Ich war heute unfreiwillig in der Altstadt der fahrradfreundlichsten Stadt Deutschlands. Bisher kannte ich die heutige Verkehrssituation in Münster nur in den Außenbezirken. Dort verlaufen an
fast jeder Straße Fahrradwege mit separaten Ampelschaltungen und jeder hält sich daran. Super, habe ich gedacht, hier klappt es mit dem Miteinander.
Doch in der Altstadt gibt es (selbstverständlich aus Platzgründen) keine Radwege und auch keine Ampeln. Außerdem ist dieser Bereich für den Durchgangsverkehr sowieso gesperrt. Wer in den Geschäften einkaufen will, steuert ohnehin die am Rande liegenden Parkhäuser an, auch Besucher aus dem Umland. Lediglich Anwohner, Busse und Lieferfahrzeuge wagen sich in die münsteraner Altstadt, speziell in diesen
Bereich.
Hier fühlen sich die Radfahrer offenbar in ihrem Element. Selbst wenn ich einem Pulk langsam fahrender Radler hinterherzockele und neben mir Linksabbieger stehen, werde ich rechts und links von Radfahrern überholt. An einem Zebrastreifen, an dem ich vorschriftsmäßig anhalte, um Fußgängern die Querung zu ermöglichen, scheppert rechts ein Radfahrer vorbei und stößt mit einem Passanten zusammen. In der gleichen Sekunde versucht es aber auch ein anderer von links und aus der Gegenrichtung kommt eine weitere Rotte Radler. Doch nicht nur PKW oder Transporter wurden rücksichtslos ausgebremst, selbst die Linienbusse der VGM wurden schlicht und ergreifend ignoriert. Frei nach dem Motto: "Ich bin der Gute (weil Öko) und Schwächere, darum bremst der schon!"
Über Unfälle mit Fußgängern wurde ja in den Links bereits berichtet. Und da ist der Fußgänger der schwächere Verkehrsteilnehmer. Ich erinnere mich, dass es auch im Bereich Düsseldorf solche Vorfälle gegeben hat.
Der Ludgeriplatz ist mit voller Absicht in diesen Bereich einbezogen. In diesem Kreisverkehr toben sich die Radler zum letzten Male aus, bevor sie gesittet auf Radwegen fahren. Sie schlängeln sich, teilweise mit
Kinderanhängern zwischen den Fahrzeugen (ja, auch Bussen der VGM (!) hindurch. Dabei stehen dort mit voller Absicht Hinweisschilder, die vor dem toten Winkel rechts neben einem LKW oder Bus warnen. Die Zahl der Verkehrsverstöße durch Radfahrer, die ich bei einmaliger Durchfahrt gezählt habe, brächte (nach StVO für Autofahrer) eine höhere dreistellige Summe an Bußgeldern zusammen. Mit den (möglichen) Bußgeldern aus dem Rest der Altstadt ließe sich das Monatsgehalt des Polizeipräsidenten an einem Tag einnehmen
Wie ich von Ortskundigen erfahren konnte, kontrolliert die Polizei in der letzten Zeit verstärkt, auch mit Fahrradsteifen (ein Fahrrad mit Blaulicht und Tatütata

). Doch leider kann man meist nur technische Mängel ahnden (Beleuchtung, Bremsen). Gott sei Dank wird aber das Telefonieren auf dem Rad ebenso hart bestraft, wie im Auto

. Und auch der Radler bekommt seinen Punkt in Flensburg. Ein Führerscheininhaber, der 18 Punkte wg. telefonieren auf dem Rad hat, wird dann sogar seinen Lappen los. Und wer keinen hat, bekommt ihn dann auch nicht. Ich will nicht übertreiben, aber eigentlich müsste ihm auch dann das Fahrradfahren verboten werden

, denn er hat sich als unfähig erwiesen, am Straßenverkehr teilzunehmen.
Nach meiner Einschätzung müsste jeder über 14jährige die wesentlichen Regeln des Straßenverkehrs verstanden haben und sich daran halten. Darum ist es nicht zu viel verlangt, dass ein solcher Verkehrsteilnehmer an seinem Fahrzeug ein Kennzeichen führt. Bis zum Erreichen der Volljährigkeit geschieht dies über die (allgemeine) Haftpflichtversicherung der Eltern, die auch das Kennzeichen ausgibt, danach ist (eigenes Einkommen vorausgesetzt), eine eigene Versicherung notwendig.
Bei Fahrrädern muss nicht zwangsläufig der Bezug auf bestimmtes Fahrrad ausschlaggebend sein, auch nicht der Verwendungszweck. Es gibt ja keine Fahrgestellnummer und keinen Fahrzeugbrief. Die Vorschriften des Kraftfahrtbundesamtes finden hier also keine Anwandung. Ein zusammengebasteltes Fahrrad, dass den gesetzlichen Anforderungen genügt, darf ja weiterhin betrieben werden. Das "Kennzeichen" ist also in erster Linie personenbezogen.
Die Schriftgröße ist sicherlich diskussionswürdig, aber bisher scheint der Gesetzgeber mit den Versicherungskennzeichen nicht unzufrieden zu sein. Auf jeden Fall wird aber dann jedem bereiften Verkehrsteilnehmer bewusst, dass es Regeln gibt, die er einhalten muss. Wenn nicht, muss er mit Sanktionen rechnen.
Ich bin also dafür, dass Fahrräder (personenbezogen) mit Kennzeichen versehen und versichert werden (allgemeine Haftpflicht).
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.