Das Auto abschaffen

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ic111
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Beitrag von ic111 »

Autobahn @ 11 Jan 2010, 22:48 hat geschrieben:
Selbstverständlich muss es einen guten ÖPNV geben, das habe ich nie bestritten. Und ich kann auch nicht abstreiten, dass ein guter ÖPNV mehr Menschen dazu bringt, das Auto stehen zu lassen. Und gerade bei Mobility kann man sehr gut beobachten, dass man trotz aller Anstrengungen den MIV nicht ausmerzen kann. Und da habe ich Städte mit 200Tsd Einwohnern und einer Taktdichte im ÖPNV von 2 Minuten gebaut, trotzdem gab es dichten Verkehr, teilweise Staus. Und ich habe die Parameter zu Gunsten des ÖPNV verschoben.
Moment bitte: Es bleiben trotzdem Parameter, die die Entwickler der Simulation festgelegt haben, und zwar mitsamt ihrer Wirkungsweise. Ich kann nicht beurteilen, wie nahe die am (derzeit?) realen Verhalten der Menschen liegen, aber keinesfalls können sie jeden denkbaren gesellschaftlichen Wandel abdecken.

Da geht es doch auch um so Dinge wie durchschnittliche Weglänge zum Arbeitsplatz, Bereitschaft zum Umziehen, Fahrradfahren, etc.
Kurz gesagt, ich denke die Zusammenhänge sind zu viel komplex als dass ich die Folgerung "Weil es in der Simulation nicht geht, geht es auch in Echt nicht" für zulässig halten würde.

Andersherum gedacht: Wie groß ist denn die Ausdehnung deiner simulierten Stadt? Lassen wir es mal 10km sein. 10km bedeutet mit dem Fahrrad maximal größenordnungsmäßig 30 bis 45 Minuten vom einen zum anderen Ende. Dazu kommt noch ÖPNV. Gibt es wirklich so viele Leute, die entweder schwere Lasten transportieren müssen oder körperlich aufs Auto angewiesen sind, dass es für Staus reicht? Würde mich überraschen.

Natürlich, da gebe ich dir recht, auf absehbare Zeit werden die Leute realistischerweise das Auto in einer Weise benutzen, die zu den Zuständen aus der Simulation führt. Das heißt aber nicht dass es nicht anders ginge, nur dass die Einstellung der Leute heute eben so ist...
Zum Sperren gewisser Straßen: Der Zielverkehr wird tatsächlich weniger, der Durchgangsverkehr sucht sich aber andere Wege, oft aber dann weiträumig.
Der Zielverkehr der einen Straße ist der Durchgangsverkehr einer anderen.

Es müssen ja auch nicht gleich Sperren sein, einfach an sowieso gut öffentlich angebundenen Orten weniger Parkplätze vorsehen wäre oft auch schon was. Beispiel von meinem Arbeitsplatz: Buslinie in die Stadt rein mit Gelenkbussen im siebeneinhalb-Minuten-Takt, dazu ein großer Parkplatz für die Angestellten (da Uni größtenteils im Altersbereich 25 bis 35, überwiegend gesund). Die Strasse die der Bus befährt ist oft verstopft wegen zuvieler Autos (Umbau aber schon beschlossen :-)). Ich würde behaupten, wenn da weniger Parkplätze wären, bei gleichzeitiger Bevorzugung von Leuten die aus gesundheitlichen Gründen einen brauchen, ginge es für alle wieder ein bißchen flotter. Und die freiwerdende Fläche (Platzmangel!) könnte man wohl auch gut gebrauchen.
ic111
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Beitrag von ic111 »

Also in 20 Minuten schafft man es nicht, 25 sind es mindestens, eher 30. Gibt auch ein paar Ampeln an die ich mich halten muss (und ja, das tue ich auch als Radler). Aber: Bei dem Wetter mit dem Fahrrad? Da schaff ich es gerade bis auf die Straße und dann lieg ich ;)
Insofern sehe ich das Fahrrad nicht als Alternative, vielleicht im Sommer. Aber da ras' ich nicht wie ein Verrückter, sonst bin ich total durchgeschwitzt :D
Ich kenne die Gegend nicht, aber sprechen die Zeiten für 6km nicht vor allem dafür dass da bei der Radlerinfrastruktur einiges im Argen liegt? Beim 18km/h Durchschnittsgeschwindigkeit schaffe ich 6km in 20 Minuten. Und das ist eigentlich nicht so furchtbar schnell. Wenn es 30 Minuten sind, dann bedeutet das ja nur noch 12 km/h!

Was das Wetter betrifft: Klar, da ist Fahrradfahren zeitmäßig eine Mischkalkulation: Vielleicht hat man mit einer Mischung Fahrrad / ÖPNV auf der Strecke dann zwei Drittel der Tage mit 25 Minuten Fahrrad und ein Drittel mit der längeren ÖPNV-Fahrzeit. Wobei ich es mit einer Überhose und einem gescheiten Anorak schon schaffe, auch bei Dauerregen trocken anzukommen, ist halt immer auch eine Frage der Kleidung...

Bei der Kritik an den fehlenden Tangentialverbindungen hast du aber recht!
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 11 Jan 2010, 22:48 hat geschrieben: Nun, in einigen Beiträgen wird zumindest eine MIV-freie Stadt angestrebt. Also schon noch Lieferverkehr, Taxi etc.
Kann ich nicht finden, wenigstens kein Beitrag in dem das als echte Forderung stand. Vielleicht den einen oder anderen, der sowas als Gedankenexperiment angesprochen hat und mal zum Nachdenken anregen sollte, ob sowas möglich ist.
Zum Sperren gewisser Straßen: Der Zielverkehr wird tatsächlich weniger, der Durchgangsverkehr sucht sich aber andere Wege, oft aber dann weiträumig.
Nicht nur der Zielverkehr wird weniger. Auch der Durchgangsverkehr wird höchst wahrscheinlich abnehmen. Da ist die U-Bahn dann plätzlich doch schneller und attraktiver, da reicht es dann plötzlich doch zum Schuhgeschäft nebenan zu fahren statt zur riesigen Mall am Stadtrand und selbst wenn sich durch die Umfahrungen die Autos besser verteilen und auch nur der Stau wegfällt, haben dennoch die Leute alle was gewonnen. Die Autofahrer ne - trotz längerer Strecke - kürzere Fahrzeit ohne Stau und die Einwohner weniger Verkehrsbelastung.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Didy @ 11 Jan 2010, 22:02 hat geschrieben: Wer hier wünscht sich denn eigentlich eine "autofreie" Stadt? Bitte mal Hand heben. Ich hab das jedenfalls nie gefordert oder ernsthaft gewünscht.
Doch, wünschen tue ich sie mir, aber mir ist bewusst dass es nicht realistisch ist. Was mir abgeht sind jegliche Ansicht über ein "bitte bitte" hinaus, den Autoverkehr wirklihc deutlich zu reduzieren. Zugelassen ist bei der Reduzierung der Verkehrsbelastung irgendwie alles, solange es niemandem die Spaß am Autofahren verleidet. Sobald auch nur ein Autofahrer möglicherweise verärgert ist dadurch, wars das auch schon. Gleichzeitig wird überall über die hohe Verkehrsbelastung gejammert - aber so geht das halt nicht. Deswegen eben ein Vorschlag: Man richte verschiedene Zonen ein. Wer ein Auto haben will, muss dann halt in die Bereiche, die straßenmäßig gut erschlossen sind, wer der Meinung ist ohne Auto auszukommen, zieht in die gesperrten Bereiche.

Genauso frage ich mich in München immer bei der Forderung nach der guten Erreichbarkeit der Fußgängerzone durch Autos: Wozu eigentlich? Alle anderen Einkaufszentren der Stadt und vor den Toren Münchens bieten ausreichend Parkplätze, warum muss die Innenstadt dann auch noch von Straßen durchzogen sein? Warum muss man mim Auto denn wirklich überall hinkommen? So überlastet wie die bestehende Fußgängerzone ist - wenn die paar Leute, die mim Auto anreisen, und für die die ganze Straßeninfrastruktur in der Innenstadt vorgehalten werden muss, wirklich ausbleiben, dürfte man das kaum merken, die meisten kommen doch auch heute schon mit dem ÖPNV.

Und ja, dadurch müssen die INnenstadtparkhäuser dann dicht machen - angesichts dessen, dass die Eigentümer dieser Parkhäuser in München größtenteils Millionäre sind, glaube ich aber nicht dass man darauf wirklich Rücksicht nehmen braucht.

Zu dem "Beweisen" per Computerspiel sag ich jetzt mal besser nichts.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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autolos
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Beitrag von autolos »

Boris Merath @ 11 Jan 2010, 19:56 hat geschrieben: Also bisher wird das Modell der autogerechten Stadt mir aufgezwungen - ich muss damit leben, ob ich will oder nicht.

Der Vorschlag, doch einfach aufs Land zu ziehen ist dabei übrigends sehr hilfreich - zum einen gibt es auch aufm Land genug stark befahrene Straßen, zum anderen bleibt einem aufm Land sowieso nichts anderes übrig als sich ein Auto zuzulegen, und damit wars das schon wieder mit dem autofreien Leben.

Ich habe also die Wahl zwischen einer im Autoverkehr versinkenden Stadt und einem ÖPNV-mäßig im allgemeinen sehr schlecht erschlossenen Land - wo ist hier die vielbeschworene Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Lebensmodellen?
Aber Du bist halt nicht der einzige. Nur weil Dir es nicht paßt, heißt das nicht, daß Du recht hast. Zu der Verkehrssituation in München tragen täglich hundertausende von individuellen Entscheidungen bei. Die Ergebnisse dieser Entscheidungen wirken auf möglicherweise noch viel mehr Menschen - negativ wie positiv. Eine Einflußnahme auf den modal split verursacht also hundertausende Entscheidungen täglich und bewirkt positive und negative Veränderungen bei den unmittelbar Betroffenen und bei den sehr vielen mittelbar betroffenen. Weißt Du, ob die positiven oder negativen Wirkungen überwiegen?

Dein Stadt-Land-Vergleich ist doch sehr schwarz-weiß und damit nicht Gegenstand einer ernsten Diskussion.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Boris Merath @ 12 Jan 2010, 01:40 hat geschrieben:Deswegen eben ein Vorschlag: Man richte verschiedene Zonen ein. Wer ein Auto haben will, muss dann halt in die Bereiche, die straßenmäßig gut erschlossen sind, wer der Meinung ist ohne Auto auszukommen, zieht in die gesperrten Bereiche.
Da liegen wir gar nicht einmal so weit auseinander. So lange wichtige Einrichtungen (Behörden, Krankenhäuser, Supermärkte) für alle erreichbar sind, soll es mir recht sein. In Deinem speziellen Fall, was war zuerst da, die Durchgangsstraße oder Du? Genau so könnte ich neben eine stark befahrene Eisenbahnstrecke oder in die Nähe eines Flughafens ziehen und dann die Stillegung verlangen.
Boris Merath @ 12 Jan 2010, 01:40 hat geschrieben:Genauso frage ich mich in München immer bei der Forderung nach der guten Erreichbarkeit der Fußgängerzone durch Autos: Wozu eigentlich? Alle anderen Einkaufszentren der Stadt und vor den Toren Münchens bieten ausreichend Parkplätze, warum muss die Innenstadt dann auch noch von Straßen durchzogen sein? Warum muss man mim Auto denn wirklich überall hinkommen? So überlastet wie die bestehende Fußgängerzone ist - wenn die paar Leute, die mim Auto anreisen, und für die die ganze Straßeninfrastruktur in der Innenstadt vorgehalten werden muss, wirklich ausbleiben, dürfte man das kaum merken, die meisten kommen doch auch heute schon mit dem ÖPNV.

Und ja, dadurch müssen die INnenstadtparkhäuser dann dicht machen - angesichts dessen, dass die Eigentümer dieser Parkhäuser in München größtenteils Millionäre sind, glaube ich aber nicht dass man darauf wirklich Rücksicht nehmen braucht.
Befahrbare Straßen wirst Du nicht aus der Innenstadt verbannen können, allein schon der Lieferverkehr erfordert es. Ich kenne die MIV-Quote der Besucher der Münchner Fußgängerzone nicht. Aber wenn die Anfahrt zu den Parkhäusern störend ist, kann sie nicht so klein sein. Und auf diese Kaufkraft wollen die Händler nicht verzichten. Mir persönlich ist es aber egal, ob in München oder anderswo. Ich muss ja nicht dahin.
Boris Merath @ 12 Jan 2010, 01:40 hat geschrieben:Zu dem "Beweisen" per Computerspiel sag ich jetzt mal besser nichts.
Von einem Beweis habe ich auch nie etwas geschrieben. Diese Simulation zeigt aber sehr gut auf, wie schwierig es für die Stadt- und Verkehrsplaner ist, Stadtwachstum zu erreichen. Du kannst es ja mal versuchen.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Beitrag von c-a-b »

Wie hat man es so schön in Paris gemacht? Einfach einen breiten Boulevard in der Peripherie hergenommen, eine breite Strassenbahn drauf geknallt und für die Autos nur noch eine einzelne Spur nebendran gelassen. Nun geht es auch mit der Strassenbahn schneller.

In Deutschland baut man zuerst die Straßen aus und dann überlegt man, wie man noch eine Strassenbahn da unterbringen könnte, die nicht zuviel kosten darf.

Wenn man dem Auto den Vorrang lässt, darf man sich nicht wundern, wenn es in der Bevölkerung beliebter ist.
[font=Optima]Gegen Hassprediger aller Arten, besonders bei Eisenbahnfetischisten!

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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Boris Merath @ 11 Jan 2010, 19:56 hat geschrieben:Der Vorschlag, doch einfach aufs Land zu ziehen ist dabei übrigends sehr hilfreich - zum einen gibt es auch aufm Land genug stark befahrene Straßen, zum anderen bleibt einem aufm Land sowieso nichts anderes übrig als sich ein Auto zuzulegen, und damit wars das schon wieder mit dem autofreien Leben.
Nur weil du davon ausgehst, dass du "dein Land" verlassen wirst. Werd Bauer aufm Selbstversorgerhof, schon brauchst du kein Auto, weil du gar nicht weiter vom Hof wegwillst und -kannst, also fußläufig erreichbar ist. :)
(Um Sonntags in die nächste Dorfkirche zu kommen, kannste ja vielleicht ausnahmsweise dein Pferd satteln. :D)
Didy @ 11 Jan 2010, 22:02 hat geschrieben:Es wird für die Anwohner und Fußgänger besser: Ein Bus oder eine Tram macht nunmal weniger Lärm als 50-200 Autos, also wird Wohnen, arbeiten, spazierengehen, auch an den Hauptverkehrsachsen viel angenehmer.
Es wird für die ÖPNV-Kunden besser, weil nicht alle 10 sondern alle 5 Minuten eine Tram fährt und vielleicht auch neue Querverbindungen geschaffen werden, die Fahrzeit sparen. Und weil die Busse schneller vorankommen weil weniger Stau ist.
Und es wird auch für die Autofahrer besser, weil weniger Stau ist und vermutlich auch die Parkplatzsuche einfacher geht.
Das ganze erzielt auch einen Selbstläufer-Effekt, in beiden Richtungen. Wenn weniger Stau auf der Straße ist und dadurch Tram und/oder Bus schneller vorankommen, und das in dichtem Takt,werden irgendwann auch immer mehr Leute mit dem ÖPNV fahren. Vielleicht dann sogar auch aus Bequemlichkeit, nämlich ohne die Hektik der Parkplatzsuche. ("Mit dem Auto brauch ich 20 Minuten und muss noch nen Parkplatz finden. Mit dem ÖPNV brauch ich auch 20 Minuten, aber ich kann einfach aussteigen und bin da.")
Umgekehrt führt natürlich ein hohes Autoverkehrsaufkommen und schlechter (wenig angebotener oder langsam durchkommender) ÖPNV zu weiterem Autoverkehr. "Der Bus fährt nur alle halbe Stunde, und braucht auch noch 40 Minuten? Da fahr ich lieber gleich mitm Auto...!" (Und im nächsten Jahr fährt der Bus dann nur noch jede Stunde, oder gar nicht mehr, weil er wegen zu niedriger Fahrgastzahlen gekürzt wurde. Dann fahren alle mitm Auto.)
Man kann - und muss - also auch steuern, in welche Richtung sich der Verkehr entwickelt.
Ein "Mobilisierungsgrad" (mir fällt leider grad kein schöneres Wort ein) von 100% Autoverkehr ist ganz leicht zu erreichen: in einem Gebiet völlig ohne ÖPNV-Anbindung, selbst wenn es nicht ein reines Wohnviertel ohne Einkaufs- Freizeit- usw. -Möglichkeiten ist, werden sehr schnell alle dort vorhandenen Personen (egal ob sie da wohnen oder nur zur Arbeit dorthin kommen) sich ein Auto zulegen.
Einen Mobilisierungsgrad von 100% ÖPNV wird man dagegen nie zusammen bekommen. Egal, wie gut die Verkehrsanbindung ist, egal wie nahe die Versorgungsinfrastruktur neben den Wohnungen liegt - es wird immer mindestens einen geben, der wegen einer Behinderung; wegen seiner Arbeit, oder auch einfach zum Spaß ein Auto haben will/muß/wird. Die gewünschte "Autofreie Stadt" wird es also meiner Meinung nach niemals geben. (Wobei - doch - in den Slums in Südamerika gibt es das, da wohnen Zehntausende Menschen ohne Auto und ohne für Autoverkehr ausgebaute Straßen!)
ic111 @ 11 Jan 2010, 23:34 hat geschrieben:Der Zielverkehr der einen Straße ist der Durchgangsverkehr einer anderen. 
Wahre Worte!
ic111 @ 11 Jan 2010, 23:42 hat geschrieben:Ich kenne die Gegend nicht, aber sprechen die Zeiten für 6km nicht vor allem dafür dass da bei der Radlerinfrastruktur einiges im Argen liegt?  Beim 18km/h Durchschnittsgeschwindigkeit schaffe ich 6km in 20 Minuten.  Und das ist eigentlich nicht so furchtbar schnell.  Wenn es 30 Minuten sind, dann bedeutet das ja nur noch 12 km/h!
Ich weiß nicht ob das nur in München so ist, aber ich hab schon öfter diese wundersame Feststellung gemacht: ÖPNV, Auto und Fahrrad sind (fast) gleich schnell. Nur an welcher Infrastruktur liegt es denn jetzt?
Haben wir eine "autogerechte Stadt", müsste ich mit dem Auto am schnellsten sein, Platz 2 ist vermutlich Fahrrad, und der ÖPNV liegt weit hinten.
Gehe ich vom "Fahrradparadies" aus, müsste ich mit dem Rad am allerschnellsten sein, dann kommen ÖPNV-Transportmittel und auf Platz 3 das benachteiligte Auto
Und in der Vision der "Voll-ÖPNV-Versorgung" (wie auch immer, egal ob TramUundBus, PRT, Magnetbahn oder Beamen) sollte der ÖPNV unschlagbar schnell sein, gefolgt von wildem Radfahren auf den Fußgängerwegen. Auto mangels Straßen nicht möglich.
Nur - auf meinen praktischen Wegen stellt sich meistens keines dieser 3 Extreme ein. Meiner Ansicht nach haben wir also ein schlechtes Straßennetz für Autos, ebenso mangelnde Möglichkeiten für Radler und dazu einen langsamen ÖPNV.
Boris Merath @ 12 Jan 2010, 01:40 hat geschrieben:Genauso frage ich mich in München immer bei der Forderung nach der guten Erreichbarkeit der Fußgängerzone durch Autos: Wozu eigentlich?
Warum heisst die Fußgängerzone eigentlich noch Fußgängerzone? Wäre es nicht unter den gegebenen Umständen sinnvoller, einfach gleich alles auf Drive-in-Shopping umzustellen? Mitm Auto aus der heimischen Garage in die Innenstadt oder zur Shopping-Mall zu fahren, nur um dort dann 300m (Man denke an die armen Behinderten, die keine 300m laufen können!) zu flanieren und einzukaufen ist doch auch bescheuert. Diese letzten störenden Meter könnte man auch noch wegoptimieren...
c-a-b @ 12 Jan 2010, 10:47 hat geschrieben:In Deutschland baut man zuerst die Straßen aus und dann überlegt man, wie man noch eine Strassenbahn da unterbringen könnte, die nicht zuviel kosten darf.

Wenn man dem Auto den Vorrang lässt, darf man sich nicht wundern, wenn es in der Bevölkerung beliebter ist.
So isses!

Übrigends, hier bei mir im Olympiadorf, das ja auch schon als so tolle "autofreie Siedlung" hier gelobt wurde (in Wahrheit ist hier überhaupt nix autofrei, wir haben praktisch nur eine riesige Tiefgarage unter dem etwas grösseren Wohnblock!) ist grade unten die Polizei mitm Polizeiauto rumgefahren! Mitten auf den Fußgängerwegen, die nun wahrlich nicht für Autoverkehr gedacht sind (und teilweise so klein oder so verwinkelt, dass es schon eine Kunst ist, mitm Auto darauf zu fahren). Warum benutzen die nicht den ÖPNV? Oder sind die etwa gehbehindert und können nicht mal die 300m von der U-Bahn bis hierher zu Fuß laufen?

Gruß Michi
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Hot Doc
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Beitrag von Hot Doc »

autolos @ 12 Jan 2010, 09:02 hat geschrieben: Aber Du bist halt nicht der einzige. Nur weil Dir es nicht paßt, heißt das nicht, daß Du recht hast. Zu der Verkehrssituation in München tragen täglich hundertausende von individuellen Entscheidungen bei. Die Ergebnisse dieser Entscheidungen wirken auf möglicherweise noch viel mehr Menschen - negativ wie positiv. Eine Einflußnahme auf den modal split verursacht also hundertausende Entscheidungen täglich und bewirkt positive und negative Veränderungen bei den unmittelbar Betroffenen und bei den sehr vielen mittelbar betroffenen. Weißt Du, ob die positiven oder negativen Wirkungen überwiegen?

Dein Stadt-Land-Vergleich ist doch sehr schwarz-weiß und damit nicht Gegenstand einer ernsten Diskussion.
Wenn hier einer schwarz-weiß sieht ja dann wohl du.
Nur weil irgendwem etwas nicht paßt, heißt das aber auch noch nicht, dass er unrecht hat. Er hat erstmal eine Sichtweise und die ist in diesem Fall halt, dass der MIV gegenüber dem ÖPNV zu sehr bevorzugt wird, mit den bekannten Folgen.
Jedem steht doch nun frei für SEINE Überzeugung zu werben und eine Verbesserung in diese Richtung zu fordern. Es will ja niemand hier einfach allen ihre Autos wegnehmen und so mir nicht, dir nicht mal eben ganz München zur Fußgängerzone erklären. Aber Anregungen vielleicht mal ein Viertel mal ohne Straßen zu planen oder die Fußgängerzone auszuweiten darf doch wohl mal möglich sein, ohne sich ziemlich unreflektierte Beschimpfungen anhören zu müssen, die in der Sache nicht viel bringen.
Klar bringt jede Entscheidung sehr viele Veränderungen mit sich positive wie negative. Was mich aber eben stört ist, dass MEINER MEINUNG nach bei Straßen und ähnlichem immer so getan wird, als müsse man die negativen Seite von den Kosten bis zur Umweltbelastung halt einfach hinnehmen, weil das Auto eben dazugehört, aber wenn ne Tram o.ä. gebaut wird, dann wird auf jeden Grashalm geguckt der gekrümmt wird.

Wie in dem Beispiel aus dem Interview: Wenn 4 neue Busse angeschafft werden sollen idt kein Geld da. Wenn aber ein neues Parkhaus für viele Millionen gebaut werden soll, wird das durchgewunken, weil ja so viele Leute nen Parkplatz suchen. Dass aber die Busse (so sie attraktiv sind) wesentlich mehr Fahrten unnötig machen, als das Parkhaus je Autos aufnehmen kann, und dabei zusätzlich noch viele andere positive Veränderungen für sehr viele Menschen mitbringen, bedenkt kaum einer.
Solange die Menschen noch Freiheit mit Autofahren verwechseln, wird das wohl nichts. Echte Freiheit wäre es, zwischen verschiedenen Verkehrsträgern wählen zu können, die auf Augenhöhe zueinander stehen und für jede Strecke das wirklich sinnvollste auswählen zu können. Das heißt aber eben auch, dass ein Fahrradweg hingehört, wo man auf der Strasse nicht sicher fahren kann (und zwar genau zu konsequent, wie überall ne Straße hingepflastert wird) und ÖPNV wo er benötigt wird.
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Beitrag von Fastrider »

Boris Merath @ 12 Jan 2010, 01:40 hat geschrieben: Und ja, dadurch müssen die INnenstadtparkhäuser dann dicht machen - angesichts dessen, dass die Eigentümer dieser Parkhäuser in München größtenteils Millionäre sind, glaube ich aber nicht dass man darauf wirklich Rücksicht nehmen braucht.
Parkhäuser sind heute kein lukratives Geschäft mehr. Stand mal ein langer Artikel in der FAZ. Deshalb werden auch viele Parkhäuser von grossen Einzelhandelsketten betrieben, weil das für den eigenen Umsatz gut ist. Es ist eher mit einer Abnahme der Kapazität zu rechnen, was insbesondere zu erheblichen Preiserhöhungen für Dauermieter führen wird, weil die keinen Umsatz in die Geschäfte bringen.
Daniel Schuhmann
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Beitrag von Daniel Schuhmann »

Autobahn @ 12 Jan 2010, 09:17 hat geschrieben: Da liegen wir gar nicht einmal so weit auseinander. So lange wichtige Einrichtungen (Behörden, Krankenhäuser, Supermärkte) für alle erreichbar sind, soll es mir recht sein.
Mir auch. Es gibt genug Einrichtungen, die so auf den Autoverkehr optimiert sind, dass man als Fußgänger so gut wie gar nicht hinkommt.
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Beitrag von autolos »

Hot Doc @ 12 Jan 2010, 12:24 hat geschrieben:
Wenn hier einer schwarz-weiß sieht ja dann wohl du.
Nur weil irgendwem etwas nicht paßt, heißt das aber auch noch nicht, dass er unrecht hat. Er hat erstmal eine Sichtweise und die ist in diesem Fall halt, dass der MIV gegenüber dem ÖPNV zu sehr bevorzugt wird, mit den bekannten Folgen.
Jedem steht doch nun frei für SEINE Überzeugung zu werben und eine Verbesserung in diese Richtung zu fordern. Es will ja niemand hier einfach allen ihre Autos wegnehmen und so mir nicht, dir nicht mal eben ganz München zur Fußgängerzone erklären. Aber Anregungen vielleicht mal ein Viertel mal ohne Straßen zu planen oder die Fußgängerzone auszuweiten darf doch wohl mal möglich sein, ohne sich ziemlich unreflektierte Beschimpfungen anhören zu müssen, die in der Sache nicht viel bringen.
Klar bringt jede Entscheidung sehr viele Veränderungen mit sich positive wie negative. Was mich aber eben stört ist, dass MEINER MEINUNG nach bei Straßen und ähnlichem immer so getan wird, als müsse man die negativen Seite von den Kosten bis zur Umweltbelastung halt einfach hinnehmen, weil das Auto eben dazugehört, aber wenn ne Tram o.ä. gebaut wird, dann wird auf jeden Grashalm geguckt der gekrümmt wird.

Wie in dem Beispiel aus dem Interview: Wenn 4 neue Busse angeschafft werden sollen idt kein Geld da. Wenn aber ein neues Parkhaus für viele Millionen gebaut werden soll, wird das durchgewunken, weil ja so viele Leute nen Parkplatz suchen. Dass aber die Busse (so sie attraktiv sind) wesentlich mehr Fahrten unnötig machen, als das Parkhaus je Autos aufnehmen kann, und dabei zusätzlich noch viele andere positive Veränderungen für sehr viele Menschen mitbringen, bedenkt kaum einer.
Solange die Menschen noch Freiheit mit Autofahren verwechseln, wird das wohl nichts. Echte Freiheit wäre es, zwischen verschiedenen Verkehrsträgern wählen zu können, die auf Augenhöhe zueinander stehen und für jede Strecke das wirklich sinnvollste auswählen zu können. Das heißt aber eben auch, dass ein Fahrradweg hingehört, wo man auf der Strasse nicht sicher fahren kann (und zwar genau zu konsequent, wie überall ne Straße hingepflastert wird) und ÖPNV wo er benötigt wird.
Also, mir hier Schwarz-Weiß-Denken vorzuhalten ist schon reichlich vermessen. Wenn der Versuch, ene differenzierte Betrachtung herbeizuführen, Schwarz-Weiß-Denken ist, dann hast Du natürlich recht.

Natürlich ist es eine mögliche Sichtweise, daß der MIV ggü. dem ÖPNV bevorzugt wird. Nach welchem Maßstab diese These zutrifft oder eben möglicherweise auch falsch ist, sollte aber hinterfragt werden dürfen. Man kann nämlich auch durchaus anderer Ansicht sein. Das nächste wären dann die "bekannten Folgen". Inwieweit die bestehende Verkehrspolitik insgesamt mehr Vor- als Nachteile oder umgekehrt hat, vermag ich wegen der erheblichen Wechselwirkungen zu anderen Lebensbereichen nicht zu sagen. Egal, ob die Vorteile überwiegen oder nicht, können in den Lebensumständen eines Einzelnen genau die gegenteiligen Effekte überwiegen. Es kann auch regionale Unterschiede geben.

Es gilt für alle zentralen Entscheidungen, daß das Gesamtbild berücksichtigt werden muß, einschließlich aller Wechselwirkungen. Diese werden m.E. bei den meisten Vorschlägen, die eine massive Ausweitung des ÖPNV zum Inhalt haben, nicht vollständig berücksichtigt.

Nun zu dem Interview: Die zusätzlichen/neuen Busse bedeuten auf jeden Fall für die Stadt einen zusätzlichen Verlust. Die Kapitalkosten (ggf. auch zusätzliche Betriebskosten) werden durch die zusätzlichen Einnahmen nicht gedeckt. Beim Parkhaus war dies zumindest in der Vergangenheit zumeist anders. Weiterhin kann beim Parkhaus die Idee im Hintergrund stehen, für Investoren und Kunden attraktiver zu werden, wodurch die Stadt zusätzliche Einnahmen generiert, die das Investvolumen des Parkhauses übersteigen. Vielleicht hat Herr Monheim recht, vielleicht stellt sich bei einer genaueren Betrachtung der Sachverhalte seine Darstellung als unzulässige und verfälschende Simplifizierung dar.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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Beitrag von Hot Doc »

autolos @ 12 Jan 2010, 12:56 hat geschrieben: Also, mir hier Schwarz-Weiß-Denken vorzuhalten ist schon reichlich vermessen. Wenn der Versuch, ene differenzierte Betrachtung herbeizuführen, Schwarz-Weiß-Denken ist, dann hast Du natürlich recht.
Die einzige wirkliche Aussage die ich von dir bisher vernommen habe, ist, der Vorwurf an einige hier (inkl. mich) dass man schließlich nicht alles besser wissen könnte und nicht allen die eigene Traumwelt aufzwingen könnte. Die Sätze stimmen zwar, sind aber sehr von einer einseitigen Sichtweise der hier gebrachten Vorderungen und Vorschläge bestimmt. So bin ich auf meine Schlussfolgerung gekommen. Eine differenzierte Betrachtung habe ich in deinen Beiträgen bislang nicht wirklich gefunden.
Natürlich ist es eine mögliche Sichtweise, daß der MIV ggü. dem ÖPNV bevorzugt wird. Nach welchem Maßstab diese These zutrifft oder eben möglicherweise auch falsch ist, sollte aber hinterfragt werden dürfen. Man kann nämlich auch durchaus anderer Ansicht sein.
Natürlich kann man da anderer Ansicht sein, deswegen schreiben wir ja hier. Aber dann sollte man die Ansicht auch irgendwie begründen können und nicht nur schreiben, jaaa, das kann man aber auch anders sehen und ihr habt ja nicht die Wahrheit für euch gepachtet. Das mag zwar richtig sein, ist aber einfach komplett sinnfrei und vor allem noch provokant.
Das nächste wären dann die "bekannten Folgen". Inwieweit die bestehende Verkehrspolitik insgesamt mehr Vor- als Nachteile oder umgekehrt hat, vermag ich wegen der erheblichen Wechselwirkungen zu anderen Lebensbereichen nicht zu sagen. Egal, ob die Vorteile überwiegen oder nicht, können in den Lebensumständen eines Einzelnen genau die gegenteiligen Effekte überwiegen. Es kann auch regionale Unterschiede geben.
Klar gibt es immer Vor- und Nachteile. Aber dann doch mal Butter bei die Fische. Hier wurden schon x Nachteile des MIV genannt und von Autobahn (und anderen) auch schon x Vorteile. Nur schwinden halt mit immer besser werdendem ÖPNV viele Vorteile des Autos und viele Nachteile des ÖPNV.
Und die "bekannten Folgen" sind auch ein Teil dieser Meinung (und für euch als "bekannt" vorausgesetzt, weil hier schon lang und breit diskutiert) und nicht als unumstößlich richtig hingestellt zu sehen (was du schon wieder implizierst).
Es gilt für alle zentralen Entscheidungen, daß das Gesamtbild berücksichtigt werden muß, einschließlich aller Wechselwirkungen. Diese werden m.E. bei den meisten Vorschlägen, die eine massive Ausweitung des ÖPNV zum Inhalt haben, nicht vollständig berücksichtigt.
Das ist der erste für eine Diskussion brauchbare Satz den ich von dir in diesem Thema lese. Wenn da jetzt noch ein Beispiel dazukommt um deine Aussage zu untermauern wird das noch ne richtige Debatte hier. Sonst kann ich nur sagen, da bin ich gegenteiliger Meinung, und das wars.
Nun zu dem Interview: Die zusätzlichen/neuen Busse bedeuten auf jeden Fall für die Stadt einen zusätzlichen Verlust. Die Kapitalkosten (ggf. auch zusätzliche Betriebskosten) werden durch die zusätzlichen Einnahmen nicht gedeckt.
Woher weißt denn du, ob sich für die Stadt
a) die Busse lohnen (es ist gar nicht so schwierig einen Bus kostendeckend zu betreiben - für Dresden weiß ich, dass sich ein Gelenk-Bus lohnt wenn er knapp 1000 Fahrgäste am Tag befördert (inkl. Fahrer, Abschreibung etc.)
B) das Parkhaus lohnt, denn das kostet auch viel Geld (auch im Unterhalt), das (inkl. Zinsen) erstmal wieder reingeholt werden will und dann verursacht es auch noch deutlich mehr Straßenerhaltungskosten etc. Außerdem könnte man statt dessen auch ein anderen Haus aufstellen und das dann wegen der zentralen Lage wahrscheinlich sehr teuer vermieten.
Weiterhin kann beim Parkhaus die Idee im Hintergrund stehen, für Investoren und Kunden attraktiver zu werden, wodurch die Stadt zusätzliche Einnahmen generiert, die das Investvolumen des Parkhauses übersteigen.
Das ist (für Innenstadtbereiche) nachweislich nicht richtig. Hierzu gibt es viele Studien, die exakt das Gegenteil belegen. Wenn wir jetzt mal nicht von IKEA oder Baumärkten ausgehen, ist es nachweislich so, dass ein guter ÖPNV-Anschluss im Normalfall die Attraktivität mehr steigert und mehr Kunden bringt als ein Parkhaus.

Was ich interessant finde, dass die Menschen aus der Geschichte nicht lernen. Als man in München die Fußgängerzone einrichten wollte, gab es große Aufschreie der ansässigen Geschäfte, dass dann die Kunden wegfielen und der Kunden, dass sie nicht mehr mit dem Auto hinkämen. Und siehe da, die Attraktivität stieg, die Kundenzahlen stiegen alles war gut. Für die paar wenigen die es nicht lassen konnten baute man ein paar Parkhäuser statt die lukrativen Flächen anders zu Geld zu machen. Und noch mehr Parkhäuser, bis die kleinen Straßen der Innenstadt vom Parkverkehr nahezu immer dicht sind. Die Passenten hüpfen vor den Autos über die Straße und werden beinahe überfahren, so macht doch Einkaufen Spaß! Da kommen dann so ein paar Ökospinner und fordern für die Sendlinger Straße auch ne Fußgängerzone. Das ist doch vollkommen irre, wo sollen denn dann die Kunden ihre Autos abstellen und wie sollen die armen Kunden da ohne Auto hinkommen?
Das gleiche gilt fürs Tal und viele andere Straßen in Innenstädten von anderen Städten.
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autolos
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Beitrag von autolos »

@ Hot Doc

Ich weiß gar nicht, was ich hier belegen muß. Es werden hier, auch von Dir, Thesen aufgestellt, aus denen dann Maßnahmen geschlußfolgert werden. Meine Aussage war und ist, daß diese Thesen einer persönlichen Gefühls- und Erfahrungswelt entspringen, die man nicht ohne weiteres auf andere übertragen darf. Wenn die aufgestellten Thesen hinreichend belegt werden können (also mit belastbaren Quellen), läßt sich zumindest die Grundlage auch für andere nachvollziehen. Ich finde starken Autoverkehr in Innenstädten auch lästig bis belastend, und ich frage mich regelmäßig, warum die Insassen nicht den zumeist guten ÖPNV nutzen. Mir ist aber auch wichtig, daß mein Wohnort für Arbeitgeber und Konsumenten attraktiv bleibt.

Dein Beispiel mit dem Bus in Dresden ist, abgesehen davon, daß es von uns nicht geprüft werden kann, in der dargelegten Form auch irreführend. Ein zusätzlicher (!) Gelenkbus benötigt demnach 1000 zusätzliche (!) Fahrgäste täglich. Derartig erhält das Beispiel eine völlig andere Aussage.

Ich habe ja, im Gegensatz zu Dir, kein Auto. Ohne Auto zu leben ist aber eine Entscheidung, die ich keinem anderen aufdrängen möchte, dazu fehlt es mir an ideologischem Ehrgeiz und missionarischem Eifer. Und bedenke: Ihr habt drei Autos im Haushalt, weil ihr nicht in der Lage seid (bitte nicht wertend verstehen), Euer Leben so zu organisieren, nur mit zweien auszukommen. Andere können auf ihr ein Auto nicht verzichten. Trotzdem entwickelst du einen Ehrgeiz, umerziehen zu wollen. Beweise, daß Du im privaten Umfeld zu innovativen Ansätzen in der Lage bist. Nehme dafür nicht die Gemeinschaft in die Verantwortung.
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

autolos @ 12 Jan 2010, 14:58 hat geschrieben:Ich habe ja, im Gegensatz zu Dir, kein Auto.
Ich habe auch kein Auto, und ich bin auch noch nie vor der Entscheidung gestanden, mein Auto abschaffen zu müssen, da ich sowieso noch nie eins besessen habe. Und ehrlich gesagt habe ich es auch noch nie vermisst. Es ist vielleicht nur eine Frage der Gewohnheiten...

Ich gebe allerdings zu, dass ich mir meine bisherigen Wohnsitze immer so ausgesucht hatte, dass ich eine gut ausgebaute Bus- oder Bahnverbindung in fußläufiger Entfernung hatte. Eine Wohnung in Großkleinhausen, wo zweimal täglich ein Bus hält, und am Wochenende gar keiner, käme für mich nicht in Frage.

Natürlich hat es auch Vorteile, ein Auto zu besitzen. Aber andererseits erlebe ich es auch oft als nervig, wenn ich mit Bekannten gemeinsam im Auto unterwegs bin, und wenn wir dann ewig nach einem Parkplatz suchen, und oft nur im Halteverbot oder weit draußen am Stadtrand einen finden, von wo aus man doch wieder kilometerweit laufen muss bis zum eigentlichen Zielpunkt...
Wo ist das Problem?
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Beitrag von Hot Doc »

autolos @ 12 Jan 2010, 14:58 hat geschrieben: @ Hot Doc

Ich weiß gar nicht, was ich hier belegen muß. Es werden hier, auch von Dir, Thesen aufgestellt, aus denen dann Maßnahmen geschlußfolgert werden.
Du mußt garnichts belegen. Aber wenn eine vernünftige Diskussion zustande kommen soll, dann braucht es eben - wie von dir selbst schon geschrieben - Belege. Ob das nun immer höchstwissenschaftlich belegte Daten sein müssen, oder ob auch andere Quellen und eben auch perönliche Schlußfolgerungen (die ja auch wiederum auf bestimmten Quellen basieren) benutzt, sollte jedem sebst überlassen werden. Ich jedenfalls versuche möglichst viele feste Daten zu benutzen, und die notwendigen Schlußfolgerungen dann auf eine möglichst sichere Basis zu stellen, indem ich mir möglichst viele Daten einhole, Studien durcharbeite und viele Papers, Artikel und Interviews von Verkehrsexperten durchlese.
Meine Aussage war und ist, daß diese Thesen einer persönlichen Gefühls- und Erfahrungswelt entspringen, die man nicht ohne weiteres auf andere übertragen darf. Wenn die aufgestellten Thesen hinreichend belegt werden können (also mit belastbaren Quellen), läßt sich zumindest die Grundlage auch für andere nachvollziehen.
Erstmal kann eine persönliche Erfahrung durchaus eine belastbare Quelle sein. Wer schon mal einige Tag in den autofreien Vierteln in Freiburg gelebt hat, wird dir durchaus von den Vorzügen erzählen können (und sicher auch von den Nachteilen). Des weiteren gibt es gerade für die angesprochenen Möglichkeiten durchaus genügend belastbare Quellen. Ein kleiner Blick nach Holland oder Dänemark genügt, und es gibt eine Reihe von Beispielen, wie man mit mehr öffentlich nutzbarem Raum, mehr ÖPNV und weniger Überbevorzugung des MIV ein deutliches Plus an Lebensqualität und Sicherheit schaffen kann und dafür noch weniger Geld ausgeben muß.
Nur wenn wir hier anfangen für jede einzelne Aussage wie in einem wissenschaftlichen Artikel alle Quellen in die Fußnoten zu packen, dann wird hier bald keiner mehr schreiben.
Wenn du ein Problem mit einer Angabe oder einer Schlussfolgerung hast, dann schreibe das und dann wird es dir erklärt werden. Aber du stellst alles hier unter Generalverdacht.
Mir ist aber auch wichtig, daß mein Wohnort für Arbeitgeber und Konsumenten attraktiv bleibt.
Genau dafür gibt es genügend Belege und auch Beispiele, dass hierfür nur in sehr geringem Maße der MIV verantwortlich ist. Im Gegenteil, die attraktivsten Städte sind die mit relativ geringem MIV-Anteil.
Dein Beispiel mit dem Bus in Dresden ist, abgesehen davon, daß es von uns nicht geprüft werden kann, in der dargelegten Form auch irreführend. Ein zusätzlicher (!) Gelenkbus benötigt demnach 1000 zusätzliche (!) Fahrgäste täglich. Derartig erhält das Beispiel eine völlig andere Aussage.
Warum ist es denn nicht prüfbar? Ich habe das ganz offiziell aus dem Vortrag des Verantwortlichen für den Busverkehr der DVB zur Einführung des neuen Busfahrplans (ich glaube letzten November). Da hat der das uns am Beamer vorgerechnet. Klar gilt das nur für die Dresdner, aber es ist mal ne Hausnummer. (Und wer sagt dir denn, dass diese Entscheidung Parkhaus gegen Bus nicht sogar hier stattgefunden hat, würde sehr gut nach Dresden passen?!) Oft können Verkehrsbetriebe in kleineren Städten noch profitabler fahren, da der Verwaltungsaufwand, der eine Menge Arbeitszeit und Geld verbraucht deutlich geringer ist. Aber auch die Fahrgeldeinnahmen sind pro gefahrenem Personenkilometer oft höher. Da die Fahrten sich meistens auf relativ kurze Strecken ins Stadtzentrum beschränken, während in größeren Städten auch oft wesentlich längere Fahrten zum gleichen Preis getätigt werden, da es mehr öffentlich interessante Subzentren gibt und die Stadtfläche an sich größer ist. [Quelle: Vergleich der mir bekannten Daten aus Göttingen, Dresden und München.]
Ich habe ja, im Gegensatz zu Dir, kein Auto. Ohne Auto zu leben ist aber eine Entscheidung, die ich keinem anderen aufdrängen möchte, dazu fehlt es mir an ideologischem Ehrgeiz und missionarischem Eifer. Und bedenke: Ihr habt drei Autos im Haushalt, weil ihr nicht in der Lage seid (bitte nicht wertend verstehen), Euer Leben so zu organisieren, nur mit zweien auszukommen. Andere können auf ihr ein Auto nicht verzichten. Trotzdem entwickelst du einen Ehrgeiz, umerziehen zu wollen. Beweise, daß Du im privaten Umfeld zu innovativen Ansätzen in der Lage bist. Nehme dafür nicht die Gemeinschaft in die Verantwortung.
Auch auf die Gefahr mich zum hundersten Mal zu wiederholen. Ich möchte niemandem etwas aufdrängen. Ich wehre mich aber auch gegen die Ansicht, eine andere Verteilung von Steuergeldern und eine etwas geänderte Bevorzugung der verschiedenen Verkehrsträger wäre ein Aufdrängen. Es ist eben nur eine Korrektur der bisher getätigten Bevorzugungen und Benachteiligungen. Über deren Ausmaße und deren Richtung kann man unterschiedlicher Ansicht sein, aber dass sie prinzipiell existieren, das ist offensichtlich.
Ich möchte ja auch nicht irgendwem etwas wegnehmen oder ihn zu etwas zwingen. Ich möchte meine Stadt so verändern, dass die Leute ihr Auto gerne stehen lassen oder sich die Anschaffung eines solches ernsthaft überlegen, statt es als gegebenes Schicksal, ein Auto besitzen zu müssen/dürfen. Am besten wäre das zusätzlich zu dem bestehenden Verkehrsnetz, aber ich bin Realist genug, um zu sehen, dass dafür der Platz zu eng wird. Und dann bin ich (basierend auf den Zahlen, dass eine Tramlinie im Schnitt mehr Fahrgäste transportiert als auf der Straße daneben in der gleichen Zeit in Autos fahren) dafür der Mehrheit mehr Raum zuzugestehen als der Minderheit - noch dazu, wenn die Mehrheit auch noch diejenigen sind, die die geringere Belastung für Umwelt und Gesundheit darstellen.
Ich kann große Teile des Jahres aufs Auto verzichten (heute war ich mal wieder ganz froh darüber), aber ich würde mich freuen, wenn ich das auch noch in der restlichen Zeit könnte (ohne deutliche Nachteile hinnehmen zu müssen). Dafür stelle ich mir vor, wie eine solche Stadt aussehen müßte, damit ich das gerne machen würde und siehe da, das sähe gar nicht so utopisch aus, wäre billiger, gesünder, sicherer, umweltschonender und schöner.
Und aus Statistiken weiß ich, dass es sehr vielen Leuten so geht wie mir. Daher werbe ich für eine Verkehrspolitik in diese Richtung, damit ich und hoffentlich viele andere ihr Auto gerne stehen lassen oder sich gar nicht erst eins anschaffen.
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autolos
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Beitrag von autolos »

Hot Doc @ 12 Jan 2010, 15:40 hat geschrieben:
Auch auf die Gefahr mich zum hundersten Mal zu wiederholen. Ich möchte niemandem etwas aufdrängen. Ich wehre mich aber auch gegen die Ansicht, eine andere Verteilung von Steuergeldern und eine etwas geänderte Bevorzugung der verschiedenen Verkehrsträger wäre ein Aufdrängen. Es ist eben nur eine Korrektur der bisher getätigten Bevorzugungen und Benachteiligungen. Über deren Ausmaße und deren Richtung kann man unterschiedlicher Ansicht sein, aber dass sie prinzipiell existieren, das ist offensichtlich.
Jedenfalls ist es offensichtlich, daß jährlich rd. 7 Mrd. € an Regionalisierungsmitteln gezahlt werden, hinzu kommen noch die öffentlichen Zuschüsse, die Länder, Landkreise und Kommungen an regionale Gesellschaften zahlen. Die Kosten der Infrastrukturbelastung, die bei Pkw quasi nicht ins Gewicht fällt, bei Bussen hingegen schon, wird ebenfalls aus Steuermitteln finanziert. Weiterhin erhält der Fiskus große Beträge an Steuern aus der Nutzung von Kfz (Mineralölsteuer, Kfz-Steuer), die die unmittelbar zurechenbaren Kosten um ein vielfaches übersteigen. Übrer die Höhe der externen Effekte liegen verschiedene Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen vor, die zum Ergenbis der Unter- oder Überfinanzierung des MIV führen. Nochmal ein Hinweis zur Infrastruktur: Wie auf Autobahnen recht deutlich zu erkennen ist (Spurrinnen nur auf der rechten Fahrbahn), belasten schwere Fahrzeuge die Straßen erheblich stärker als leichte Fahrzeuge und Autos am Straßenverschleiß nicht meßbar beteiligt sind.

Und jetzt bitte nicht aufregen, ich wollte nur darauf, hinweisen, daß Dinge, die Du als offensichtlich bezeichnest, beileibe nicht offensichtlich sein müssen.

Edit: Wir haben unsere Wohnlage unter dem Aspekt ausgesucht, daß wir kein Auto haben und uns auch keines beschaffen wollen. Wenn Du selber das nicht willst, dann darfst Du dazu stehen, wir sind ein freies Land. Aber eine Umgestaltung zu ersehnen, damit Du selber ohne Auto leben kannst, ist für mich mit der Absicht gleichzusetzen, andere eigene Lebensentwürfe aufzwängen zu wollen.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Das öffentlicher Nahverkehr nicht kostendeckend betrieben werden kann, wird wohl niemand abstreiten. Auch nicht, dass mehr öffentlicher Nahverkehr mehr Zuschüsse benötigt. Soweit bin ich damit auch einverstanden. Aber irgendwo muss das Geld auch herkommen.

Neben den von autolos bereits benannten Einnahmenquellen des Staates aus dem MIV darf aber ein ganz wichtiger Punkt nicht übersehen werden. Autos werden in Deutschland *) gebaut, das schafft Arbeitsplätze. Die Arbeitnehmer zahlen Lohnsteuer und sie zahlen in die Sozialversicherungssysteme ein. Aus dem Verkauf der Autos erhält der Staat Umsatzsteuer, die Unternehmen zahlen Steuern aus dem Gewinn und Gewerbesteuer. Autos müssen gewartet werden, die Werkstätten beschäftigen Mitarbeiter. Die zahlen Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, die Unternehmen zahlen Gewinnsteuern und Gewerbesteuer. Die Autos brauchen eine Versicherung, die Versicherungsgesellschaften beschäftigen Mitarbeiter. Die zahlen Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben, die Gesellschaften Steuern auf den Gewinn und Gewerbesteuern. Zusätzlich erhebt der Staat auch noch eine Versicherungsteuer, die der Kunde zahlt.

Die Arbeitnehmer konsumieren, dadurch erhält der Staat wiederum Umsatzsteuer sowie Gewinn und Gewerbesteuer. Diese wiederum beschäftigen Mitarbeiter, die Lohnsteuer und Sozialabgaben zahlen. Die wiederum konsumieren auch …

Eine endlose Kette, die sich beliebig fortsetzen lässt.

Kommen wir auf die kommunale Ebene. Autos müssen zugelassen werden. Dafür werden Mitarbeiter im Straßenverkehrsamt gebraucht. Das schafft Arbeitsplätze, die zahlen Lohnsteuer und Sozialabgaben (ob die Zulassungsgebühren die Kosten decken vermag ich aber nicht zu sagen). Die Autos brauchen ein Kennzeichen der Schildermacher beschäftigt Mitarbeiter, die zahlen Lohnsteuer und Sozialversicherung. Die Autos müssen regelmäßig zum TÜV, das schafft Arbeitsplätze. Und bei Mängeln müssen sie in die Werkstatt (s. oben). Der ruhende Verkehr muss überwacht werden. Das schafft Arbeitsplätze, die zahlen Lohnsteuer und Sozialabgaben. Zumindest in diesem Bereich übersteigen die Einnahmen der Kommunen die Kosten (liegt an der Dummheit der Autofahrer :D). Auch die Geschwindigkeitsüberwachung bringt Geld in die Kassen.

Es steht also weitaus mehr Geld aus dem Automobilbau - wenn auch auf Umwegen - zur Verfügung, als der MIV jemals in einer Haushaltsperiode an Kosten aufwirft.

Natürlich zahlen auch die Mitarbeiter der öffentlichen Verkehrsbetriebe Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, das erwähne ich nur, damit es kein Gemecker gibt ;)


*) für Importfahrzeuge wird eine Einfuhrumsatzsteuer erhoben, bei exportierten Fahrzeugen verbleiben aber die Lohnsteuer/Sozialabgaben sowie Gewinnsteuern. Da wir mehr Fahrzeuge exportieren, als importieren, bleibt eine positive Bilanz
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glemsexpress
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Beitrag von glemsexpress »

Didy @ 11 Jan 2010, 21:46 hat geschrieben:Du aber willst ohne Abstufung jeden, der nicht von sich behauptet, zweimal 350m täglich seien "völlig Problemlos", gleich in einen Rollstuhl oder ähnliches setzen
Ich habe gesagt das solche Leute als behindert angesehen werden und sich als Alternative zum KFZ sich eben solche Dinge anbieten.
Didy @ 11 Jan 2010, 21:46 hat geschrieben:ihm das Autofahren verbieten.
Wo habe ich das geschrieben?
ich hatte nur geschieben das man sich als älterer Mensch nicht mehr umbedingt ans Steuer setzen sollte.
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 12 Jan 2010, 19:11 hat geschrieben: ... (in etwa) Autofahren bringt mehr Steuereinnahmen ...
Alles schön und gut was du aufgezählt hast. Nur leider vergisst du dabei einige wichtige volkswirtschaftliche Punkte.
Das Geld kann von einem Menschen nur einmal ausgegeben werden. Und ob der das jetzt für sein Tramticket oder für seinen Golf ausgibt, ist dem Staat erstmal wurscht (außer er hat blöderweise für irgendwas die Mehrwertsteuern gesenkt).
Jetzt kommen wir aber zur nächsten Stufe: Der Staat funktioniert hauptsächich deshalb, weil das Geld zirkuliert (was du gut mit den ganzen Produktions- und Verwaltungsakten beschrieben hast). Während im ÖPNV allerdings viel mehr Geld in Personal gesteckt wird, geht beim Auto prozentual sehr viel mehr Geld in Rohstoffe (Stahl, Öl, Plastik (=Öl), Elektrische Bauteile etc.) die aber größenteils aus anderen Ländern kommen. Das Geld fällt also aus unserem Geldkreislauf heraus, der unseren Staat nährt.
Im gegnsatz dazu hat der ÖPNV wesentlich weniger Resourcenkosten als das Auto, dafür mehr Personalkosten, dadurch bleibt mehr Geld bei deutschen Arbeitnehmern, die dieses Geld direkt wieder in Deutschland ausgeben können.

Für eine florierende Wirtschaft gibt es 3 Grundsätze:
1. Schau, dass das Geld schnell fließt (das schaffen MIV und ÖPNV).
2. Schau, dass das Geld in deinem Land bleibt (das schafft der ÖPNV eindeutig besser).
3. Schau, dass du exportieren kannst, damit mehr Geld bei dir zirkuliert (da ist die Autoindustie (laut Expertenmeinungen noch) gut, aber auch auf dem ÖPNV-Markt tut sich da viel).

Allerdings nur die Exportmöglichkeiten als letzte Brgründung für Autos zu nehmen ist auch ein bisserl schwach, da man auch viele andere Produkte exportieren könnte, wenn man ähnlich viel Energie reinstecken würde wie in die Automobilbranche.

Wenn du mit einem Autokauf und den Tankfüllungen und dem Service u.ä. einen Arbeiter pro Jahr ernähren kannst und ein großer Teil des Geldes für Rohstoffe in andere Länder abfließt, kannst du mit dem selben Geld im ÖPNV ausgegeben, einen Arbeiter und einen Tramfahrer ernähren und deutlich weniger Geld fließt in andere Länder ab. Nebenbei müssen wir einen Arbeitslosen weniger bezahlen, haben also einen doppelten Gewinn.
(Das ist jetzt ein sehr simpel gestricktes Beispiel, bei demdie Relationen nicht ganz stimmig sind, aber es soll die Richtung vereinfacht aufzeigen.)
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

glemsexpress @ 12 Jan 2010, 19:23 hat geschrieben:Ich habe gesagt das solche Leute als behindert angesehen werden und sich als Alternative zum KFZ sich eben solche Dinge anbieten.
Ich finde Deine Äußerung unangebracht (das ist ein bei mir gebräuchlicher diplomatischer Begriff mit einer wesentlich schärferen Bedeutung) und auf den Einzelfall medizinisch völlig haltlos. Es gibt zigtausend Menschen, die problemlos mit dem Auto fahren können, die aber bei längeren Fußwegen Probleme haben. So "tot", dass ich einen Behindertenparkplatz brauche, bin ich noch nicht. Und erst recht brauche ich keinen Rolator oder einen E-Rolli. Also bitte schön bedeckt halten, was die Beurteilung solcher Dinge angeht.
glemsexpress @ 12 Jan 2010, 19:23 hat geschrieben:Wo habe ich das geschrieben?
ich hatte nur geschieben das man sich als älterer Mensch nicht mehr umbedingt ans Steuer setzen sollte.
Da stellt sich zwangsläufig die Frage, was für Dich ein älterer Mensch ist. Vierzig, fünfzig oder sechszig Jahre. Oder darf es noch ein bischen mehr sein? Oder bist Du vielleicht noch zu jung, um selbst ein Auto zu steuern? Ich habe Menschen erlebt, die mit 35 Jahren noch zu jung oder schon zu alt zum Autofahren waren und wo ich als Beifahrer Angst hatte. Ich kenne aber 90jährige, zu denen ich ohne mit der Wimper zu zucken auf den Beifahrersitz steige. Ich habe aber auch schon 14jährige erlebt, die ein Fahrzeug sicher beherrschten, und wo ich ohne Angst daneben gesessen habe (keine Angst, es war Privatgelände).

Ich habe aber auch schon Bus- und Trambahnfahrer erlebt, wo ich froh war, am Ziel heil aussteigen zu können. Ich habe aber nicht nach dem Alter gefragt ;)
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JNK
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Beitrag von JNK »

Autobahn @ 12 Jan 2010, 19:11 hat geschrieben:Das öffentlicher Nahverkehr nicht kostendeckend betrieben werden kann, wird wohl niemand abstreiten. Auch nicht, dass mehr öffentlicher Nahverkehr mehr Zuschüsse benötigt. Soweit bin ich damit auch einverstanden. Aber irgendwo muss das Geld auch herkommen.
Doch, hier *wink* ich bestreite das. Ich behaupte einfach mal so, dass man ÖPNV kostendeckend betreiben kann. Wenn er attraktiv genug ist. Und wenn wir daran denken, dass ein Auto auch nur ein Fortbewegungsmittel ist, mit Vor-und Nachteilen, und nicht nur ein fahrbares Statussymbol.

------ Gewagtes und ungehöriges Beispiel.
In Wuppertal wurde der ÖPNV bis in die 50er Jahre kostendeckend betrieben. Jedoch zeichnete sich schon damals der Wunsch der Mitbürger nach MIV ab und man ist dem gefolgt. Das heutige Aussehen (und die Straßenführung) der B7 in Elberfeld und Barmen ist dem zum Beispiel geschuldet. Man hat auch große Kreuzungen (Alter Markt, Döppersberg) angelegt und die Massenmotorisierung zu bewältigen und hat auf der anderen Seite Schritt für Schritt das 6.größte Straßenbahnnetz ausradiert. Die Zustand heute ist a) ein eher unattraktiver Nahverkehr, b ) ein zweifelhaft guter Straßenausbau (Luft, Umwelt, Lärm, Flächenverbrauch, Ästhetik geparkter Autos und riesiger Parkplätze, z.B.in der Steinbeck) und c) eine Stadt, die trotzdem Pleite ist, ein Land das Schulden macht und ein verschuldeter Bund.
(Vielleicht sehen eine Verschuldungsstatistik und ein Autobesitzstatistik in Deutschland seit den 60ern übereinandergelegt ähnlich aus? :o . Gewagte Verschwörungstheorie, ich weiß. :rolleyes: )
Im übrigen würden 50 € pro Haushalt/Monat reichen, um den Nahverkehr in Wuppertal kostendeckend zu betreiben. (Ja, das wäre eine Zwangsabgabe, ich weiß. Genauso wie Mehrwertsteuer, Müllabfuhrgebühren, Versicherungssteuer, etc, etc.)
------ ENDE

Aber mal weg von Wuppertal: Ist es nicht so, dass die Rheinbahn in Düsseldorf zu 90% kostendeckend arbeitet? Ich mein, ich hätte da mal etwas gelesen. Da sollte man die restlichen 10% auch noch hinbekommen.

Edit: Das Argument Arbeitsplätze mag für viele Menschen ein entscheidendes sein, für mich ist eher ein begrenztes. Wenn sich das Auto als eher nachteilig für Deutschland erweisen sollte, sind auch Arbeitsplätze kein Argument dafür, dass man voll auf's Auto setzen sollte. Um einen der beliebten Äpfel und Birnen-Vergleiche zu bringen: Es sollte ja auch nicht jeder Deutsche wegen der Arbeitsplätze ein Produkt von Heckler & Koch zu Hause haben...Die Wirtschaft und das liebe (Steuer)geld muss dem Menschen nützen, nicht anders herum.
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Beitrag von Autobahn »

@ Hot Doc

Jetzt weiß ich, warum die Ärzte immer jammern, dass sie zu wenig Geld haben ;). Vielleicht hättest Du Betriebswirtschaft studieren sollen.

Eine Volkswirtschaft wächst nicht dadurch, dass in ihr Dienstleistungen erbracht, sondern dass Güter produziert werden. Der Rohstoffimport wird in einer Industrienation wie Deutschland durch den Export der Fertigprodukte mehr als ausgeglichen. Auch die Rohstoffe für Züge und Trambahnen müssen importiert werden, genau so wie für alle anderen Produkte. Die Rohstoff exportierenden Länder sind dankbare Abnehmer für die fertigen Autos, Züge, Busse und Trambahnen.
Im Gegensatz dazu hat der ÖPNV wesentlich weniger Resourcenkosten als das Auto, dafür mehr Personalkosten, dadurch bleibt mehr Geld bei deutschen Arbeitnehmern, die dieses Geld direkt wieder in Deutschland ausgeben können.
Ach wie nett. Klar verbraucht der ÖPNV weniger Ressourcen. Das ist auch gut so. Würde der ÖPNV nach betriebswirtschaftlichen Kriterien erfolgen, also der Nutzer die tatsächlichen Kosten zahlen müssen, wäre sogar ein volkswirtschaftlicher Nutzen vorhanden. Bekannterweise geht dies aber nicht und somit entstehen Kosten für die Allgemeinheit. Und das ist nun mal keine Wertschöpfung, obwohl die Aufgabe unabdingbar ist. Auch die Leistung eines Mediziners ist keine Wertschöpfung, aber sie kann dazu beitragen, die Fähigkeit eines Menschen zu weiterer Wertschöpfung zu erhalten und ist damit unabdingbar. Ein Buchhalter würde das als Umbuchung bezeichnen.

Und davon ab, auch die Arbeitnehmer in den Automobilfabriken und den Schienenfahrzeugherstellern geben ihr Geld in Deutschland aus.

Auf die übrigen Punkte möchte ich nicht näher eingehen. Es lohnt sich nicht.
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Beitrag von Autobahn »

JNK @ 12 Jan 2010, 20:25 hat geschrieben:In Wuppertal wurde der ÖPNV bis in die 50er Jahre kostendeckend betrieben. Jedoch zeichnete sich schon damals der Wunsch der  Mitbürger nach MIV ab und man ist dem gefolgt.
Das bestätigt mich doch in meiner Theorie, dass der Mensch individuell ist und sein will ;) . Über die Folgen, wäre man dem Wunsch der Bevölkerung nicht gefolgt, kann man nur spekulieren. Dem damaligen Denkmuster zu Folge wäre damals mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Abwanderung erfolgt.
JNK @ 12 Jan 2010, 20:25 hat geschrieben:Aber mal weg von Wuppertal: Ist es nicht so, dass die Rheinbahn in Düsseldorf zu 90% kostendeckend arbeitet? Ich mein, ich hätte da mal etwas gelesen. Da sollte man die restlichen 10% auch noch hinbekommen.
Klar, man arbeitet daran. Man kauft für kleines Geld Subunternehmer und lässt die Busfahrer dort für noch kleineres Geld fahren.
JNK @ 12 Jan 2010, 20:25 hat geschrieben:Edit: Das Argument Arbeitsplätze mag für viele Menschen ein entscheidendes sein, für mich ist eher ein begrenztes. Wenn sich das Auto als eher nachteilig für Deutschland erweisen sollte, sind auch Arbeitsplätze kein Argument dafür, dass man voll auf's Auto setzen sollte. Um einen der beliebten Äpfel und Birnen-Vergleiche zu bringen: Es sollte ja auch nicht jeder Deutsche wegen der Arbeitsplätze ein Produkt von Heckler & Koch zu Hause haben...Die Wirtschaft und das liebe (Steuer)geld muss dem Menschen nützen, nicht anders herum.
Ne, ne Heckler & Koch brauche ich nicht :huh:. Aber eine Vergleich mit der Autoindustrie ist völlig daneben.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 12 Jan 2010, 21:12 hat geschrieben: Eine Volkswirtschaft wächst nicht dadurch, dass in ihr Dienstleistungen erbracht, sondern dass Güter produziert werden.
Mit der Ansicht haust du aber heute auch keine Studenten mehr vom Hocker. Der Umbruch in die Dienstleistungsgesellschaft hat schon lange angefangen und geht unaufhaltsam weiter. Ob am Ende ein Gegenstand oder eine Leistung verkauft wird ist volkswirtschaftlich ziemlich Wumpe.
Schon vor zig Jahrzehnten hat ein amerikanischer Präsident bewiesen (wars Roosvelt?), dass man mit der Förderung des Dienstleistungssektors wesentlich mehr für die Wirtschaft und gleichzeitig für das Volk tun kann, als mit der Förderung der Produktion.
Aber solange Besitztümer als das höchste, wertvollste Gut gelten, wird man wohl weiter die Mär von der von der Produktion abhängenden Wirtschaft glauben.
Der Rohstoffimport wird in einer Industrienation wie Deutschland durch den Export der Fertigprodukte mehr als ausgeglichen.
Das liegt aber mehr an dem KnowHow der Produkte als an den Rohstoffen. Der Überschuss wäre einfach noch viel höher, wenn wir von den importieren Ressoucen weniger selber verbrauchen würden.
Auch die Rohstoffe für Züge und Trambahnen müssen importiert werden, genau so wie für alle anderen Produkte.
Richtig, aber das wären gesamt eben wesentlich weniger Rohstoffe und damit ein wesentlich höherer Exportüberschuss, der uns wesentlich mehr Handlungsspielraum geben würde.
Die Rohstoff exportierenden Länder sind dankbare Abnehmer für die fertigen Autos, Züge, Busse und Trambahnen.
Sind sie aber immer noch, wenn wir etwas weniger von ihren Rohstoffen importieren.
Würde der ÖPNV nach betriebswirtschaftlichen Kriterien erfolgen, also der Nutzer die tatsächlichen Kosten zahlen müssen, wäre sogar ein volkswirtschaftlicher Nutzen vorhanden. Bekannterweise geht dies aber nicht und somit entstehen Kosten für die Allgemeinheit.
Ersetze ÖPNV durch MIV und das paßt genau so. Wie schon öfter diskutiert verursacht der MIV auch ein Defizit in den Haushaltskassen. Ich bin sofort dabei, wenn wir ÖPNV und MIV auf ein realistisches Kostenmodell umstellen (in Holland versucht man da sehr zaghafte Anfänge beim MIV). Und ich garantiere dir, dass sich viele Autofahrer wundern werden.
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 12 Jan 2010, 21:35 hat geschrieben: Das bestätigt mich doch in meiner Theorie, dass der Mensch individuell ist und sein will ;) . Über die Folgen, wäre man dem Wunsch der Bevölkerung nicht gefolgt, kann man nur spekulieren. Dem damaligen Denkmuster zu Folge wäre damals mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Abwanderung erfolgt.
Blödsinn! Das bestätigt nur, dass es damals Parteien gab, die im Auto das Allheilmittel sahen. Es gibt genügend Beispiele, wo diese verrückte Autogeilheit im letzten Moment gestoppt wurde und sich daraus die schönsten und lebenswertesten Städte gebildet haben.

In Freiburg hat man das am konsequentesten umgesetzt, aber auch in München hat man nach dem Mittleren Ring (Gott sein Dank) die Planung für mehrere Stadtautobahnen (teilweise mit Stelzen-Autobahnkreuz über der Isar, Autobahn entlang der Theresienwiese und am Nymphenburger Schloss gestoppt und dem Ausbau des ÖPNV Vorrang eingeräumt. Die S-Bahn in München ist heute noch Vorzeigeobjekt. Auch das U-Bahn-System kann sich heute keiner mehr wegdenken. Trotzdem wurde in den letzten Jahren lieber mehr Geld in den Ausbau des Mittleren Ring gesteckt (ok, da gabs ein Bürgerbegehren), aber das Ergebnis war immer das gleiche. Wie prognostiziert stiegen die Autozahlen an den entsprechenden Stellen und die gesamten Autofahren im Stadtgebiet an, mit dem Ergebnis, dass es halt jetzt Stau an anderen Stellen gibt, wo es voeher noch flüssig lief.
Klar, man arbeitet daran. Man kauft für kleines Geld Subunternehmer und lässt die Busfahrer dort für noch kleineres Geld fahren.
Und im Autobau oder beim Straßenbau läufts besser??? Oder an der Tanke?
Ne, ne Heckler & Koch brauche ich nicht  :huh:. Aber eine Vergleich mit der Autoindustrie ist völlig daneben.
Nö, der Vergleich hinkt nahezu nicht. Es werden immer wieder die Arbeitsplätze vorgeschoben, die uns verloren gehen würden, wenn wir in Deutschland weniger Autos kauften. Dann kann man genau so die Arbeitsplätze vorschieben, wenn wir keine Waffen kaufen.
Stell dir mal vor man steigert den Bedarf an Waffen künstlich (es sollen sich ja wilde Bären in Bayern angesiedelt haben), später stellt sich raus, dass das vielleicht übertrieben war, dann dürfte ich jetzt aber eurer Logik nach nicht für eine Reduzierung der Waffen eintreten, weil da ja Arbeitsplätze verloren gingen.
Die Arbeitsplätze entstehen halt woanders wieder neu. Das nennt sich Marktwirtschaft. Die Leute werden ihr Geld weiter ausgeben nur halt für etwas anderes.

Wir produzieren und konsumieren in Deutschland viel zu viel. Das "Gut" an sich hat einen viel zu hohen Stellenwert. Ich bin ein toller Hecht, weil ich nen Audi fahre, nene schnellen PC hab und mein Zimmer voll von Sachen steht, die ich eigentlich nie brauche. Die Industrie versucht besonders uns auf sinnlosen Verbrauch zu trimmen, weil sich hier personalarm am meisten Geld machen läßt.
Viel sinnvoller wäre, etwas mehr Geld in Dienstleistung zu stecken. Das würde unserer Gesundheit sehr gut tun (Da gibts x Studien dazu), unserer Lebensqualität und Zufriedenheit zuträglich sein (auch dazu gibts Studien) und es würde die Arbeitslosigkeit senken (auch da gibts gesicherte Zahlen aus anderen Ländern), was uns doppeltes Geld einbringt, weil wir die Arbeitslosen nicht mehr bezahlen müssen und die neuen Arbeiter sich an der Wertschöpfung beteiligen können.

Jetzt wird die Diskussion allerdings ziemlich allgemein.
Didy
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Beitrag von Didy »

Boris Merath @ 12 Jan 2010, 01:40 hat geschrieben:Doch, wünschen tue ich sie mir, aber mir ist bewusst dass es nicht realistisch ist.
Sagen wir so: Toll fände ich das vom Prinzip her auch, sogut wie ohne Autos.

Aber mal ne Kommode von Tante Erna in meine Wohnung bringen, zu ner Silvesterfeier neben dem eigenen Gepäck samt Schlafsack und Luftmatratze auch noch ein komplettes Fondue-Set mitzubringen weil der Gastgeber sowas nicht besitzt oder für ne Geburtstagsparty mal eben 5 Kisten Getränke auf einmal zu kaufen, sollte halt trotzdem noch ohne Sondergenehmigung möglich sein.
Und zwar nicht nur mit den öffentlichen CarSharing-Autos die per se dürfen, sondern auch wenn der Kumpel vom Land (ohne guten ÖPNV) mit dem eigenen Auto das Fondue zu mir in die Stadt mitbringt. Dass der für den Parkplatz dann zahlen muss ist klar...

Deswegen wäre mir viel lieber, den ÖPNV so gut auszubauen (und dem MIV entsprechende Einschränkungen aufzuerlegen), dass der MIV ganz von alleine auf ein absolutes Minimum zurückgeht. Was dann an MIV noch übrig bleibt, damit kann man dann leben.


Wir haben da in Ulm so ein schönes Beispiel.
Die Neue Straße war früher ne stellenweise bis zu 6streifige Schneise durch die Stadt. Kenn ich leider nicht mehr aus eigener Erfahrung, Mischung aus "zu spät dran" und "hat mich noch nicht interessiert". War aber MIV-mäßig gut was los.
Heute ist dort im Norden eine Busstraße (2spurig) und im Süden eine MIV-Straße (2spurig). Dazwischen ein paar neue Gebäude (und ein Platz, leider nur gepflastert ohne Grün). Unter dem ganzen eine Tiefgarage, die 2009 Architekturpreis gewonnen hat.
Tempolimit glaube 30, bin mir nicht sicher.
Übrigens: Ein Grund, dass gerade die ÖPNV-Spur im Norden ist, sind soweit ich weiß ausreichende Kurvenradien für einen hoffentlich künftige Trambahn...

Die Verkehrssituation heute:
Bis zu den Zufahrten der Tiefgarage mag noch was los sein (aber auch das hält sich in Grenzen). Dazwischen ist der MIV schön beruhigt, teils mit einer langgezogenen Insel zwischen den Spuren. Hier gilt gegenseitige Rücksichtnahme, da kann man als Fußgänger auch ohne Ampel bequem drüber, und die Autos tun dann auch teilweise langsam wenn man rüberwill und lassen einen. Das wäre früher undenkbar gewesen.
Einzelne Fußgängerampeln (zumindest über die Busstraße) hat man IMHO sogar wieder abgebaut.

MIV in diesem Maße auf allen Straßen, da wär ich schon zufrieden.

Ich gebe zu, ich hab leider keine Ahnung inwiefern der Verkehr in anderen Straßen dafür zugenommen hat. Mal schauen ob ich da mal was rausfinde. Aber wohl nicht allzu Zeitnah.


Michi Greger @ 12 Jan 2010, 12:20 hat geschrieben:(...)
Michi: Einfach vielen Dank für diesen echt klasse geschriebenen Beitrag :)


Und zu der Behinderten-Diskussion: Es hat sich in meinen Augen definitiv nach "der soll gefälligst nicht mehr" gelesen. Nachdem auch Autobahn meiner Meinung ist und ich somit nicht der einzige bin der die Ansichten nicht passend finde, sind die Argumente zu der Frage denke ich ausgetauscht? Im übrigen bin ich *nicht* davon betroffen und zähle mich auch noch nicht zu den "älteren Menschen", kämpfe hier also nicht für mich selbst.
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Beitrag von c-a-b »

Didy @ 12 Jan 2010, 23:16 hat geschrieben: Die Verkehrssituation heute:
Bis zu den Zufahrten der Tiefgarage mag noch was los sein (aber auch das hält sich in Grenzen). Dazwischen ist der MIV schön beruhigt, teils mit einer langgezogenen Insel zwischen den Spuren. Hier gilt gegenseitige Rücksichtnahme, da kann man als Fußgänger auch ohne Ampel bequem drüber, und die Autos tun dann auch teilweise langsam wenn man rüberwill und lassen einen. Das wäre früher undenkbar gewesen.
Einzelne Fußgängerampeln (zumindest über die Busstraße) hat man IMHO sogar wieder abgebaut.
Als ich vor ein paar Wochen dort auf dem Weihnachtsmarkt war, gab es zumindest noch ein paar Ampeln, was auch einen gewissen Sinn hat, denn die Busse fahren alles andere als 30 und kaum setzt du einen Fuß auf die Straße, kommt auch oft schon einer angerast und will dich niedermähen. :blink:
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Beitrag von Autobahn »

Hot Doc @ 12 Jan 2010, 22:21 hat geschrieben:Wir produzieren und konsumieren in Deutschland viel zu viel. Das "Gut" an sich hat einen viel zu hohen Stellenwert.
Ich fordere Dich hiermit zum Konsumverzicht auf :lol:
Hot Doc @ 12 Jan 2010, 22:21 hat geschrieben:Viel sinnvoller wäre, etwas mehr Geld in Dienstleistung zu stecken. Das würde unserer Gesundheit sehr gut tun (Da gibts x Studien dazu), unserer Lebensqualität und Zufriedenheit zuträglich sein (auch dazu gibts Studien) und es würde die Arbeitslosigkeit senken (auch da gibts gesicherte Zahlen aus anderen Ländern), was uns doppeltes Geld einbringt, weil wir die Arbeitslosen nicht mehr bezahlen müssen und die neuen Arbeiter sich an der Wertschöpfung beteiligen können.
Was in unserem Land an öffentlichem Geld für Studien herausgeschmissen wird, könnte man an anderer Stelle sinvoller ausgeben. Dabei genügt der gesunde Menschenverstand um zu erkennen, dass diese Dienstleistungen auch bezahlt werden müssen. Wenn dies der Verbraucher tut, ist es eine gute Sache und Du hast recht. Im ÖPNV (und vielen anderen öffentlichen Dienstleistungsbereichen) ist dies aber nicht so und die Arbeitnehmer werden vom Staat alimentiert. Dieses Geld muss also an anderer Stelle erwirtschaftet werden. Und das geschieht in erster Linie nicht durch andere Dienstleistungen, sondern durch Produktion von Waren und Konsum.

Aber wir können ja gerne das isländische Modell übernehmen. Die (exportierte) Dienstleistung war die Kaupting Bank, und nun ist Island Pleite.

Aber damit verlasse ich diesen Themenbereich.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Beitrag von autolos »

Hot Doc @ 12 Jan 2010, 20:01 hat geschrieben: Für eine florierende Wirtschaft gibt es 3 Grundsätze:
1. Schau, dass das Geld schnell fließt (das schaffen MIV und ÖPNV).
2. Schau, dass das Geld in deinem Land bleibt (das schafft der ÖPNV eindeutig besser).
3. Schau, dass du exportieren kannst, damit mehr Geld bei dir zirkuliert (da ist die Autoindustie (laut Expertenmeinungen noch) gut, aber auch auf dem ÖPNV-Markt tut sich da viel).
Wo hast Du denn diese absurden Thesen her? Bei der Schnelle des Geldflusses kann ich ja noch eine Sinnhaftigkeit erkennen. Aber die Punkte 2 und 3 funktionieren gleichzeitig gar nicht. Was soll ich mit dem vielen Geld, das ich über Exporte ins Land geholt habe, wenn dahintertstehende Leistung (die hergestellten Produkte) sich im Ausland befinden? Das der Freihandel ein Wohlstandstreiber ist, dürfte heute nur noch von wenigen Menschen bestritten werden, von Fachleuten schon mal gar nicht. Beschränke Dich mit Deinen Aussagen doch auf Dinge, die sich ggf. auch noch durch irgendetwas sinnvoll belegen lassen, aber halte Dich mit Äußerungen zurück, die Deine Unwissenheit beweisen.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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