TramPolin @ 11 May 2012, 19:31 hat geschrieben: Nicht alleine die Einkaufszentren können ein Problem sein, auch die vielen Flachbauten (oft nur sehr einfach aus Holz ausgeführt) "auf der (ehemals) grünen Wiese" mit riesigem Parkplatz führen zu einer Verödung der Ortskerne. Ich habe heute in Putzbrunn gesehen, dass es im Dorfkern fast keine Läden mehr gibt. Zumindest keine mehr, die geöffnet haben. Weit vor dem Ort aber sind mehrere Supermärkte und Discounter aufgebaut, alle mit Abstand dazwischen - und primär für Autofahrer gedacht. Wie soll dort der normale Putzbrunner einkaufen? Wer auch mit dem Rad nicht anfahren kann, der hat offenbar Pech gehabt, zu Fuß ist Ganze erst recht nicht mehr attraktiv. Auch wenn man in einem Laden nicht alles bekommt, muss man zum nächsten fahren. Da hätte man es in einem Einkaufszentrum einfacher und besser.
Nichts gegen diese Märkte, sie sind ja sehr großzügig, aber beides (kleine Supermärkte im Ortskern, große vor den Ortstoren) verträgt sich kaum.
Auch ich sehe diese Entwicklung bis zu einem gewissen Grad sehr kritisch, allerdings halte ich sie vielfach nur für die logische Konsequenz dessen, was man bisweilen einfach verschlafen hat.
Vielfach ist es (nicht nur, aber auch bei Supermärkten) ein Problem, dass bei den "innerstädtischen Geschäften" Auswahl und Preis (sowie erbärmlicherweise auch manchmal sogar die Beratung) nicht stimmen. Manchmal lässt sich das ganz einfach mit zu geringer Fläche erklären, da kann man nichts tun, außer horrende Summen für mehr Grund ausgeben und das ist natürlich meistens nicht ökonomisch (oder geht erst gar nicht). Andererseits aber, und das betrifft ja eher die "Fachgeschäfte", hat man einfach 15 Jahre lang ignoriert, dass die Welt kleiner geworden ist. Man kann sich seine Produkte im Internet bestellen, im Nachbarort gibts vielleich einen Konkurrenten, der besser und/oder günstiger ist, die Leute sind mobiler geworden, usw.
Bei meiner Mutter im Ort musste unlängst der örtliche Fernsehhändler schließen: Nein, nein, kein Opfer von MediaMarkt oder Amazon, sondern ausschließlich ein Opfer seiner selbst. Dass der gute Herr schon immer ein wenig schroff und unfreundlich war hat niemanden gestört (das ist der örtliche Eisenwarenhändler auch, viele Kunden schätzen das sogar - entsprechend gehts dem Laden prächtig). Auch, dass er auf 40m² Verkaufsfläche nicht tausende Geräte ausstellen konnte war nie das Problem, ebensowenig, dass er natürlich keine irre Lagerhaltung haben konnte und vieles natürlich hätte bestellt werden müssen. Das Problem war, dass der gute Herr eine etwas eigenwillige Geschäftspolitik führte: zuerst hat er den Trend zum LCD/Plasma-Fernseher völlig verschlafen - nicht nur ein bisschen sondern gleich mal zwei, drei Jahre lang ("Das braucht keiner, das wird sich nie durchsetzen"). Als er dann plötzlich feststellte, dass er sich da wohl brutal geirrt hatte, hat er quasi über Nacht umgestellt. Gut, lieber spät als nie, aber das wie war wohl sein Genickbruch: er führte ausschließlich Geräte von Metz, Loewe und TechniSat. Falsch verstandener Lokalpatriotismus? Nö, "Qualitätsanspruch" in seinen Augen. Sicherlich ist das nicht falsch, die Geräte dieser Hersteller genießen einen ausgezeichneten Support (zumindest auf dem Papier) und eine ganz ordentliche Ersatzteilversorgung. Wichtiger noch ist, dass sie den Ruf eines Spitzengeräts haben, doch leider ist das Schnee von gestern (tatsächlich sind diese Geräte allenfalls noch obere Mittelklasse, eine Loewe-Röhre ist qualitativ kein Vergleich zu einem Loewe-LCD Gerät, bei dem eigentlich nur noch das Plastikgehäuse von Loewe bzw. in deren Auftrag gefertigt wurde). Einzig der Preis ist noch Referenzklasse.
So kam es, dass der gute Herr kaum mehr Geräte verkaufte. Den meisten war seine Auswahl zu teuer und er weigerte sich standhaft Geräte anderer Hersteller auch nur zu bestellen. Dazu kam noch eine völlig unrealistische Preispolitik, alles wurde zur UVP des Herstellers angeboten, selbst noch Jahre nach Erscheinung - Straßenpreise waren zum Teil 50% darunter gefallen. Ärgerlich, wenn man diese Geräte dann im Laden stehen hat, aber eigentlich nichts Neues.
Doch dann stand die Analogabschaltung beim Satellitenfernsehen ins Haus. Die meisten Fernsehtechniker, Antennenbauer und sonstige damit verbundene Geschäfte konnten sich vor Aufträgen kaum retten, andere konnten zumindest deutlich erkennbare Zuwächse verzeichnen. Nur er nicht. Im Gegenteil: das Geschäft war leerer als sonst (ein Bekannter wohnt gegenüber und bekam das mit). Konnte ich mir zuerst auch nicht ganz erklären, bis mir ein ortsansässiger Freund folgenden Kostenvoranschlag dieses Händlers für eine Digitalisierung der Satanlage (nach Ortsbegehung versteht sich!!) vorlegte.
Benötigt wäre gewesen: ein Single-LNB und ein Digitalreceiver mittlerer Ausstattung, Kostenfaktor 20€ für's LNB und vielleicht noch 150€ für den Receiver (der Rest der Anlage war in außerordentlich gutem Zustand).
Kostenvoranschlag enthielt: neue Antenne, neue Verkabelung, neues LNB, neuer Receiver... 1200€ MATERIALkosten. Alleine der Receiver sollte 500€ kosten (eine Krüppelkiste aus dem Hause Humax, Straßenpreis knapp 300€), das LNB sogar stolze 130€ (und das war ja noch nicht mal von der Apotheke Kathrein, sondern ein hundskommodes Inverto).
Vielleicht ist dieser Zeitgenosse ein Extremfall, aber von der Tendenz her garantiert kein Einzelfall.