sonne @ 11 Dec 2008, 12:31 hat geschrieben:Ohne jetzt abzustumpfen man müsste erstmal alle Löhne enteder um 80 prozent anheben oder die preise halbieren z.b bei den lebensmittel damit mehr Geld zum konsumieren und kaufen vorhanden ist, wie das noch vor 10 jahren der Fall war, und man müsste ehrlich mal über den Sinn der Zeitarbeit diskutieren und mal in einigen branchen über Mindestlöhne diskutieren, aber genau das ist vielen Konzernen ein Dorn im Auge.
Was Du zu den Banken und Krankenversicherung in den USA gesagt hast, kann man so stehen lassen.
BeimThema Anhebung der Löhne um 80% bzw. Halbierung der Preise, Zeitarbeit und Mindestlohn kann ich aber nicht zustimmen.
Der Preis einer Ware setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Vereinfacht sind dies: Preis der Rohstoffe/Zuliefererteile, Entwicklungskosten, Investitionen in Maschinen, Betriebskosten (Strom, Gas, Miete usw.) und Lohnkosten. Hinzu kommen Steuern. Da diese Kosten vorfinanziert werden müssen, gehören auch noch Kapitalkosten dazu. Zu diesen Kapitalkosten zählt man auch die Verzinsung des Eigenkapitals eines Unternehmens. Hinzu kommt der Unternehmensgewinn, denn es ist ja Sinn eines Unternehmens, Überschüsse zu erzielen. Wenn an einer dieser Stellschrauben gedreht wird, erhöht sich der Preis des Produktes automatisch. Er kann auch sinken, wenn z.B. die Rohstoffe billiger werden oder die Zinsen sinken. Ich habe natürlich jetzt keine konkreten Zahlen zur Hand, aber der Unternehmensgewinn ist nur ein kleiner Teil des Endpreises.
Nicht anders ist es bei Dienstleistungen, nur hier fallen keine Kosten für Rohstoffe an, allerdings solche, für Verbrauchsmaterialien (z.B. bei Gebäudereinigern).
Je größer ein Unternehmen ist, desto größer ist naturgemäß der betriebliche Überschuss, der Gewinn pro Stück ist aber dennoch (in der Relation zum Endpreis) gering.
Spielraum für derartige Lohnzuwächse oder Preissenkungen sehe ich da nicht.
Wenn ein Unternehmen Kosten senken muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben, kann es nicht einfach den Zulieferern nur die Hälte bezahlen oder die Strom und Gasrechnung ignorieren. Auch die Banken werden böse, wenn Zinsen nicht bezahlt und Kredite nicht getilgt werden. Und besonders heftig reagiert der gute Herr Steinbrück. Bei den Steuern kennt er kein Pardon. Die haben im Ernstfall (Insolvenz) sogar Vorrang vor den Gehaltsansprüchen der Mitarbeiter!
Logsich, dass dann zuerst an den Lohnkosten gespart wird, besonders dann, wenn die Eigenkapitaldecke (wie bei den meisten Unternehmen) recht dünn ist. Also wird die Belegschaft ausgedünnt, im besten Fall wird die natürliche Fluktuation nicht durch Neueinstellungen ausgeglichen. Das heist dann: "Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen".
Zeitarbeit hat gerade dann eine Berechtigung, wenn Produktionsspitzen oder hohe Krankenstände aufgefangen werden müssen. Sie wäre überflüssig, wenn wir ein flexibleres Kündigungsrecht hätten. Dabei will ich negative Auswüchse in dieser Branche nicht negieren. Sie betreffen aber in erster Linie gewerbliche (meist ungelernte) Mitarbeiter. Zeitarbeit gibt es aber auch in höher qualifizierten Berufen, bis hin zu Medizinern und Juristen.
Ich finde das auch nicht berauschend, aber welche Möglichkeiten bleiben sonst noch? So lange weiter machen, bis der Insolvenzverwalter kommt? Dann sind alle Arbeitsplätze weg. Planwirtschaft ohne Kostenkontrolle (wie im real zusammengebrochenen Sozialismus)?. Wiedereinführung von Zollschranken des 19. Jahrhunderts? Was aus dem wirtschaftlichen Protektionismus entstanden ist, dürfte den Älteren noch in Erinnerung sein. Kolonialisierung der Rohstoffregionen, Wirtschaftsblockaden und zwei verheerende Weltkriege.
Über branchenbezogene Mindestlöhne wird ja schon lange diskutiert. Grundlage dafür ist das AEntG (Arbeitnehmerentsendegesetz). Dabei sind aber einige Kriterien zu berücksichtigen, die vielfach in der Diskussion übersehen werden. Es kommt nämlich auf die Qualifikation an. Ich will hier nur ein Beispiel anführen. Der Mindestlohn für Briefzusteller, der noch von Herrn Zumwinkel mit Herrn Bsirske ausgekungelt wurde.
Der Zusteller eines privaten Postdienstes muss in der Lage sein, seine Karre oder sein Fahrrad zu schieben und die Briefe in den richtigen Briefkasten zu werfen. Das einfache lesen der Anschrift reicht als Einstellungsvoraussetzung. Ein falsch zugestellter Brief ist keine Katastrophe, sondern nur ein Versehen.
Der Zusteller der Deutschen Post hat aber neben der normalen Post auch simple Einschreiben (die auch eine rechtliche Wirkung haben) und häufig mit behördlichen Zustellungsurkunden zu tun. In diesem Fall ist er eine Hilfsperson der staatlichen Organe. Eine Fehlzustellung kann erhebliche rechtliche Konsequenzen für den Empfänger haben, bis hin zu Haftstrafen. Allein aus diesem Grund müssen die Zusteller der Deutschen Post eine höhere Qualifikation haben.
Daher ist es Unsinn, die weitaus geringer Qualifizierten Zusteller der Privaten in gleicher Höhe zu bezahlen. (Achtung: keine Wertung der Person!). Aber wenn Wissen und Können keinen finanziellen Vorteil bringt, was dann?
Edit: Tippfehler
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.