Störungschronik U-Bahn München

Strecken, Fahrzeuge und Technik von U-Bahnen
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Lazarus @ 11 Jun 2009, 12:39 hat geschrieben: mir gings eher darum, ob der Fahrer auch wirklich genug im Spiegel sehen kann

Irgendwie kann ich das net so ganz glauben, das man genausoviel sieht wie wenn man aussteigt und nach hinten blickt
Weder so noch so kann man sowas sehen. Egal, ob man aussteigt und schaut, oder ob man durch den Spiegel schaut. Da stehen 100 Meter Zug am Bahnsteig, die Türen gehen auf, und die Leute steigen aus und ein. Und wenn jemand zwischen die Wagen steigt - das siehst du nicht. Der geht auch vom Bahnsteig her auf den Zug zu und "verschwindet" in der Fahrzeugwand.
Und wer jetzt behauptet, das würde er schon sehen usw. blabla - kann sofort bei uns als Fahrer anfangen, wir suchen sowieso Leute. Dann wird er auch schnell lernen, was man sieht und was eben nicht.

Schlimmer finde ich, dass da viele andere Leute drumrumstehen - und keiner irgendwas macht. Notbremse, Nothalt am Bahnsteig, Notruf, oder auch einfach nur schreiend und winkend zum Fahrer rennen. Hauptsache, der Zug fährt nicht ab.

Gruß Michi
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

kein Wunder, das sich keiner traut, einen Nothalt oder Notbremse zubetättigen. Da steht ja gross drunter Missbrauch strafbar und das istein äusserst dehnbarer Begriff juristisch gesehen
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Quak
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Beitrag von Quak »

die juristischen folgen wären mir in einem solchen fall sch...egal
Taschenschieber

Beitrag von Taschenschieber »

Quak @ 11 Jun 2009, 14:47 hat geschrieben: die juristischen folgen wären mir in einem solchen fall sch...egal
Schon, aber für viele Menschen ist das eine ziemlich große Hemmschwelle. Da wird dann lieber weggeschaut - die Frau schafft das schon...
Und wenn's passiert ist, will's mal wieder keiner gewesen sein.

@Quak: Wenn Du glaubst, dass ein Notfall vorliegt, bist Du auf jeden Fall berechtigt, die Notbremse zu ziehen. Wenn Du dann doch nur überreagiert hast oder so, kann Dir juristisch eigentlich trotzdem keiner was.

Die "Mißbrauch strafbar"-Schilder sollten imho echt klarer werden. Aber wie soll man das prägnant formulieren? "Nur im Notfall benutzen" wirkt zumindest weniger bedrohlich, ist aber trotzdem noch nicht wirklich klar.
Ganz ohne diesen Warnhinweis sollte doch eigtl. auch klar sein, dass man im Fall von Missbrauch Ärger bekommt, oder? Aber im echten Notfall ist die hemmschwelle ohne Warnung halt niedriger.
Und lieber ein Alarm zu viel als einer zu wenig, hat man ja gestern gesehen.

Gruß,
Taschenschieber
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Taschenschieber @ 11 Jun 2009, 11:35 hat geschrieben: Imho muss jetzt auch wieder diskutiert werden, ob vllt. die Nothalte nicht wirklich wahrgenommen werden und man vllt. eine Hinweisbroschüre mit Notfallhinweisen auslegen sollte, damit die Leute im Notfall wissen, wo Nothalt, Notbremse, Defillibratoren etc. sind.
Wurde ja gemacht, u.a. über Spots auf Infoscreen und mit Plakaten. Ich glaube nicht dass das viel bringt, die Leute sind alle der Meinung "brauch ich doch eh nie" - bis sies halt doch mal brauchen.

Bei einem Vorfall treffen mehrere Probleme aufeinander.

Zum einen denken viele Leute "es kümmert sich schon ein andrer drum" und tun dann gar nicht, könnte ja mit Umständen verbunden oder gar gefährlich sein. Als ich einmal bei ner Schlägerei dabei war (also als Passant), war ich der einzige, der nachm Handy gegriffen und die Polizei gerufen hat - das dürfte nicht daran gelegen haben, dass die anderen nicht wussten, wie man ein Handy bedient.

Zum anderen stellt sich aber auch das Problem, dass man im Notfall ziemlich aufgeregt ist, und da nicht so reagiert, wie man es sich zu Hause vorm PC ausmalt. Hinterher fragt man sich dann, warum man das nicht so und so gemacht hat.Das kann ich ebenfalls aus eigener Erfahrung so sagen.

Beide Probleme kann man durch eine normale Infokampagne nur sehr eingeschränkt angehen. Um für den Notfall gerüstet zu sein, reicht es nicht, sich einmal son Flugblatt mit mäßigem Interesse anzuschauen, sondern man muss sich öfters mal vor die Notfalleinrichtungen stellen, schauen, wie man sie bedient, wo sie sind etc. Und auch dann besteht immer noch die Gefahr, falsch oder zu langsam zu reagieren.

Als größtes Problem sehe ich aber nach wie vor, dass eben nur ein sehr kleiner Teil der Leute wirklich was tut. Wenn auf einem Bahnsteig 20 Leute anfangen zu reagieren, steht die Chance nicht schlecht, dass wenigstens einer davon zum Nothalt rennt. Wenn aber 19 sehen, dass einer irgendwas tut, und dann eben selber nichts tun, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dieser eine irgendwas macht, was nicht zielführend ist, und nicht zielführend wäre in dem Fall z.B. die Betätigung des Bahnsteignotrufs.
Außerdem sollte es bei der MVG "Mobilitätshelfer" geben, die Blinden, Rollstuhlfahrern und anderen Leuten mit Mobilitätseinschränkung bei Bus- und Bahnfahrten helfen. Nicht an jeder HST, aber an einigen Knotenpunkten, an anderen Stellen kann einer mit Voranmeldung 30 Min. vor Fahrtantritt "bestellt" werden. Auch das würde helfen, solche Unfälle zu vermeiden.
Die Silberhornstraße ist kein allzu wichtiger Knotenpunkt (weil irgendwie Knotenpunkt mit Bus oder Tram ist eigentlich fast jeder U-Bahnhof), und wäre daher nach Deinem Modell ohnehin unbesetzt gewesen. Außerdem kann ein Mobilitätshelfer auch nur an einer Stelle sein, und hätte von dem Unfall ggf. gar nichts mitbekommen.

Ich halte ehrlich gesagt nicht so viel von der Idee, weil in irgendeiner Weise körperlich behinderte Leute haben ja noch mehr Gefahren als nur die U-Bahn, ein Blinder könnte z.B. einen Abhang runterfallen oder von einem Auto erwischt werden.

Wenn ein Blinder Begleitung braucht, sollte er sie bekommen, dann aber nicht nur im Bereich von U-Bahnhöfen, und auch da nur wenn zufällig ein Mitarbeiter da ist, sondern auf dem gesamten Weg, wo er die Hilfe braucht. Deswegen kann so ein Begleitdienst auch nur allgemeiner Art und nicht auf die eigentlichen Verkehrsmittel beschränkt sein. Wenn der Blinde dagegen der Meinung ist, er schafft den Weg auch alleine, wird er sich sicherlich auch nicht vorher bei der MVG anmelden - schon allein der Selbstständigkeit wegen.
Lazarus @ 11 Jun 2009, 15:15 hat geschrieben:kein Wunder, das sich keiner traut, einen Nothalt oder Notbremse zubetättigen. Da steht ja gross drunter Missbrauch strafbar und das istein äusserst dehnbarer Begriff juristisch gesehen
Nein, der Begriff ist nicht dehnbar. Missbrauch ist es, wenn eindeutig ohne Grund gezogen wurde. Eine Fehleinschätzung ist kein Missbrauch! Wir können ja einfach mal ins Gesetz schauen. $145 StGB meint dazu:
(1) Wer absichtlich oder wissentlich

1.    Notrufe oder Notzeichen mißbraucht oder
2.    vortäuscht, daß wegen eines Unglücksfalles oder wegen gemeiner Gefahr oder Not die Hilfe anderer erforderlich sei,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.


(2) Wer absichtlich oder wissentlich

1.    die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Warn- oder Verbotszeichen beseitigt, unkenntlich macht oder in ihrem Sinn entstellt oder
2.    die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Schutzvorrichtungen oder die zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr bestimmten Rettungsgeräte oder anderen Sachen beseitigt, verändert oder unbrauchbar macht,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 303 oder § 304 mit Strafe bedroht ist.
Man muss sich also bewusst sein, dass es ein Missbrauch ist.

--------
Zu dem Fall selber: Auch wenns mal wieder modern ist, den Fahrern alles mögliche vorzuwerfen, sehe ich das hier nicht so.

Die Abendzeitung schreibt dazu:
Laut Polizei kann er die Frau im Gewusel nicht gesehen haben
Sobald auch nur eine Person zwischen Fahrer und Ort des Unfalls steht (was bei dem Unfallort am vorletzten Wagen schon ein Wunder wäre, wenn da keiner im Weg steht), hat der Fahrer keine Chance, davon etwas mitzubekommen, ganz egal ob er jetzt in den Spiegel schaut oder draußen steht. Das kann jeder selber nachprüfen, schaut halt mal beim Einsteigen an der ersten Türe nach rechts, und achtet mal darauf, wie viel man da sieht.

Auch das Hochklettern selber konnte er nicht sehen, außer die Frau war schon halb auf dem Bahnsteig - schließlich steht da sogar ein massiver Zug in der Sicht.

Die Spiegelabfertigung ist tendentiell sogar sicherer als die Abfertigung per rausgehen, weil der Zeitraum, in der der Fahrer den Zug einsehen kann, länger ist - und er den Zug bis zur Vorbeifahrt am Spiegel im Blick hat.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Taschenschieber

Beitrag von Taschenschieber »

@Boris: Die Mobilitätshelfer sollten in meiner Vorstellung mobilitätsbeschränkte Personen von Tür zu Tür oder zumindest von Hst. zu Hst. begleiten. Die Knotenpunkte sollten nur als "Ausgangsbasis" dienen, damit z. B. Rollstuhlfahrer, die am Hbf. ankommen, keine Voranmeldung brauchen, sondern sofort wer bereitsteht. Außerdem denke ich, dass man von diesen Knotenpunkten schnell zu allen anderen Punkten im Netz kommt.

Dass für Blinde noch andere Gefahren als U-Bahnen bestehen, ist klar. Aber U-Bahnen sind nun mal wirklich die Härte, wenn man nix sieht, zumal da ja auch alles enorm schnell gehen muss. Um in Ruhe abzutasten, ob das vor einem wirklich eine Tür ist, hat man oft keine Zeit mehr, bevor abgefertigt wird... Natürlich wird gewartet, wenn jemand sichtliche Schwierigkeiten hat (zumal man Blinde in der Regle auch ganz gut erkennt), aber was, wenn der U-Bahn-Fahrer die Situation mal falsch einschätzt? Zack, U-Bahn weg, 10 Minuten Wartezeit. Mit einem Mobilitätshelfer, über dessen Einsatz der fahrer auch bescheid wissen sollte (Benachrichtigung per Funk spätestens 1 Hst. vorher mit Ein- und Ausstiegdaten) würde alles deutlich beschleunigt.

Gruß,
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elchris
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Beitrag von elchris »

Du siehst, wenn du dich draussen hinstellst genausoviel wie bei einem Blick in den Spiegel. Du hast also bei beidem die gleiche Chance, so einen Vorfall zu bemerken - und wenn dir Leute "davor" den Blick hinter verbergen, siehst du auch nichts. Auf den Bahnsteig greifende Hände ebensowenig - hier zeigt sich nur wieder, dass die Nothalte viel zu klein und zu schlecht angebracht sind - und viel zu wenige von deren Existenz wissen.

Schlimmer Unfall, wurde bei uns auch schon besprochen...
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

naja mit Bahnsteigtüren wär der Unfall vermutlich net passiert :ph34r:
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Taschenschieber

Beitrag von Taschenschieber »

Lazarus @ 11 Jun 2009, 17:23 hat geschrieben: naja mit Bahnsteigtüren wär der Unfall vermutlich net passiert :ph34r:
Was aber ein Heidengeld kostet, den Betrieb verkompliziert, die Haltedauer verlängert etc.
Alles schon mal diskutiert worden. Persönlich halte ich da nicht so viel von, obwohl es sicher auch Vorteile hat.

Gruß,
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Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Lazarus @ 11 Jun 2009, 18:23 hat geschrieben: naja mit Bahnsteigtüren wär der Unfall vermutlich net passiert :ph34r:
ohne U-Bahn vermutlich auch net...
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Lazarus @ 11 Jun 2009, 15:15 hat geschrieben: kein Wunder, das sich keiner traut, einen Nothalt oder Notbremse zubetättigen. Da steht ja gross drunter Missbrauch strafbar und das istein äusserst dehnbarer Begriff juristisch gesehen
Ach ja, noch eine Anmerkung ist mir grade eingefallen, was man nicht vergessen sollte - unterlassene Hilfeleistung ist auch strafbar. Wer also einen Nothalt nicht zieht, obwohl er die Möglichkeit hatte, muss ggf. auch mit rechtlichen Folgen rechnen.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Didy
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Beitrag von Didy »

elchris @ 11 Jun 2009, 18:04 hat geschrieben:hier zeigt sich nur wieder, dass die Nothalte viel zu klein und zu schlecht angebracht sind - und viel zu wenige von deren Existenz wissen.
Eine sinnvolle Lösung für solche Fälle wäre doch, entsprechende Schilder anzubringen, die darauf Hinweisen. Nicht irgendwelche 20-cm-Schilder an der Säule, sondern Von-der-Decke herabhängende Schilder links und rechts der jeweiligen Nothalte mit so ungefähr 1m Breite und Leuchtroter Aufschrift "Nothalt" und einem Pfeil. Und zwar die Schilder senkrecht zu den Gleisen und nicht parallel dazu, dass man sie eben bei Blick entlang des Bahnsteiges lesen kann, und nicht erst wenn man schon davorsteht.

Wäre deutlich einfacher und billiger als Bahnsteigtüren und würde sicher einiges bringen.


Außerdem: Hab ich das richtig verstanden, dass es Notrufsprechstellen in den U-Bahn-Stationen gibt? Darauf hab ich ehrlichgesagt bislang auch nur beiläufig geachtet, die Nothalte kenne ich natürlich.

Insofern wäre es auch eine Überlegung, dass das Auslösen eines Notrufs auch einen Nothalt mit auslöst! Wenn hier tatsächlich ein Notruf - noch vor der Anfahrt des Zuges - abgesetzt wurde, hätte mit so einer technischen Verknüpfung der Unfall verhindert werden können.


@Boris: Wegen der rechtlichen Seite hast du natürlich recht. Es könnte aber trotzdem sein, dass sich manche Leute von solchen Hinweisen abschrecken lassen.
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Beitrag von Taschenschieber »

Die Hemmschwelle, etwas zu tun, ist halt höher als die Hemmschwelle, nichts zu tun. Das Ganze ist meiner Meinung nach eher ein psychologisches Problem...
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Didy @ 11 Jun 2009, 18:47 hat geschrieben: Insofern wäre es auch eine Überlegung, dass das Auslösen eines Notrufs auch einen Nothalt mit auslöst! Wenn hier tatsächlich ein Notruf - noch vor der Anfahrt des Zuges - abgesetzt wurde, hätte mit so einer technischen Verknüpfung der Unfall verhindert werden können.
Da hat man aber das Problem, dass der Notruf durchaus öfter benutzt wird - hier jedesmal den kompletten Verkehr anzuhalten, wäre etwas überdimensioniert....
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Beitrag von Didy »

Boris Merath @ 11 Jun 2009, 19:02 hat geschrieben: Da hat man aber das Problem, dass der Notruf durchaus öfter benutzt wird - hier jedesmal den kompletten Verkehr anzuhalten, wäre etwas überdimensioniert....
Das ist die Frage, für welche Zwecke der dann benutzt wird...?

Wie wird der Nothalt eigentlich wieder Zurückgesetzt, von der Leitstelle aus?

Alternativ zumindest - zusätzlich zu den bestehenden Nothalt-Hebeln - einen DIREKT neben jeden Notruf (oder ist das schon so?). Also nicht um die Ecke, sondern mit 1cm Abstand an die selbe Wand. Plus eindeutige und leichtverständliche Beschriftung.
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Beitrag von Boris Merath »

Didy @ 11 Jun 2009, 19:07 hat geschrieben: Wie wird der Nothalt eigentlich wieder Zurückgesetzt, von der Leitstelle aus?
Nein, vor Ort mit nem Dreikant direkt am Griff selber.
Alternativ zumindest - zusätzlich zu den bestehenden Nothalt-Hebeln - einen DIREKT neben jeden Notruf (oder ist das schon so?). Also nicht um die Ecke, sondern mit 1cm Abstand an die selbe Wand. Plus eindeutige und leichtverständliche Beschriftung.
Ja. Wobei es bei den älteren Bahnhöfen momentan noch blöder ist. Da hat man jeweils einen Nothalt an beiden Enden des Bahnhofs, und einen in der Mitte. Die Notrufe sind jeweils etwa mittig zwischen zwei Nothalten.
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Beitrag von elchris »

Didy @ 11 Jun 2009, 19:07 hat geschrieben: Wie wird der Nothalt eigentlich wieder Zurückgesetzt, von der Leitstelle aus?
Hingehen, Dreikant auspacken, zurückstellen.
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RFZ
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Beitrag von RFZ »

Ein Thema, was mich schon längere Zeit beschäftigt - und es wundert mich dass es in der Diskussion bisher nicht gefallen ist - ist die Rettungszone unterhalb der Bahnsteigkante.
Ich weiß leider nicht, ob jede Haltestelle diese Rettungszone unterhalb der Bahnsteigkante hat (wäre schön, wenn dazu hier jemand etwas sagen könnte), aber ich schätze mal, wenn die Frau davon gewusst hätte, wäre sie einfach dort unten geblieben, statt zu versuchen wieder nach oben zu klettern.
Ich selbst würde mich auch weitaus sicherer fühlen, wenn ich wüsste, dass dieser Freiraum an allen Bahnsteigen in München existiert...
Vielleicht fehlt hier auch einfach ein wenig Aufklärung? Denn soweit ich weiß, ist dies am Bahnsteig in keinster Weise gekennzeichnet.
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TramPolin
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Beitrag von TramPolin »

RFZ @ 12 Jun 2009, 00:59 hat geschrieben: Ein Thema, was mich schon längere Zeit beschäftigt - und es wundert mich dass es in der Diskussion bisher nicht gefallen ist - ist die Rettungszone unterhalb der Bahnsteigkante.
Ich weiß leider nicht, ob jede Haltestelle diese Rettungszone unterhalb der Bahnsteigkante hat (wäre schön, wenn dazu hier jemand etwas sagen könnte), aber ich schätze mal, wenn die Frau davon gewusst hätte, wäre sie einfach dort unten geblieben, statt zu versuchen wieder nach oben zu klettern.
Ich selbst würde mich auch weitaus sicherer fühlen, wenn ich wüsste, dass dieser Freiraum an allen Bahnsteigen in München existiert...
Vielleicht fehlt hier auch einfach ein wenig Aufklärung? Denn soweit ich weiß, ist dies am Bahnsteig in keinster Weise gekennzeichnet.
Ja, das Thema wurde in Verbindung mit diesem Unfall noch nicht angesprochen. Meines Wissens ist an allen U-Bahnstationen so ein Schutzraum unter der Bahnsteigkante vorhanden. Bevor man riskiert, nach einem Gleissturz nach schnell vor einem herannahenden Zug oder bei drohender Zuganfahrt nach oben zu klettern, sollte man besser unter der Bahnsteigkante Schutz suchen.
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Beitrag von eherl2000 »

In München besteht in allen U-Bahnhöfen ein Schutzraum unter der Bahnsteigkante.
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Beitrag von lsp »

Zu diesem Freiraum unter der Bahnsteigkante steht auch etwas auf der MVG Homepage: http://www.mvg-mobil.de/sicherheit.htm
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Beitrag von rob74 »

RFZ @ 12 Jun 2009, 00:59 hat geschrieben: [...] ich schätze mal, wenn die Frau davon gewusst hätte, wäre sie einfach dort unten geblieben, statt zu versuchen wieder nach oben zu klettern.
Da muss man allerdings nicht einfach "unten bleiben", sondern (laut MVG) den Schutzraum suchen und sich flach an die Wand drücken. Das dürfte ziemlich schwierig sein, wenn man nichts sieht und von dem Sturz noch zusätzlich desorientiert ist...

Noch zwei Sachen: selbst wenn noch mehr Fahrgäste am Bahnsteig waren (was an der Silberhornstraße umd 22.45 an einem Wochentag ziemlich wenig wahrscheinlich ist), hätten sie den Vorfall auch nur gesehen, wenn sie genau als es passiert ist in die Richtung geschaut hätten. Aber die, die in den Zug einsteigen wollten, waren wahrscheinlich gerade damit beschäftigt, und die die in die andere Richtung wollten standen wahrscheinlich mit dem Rücken zum Unfallort.

Was mich stutzig macht, ist dieses Zitat aus dem tz-Artikel:
Bei den neuen Waggons ist die Verwechslungsgefahr groß. Da muss sich ein blinder Mensch sehr konzentrieren.
Die "neuen Waggons"=C-Wagen? Da sind die Abstände zwischen den Wagen doch kleiner als bei A und B, und außerdem hat man da noch den Gelenkbalg, an den man mit dem Blindenstab eigentlich drangeraten müsste, wenn man nach einer Tür sucht?

Eine Lösung wäre ein Scherengitter, wie man es vor längerer Zeit bei manchen Straßenbahnen zwischen Trieb-und Beiwagen eingesetzt hat. Das wäre zwar einiges an zusätzlicher Arbeit beim Kuppeln der Wagen, aber das wird ja in letzter Zeit eh kaum noch im laufenden Betrieb gemacht. Außerdem sieht's natürlich nicht wirklich toll aus, aber wenn's der Sicherheit dient, sollte das kein Gegenargument sein...
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Beitrag von TramPolin »

Laut Süddeutsche Zeitung von heute (Seite 37, Stadtausgabe) ist der Mann, der den Nothalt zog, selbst U-Bahnfahrer. Er war auf der Rolltreppe, als er Rufe hörte. Daraufhin rannte er zum Bahnsteig und zog den Nothalt. Doch da hatte der Zug bereits den Kontakt am Tunneleingang überfahren, sodass er weiterrollte.

Die Fahrgäste sind offenbar nicht in der Lage, den Nothalt zu ziehen. Diese hätten noch einen zeitlichen Vorsprung gehabt.
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

TramPolin @ 12 Jun 2009, 11:00 hat geschrieben: Doch da hatte der Zug bereits den Kontakt am Tunneleingang überfahren, sodass er weiterrollte.
Da muss der Zug aber schon gut weit gekommen sein - der "Kontakt" am Tunneleingang ist die Fahrsperre des Ausfahrsignals, aber es gibt ein weiter hinten angebrachtes Nothaltsignal, das man auch nach dem Passieren des Tunneleingangs noch einige Zeit sieht. Genau eben um einen abfahrenden Zug noch "fangen" zu können; das Ausfahrsignal ist ja schon nach wenigen Metern Fahrt passiert. Wenn er auch schon am Nothaltsignal vorbeigefahren war, muss er zu dem Zeitpunkt schon mehr als eine Wagenlänge weiter gewesen sein...

Gruß Michi
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Beitrag von rob74 »

Die Diskussion ist glaube ich müßig, für die Frau war es leider ab dem Moment, als sich der Zug in Bewegung gesetzt hat, schon zu spät. Ob er jetzt nach 5 oder nach 50 Metern zum Stehen gekommen wäre, ist also unerheblich...
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Beitrag von TramPolin »

Michi Greger @ 12 Jun 2009, 11:09 hat geschrieben: Da muss der Zug aber schon gut weit gekommen sein - der "Kontakt" am Tunneleingang ist die Fahrsperre des Ausfahrsignals, aber es gibt ein weiter hinten angebrachtes Nothaltsignal, das man auch nach dem Passieren des Tunneleingangs noch einige Zeit sieht. Genau eben um einen abfahrenden Zug noch "fangen" zu können; das Ausfahrsignal ist ja schon nach wenigen Metern Fahrt passiert. Wenn er auch schon am Nothaltsignal vorbeigefahren war, muss er zu dem Zeitpunkt schon mehr als eine Wagenlänge weiter gewesen sein...

Gruß Michi
Dazu kommt noch, dass der Zug dann auch nicht sofort zum Stehen kommt. Im vorliegenden Fall hätte das Ziehen des Nothalts nur einen Unfall verhindert, wenn der Zug noch nicht oder gerade im Moment angefahren wäre. Ein paar Augenblicke danach hätte vielleicht noch das Allerschlimmste verhindert werden können.

Laut Zeitung erfuhr der U-Bahn-Fahrer des Unglückszugs erst durch die Leitstelle per Funk von dem Unfall - das irgendwo zwischen den Stationen Silberhornstraße und Kolumbusplatz.
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Beitrag von elchris »

Ja, der Fahrer bemerkte vom Unfall nichts - es haben also auch im Zug keine Leute davon etwas bemerkt/bemerken wollen.

Warum Schutzgitter oder Netze? Wenn sich ein Erwachsener (und noch dazu behinderter Mensch) in die U-Bahn begibt (Eisenbahnbetrieb IST gefährlich) muss er für sich sicherstellen können, sicher sich damit zu bewegen. Hunderttausende - auch tausende Blinde, Taube oder in der Bewegung eingeschränkte Menschen tun das täglich sicher.

Tragischer Unfall bei denen die Passaten (und an der SI ist an nem Feiertag abends was los!) versagt haben, nicht Personal oder Technik.
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Beitrag von gmg »

rob74 @ 12 Jun 2009, 10:57 hat geschrieben:
Was mich stutzig macht, ist dieses Zitat aus dem tz-Artikel:

Die "neuen Waggons"=C-Wagen? Da sind die Abstände zwischen den Wagen doch kleiner als bei A und B, und außerdem hat man da noch den Gelenkbalg, an den man mit dem Blindenstab eigentlich drangeraten müsste, wenn man nach einer Tür sucht?
Ich glaube auch nicht, dass der Unglückszug ein C war. Erstens fahren die so spät abends nicht, zweitens wäre die Frau dort nicht so leicht reingefallen weil die Lücke kleiner ist, und drittens hätte sie mit ihrem Stock den Faltenbalg bemerkt und wäre gar nicht erst weiter gegangen.

Mir kann übrigens keiner erzählen, dass der Fahrgast im Wagen der Einzige war, der das bemerkt hat. Sowas fällt doch auf! Ich habe schon mehrfach beobachtet, wie Leute mit einem Bein in den Spalt gefallen sind, und einmal, wie einer von der S-Bahn mitgeschleift wurde. Das fällt echt auf! Dazu kommt noch, dass die bestimmt nicht erst kurz vor der Abfertigung einsteigen wollte.
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Beitrag von Woodpeckar »

gmg @ 12 Jun 2009, 12:53 hat geschrieben:Mir kann übrigens keiner erzählen, dass der Fahrgast im Wagen der Einzige war, der das bemerkt hat. Sowas fällt doch auf!
Mir kann übrigens kein Mensch erzählen, dass er weiss, was ein anderer zu irgendeiner Zeit nicht nur gesehen, sondern auch wirklich wahrgenommen und verarbeitet hat.

Diese großkotzige Fingerzeigerei auf alle möglichen "Schuldigen" die man aus der Ferne vom Hörensagenspekulieren als Unbeteiligter erkannt hat, inklusive der überheblichen Besserwisserei nachdem etwas passiert ist, ist nur erbärmlich.
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Beitrag von gmg »

Woodpeckar @ 12 Jun 2009, 13:13 hat geschrieben: Diese großkotzige Fingerzeigerei auf alle möglichen "Schuldigen" die man aus der Ferne vom Hörensagenspekulieren als Unbeteiligter erkannt hat, inklusive der überheblichen Besserwisserei nachdem etwas passiert ist, ist nur erbärmlich.
Ich nehme mir das heraus weil ich selber schon sowohl bei Unfällen geholfen als auch bei gewalttätigen Übergriffen schon eingegriffen habe. Außerdem habe ich selber auch schon erlebt wie mir Hilfe verwehrt blieb. Daher erlaube ich es mir, über solche Leute zu urteilen. Wenn du das erbärmlich findest, dann nimm die Hilfeverweigerer ruhig weiterhin in Schutz!
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