ESTW-Neubauten sowie Stillegung von Stellwerken

Rund um die Technik der Bahn
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

PascalDragon @ 28 May 2012, 15:04 hat geschrieben: Es ist zwar schon ein paar Jahre her, aber in einem gewissen Sinne ein kleines Kuriosum: Im Herbst 2009 wurde in Dießen (auf der Ammerseebahn) ein ESTW (ESTW-R, um genau zu sein) in Betrieb genommen (ich glaub von Scheidt&Bachmann), welches von Utting am Ammersee aus gesteuert wird, welcher selbst noch ein mechanisches Stellwerk (inklusive mechanischem Bahnübergang) hat.
Ja, Scheidt und Bachmann ist korrekt. So kurios ist das aber gar nicht mal - dass man das heute so seltsam empfindet liegt daran, dass die DB was neue Stellwerke betrifft eigentlich immer nur von den sieben Betriebszentralen (BZ) redet, die angeblich mal ganz Deutschland fernsteuern sollen, so dass man eine etwas verklärte Sicht auf die ESTWs hat. Dabei ist ein ESTW auch nichts anderes als ein ganz normales Stellwerk, das halt per Monitor bedient wird, und dass man verschiedene Stellwerkstechniken in einem Bedienraum hat ist auch nichts neues, sondern gab es schon immer.

Gerade bei den Regionalnetzen ist man inzwischen zu pragmatischen Lösungen übergegangen, und stellt die Bedienung von ESTWs halt in den nächstbesten passenden Bedienraum rein - wobei das häufig nur ein vorübergehender Zustand ist.

So z.B. bei der Kurhessenbahn, hier hatte man die Bedienplätze für die beiden ZSB2000 (das ESTW von Scheidt und Bachmann) in Korbach und in einem weiteren Bahnhof, beide hatten jeweils für den eigenen Bahnhof ein elektromechanisches Stellwerk. Inzwischen wurden die beiden Bahnhöfe ebenfalls mit ZSB2000 ausgestattet, und alles zusammen wird aus Kassel ferngesteuert.

Im bayerischen Raum haben wir z.B. auch Durach, Durach selber ist zwar auch SZB2000, hat aber noch eine mechanische Schranke, die über eine Schlüsselsperre in das ESTW eingebunden ist. Oder nehmen wir den Fahrdienstleiter Pasing Betriebsbahnhof mit einem Drucktastenpult und davon abhängigem elektromechanischen Stellwerk im selben Bedienraum. Oder Biberach, der bis vor kurzem für den eigenen Bahnhof ein Drucktastenstellwerk hatte, für die Strecke ein ESTW (mit der gigantischen Zahl von zwei Weichen!) - inzwischen ist Biberach selber auch ESTW. Oder Weiden - eigener Bahnhof Drucktastenstellwerk, und inzwischen ESTW für die Bahnhöfe Neustadt und Vilseck, und künftig soll es auch die Strecke nach Bad Steben noch drauf bekommen. Das ist dann wirklich kurios, hier hat man dann nämlich lauter einzelne Bahnhöfe auf dem ESTW, die untereinander keine Verbindung haben :-)
Im Zusammenhang mit der Einführung des ESTW Dießen wurde der durch Riederau (zwischen Dießen und Utting gelegen) gebildete Block herausgenommen und zu einer Deckungsstelle für den (mechanischen) Bahnübergang am dortigen Bahnhof degradiert.
Aber dafür jetzt immerhin mit Signalabhängigkeit - das Deckungssignal bekommt man jetzt nur noch auf Fahrt, wenn die Schranken geschlossen sind :)
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

Mir fällt da noch Murnaus erstes ESTW ein, vorne ESTW, dreht man sich um, steht da eine Reihe alter Streckenblöcke, plus einem für einen Anschluss, der nie gebaut wurde, oder so.
In Pasing das Stellwerk RW, mechanisch, und für zwei Weichen plus zwei Sperrsignale ein kleines Drucktastenpult.

Was steuert der Fdl Pasing Bbf denn mit dem elektromechanischem Teil?
ropix
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Beitrag von ropix »

Boris Merath @ 28 May 2012, 15:22 hat geschrieben: Oder Weiden - eigener Bahnhof Drucktastenstellwerk, und inzwischen ESTW für die Bahnhöfe Neustadt und Vilseck, und künftig soll es auch die Strecke nach Bad Steben noch drauf bekommen. Das ist dann wirklich kurios, hier hat man dann nämlich lauter einzelne Bahnhöfe auf dem ESTW, die untereinander keine Verbindung haben :-)
Naja - als nächstes dürfte es noch Weiherhammer schaffen, damit wären zumindest zweie miteinander verbunden. Und danach (oder auch davor) kommt die Strecke nach Selb, da man hier im Gegensatz zur Bad Stebener Strecke Bereits die Wiederinbetriebnahme der Zweigbahn in den Osten (genauer As) beschlossen hat.

Ob die Strecke nach Bad Steben je ins ESTW kommt weil man die Zweigstrecke in den Osten (genauer Blankenstein) widereröffnet ist ziemlich ungewiss.

Apropos Blankenstein. Auch so ein Stellwerk das sich selbst (wie wollt ihr jetzt aber gar nicht wissen) und die benachbarte Strecke - aber noch nicht den Nachbarbahnhof steuert, der ist nach wie vor örtlich besetzt. Ok, Blankenstein steuert sich nicht sondern riegelt sich nur selbst :D
Martin H. @ 28 May 2012, 16:56 hat geschrieben:Was steuert der Fdl Pasing Bbf denn mit dem elektromechanischem Teil?
Die südliche Gruppe, das RSTW ist für den S-Bahn Teil zuständig
-
PascalDragon
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Beitrag von PascalDragon »

Boris Merath @ 28 May 2012, 15:22 hat geschrieben:So kurios ist das aber gar nicht mal - dass man das heute so seltsam empfindet liegt daran, dass die DB was neue Stellwerke betrifft eigentlich immer nur von den sieben Betriebszentralen (BZ) redet, die angeblich mal ganz Deutschland fernsteuern sollen, so dass man eine etwas verklärte Sicht auf die ESTWs hat. Dabei ist ein ESTW auch nichts anderes als ein ganz normales Stellwerk, das halt per Monitor bedient wird, und dass man verschiedene Stellwerkstechniken in einem Bedienraum hat ist auch nichts neues, sondern gab es schon immer.
Ja klar ist ein ESTW auch nur ein normales Stellwerk, aber dieser Gegensatz ESTW in der einen Ecke für zwei weiter entfernte Bahnhöfe (wobei Dießen im Gegensatz zu Lagerlechfeld ja geradezu in Spuckreichweite ist und noch dazu zur selben Strecke gehört) und in der anderen Ecke ein mechanisches Stellwerk von anno dazumal (wie alt ist das Stellwerk in Utting eigentlich?) ist halt dann schon etwas extrem. Wobei ich das jetzt nicht negativ meine :)
Boris Merath @ 28 May 2012, 15:22 hat geschrieben:Gerade bei den Regionalnetzen ist man inzwischen zu pragmatischen Lösungen übergegangen, und stellt die Bedienung von ESTWs halt in den nächstbesten passenden Bedienraum rein - wobei das häufig nur ein vorübergehender Zustand ist.
Für Dießen hatte man extra den Warteraum in Utting umgebaut...
Boris Merath @ 28 May 2012, 15:22 hat geschrieben:
PascalDragon @ 28 May 2012, 15:04 hat geschrieben:Im Zusammenhang mit der Einführung des ESTW Dießen wurde der durch Riederau (zwischen Dießen und Utting gelegen) gebildete Block herausgenommen und zu einer Deckungsstelle für den (mechanischen) Bahnübergang am dortigen Bahnhof degradiert.
Aber dafür jetzt immerhin mit Signalabhängigkeit - das Deckungssignal bekommt man jetzt nur noch auf Fahrt, wenn die Schranken geschlossen sind :)
Ging das vorher etwa auch ohne die Schranken zu schließen? Hat man in dem Fall etwa am Stellwerk in Riederau was geändert, damit diese Signalabhängigkeit nun hergestellt werden kann?
ropix @ 28 May 2012, 17:24 hat geschrieben:Und danach (oder auch davor) kommt die Strecke nach Selb, da man hier im Gegensatz zur Bad Stebener Strecke Bereits die Wiederinbetriebnahme der Zweigbahn in den Osten (genauer As) beschlossen hat.
Die Reaktivierung der Strecke nach As war mir bekannt, aber dass dort dann auch ein ESTW hinkommen soll, is mir neu... soll dann die ganze Strecke bis nach Selb über's ESTW gesteuert werden oder bleibt der Zugleitbetrieb auf Teilen weiterhin bestehen? Von wo aus soll das ESTW dann gesteuert werden? Von dem Kreuzungsbahnhof auf der Strecke nach Oberkotzau (ich glaub Rehau war des, ich weiß es aber nicht mehr genau, da ich die Strecke nur zweimal im Herbst 2010 gefahren bin [Festival Mediaval])?

Gruß,
Sven
ropix
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Beitrag von ropix »

PascalDragon @ 28 May 2012, 18:33 hat geschrieben:Für Dießen hatte man extra den Warteraum in Utting umgebaut...
Sicher? Der Warteraum war auch vorher nicht im Stellwerk - da hinten war einfach irgendeine Abstellfläche imho
Aber dafür jetzt immerhin mit Signalabhängigkeit - das Deckungssignal bekommt man jetzt nur noch auf Fahrt, wenn die Schranken geschlossen sind :)
Ging das vorher etwa auch ohne die Schranken zu schließen? Hat man in dem Fall etwa am Stellwerk in Riederau was geändert, damit diese Signalabhängigkeit nun hergestellt werden kann?
Aber selbstverständlich. Wir sind hier ja nicht im Osten. Man hat alles umgebaut, nur das Grundgerüst ist stehengeblieben. Sogar die Signalhebel sind neu und jetzt nicht mehr zum Streckenblock sondern zu einem Schloss an der Schrankenkurbel abhängig.
Die Reaktivierung der Strecke nach As war mir bekannt, aber dass dort dann auch ein ESTW hinkommen soll, is mir neu... soll dann die ganze Strecke bis nach Selb über's ESTW gesteuert werden oder bleibt der Zugleitbetrieb auf Teilen weiterhin bestehen? Von wo aus soll das ESTW dann gesteuert werden? Von dem Kreuzungsbahnhof auf der Strecke nach Oberkotzau (ich glaub Rehau war des, ich weiß es aber nicht mehr genau, da ich die Strecke nur zweimal im Herbst 2010 gefahren bin [Festival Mediaval])?

Gruß,
Sven
Na anders gehts nicht - da gabs im NOBF schon eine lustige Diskussion. Gesteuert werden wohl die beiden Bahnhöfe Rehau und Selb Plösberg - wie will man in letzterem sonst die Flügelung zusammenbekommen? Gehen tut das mit TUZ derzeit nicht sinnvoll.

/Edit: Ach so - das war natürlich das ESTW in Weiden von welchem die Diskussion ja ausging.
-
PascalDragon
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Beitrag von PascalDragon »

ropix @ 28 May 2012, 18:47 hat geschrieben:
PascalDragon @ 28 May 2012, 18:33 hat geschrieben:Für Dießen hatte man extra den Warteraum in Utting umgebaut...
Sicher? Der Warteraum war auch vorher nicht im Stellwerk - da hinten war einfach irgendeine Abstellfläche imho
Hundertprozentig sicher bin ich nicht, aber ich basiere meine Aussage einerseits auf folgendes Zitat von ammerseebahn.de auf der Seite des Bahnhofs Utting:
-Bahnhof Utting\ @ www.ammerseebahn.de hat geschrieben:Im August 2009 wurde mit dem Bau des elektronischen Stellwerk im Warteraum von Utting begonnen, wo ab 28.11.2009 der Bahnhof Dießen gesteuert wird.
und auf der Beobachtung, dass sich der Boden im Bereich des mechanischen Stellwerks vom Boden des Bereichs des ESTWs unterscheidet (auch wenn dies vielleicht auch nur auf eine Renovierung des Bereichs hindeuten könnte...)
ropix @ 28 May 2012, 18:47 hat geschrieben:
Aber dafür jetzt immerhin mit Signalabhängigkeit - das Deckungssignal bekommt man jetzt nur noch auf Fahrt, wenn die Schranken geschlossen sind :)
Ging das vorher etwa auch ohne die Schranken zu schließen? Hat man in dem Fall etwa am Stellwerk in Riederau was geändert, damit diese Signalabhängigkeit nun hergestellt werden kann?
Aber selbstverständlich. Wir sind hier ja nicht im Osten. Man hat alles umgebaut, nur das Grundgerüst ist stehengeblieben. Sogar die Signalhebel sind neu und jetzt nicht mehr zum Streckenblock sondern zu einem Schloss an der Schrankenkurbel abhängig.
Hui! So ein umgreifender Umbau eines mechanischen Stellwerks und das im Jahr 2009? Faszinierend :) Ich muss da demnächst wohl nochmal hinfahren :) (ich hatte gestern die Ammerseebahn von Weilheim bis nach Schondorf mit dem Fahrrad abgeklappert, um mir die ganzen alten Anlagen mal anzusehen; vor allem die beiden mechanischen Bahnübergänge in Schondorf, welche ja nicht mehr allzulange in Betrieb sein werden...)

Und danke für den Link zur Diskussion bzgl. Selb. Das werd ich mir bei Gelegenheit mal durchlesen.

Gruß,
Sven
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Beitrag von Boris Merath »

ropix @ 28 May 2012, 17:24 hat geschrieben:Und danach (oder auch davor) kommt die Strecke nach Selb, da man hier im Gegensatz zur Bad Stebener Strecke Bereits die Wiederinbetriebnahme der Zweigbahn in den Osten (genauer As) beschlossen hat.
Arg - ich meinte auch Selb, und nicht Steben *grmbl*.
PascalDragon @ 28 May 2012, 20:27 hat geschrieben: Hui! So ein umgreifender Umbau eines mechanischen Stellwerks und das im Jahr 2009? Faszinierend :)
Naja, so umgreifend ist das auch nicht - halt zwei neue Signalhebel, und zwei Schlösser an den Signalhebeln sowie ein Schloss an der Schrankenkurbel. Ansonsten hat man nur rausgerupft was man nicht mehr brauchte.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von PascalDragon »

Boris Merath @ 28 May 2012, 20:57 hat geschrieben:
PascalDragon @ 28 May 2012, 20:27 hat geschrieben:Hui! So ein umgreifender Umbau eines mechanischen Stellwerks und das im Jahr 2009? Faszinierend :)
Naja, so umgreifend ist das auch nicht - halt zwei neue Signalhebel, und zwei Schlösser an den Signalhebeln sowie ein Schloss an der Schrankenkurbel. Ansonsten hat man nur rausgerupft was man nicht mehr brauchte.
Naja... immerhin zwei neue Signalhebel; das ist doch was.
Und auch beim rausrupfen muss man ja auch wissen, woran man zieht :D
ropix @ 28 May 2012, 18:47 hat geschrieben:
Die Reaktivierung der Strecke nach As war mir bekannt, aber dass dort dann auch ein ESTW hinkommen soll, is mir neu... soll dann die ganze Strecke bis nach Selb über's ESTW gesteuert werden oder bleibt der Zugleitbetrieb auf Teilen weiterhin bestehen? Von wo aus soll das ESTW dann gesteuert werden? Von dem Kreuzungsbahnhof auf der Strecke nach Oberkotzau (ich glaub Rehau war des, ich weiß es aber nicht mehr genau, da ich die Strecke nur zweimal im Herbst 2010 gefahren bin [Festival Mediaval])?

Gruß,
Sven
Na anders gehts nicht - da gabs im NOBF schon eine lustige Diskussion. Gesteuert werden wohl die beiden Bahnhöfe Rehau und Selb Plösberg - wie will man in letzterem sonst die Flügelung zusammenbekommen? Gehen tut das mit TUZ derzeit nicht sinnvoll.
Danke nochmal für den Link. Ich habe mir die Diskussion mittlerweile durchgelesen. Da gings ja teilweise richtig heiß her... :blink:

Gruß,
Sven
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