Konzept partieller Obus München
Ausgehend aus diesem Thread
https://www.eisenbahnforum.de/index.php?s=8...20&#entry730681 mal ein paar Ideen:
Ich habe nie an den "klassischen" Obus gedacht, sondern immer an den partiellen Obus. Ich bitte um Entschuldigung für die unklare Darstellung.
Ich sehe keine ernsthafte Chance, zeitnah den Münchner Busverkehr auf reine Elektrobusse umzustellen. Weder für Gelenkbusse noch für Buszüge gibt es da eine ansatzweise brauchbare Lösung.
Warum komme ich auf den partiellen Obus? Ich hatte damit letztes Jahr in Hradec Králové zu tun. Dort sind ja einige solche Fahrzeuge unterwegs und ich finde sie eigentlich ganz gut. Die dortigen Wagen können allerdings nur rund 1/3 der Strecke oberleitungsfrei überbrücken.
Dann war ich noch bei einer recht umfangreichen Fachdiskussion in Prag. Dort hat man sich nach langem Überlegen für den partiellen Obus entschieden, denn auch dort soll der Busverkehr elektrifiziert werden. Die Parallelen zu München sind eindeutig - wesentliche Eckpunkte, warum Prag die Variante partieller Obus bevorzugt sind:
- Hohe Verkehrsleistung der Busse
- Lange Linien
- Lange Einsatzzeiten - kurze Nachtruhe zum Aufladen im Betriebshof
- Heizung soll nur rein elektrisch sein (alles andere ist ein schlechter Witz und Etikettenschwindel)
- Sehr große Zahl an Fahrzeugen
- Großer Anteil Gelenkbusse
- Anspruchsvolle Topografie
Abgesehen von der Topografie sehe ich eigentlich alle Punkte auch in München sehr gut erfüllt. Als einziges Gegenbeispiel einer zeitnahen Umstellung auf reine Elektrobusse einer größeren Flotte auch mit Gelenkbussen fällt mir spontan zwar Basel ein, aber dort sind die Größenordnungen dann doch etwas anders als in München. Immerhin werden auch 8 Doppelgelenk-Elektrobusse beschafft.
https://www.bvb.ch/de/e-bus/
Dass der Obus in München eine unnötige Splittergattung wird, sehe ich nicht so. Elektrobusse sind genauso eine Splittergattung wie die Buszüge, brauchen auch ihre spezielle Infrastruktur und Schulung des Personals. Auch Elektrobusse brauchen (sogar ganz erhebliche) Investitionen in eine Infrastruktur - ich weiß ja nicht, wie ihr euch das vorstellt, aber wenn die gesamte Münchner Busflotte über Nacht geladen werden soll, braucht der Busbetriebshof ein eigenes Großkraftwerk.
Man kann es sicher so sehen, dass der Obus die Nachteile von Bus und Tram vereint. Man kann es aber auch so sehen, dass er die Ausweitung des elektrischen Verkehrs mit relativ geringen Investitionen in Infrastruktur zuverlässig ermöglicht. Ich halte den reinen Fokus auf Elektrobusse nach wie vor für zweifelhaft.
Übrigens sind Obusse und Elektrobusse im Betrieb (ohne Berücksichtigung der Infrastrukturkosten) mutmaßlich günstiger als Dieselfahrzeuge. Aus Hradec Králové sind mir Werte der folgenden Größenordnung bekannt:
Elektrobus ist rund 5% günstiger als reiner Obus ist rund 5% günstiger als partieller Obus (mit Akku) ist rund 10% günstiger als Dieselbus
Ich hoffe, alle Argumente/ Zweifel aufgegriffen zu haben. Ich wollte jetzt nicht nochmal alle Beiträge einzeln raussuchen, wenn sich jemand übergangen fühlt, bitte schreien.
Meine Idee für ein Stufenkonzept eines partiellen Obussystems in München orientiert sich an folgenden Prioritäten und Randbedingungen:
- Innenstadtnahe Linien, da lokale Emissionsfreiheit und Lärmreduktion dort von besonders hoher Bedeutung sind
- Dicht befahrene Strecken (min. Takt 10)
- Hoher Anteil Gelenker/Buszüge
- Keine realistische Perspektive für Umstellung auf Tram
- Infrastruktur einfach halten - keine Kreuzungen, Weichen etc. und insbesondere nicht mit Tram-OL
- Parallelführung von Tram und Obus ist grundsätzlich möglich, sowohl nebeneinander als auch auf gemeinsamer Trasse mit gemeinsamen Haltestellen (vgl. Brno)
https://flic.kr/p/2eaqGCi https://flic.kr/p/2fAGTiH https://flic.kr/p/2fmxFYb
- Eindrahten nur an Haltestellen (Auf Knopfdruck unter Eindrahtungstrapezen), Ausdrahten auch während der Fahrt möglich (auf Knopfdruck) - beides gängige Praxis in Prag und Hradec Králové
https://flic.kr/p/2gH7Acr
- Oberleitungsanteil etwa 40...50% der Linienlänge (übernommen vom Wert, der in Prag angestrebt wird)
Dabei sind mir zwei grundsätzlich denkbare Varianten eingefallen:
Variante 1: Beginnend mit Linie 100, gefolgt von 154 (neu nach Gartentram über Prinzregentenstr.), und 153. Größte Probleme: Innenstadt sehr knifflig bei Oberleitung, weil viele Kreuzungen mit der Tram bestehen. Ständiges Ein-/Ausdrahten soll möglichst vermieden werden. Deshalb unterschiedliche Abschnitte in Hin- und Rückrichtung (wegen Abbiegebeziehungen). Ludwigstraße oberleitungsfrei, weil ich dort mittelfristig eine völlige Umgestaltung kommen sehe und am liebsten mit Tram von Giselastr. über Odeonspl. Zum Maximilanspl. Nach 153 weiter mit Variante 2.
Visualisierung:
https://www.dropbox.com/s/upyiedcdgl40mhb/O...Cnchen.pdf?dl=0
Sollte jemand drin rumpfuschen wollen - ich habe das in Visio erstellt:
https://www.dropbox.com/s/0n93lzvtk475vs4/O...nchen.vsdx?dl=0
Variante 2: Beginnend mit den Linien, die auf dem Mittleren Ring fahren. Geringe Chance auf Tramumstellung (außer vielleicht noch Donnersbergerbrücke), städtebaulich wenig sensibel, viele Gelenkwagen. Denkbares Stufenkonzept: Beginn mit Linie 59, weiter mit 54 (neu über Isarring nach Gartentram), X30, 63, 153. Dann Überschneidung mit 154 und weiter mit Variante 1.
Sowohl die Linie 100 als auch 59 sehe ich als Startlinien besonders gut geeignet, weil sie nahe am Betriebshof vorbeikommen und damit keine langen Ein-/Ausrückwege erforderlich sind. Außerdem sind natürlich 56, 57, 60, 52 und 62 in meinen Augen potenzielle Kandidaten.
Wenn man das Ganze geschickt verpackt (Luftreinhaltemaßnahme) und einen feschen Namen findet (bloß nicht Obus, in Prag haben die Verkehrsbetriebe die Abneigung vieler Politiker gegenüber dem Obus gekannt und es deswegen Elektrobus mit dynamischer Ladung genannt - dann waren alle dafür), gibt es vielleicht auch Fördergelder. Wenn ich eine Empfehlung geben müsste, würde ich mit den Linien auf dem Mittleren Ring anfangen, weil dort ohne größere Probleme auch etwas längere Oberleitungsabschnitte realisierbar wären, sollten sich dadurch deutliche Ersparnisse bei der Fahrzeugbeschaffung ergeben. Bei den Innenstadtlinien ist das deutlich kniffliger.
So, jetzt dürft ihr alles auseinandernehmen.
