wäre falsch. Es kommt eben doch ab und zu mal vor - und nachdem bei der Eisenbahn alles zur sicheren Seite hin arbeitet, müssen auch solche Fälle berücksichtigt werden.
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Beitrag von dochnochmal »

Boris Merath @ 26 Feb 2008, 00:07 hat geschrieben:Angesichts der Kosten für neue Stellwerke kann es schon Sinn machen, sofern man die Vorteile nicht unbedingt aus Kapazitätsgründen braucht.
Welche Vorteile hat es dann noch gegenüber der jetzigen LZB dort?
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 00:07 hat geschrieben:Ansonsten hätte man Dachau und Allach ja mit einem ESTW wkund CIR-Elke ausgestattet.
ESTW: Na ja, wäre bei der Strecke praktisch vom Regen in die Traufe. Aber das ist ein anderes Thema...
LZB: Die Strecke ist mit LZB L72 CEII ausgerüstet.
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 00:07 hat geschrieben:Und mir fallen allein im MVV-Gebiet auf Anhieb drei Fälle ein wo ein Wagen lustig durch die Gegend gekullert ist, so weit hergeholt ist das also nicht.
Oft genug waren es die hochgelobten S-Bahnen...
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 00:07 hat geschrieben:Und dort hat zumindest in einem Fall die schnelle Reaktion des Fdl wohl wirklich ein größeres Unglück verhindert.
Wo soll das denn gewesen sein... So ein einzeln laufender Wagen wird doch vom Selbststeller gar nicht berücksichtigt... :ph34r:
Hat der dann wenigstens ein blaues Shirt mit rotem "S" auf gelben Grund bekommen? "Superfahrdienstleiter" :P
Aber zur Ehrenrettung anderer Berufsgruppen: Auch Lokführer, Rangierer u.a. haben oft genug entlaufende Fahrzeuge "eingefangen". Na ja, und nicht zuletzt am meisten wohl Prellböcke... :D
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 00:07 hat geschrieben:"Normale" Zugtrennungen dagegen sind nicht so das Problem, die Wagen werden ja schließlich zwangsgebremst (sofern nicht an anderer Stelle geschlampt wurde).
Mehr als "normale" Zugtrennungen kann aber eine Zugvollständigkeitsprüfung auch im Level 3 nicht erfassen. Wenn du für jedes Fahrzeug eine genaue Standortmitteilung wünschst, dann kannst du das System "Eisenbahn" gleich gänzlich revolutionieren. Aber das ist zum Glück auch nicht Bestandteil von ETCS Level 3.
Autobahn @ 26 Feb 2008, 08:02 hat geschrieben:Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, wie so etwas überhaupt möglich ist.
Da gibt es viele Aspekte. Materialermüdung ist einer. Hohe Belastungen durch Zugkräfte ein anderer. Hier können übrigens auch Fdl indirekt etwas dazu beitragen, auch wenn das wohl keiner von denen erkennt. Aber manche Streckenabschnitte sind einfach prädestiniert für solche Belastungen, wenn der Betriebsfluss seitens der Zuglenker falsch gesteuert wird. Ohne das regional festlegen zu wollen, sag ich mal einfach wieder das Stichwort "Regionalbahn vor den Güterzug". Nicht zuletzt spielt natürlich auch mangelhafte Wartung oder menschliches Versagen eine Rolle. Und bei allen Fällen ganz viel Zufall...

Aktuelles Beispiel Fürth(Bay) 08. Dez. 2007: Zugtrennung eines Nahverkehrszuges. Die Wagen waren schlecht gekuppelt, so dass die Schraubenkupplung beim Auflaufen des Zuges (z.B. beim rein elektrischen Bremsen mit dem führenden Fahrzeug) durchhing. Die Schraubenkupplung des zweiten Wagens war nicht ordnungsgemäß eingehangen und schlug nach oben den anderen Kupplungsbügel aus dem Zughaken. Als der Zug sich wieder streckte, kam es zur Zugtrennung.
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Beitrag von Boris Merath »

Wildwechsel @ 26 Feb 2008, 08:03 hat geschrieben: Die aufsteckbare Zugschlussscheibe würde dadurch halt etwas aufwändiger als die heutige Ausführung aus etwas Blech mit reflektierender Folie.
"Etwas"? Man müsste zuerst das Funkgerät aufstecken, anschließend unter den Wagen klettern und das Balisenlesegerät montieren. Wenn man damit fertig ist, dürfte man dann noch an der Achse den Wegmesser montieren - und diesen anschließend auch noch auf den Raddurchmesser so genau eichen, dass die Daten auch noch auswertbar sind. Und das bei jeder Zugumbildung...
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Beitrag von Boris Merath »

dochnochmal @ 26 Feb 2008, 08:50 hat geschrieben: Welche Vorteile hat es dann noch gegenüber der jetzigen LZB dort?
Was ist der große Vorteil von ETCS? Also bei Level 2 dass es momentan in ist, aber sonst? Wo ist der große Unterschied zwischen CE II und ETCS Level 2, wenn man ETCS auf der NBS INgolstadt - Nürnberg verbaut?
ESTW: Na ja, wäre bei der Strecke praktisch vom Regen in die Traufe. Aber das ist ein anderes Thema...
Wieso das?
LZB: Die Strecke ist mit LZB L72 CEII ausgerüstet.
Ja gut, dass man jetzt ein Streckengerät mit Ringkernspeichern und Protokoll von 1972 verbaut hab ich dann nicht erwartet - ich dachte mehr im Sinn von die Vorteile von CE II werden dort nicht verwendet - oder wird da in der Oberstromregelung oder was ähnlichem die LZB eingesetzt?
Aber zur Ehrenrettung anderer Berufsgruppen: Auch Lokführer, Rangierer u.a. haben oft genug entlaufende Fahrzeuge "eingefangen". Na ja, und nicht zuletzt am meisten wohl Prellböcke... :D
Nur dürfte das unabhängig von den verwendeten Gleisfreimeldesystemen passiert sein und ist damit in diesem Zusammenhang uninteressant :-)
Mehr als "normale" Zugtrennungen kann aber eine Zugvollständigkeitsprüfung auch im Level 3 nicht erfassen. Wenn du für jedes Fahrzeug eine genaue Standortmitteilung wünschst, dann kannst du das System "Eisenbahn" gleich gänzlich revolutionieren.
Natürlich wird ne Gleisfreimeldung nie so detailliert sein um alle Fälle abdecken zu können. Trotzdem isses mir persönlich sympathischer, wenn die Gleisfreimeldung über ein orstfestes System funktioniert, das einfach genau das anzeigt was auf der Strecke grade ist - und nicht anhand irgendwelcher Relativdaten versucht zu berechnen ob die Strecke frei ist. Das ist aber zugegebenermaßen eine subjektive Meinung.
Hier können übrigens auch Fdl indirekt etwas dazu beitragen, auch wenn das wohl keiner von denen erkennt. Aber manche Streckenabschnitte sind einfach prädestiniert für solche Belastungen, wenn der Betriebsfluss seitens der Zuglenker falsch gesteuert wird. Ohne das regional festlegen zu wollen, sag ich mal einfach wieder das Stichwort "Regionalbahn vor den Güterzug". Nicht zuletzt spielt natürlich auch mangelhafte Wartung oder menschliches Versagen eine Rolle. Und bei allen Fällen ganz viel Zufall...
Umgekehrt hat aber das EVU dafür zu sorgen dass ihre Kupplungshaken das aushalten. Wenn man jetzt anfängt aus Sicherheitsgründen grüne Welle für Güterzüge zu fordern kann das auch nicht Sinn der Sache sein.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Michi Greger »

Wildwechsel @ 25 Feb 2008, 14:51 hat geschrieben: Muss denn wirklich der letzte Wagen selbst wissen, ob er noch am Zug dranhängt? Es müsste doch reichen, wenn die Lok weiß, wo ihr letzter Wagen gerade sein sollte
Auch das ist doch egal. Es muss sicher sein, dass der letzte Wagen den Streckenabschnitt verlassen hat - dann ist wieder frei für den nächsten zug. Wenn jetzt der letzte Wagen sich von seinem Zug löst, wird signaltechnisch der Zug eben plötzlich immer länger und länger - weil vorne durch die Lok Abschnitte besetzt werden, die der letzte Wagen nicht verlassen wird. Die zugzugehörigkeit ist also in meinen Augen gar nicht soo das Hauptmerkmal.

Gruß Michi
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Beitrag von Wildwechsel »

Und wie sonst sollte das ohne ortsfeste Gleisfreimeldung funktionieren, wenn nicht durch ein System zur Zugvollständigkeitskontrolle?
Beste Grüße usw....
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Beitrag von dochnochmal »

Boris Merath @ 26 Feb 2008, 12:02 hat geschrieben:Was ist der große Vorteil von ETCS? Also bei Level 2 dass es momentan in ist, aber sonst? Wo ist der große Unterschied zwischen CE II und ETCS Level 2, wenn man ETCS auf der NBS INgolstadt - Nürnberg verbaut?
Technisch für meine Begriffe kein Vorteil. Politisch...
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 12:02 hat geschrieben:Ja gut, dass man jetzt ein Streckengerät mit Ringkernspeichern und Protokoll von 1972 verbaut hab ich dann nicht erwartet - ich dachte mehr im Sinn von die Vorteile von CE II werden dort nicht verwendet - oder wird da in der Oberstromregelung oder was ähnlichem die LZB eingesetzt?
Die wesentlichen Vorteil von CE werden nicht genutzt. Richtig. Aber man verbaut nur noch CEII.
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 12:02 hat geschrieben:Nur dürfte das unabhängig von den verwendeten Gleisfreimeldesystemen passiert sein und ist damit in diesem Zusammenhang uninteressant :-)
Richtig. Weil andere Leute eben solchen Schnick-Schnack nicht brauchen um so etwas zu erkennen. :P ;)
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 12:02 hat geschrieben:Natürlich wird ne Gleisfreimeldung nie so detailliert sein um alle Fälle abdecken zu können. Trotzdem isses mir persönlich sympathischer, wenn die Gleisfreimeldung über ein orstfestes System funktioniert, das einfach genau das anzeigt was auf der Strecke grade ist - und nicht anhand irgendwelcher Relativdaten versucht zu berechnen ob die Strecke frei ist. Das ist aber zugegebenermaßen eine subjektive Meinung.
Tja, dann kann man ETCS Level 3 gleich vergessen, denn darauf läuft es nun mal hinaus. ;)
Boris Merath @ 26 Feb 2008, 12:02 hat geschrieben:Umgekehrt hat aber das EVU dafür zu sorgen dass ihre Kupplungshaken das aushalten. Wenn man jetzt anfängt aus Sicherheitsgründen grüne Welle für Güterzüge zu fordern kann das auch nicht Sinn der Sache sein.
Die Schraubenkupplungen sind unabhängig vom EVU genormt und halten 550 kN Zugkraft aus. Man sollte aber auch nicht die Energie unterschätzen, die z.B. in einem Kesselzug steckt. Und hier gab es schon oft genug Zugtrennungen in Folge plötzlich erforderlicher sehr starker Bremsungen. Das kann man z.B. sehr wohl mit einer besseren, überlegteren Zuglenkung und einer verbesserten betrieblichen Kommunikation positiv beeinflussen. Aber da wird sich sowieso nie etwas tun...

Und zu deiner Bastelschaltung zur Wagenortung: Dann hast du auch noch ne Batterie und ne Lademöglichkeit vergessen... Aber die von dir immer genau gewünschte Wagenortung ist ja gar nicht erforderlich. Lediglich die Vollständigkeit des Zuges muss sichergestellt sein. Hierzu reicht vom Aufwand her das kleine Kästchen zum Aufstecken am Zugschlusshalter...
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Beitrag von dochnochmal »

Michi Greger @ 26 Feb 2008, 13:31 hat geschrieben:Auch das ist doch egal. Es muss sicher sein, dass der letzte Wagen den Streckenabschnitt verlassen hat - dann ist wieder frei für den nächsten zug.
Es gibt dann ja keine festen Streckenabschnitte die der Zug verlassen kann. Von daher ist die Position des letzten Fahrzeuges eines Zuges schon relevant. Die bekommt man aber auch bei bekannter Zuglänge und bekannter Vollständigkeit des Zuges unter Berücksichtigung der Position des führenden Fahrzeuges.
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Beitrag von Boris Merath »

dochnochmal @ 26 Feb 2008, 13:55 hat geschrieben: Technisch für meine Begriffe kein Vorteil. Politisch...
Naja, dass ETCS Level 2 ein technischer Vorteil gegenüber der LZB ist wird ja glaube ich auch nicht behauptet - da gehts ja nur um die Vereinheitlichung der Zugsicherungssysteme.

Level 1 dagegen ist in meinen Augen schon ein gewaltiger Fortschritt - die PZB arbeitet einfach mit veralteten Übertragungsmethoden, und die PZB 90 ist da auch nur ein rumgedocktere an den viel grundlegenderen Problemen. Dass hier was moderneres kommt war da so langsam IMHO wirklich überfällig.
Richtig. Weil andere Leute eben solchen Schnick-Schnack nicht brauchen um so etwas zu erkennen. :P ;)
Wenn man an die Strecke im 500m-Abstand Fahrdienstleiter hinstellt braucht auch ein Fahrdienstleiter keinen technischen Schnickschnack mehr dafür :-) Dass in einem Rangierbahnhof eine gewisse Personaldichte vorhanden ist ist nunmal systembedingt und hängt nicht mit den Fähigkeiten des Personals zusammen.
(und im Bahnhof braucht ein Fdl auch nicht zwangsläufig Schnick-Schnack zum Erkennen eines herrenlosen Wagens, sondern dort kann auch der Blick ausm Fenster helfen)
Die Schraubenkupplungen sind unabhängig vom EVU genormt und halten 550 kN Zugkraft aus. Man sollte aber auch nicht die Energie unterschätzen, die z.B. in einem Kesselzug steckt. Und hier gab es schon oft genug Zugtrennungen in Folge plötzlich erforderlicher sehr starker Bremsungen. Das kann man z.B. sehr wohl mit einer besseren, überlegteren Zuglenkung und einer verbesserten betrieblichen Kommunikation positiv beeinflussen. Aber da wird sich sowieso nie etwas tun...
Man kann aber auch schlecht Kesselwagen deswegen nie rote Signale geben - die Wagen müssen es halt aushalten im Bremswegabstand ohne größere Schäden zum Stehen zu kommen.
Und zu deiner Bastelschaltung zur Wagenortung: Dann hast du auch noch ne Batterie und ne Lademöglichkeit vergessen...
Genau deswegen hab ich weiter oben ja auch geschrieben dass das nicht praktikabel ist.
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Beitrag von Autobahn »

Aktuelles Beispiel Fürth(Bay) 08. Dez. 2007: Zugtrennung eines Nahverkehrszuges. Die Wagen waren schlecht gekuppelt, so dass die Schraubenkupplung beim Auflaufen des Zuges (z.B. beim rein elektrischen Bremsen mit dem führenden Fahrzeug) durchhing. Die Schraubenkupplung des zweiten Wagens war nicht ordnungsgemäß eingehangen und schlug nach oben den anderen Kupplungsbügel aus dem Zughaken. Als der Zug sich wieder streckte, kam es zur Zugtrennung.
Welches System auch immer eine Gleisfreimeldung macht, solche Meldungen machen mir Angst. Zugegeben, ich kenne nur LKW und PKW Anhängerkupplungen. Wenn ich da etwas falsch mache und es kommt zu einem Unfall, kann ich meinen Lappen abgeben. Ich kann nur hoffen, dass die dafür Verantwortlichen auch die Konsequenzen ziehen mussten.
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Beitrag von Boris Merath »

Eine Zugtrennung ist im Regelfall kein so großes Problem. Wenn der Zug auseinander reißt, dann reißt der Lufschlauch, und beide Zugteile werden selbsttätig abgebremst und bleiben stehen, und das wars dann auch schon wieder.

Bei den ganz seltenen Fällen, dass ein Wagen unkontrolliert durch die Gegend rollt, muss schon mehr schiefgelaufen sein als eine einfache Zugtrennung, da haben dann gleich mehrere Sicherheitsebenen versagt. An der Tagesordnung ist sowas natürlich nicht - aber es kommt halt schon mal vor.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Michi Greger »

dochnochmal @ 26 Feb 2008, 13:57 hat geschrieben: Es gibt dann ja keine festen Streckenabschnitte die der Zug verlassen kann. Von daher ist die Position des letzten Fahrzeuges eines Zuges schon relevant.
Genau so meinte ich das ja auch - der Abschnitt ist egal, wie lang er ist oder ob es ihn gibt, Fakt ist, dass der nachfolgende Zug nicht näher auffahren darf als Position X des letzten Wagens plus Bremsweg B. Wo entlang der Strecke sich diese X+B befinden, ist ja egal. Und wenn der letzte Wagen abreisst, bleibt er halt irgendwo stehen - und der folgende Zug wird davor im Abstand B halten müssen. Dass der Wagen nicht mehr fährt und nicht mehr dem zug folgt, zu dem er gehört, ist ja nur ein sekundäres Problem; das Drauffahren wäre so gesichert.

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Beitrag von 143 094-1 »

Boris Merath @ 26 Feb 2008, 21:58 hat geschrieben: Bei den ganz seltenen Fällen, dass ein Wagen unkontrolliert durch die Gegend rollt, muss schon mehr schiefgelaufen sein als eine einfache Zugtrennung, da haben dann gleich mehrere Sicherheitsebenen versagt.
Bei einer Zugtrennung haben in der Regel auch mehrere Instanzen versagt. Das ist ja der große Vorteil der Eisenbahn, dass es eben erst dann kracht, wenn mehrere Mist gebaut haben.

Und eine Sicherungstechnik muss eben alle Eventualitäten einplanen, egal ob das nur einmal in 100 Jahren vorkommt.

Genau deshalb bin ich auch so enorm gegen den derzeit voranschreitenden Rückbau von Streckenfernsprechern. Mag sein dass es nur einmal in 200 Jahren vorkommt, dass Zugfunk GSM-R ausfällt, kein Handyempfang vorhanden ist und ein Nothaltauftrag wegen Gefahr für beide Gleise gegeben werden muss. Aber wenn man letztendlich Menschenleben aufs Spiel setzt, weil man Fernsprecher wegen lächerlicher Wartungskosten abklemmt und so der vielleicht nur 50m entfernte Streckenfernsprecher unbenutzbar ist über den man Züge noch rechtzeitig hätte anhalten können, so gehört dieses derzeitige Vorgehen von DB Rückbau(e) bei Strafe verboten!!!

Und so ausgeschlossen dass Züge oder Zugteile herumkullern ist es leider nunmal nicht. Wenn man sich anschaut wie manches Qualitätspersonal (Privatbahnen sind da aber auch nicht besser - im Gegenteil) Züge oder Zugteile sichern, wundert man sich, dass nicht mehr passiert [...]
BZ-ESTW sind wie ein Computerspiel. Es fehlt nur noch das Fenster "Game over!" wenn sich zwei rote Linien treffen!
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Beitrag von Autobahn »

Boris Merath @ 26 Feb 2008, 21:58 hat geschrieben:Eine Zugtrennung ist im Regelfall kein so großes Problem. Wenn der Zug auseinander reißt, dann reißt der Lufschlauch, und beide Zugteile werden selbsttätig abgebremst und bleiben stehen, und das wars dann auch schon wieder.

Bei den ganz seltenen Fällen, dass ein Wagen unkontrolliert durch die Gegend rollt, muss schon mehr schiefgelaufen sein als eine einfache Zugtrennung, da haben dann gleich mehrere Sicherheitsebenen versagt. An der Tagesordnung ist sowas natürlich nicht - aber es kommt halt schon mal vor.
Auch bei LKW und PKW Anhängern gibt es automatische Bremsungen. Dabei sind Unfälle sicher nicht auszuschließen. Doch ich habe noch nie etwas davon gehört oder gelesen, dass ein LKW einen Anhänger "verloren" hat. Wenn die Maulkupplung nicht geschlossen ist, reißt der Anhänger sofort ab, weil die Bremsschläuche der Druckluftbremse den Anhänger nicht ziehen können. Ein "falsches" Ankuppeln ist praktisch unmöglich, weil die Maulkupplung eine sehr starke Feder hat, die sich nicht selbst öffnen kann. Bei den Kugelkopfkupplungen an PKW ist es dagegen etwas leichter möglich, Fehler zu machen. Doch wenn man den Hebel richtig herunter drückt, kann nichts mehr passieren. Dort bewirkt aber ein Sicherungsseil eine Bremsung des Anhängers. Im Regelfall werden in Anhängern auch keine Personen befördert.

Selbst wenn es nur ganz seltene Fälle sind, wo mehr schief gelaufen ist, bleibt aber meine Angst. Bei Güterwagen mag das noch hinnehmbar sein, ist eben nein Transportschaden und ein Fall für die Versicherung. In der zitierten Meldung war von einem Nahverkehrszug die Rede! Was tue ich, wenn ich in einem abgerissenen Waggon sitze, der dazu noch unkontrolliert durch die Gegend rollt? Wenn der Luftdruck weg ist, hilft mir auch die Notbremse nichts mehr.

Das "es halt schon mal vorkommt" kann nicht die Lösung sein.
Es darf nicht vorkommen!
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Beitrag von Autobahn »

Plochinger @ 26 Feb 2008, 22:31 hat geschrieben:Und so ausgeschlossen dass Züge oder Zugteile herumkullern ist es leider nunmal nicht. Wenn man sich anschaut wie manches Qualitätspersonal (Privatbahnen sind da aber auch nicht besser - im Gegenteil) Züge oder Zugteile sichern, wundert man sich, dass nicht mehr passiert [...]
Wenn ich solche Beiträge lese, scheinen mir meine Bedenken und meine Angst gerechtfertigt.
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Beitrag von dochnochmal »

Autobahn @ 26 Feb 2008, 22:41 hat geschrieben:Wenn ich solche Beiträge lese, scheinen mir meine Bedenken und meine Angst gerechtfertigt.
Noch passieren im Straßenverkehr deutlich mehr Unfälle als bei der Eisenbahn. ;) Die hier angesprochenen Fälle sind immerhin Ausnahmen und Einzelfälle. Allerdings geht man bei der Eisenbahn eben immer vom worst case aus. Auch wenn das hier an anderer Stelle im Forum gern "aufgelockerter" gesehen würde. Aber genau deswegen sind die Regeln ja so streng und umfassend und manchmal dadurch eben auch kundenunfreundlich. Sicherheit geht vor.
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Beitrag von Wittekind »

Autobahn @ 26 Feb 2008, 22:37 hat geschrieben:Auch bei LKW und PKW Anhängern gibt es automatische Bremsungen. Dabei sind Unfälle sicher nicht auszuschließen. Doch ich habe noch nie etwas davon gehört oder gelesen, dass ein LKW einen Anhänger "verloren" hat.[...]
Gib mal bei Google "Lkw anhänger verloren" ein. Der zweite Treffer liefert:

"Die Recherchen unserer Techniker haben ergeben, dass in Österreich pro Jahr rund 100 LKW-Anhänger bei voller Fahrt verloren werden. ..."
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Autobahn @ 26 Feb 2008, 22:37 hat geschrieben: Wenn der Luftdruck weg ist, hilft mir auch die Notbremse nichts mehr.
Vielleicht solltest du dich mal mit dem Bremssystem bei hiesigen Eisenbahn(reise)wagen beschäftigen. Ohne Luftdruck = Bremsung. Nur solange Druck anliegt, wird nicht gebremst. Genau das ist ja die Ausfallsicherheit.
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Autobahn @ 26 Feb 2008, 22:37 hat geschrieben: Auch bei LKW und PKW Anhängern gibt es automatische Bremsungen. Dabei sind Unfälle sicher nicht auszuschließen.
Nur ist der LKW nicht spurgeführt - rollt also bis er steht irgendwohin, auf der Autobahn fährt ggf. der Nachfolger rein. Bei der Bahn kann der "Anhänger" nicht nach links oder rechts abhauen, und es gibt auch keinen Nachfolger der draufprallen könnte. Die beiden Zugteile werden einfach beide stark abgebremst und bleiben stehen.
Doch ich habe noch nie etwas davon gehört oder gelesen, dass ein LKW einen Anhänger "verloren" hat. Wenn die Maulkupplung nicht geschlossen ist, reißt der Anhänger sofort ab, weil die Bremsschläuche der Druckluftbremse den Anhänger nicht ziehen können. Ein "falsches" Ankuppeln ist praktisch unmöglich, weil die Maulkupplung eine sehr starke Feder hat, die sich nicht selbst öffnen kann.
Welcher LKW-Anhänger hat mehrere tausend Tonnen, die gezogen werden wollen? Die Kräfte, die auf einer Eisenbahnkupplung liegen, sind um ein vielfaches höher als bei so nem langweiligen LKW-Anhänger.
Bei Güterwagen mag das noch hinnehmbar sein, ist eben nein Transportschaden und ein Fall für die Versicherung.
Welcher Transportschaden? Wenn die Kupplung reißt, werden beide Züge abgebremst. Anschließend braucht man halt fürs Zurücksetzen des vorderen Zugteils einen zweiten Mann hinten und nen Befehl des Fahrdienstleiters, kuppelt wieder auf und fährt weiter, oder alternativ holt den zweiten Zugteil mit ner Hilfslok ab. Der einzige Schaden der entsteht sind die daraus resultierenden Verspätungen und die Kosten für nen neuen Kupplungshaken und nen neuen Luftschlauch.
In der zitierten Meldung war von einem Nahverkehrszug die Rede! Was tue ich, wenn ich in einem abgerissenen Waggon sitze, der dazu noch unkontrolliert durch die Gegend rollt? Wenn der Luftdruck weg ist, hilft mir auch die Notbremse nichts mehr.
Warten bis der Zug steht - das ist ja grade der Trick bei der indirekten Bremse - vereinfacht gesagt: Luft da -> Bremse lose, Luft weg -> Bremse bremst.
Das "es halt schon mal vorkommt" kann nicht die Lösung sein.
Es darf nicht vorkommen!
Beim Personenzug stimme ich da auch zu, da dort die Gefahr besteht dass grade jemand im Wagenübergang steht, für den könnte es tatsächlich ungemütlich werden. Allerdings ist bei einem Personenzug das Gewicht des Wagenzuges deutlich geringer, und in der Regel sind Personenzüge auch besser und straffer gekuppelt als Güterzüge, so dass dort die Gefahr einer Zugtrennung deutlich geringer ist.

Bei Güterzügen trifft das "kommt halt vor" dann aber doch zu.

Meine genannte Zahl von drei ungebremsten Zügen im MVV-Bereich dürfte aber wohl auch fast alle Fälle in 35 Jahren abdecken - und nur in einem der Fälle war das auch mit ner Zugtrennug verbunden. Der berühmteste Fall war der 420er der von Ebersberg nach Wasserburg gerollt ist und dort nen Prellbock ins Jenseits befördert hat.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Boris Merath @ 27 Feb 2008, 00:19 hat geschrieben: in der Regel sind Personenzüge auch besser und straffer gekuppelt als Güterzüge, so dass dort die Gefahr einer Zugtrennung deutlich geringer ist.
Grade die recht festen Wagenparks und RIGA führen aber dazu, dass die Kupplungen weniger geschmiert und gepflegt werden, weil sie ja nicht täglich ge- und entkuppelt werden. Wenn ich mich recht erinnere, hat es in der Schweiz letztes Jahr einen Fall gegeben, bei dem eine so vernachlässigte Kupplung "hart geworden" ist und sich dann selber schon bei einem geringen Auflauffen des Zuges vom Zughaken abgehoben hat --> Zugtrennung.

Gruß Michi
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Boris Merath @ 27 Feb 2008, 00:19 hat geschrieben:Warten bis der Zug steht - das ist ja grade der Trick bei der indirekten Bremse - vereinfacht gesagt: Luft da -> Bremse lose, Luft weg -> Bremse bremst.
Das "es halt schon mal vorkommt" kann nicht die Lösung sein.
Es darf nicht vorkommen!
Beim Personenzug stimme ich da auch zu, da dort die Gefahr besteht dass grade jemand im Wagenübergang steht, für den könnte es tatsächlich ungemütlich werden. Allerdings ist bei einem Personenzug das Gewicht des Wagenzuges deutlich geringer, und in der Regel sind Personenzüge auch besser und straffer gekuppelt als Güterzüge, so dass dort die Gefahr einer Zugtrennung deutlich geringer ist.
Technisch gesehen hast Du sicher recht. Die Gefahr eines physischen Personenschadens wird sehr gering sein. Doch mir wird schon mulmig, wenn ich in einem Zug sitze, der auf freier Strecke hält. Die Vorstellung, ich sitze in einem abgerissenen Zugteil und bin dort womöglich über längeren Zeitraum eingesperrt, ist aber für mich ein psychischer Schaden. Oder werden die Fahrgäste dann evakuiert? Bei einer schaffnerlosen S-Bahn dürfte das auch einige Zeit dauern.

Bei meiner letzten Fahrt mit der DB ist zwar kein Zugteil abgerissen, doch hielt der Zug auf freier Strecke. Nach Ansage des Oberschaffners hatte der Sturm (lange vor Kyrill) einen Baum auf den Fahrdraht geweht. Wörtlich: "Wir wissen nicht, wann es weiter geht!". Auf dem Nebengleis fuhren die S-Bahnen munter vor sich hin. Der Oberschaffner stand ziemlich hilflos im Gang, die Fahrgäste wurden langsam nervös und malträtierten mit Worten eine Zugbegleiterin. Sie wollten den Zug verlassen, über die Gleise zur S-Bahn gehen und dort weiter fahren. Bereits vorher hatte ich dem Oberschaffner gesagt, er solle doch die Fahrdientsleitung mit seinem Handy anrufen und die Erlaubnis einholen, ca. 100 Meter zurückzusetzten und über die Nahverkehrsgleise weiterzufahren. Dabe streute ich noch ein paar angelesen Eisenbahnbegriffe ein. Seine Antwort: "Das ist eine gute Idee". Er teilte mir wenige Minuten später auch mit, dass so verfahren wird. Irgenwie tat mir die Zugbegleiterin leid und ich eilte ihr zu Hilfe und erklärte ihnen, dass wir in wenigen Minuten zurücksetzen und weiter fahren würden. Die erstaunte Frage der Dame, ob ich bei der Bahn sei, musste ich allerdings verneinen :D Vielleicht hat mich ja auch der Oberschaffner für einen verkappten höheren Bahnmitarbeiter gehalten :lol:
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Boris Merath @ 27 Feb 2008, 00:19 hat geschrieben:Nur ist der LKW nicht spurgeführt - rollt also bis er steht irgendwohin, auf der Autobahn fährt ggf. der Nachfolger rein.
Für Kraftfahrzeuganhänger gibt es nur drei Systeme. Die klassische Maulkupplung bei LKW, der Drehteller bei Sattelzügen und die Kugelkopfkupplung bei PKW. Normalerweise schließen alle drei Systeme automatisch. Sind sie nicht geschlossen, wird die Kupplungsverbindung beim Anfahren in der Regel sofort getrennt. Anhängerkupplungen bei LKW sind zudem so stabil, dass sie auch bei einem Kippen des Hängers nicht abreissen. Eher schmeissen sie das Zugfahrzeug mit um (da die Maulkupplung aber in sich drehbar ist, geschieht dies selten).

PKW-Anhänger haben eine Auflaufbremse. Sobald das Zugfahrzeug die Geschwindigkeit merklich verringert, wird der Anhänger abgebremst. LKW-Anhänger haben durchweg eine Luftdruckbremse. Diese wird durch einen Kompressor ständig auf den erforderlichen Bremsdruck gebracht. So lange der Luftdruck im ganzen Lastzug nicht seinen Sollwert erreicht hat, kann der LKW nicht losfahren, weil die Feststellbremse blockiert.

Das einzig denkbare Szenario eines herrenlosen Anhängers besteht darin, dass dieser an einer abschüssigen Stelle ohne Unterlegkeile abgestellt wurde, denn der Luftdruck sinkt ohne den Kompressor des Zugfahrzeuges ständig ab. Darüber hinaus hat auch jeder Anhänger mechanische Abstellbremsen. Also auch hier eine doppete Sicherung.

P.S.: Ein herrenloser Anhänger rollt, bis er vor ein Hinderniss stößt, auf gerader Strecke seine Rollenergie verbraucht ist oder es wieder bergauf geht. Dabei kann jede Bodenwelle oder jeder herumliegende Stein seine Richtung verändern. Daher werden Berufskraftfahrer gerade auch in dieser Hinsicht besonders geschult.
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Beitrag von dochnochmal »

Ich versteh deine Argumentationen nicht so ganz. Im Zug fühlst du dich unsicher und unwohl wenn du auf freier Strecke mal stehst. Was ist wenn ein Reisebus eine Panne hat oder im Stau steht? Wenn ich da an die vielen Horrormeldungen mit Auffahrunfällen im Stau denke. Oder auf dem Standstreifen mit dem kaputten Reisebus... Also da lobe ich mir ehrlich gesagt meinen Zug.

Laut deinen Ausführungen wäre die einzige Möglichkeit, dass sich Autoanhänger selbstständig machen, wenn die Druckluftbremse nicht mehr geht - zum Bsp. wegen Luftmangel - und die mechanischen Sicherungen, z.B. Radvorleger oder irgendwelche Handbremsen versagen. Nun, was ist der Unterschied zur Eisenbahn? Dort wirkt ebenfalls in beiden Zugteilen zunächst die Druckluftbremse. Zusätzlich werden länger stehende Zugteile (das ist alles ganz genau auch zeitlich festgeschrieben) je nach Streckenverhältnissen gesichert. Ebenfalls durch z.B. Handbremsen oder auch Radvorleger. Und wenn das alles nicht funktioniert, ja dann macht sich so ein Wagen vielleicht auch mal selbstständig. Aber das macht sich der Anhänger beim Auto auch, wenn sämtliche Sicherungsmaßnahmen versagen.

Stell dir die Eisenbahn mal nicht so primitiv vor. Sie ist was diese Aspekte anbelangt um ein Vielfaches sicherer als jedes Straßenfahrzeug. Und selbst wenn du als Fahrgast mal nur nichts mitbekommst, heißt das auch nicht das nicht wirklich etwas passiert. Als du mit dem "Oberschaffner" deines Zuges, dem Zugführer, gesprochen hast, hat der Fahrdienstleiter dem Lokführer vermutlich gerade den Befehl diktiert, den er zum Zurücksetzen benötigt. Oder den Umleitungsfahrplan, den er für die andere Strecke benötigt. Oder, oder, ... Unterschätz die Eisenbahn mal nicht, da passiert viel im Hintergrund was du nicht mitbekommst. Und im Gegensatz zur Straße ist da mal eben zurückfahren und woanders lang nicht so ohne weiteres möglich.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Es ist wie gesagt nicht so dass am laufenden Band Züge auseinander reißen würden - es kommt bei der großen Zahl der Zugfahrten gelegentlich mal vor, aber es ist jetzt nicht so dass dauernd irgendwo Züge wegen einer Zugtrennung rumstehen. Der wesentliche Unterschied zwischen der Eisenbahn und dem Straßenverkehr ist, dass bei der Eisenbahn eine deutlich höhere Sicherheit gefordert wird - und damit eben auch so seltene Fälle wie der Zugtrennung bei den Sicherheitskonzepten berücksichtigt werden. Beim Straßenverkehr würde man bei einem durch gerissene Kupplung ausgelösten Unfall sagen "da kann man nichts machen" - bei der Eisenbahn kann bei einer gerissenen Kupplung eigentlich gar nichts passieren.

Und um nochmal zu gerissenen Personenzügen zurückzukommen: Zugtrennungen treten vorallem bei Güterzügen auf, weil dort die Belastung der Kupplungen deutlich größer ist. Wie oft genau es auch bei Personenzügen vorkommt, kann ich leider nicht sagen, dürfte aber so gut wie nie sein.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von ChoMar »

Ausserdem, es PASSIERT ja wirklich nichts bei einer zugtrennung, ausser das man steht. Uii, gefährlich.
Da hab ich mehr Angst vor nem LKW der auf der Autobahn seinen Anhänger verliert.

Aber EIGENTLICH ging es ja darum, wie macht man die Gleisfrei/belegt meldung bei einer Zugtrennung. Wenn es nämlich zu einer Zugtrennung kommt, und dahinter fährt ein Zug mit 280, und der WEIß nicht, das da eine zugtrennung war, dann wirds gefährlich. Egal ob der abgetrennte Teil ein Güterwagen oder ein Personenwagen war.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Im Zug fühlst du dich unsicher und unwohl wenn du auf freier Strecke mal stehst. ..............  Und selbst wenn du als Fahrgast mal nur nichts mitbekommst, heißt das auch nicht das nicht wirklich etwas passiert.
Es ist eine gefühlte Unsicherheit, Angst vor physischen Schäden habe ich nicht. Weil mir die Gründe für den Halt nicht bekannnt sind, fühle ich mich eingesperrt. Von einem Stau erfahre ich meist im Autoradio oder über TMC und kann die Strecke notfalls umfahren. Die Standardstaus in meiner Region kenne ich ohnehin. In den letzten 20 Jahren bin ich nur zwei mal in einen Stau (zeitweise Sperrung) geraten, dem ich nicht ausweichen konnte. Und ich fahre (beruflich) täglich mehrere hundert Km.
Als du mit dem "Oberschaffner" deines Zuges, dem Zugführer, gesprochen hast, hat der Fahrdienstleiter dem Lokführer vermutlich gerade den Befehl diktiert, den er zum Zurücksetzen benötigt. Oder den Umleitungsfahrplan, den er für die andere Strecke benötigt. Oder, oder, ... Unterschätz die Eisenbahn mal nicht, da passiert viel im Hintergrund was du nicht mitbekommst. Und im Gegensatz zur Straße ist da mal eben zurückfahren und woanders lang nicht so ohne weiteres möglich.
Der zeitliche Ablauf war tatsächlich so, wie von mir geschildert. Vermutlich wäre dies ohnehin passiert, doch mit Sicherheit wesentlich später. Das ein Zug nicht einfach mal so zurücksetzen kann, ist mir auch klar. Und auf einer Autobahn darfst Du auch nicht wenden oder zurücksetzen.
Aber EIGENTLICH ging es ja darum, wie macht man die Gleisfrei/belegt meldung bei einer Zugtrennung. Wenn es nämlich zu einer Zugtrennung kommt, und dahinter fährt ein Zug mit 280, und der WEIß nicht, das da eine zugtrennung war, dann wirds gefährlich. Egal ob der abgetrennte Teil ein Güterwagen oder ein Personenwagen war.
Darum halte ich jetzt die Klappe <_<
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Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

Ja, an die "Geister-S-Bahn von Wasserburg" kann ich mich auch noch ganz gut erinnern. Nur wurde da ja nicht ein Zugteil verloren, sondern der Lokführer hat duch das Nichtbetätigen der Feststellbremse auf abschüssiger Strecke beim Hintermbuschpipimachen seinen Zug als ganzes verloren. Mal anders gefragt: Wenn das nun nicht in Ebersberg, sondern meinetwegen in "Hochpasing" passiert wäre, und der 420er rollt mittels Schwerkraft auf den tiefer gelegenen Bahnhof München-Pasing zu, und passiert dabei sicher auch das eine oder andere rotgestellte Signal. Würde das den 420 aufhalten, oder würde er gnadenlos in den Bahnhof, wo vielleicht noch andere Züge stehen, rollen, oder würde der FDl schnell eine Weiche umstellen, und den Zug statt in den Bahnhof auf einen Prellbock schicken?
Neue Frage: Was halten Prellböcke eigentlich aus? Da gabs mal mal den berühmten Film, wo am Ende ein Zug nahezu ungebremst in einen Kopfbahnhof rauscht. Im Hbf oben habe ich mir die Prellböcke mal angesehen: dahinter läuft das Gleis noch einige Meter unterm Bahnsteig weiter, und hinterm Prellbock ist eine massive Zickzack-konstrucktion, die eine gigantische Feder sein könnte, um die Aufprallenergie zu absorbieren..

Auch wenn es relativ selten vorkommt, ich finde es schon seltsam, daß die Bahn ab und zu bei voller Fahrt Zugteile verliert. Die auftretenden Kräfte sind zwar gross, aber durchaus bekannt, und können dementsprechend gehandelt werden. Wenn schon nicht aus nmittelbaren Sicherheits- dann doch wenigstens aus Kostengründen: Es wird sicher billiger sein, einen als ganzen Zug geplanten Zug als ganzes fahren zu lassen, denn als zwei halbe Teile...
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