JNK @ 18 Dec 2011, 13:57 hat geschrieben: @ Traveller Munich: Danke für Deine ausführliche Erklärung.

Gibt's irgendwo Quellen dazu?
Die Daten zu Frankfurt und Wuppertal sind allgemein verfügbare Unternehmensangaben.
Zu den Erlösen pro Fahrgast kann man die Zahlen aus den jeweiligen Geschäftsberichten ableiten.
Mal ein Beispiel aus München / MVV:
http://www.mvv-muenchen.de/fileadmin/media...ericht_2010.pdf
Seite 69: in 2010 6.405 Mio. Personenkilometer.
Fahrgeldeinnahmen 659 Mio. Euro
Das sind 10 Cent pro Personenkilometer.
Hinzu kommen aber noch (nicht kostendeckende) Ausgleichszahlungen für die kostenlose Beförderung von Behinderten und Schülern und andere Einnahmen.
Was landet davon bei der MVG?
Geschäftsbericht SWM:
http://www.swm.de/dms/swm/dokumente/untern...ericht-2010.pdf
S. 4:
Umsatzerlös Verkehr 383 Mio. - dies enthält auch Ausgleichszahlungen für Behinderte und Schülerverkehr, Werbeeinnahmen etc.
Das sind bei 512 Mio. Fahrgästen (
http://www.mvg-mobil.de/ueberuns/images ... hlen_s.pdf) genau 74 Cent pro Fahrgast.
20% der Nutzplatzkilometer und auch der Personenkilometer werden bei der MVG bei den Bussen erbracht.
Bei gleicher Zuscheidung der Einnahmen sind dies 76 Mio. Euro.
Bei 175 Mio. Fahrgästen beim Bus entspricht dies 43 Cent pro Fahrgast an Einnahmen beim Bus in München.
Umgekehrt gerechnet entsprechen die 76 Mio. Euro Einnahmen pro Bus bei 379 Bussen im Spitzeneinsatz 200.000 Euro Einnahmen pro Bus. Ein deutschland/europaweit sensationeller Wert, denn:
In München kommen bei 175 Mio. Fahrten beim Bus und 379 Bussen 460.000 Fahrgäste pro Jahr auf jeden eingesetzten Bus.
Die Hamburger Hochbahn beispielsweise hat rund 630 Busse im Spitzeneinsatz, bei 208 Mio. Fahrgästen.
Macht 330.000 Fahrgäste pro Bus.
Wenn man sich die Statistiken anderer Großstadtunternehmen ansieht, liegt dieser Wert üblicherweise bei 200.000 - Frankfurt habe ich weiter oben genannt, Wuppertal ist bekannt, bei allen anderen Städten ist es ähnlich.
In Hamburg werden 367 Mio. Euro eingenommen (U-Bahn und Bus zusammen, Fahrgeld und sonstige Einnahmen):
http://www.hochbahn.de/wps/wcm/connect/64d...pdf?MOD=AJPERES
S. 57
Bei 402 Mio. Fahrgästen insgesamt sind dies 91 Cent pro Fahrgast. Dank höherer Fahrpreise 17 Cent oder 23% mehr pro Fahrgast als in München. Auf den Busbereich werden hierfür weniger pro Fahrgast entfallen und auf die U-Bahn mehr - wegen unterschiedlicher Reiseweiten. Hier hat man also den Ausgleich über höhere Fahrpreise erreicht, in München kann man bei niedrigeren Fahrpreisen mehr Einnahmen dank mehr Fahrgäste einstreichen.
Wuppertal hingegen kann, wie die meisten anderen Städte, nicht mit so hohen Fahrgastzahlen kalkulieren. Hier kann man entweder mit den Fahrpreisen nach oben gehen um die Wirtschaftlichkeit herzustellen (Modell Hamburg), oder muss durch die Stadt Geld zuschießen. Oder das Angebot noch weiter kürzen, bis die Grundversorgung in Frage gestellt ist und noch weniger mit den Bussen fahren. Hamburg braucht dank hoher Fahrpreise und vergleichsweise hoher Fahrgastzahlen nur 50 Mio. Euro Defizitausgleich zuzuschießen, aber selbst in einer ÖV-Hochburg wie Karlsruhe muss die Stadt über 20 Mio. pro Jahr zuzahlen. Da könnte man nur die Fahrpreise erhöhen.
Nur in München dürfte der Betrieb ziemlich kostendeckend ablaufen. Da München aber die einzige mir bekannte Stadt ist, bei der kein Defizit angegeben wird und die Stadt zudem auch keine direkten Ausgleichszahlungen ausweist, kannst Du davon ausgehen, das keine Stadt so wenig für den Nahverkehr ausgibt (pro Einwohner) wie München. Eben dank der hohen Nachfrage. Dennoch jammert auch München, die arme Stadt und die arme MVG barmt um jeden Bus und selbst die Anbindung der Pfennigparade an die Münchner Freiheit stand wegen einem Bus auf der Kippe.
Zu den Kosten pro Bus: Fachartikel (z.B. im Nahverkehr) gehen von Komplettkosten von 200.000 - 250.000 Euro aus, einschließlich Verwaltungskosten, abhängig vom Fahrzeugtyp. 200.000 Euro sind gut, 250.000 Euro durchaus normal. Auch bei privaten Lohnkutschern. Als Faustwert kannst Du Einnahmen von 50 Cent pro Fahrgast im Stadtverkehr gegenrechnen (stimmt in den meisten Städten) und 200.000 Fahrgäste pro Bus.
Machen wir mal eine Gegenprobe bei der Busmetropole Münster/Westfalen:
32 Mio. Fahrgäste, 27 Mio. Euro Umsatzerlöse, ca. 150 Busse im Spitzenstundeneinsatz
213.000 Fahrgäste pro Bus.
Bei sensationellen Einnahmen von 84 Cent pro Fahrgast können pro eingesetztem Bus 180.000 Euro Umsatz erwirtschaftet werden.
Die Kostendeckung ist fast da, aber auch hier eher über die Einnahmeseite. Da hat Wuppertal nur eine Chance mit höheren Fahrpreisen.
Die Monatskarte kostet in Münster 56 Euro (nicht billig), im Abo 42 Euro.
Die Kostendeckung klappt nur, wenn: recht viele teure Einzelfahrscheine gelöst werden und die Monatskarten eher selten (2 Fahrten pro Tag) genutzt werden. Ist in Münster offenbar der Fall, sonst hätte man nicht diese Einnahmen pro Fahrt. In München hingegen fahren sehr viele mit einer Monatskarte, bei ähnlichen Preisen wie in Münster, und das auch noch viel häufiger.