Bayernlover @ 6 Sep 2012, 11:50 hat geschrieben: Bezahlbare, unkomplizierte Bahnfahrten, deren Preis deutlich unter dem des Autos liegt, und die man auch nicht 3 Monate vorher buchen muss.
Das Ziel sollte mehr Verkehr auf der Schiene sein, so erreicht man das allerdings nicht.
Das wirst du allerdings nicht mit Einheitstarifen ohne Einschränkungen erreichen, siehe SBB. Selbst kaufkraftbereinigt gibts da genau zwei Tarife: Sauteuer und Teuer (= Sauteuer-50%), von ein paar ganz kleinen Sonderangeboten einmal abgesehen. Selbst das in Relation auf die Normalpreise mit 3350SFr (etwas weniger als 2800€) auf den ersten Blick günstige Generalabonnement ist in Anbetracht der Größe der Schweiz (nur unwesentlich mehr als NRW) auch nicht gerade das, was man als "günstig" bezeichnen würde - selbst in Relation mit dem BIP/Kopf (gut, der Vorwurf der Preistreiberei in der Schweiz steht auch hier im Raum) und bedenke, dass die SBB Staatsbahnen sind, ergo ist der Gewinndruck auch nicht ganz so groß (das der Laden in der Realität gar defizitär ist, sei nur nebenbei erwähnt).
Nehmen wir hier mal an, die Bahn würde alle Rabattierungsmöglichkeiten streichen und den Normalpreis um den entsprechenden Betrag senken, dann führt das regelmäßig dazu, dass Vielfahrer und Pendler draufzahlen (und wir wissen alle, dass Benzin nicht den Löwenanteil der Kosten eines Autos ausmachen), Wenigfahrer zwar jetzt Flexibilität haben und nicht mehr ganz so extreme Preise bezahlen, diese Flexibilität aber subjektiv durch einen höheren Preis erkauft wird.
Nur eine Beispielrechnung: Fahrt von A nach B kostet Normalpreis 90€.
Pendler Hastenichtgesehen (H) zahlt einfach mit BC50 45€, dazu noch 230€ für die BC50. H fährt im Jahr die Strecke 20 Mal, hin und zurück (40 Einzelfahrten), zahlt also unterm Strich irgendwas um 50€ und ein paar Krumme einfache Strecke.
Wenigfahrer Manierenlos (M) wurschtelt mit Sparpreisen umher, zahlt einmal 29€, je zwei Mal 49 und 59€, gelegentlich einmal 79€ und einmal den vollen Preis, die Fahrt kostet im Mittel also 59,nochwas€.
Jetzt zwickt die Bahn alle Spezialangebote, der Normalpreis sinkt auf 65€, dafür gibts keine BC mehr und keine Sparpreise.
H hat jetzt pro Jahr Mehrkosten von 400€, M zahlt 35€ mehr.
Jetzt kommt aber Gelegenheitsfahrer Nichtzuschadefüreigeninitiative (N). Der fährt ähnlich wie M die gleiche Strecke, gleich oft im Jahr.
N sucht ein wenig, ist sich auch nicht zu schade mal eine etwas diffizilere Verbindung zu nehmen. N fährt ansonsten wie M, bekommt aber durch geschicktes lavieren bis auf eine Ausnahme immer 29€ Sparpreise, das eine Mal hat er eben Pech gehabt und es gibt nur was für 39€. Von ein oder zwei kurzen Nächten und einigen Umsteigeverbindungen abgesehen, zahlt N unterm Strich 30,50€.
Mit dem Einheitstarif hat N im Jahr Mehrkosten von knapp über 240€.
Resultat ist nun folgendes: H fängt an zu rechnen und stellt fest, dass er zwar mit dem Auto ein wenig mehr bezahlen würde, aber auch eine Stunde schneller ist. Des Weiteren stellt er fest, dass auf seiner Strecke auch die Germanwings fliegt, Preislich in etwa in der Nähe der Bahn, allerdings gibt es auch ein paar Ausreißer nach oben. Nachdem nun durch die fehlende Verkehrsstromlenkung die Züge zu der Zeit an der er fahren muss nicht mehr nur voll sondern grundsätzlich überfüllt sind, sagt er sich "Wisst ihr was?! Geht alle sterben, ihr Opfer!", bucht so weit es ihm möglich ist ein paar Flüge im Voraus, die ihn in etwa das gleiche kosten wie die Bahn mit ihrer neuen Tarifstruktur, er aber statt 6 Stunden Haustür-Haustür nur noch knapp 3 braucht. Einige Male geht das aber z.B. wegen Ferien oder Unwägbarkeiten in seiner persönlichen Planung nicht, das fährt er dann mit dem Auto.
H zahlt am Jahresende nun vielleicht 50€ drauf, dafür hat er seine Reisezeit erheblich gedrückt. Bahn fährt er nun eigentlich nicht mehr.
M freut sich. Er zahlt in etwa das gleiche, fährt nun pro Jahr drei Mal mehr Bahn, allerdings kann er es nicht unterlassen in Foren und am Stammtisch ständig über überfüllte Züge und die grundlegende Inkompetenz der Bahn zu motzen.
N ist sauer. Er kann nun seinen Kumpel in B-Stadt nur noch ganz gelegentlich besuchen, es ist einfach zu teuer geworden. Er entdeckt die Mitfahrzentrale für sich und fährt nun vielleicht nur noch zwei Mal im Jahr mit der Bahn.
Unterm Strich hast du nun also folgendes erreicht: du hast eine Person
, die man eigentlich eh nicht im Zug haben will dazu gebracht drei, vier Fahrten pro Jahr mehr mit der Bahn zu machen. Dafür hast du einen Vielfahrer und einen flexiblen aber preisbewussten Fahrer vergrault.