Electrification @ 19 Nov 2012, 22:40 hat geschrieben: Ich sehe da kein Problem, denn dann könnte man ja die Möglichkeiten schaffen, dass z. B. Krankenwagen, Polizei, THW oder die Feuerwehr diese Sperre lösen könnten und die Fahrzeuge eben dafür ausgerüstet sind. So würde den Fahrzeugen dann ein Warnlicht und ein Warnton anzeigen dass man zum Räumen jetzt schneller werden kann.
Warum sollte man ein System schaffen dass von den Rasern abgeschaltet werden kann? Die Autos müssten damit ausgerüstet sein, ohne Möglichkeit etwas abzuschalten (diese wäre dann wie erwähnt nur von außen durch Rettungskräfte z. B. möglich).
Ob jetzt an einer Ein- und Ausfahrt 60 oder 80 gilt, das finde ich auch nicht immer alles schön, aber wie lange ist so eine Ausfahrt? Die paar Sekunden wird man ja wohl haben und man kommt nicht um, es sollen gerüchteweise bisher alle überlebt haben.
Je komplexer ein System, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass es im Alltagsbetrieb nicht sauber funktioniert - bei der Bahn wie im Straßenverkehr. Außerdem war der Rettungswagen ja nur ein Beispiel unter vielen, es gibt sicherlich eine ganze Latte an Situationen, wo das kurzfristige Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit zumindest legitim sein könnte, oder willst du vielleicht ein IndyCar-ähnliches Knopfsystem wie "Push to Pass" einführen? Ganz banale Situation: du hängst bei recht dichtem Verkehr hinter einem langsameren Fahrzeug und möchtest dieses überholen. Die Lücken sind klein und wenn du dann doch eine findest, die groß genug ist, dann behinderst du beim Rausziehen den nachfolgenden Verkehr. Durch das (moderate) Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verhinderst du, dass der Hintermann entweder den Sicherheitsabstand unterschreitet und/oder Abbremsen muss, was im Interesse aller dem Verkehrsfluss zu Gute käme. Mach das heute vor den Augen der Polizei und die werden nicht mal mit der Wimper zucken, sofern du dich nach "Entspannung der Situation" wieder auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit zurückfallen lässt.
Wieso man ein abschaltbares System entwickeln möchte? Möchte man nicht, aber man möchte schließlich auch nicht, dass User Rootrechte auf ihren Smartphones, Spielkonsolen, usw. haben. Die Leute werden die Sperre einfach aushebeln oder aushebeln lassen, mir fielen da aus dem Stand ungefähr 15 Möglichkeiten ein das recht einfach zu bewerkstelligen ohne, dass das in einer etwaigen Kontrolle überhaupt nachvollziehbar wäre. Im Gegenteil, es würde sogar eine Ausrede mehr geben, sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten zu haben: "Was kann ich dafür, dass das blöde System nicht funktioniert, ich hab mich drauf verlassen und habe gar nicht gemerkt, dass ich zu schnell gefahren bin"... schon hast du quasi keine Möglichkeit mehr bei geringen und mittleren Geschwindigkeitsüberschreitungen Vorsatz zu unterstellen, d.h. die Bußgelder sinken empfindlich, weil man allenfalls noch mangelnde Sorgfaltspflicht unterstellen könnte. Und die Idee ein "sicheres und unüberlistbares System" zu etablieren haben schon ganz andere nicht geschafft...
Sinn macht das ganze ohnehin nur, wenn gewährleistet wäre, dass alle Fahrzeuge so ein System haben und selbst dann nicht so recht.
Zu den Anfängen/Enden der Baustellen mit teilw. zu niedrigen Geschwindigkeiten:
Es geht überhaupt nicht um die handgestoppten 8,725 Sekunen meines Lebens - ein Argument, dass lustigerweise immer wieder auftaucht, wobei sich alle einig sind, dass es irrelevant ist.
Es geht viel mehr darum, dass du dir damit auf mindestens zwei Arten unnötig Ärger ins Haus holst:
1. Eine starke Veränderung der Geschwindigkeit ist immer ein Problem, wenn sie dann auch noch in kurzer Abfolge schwankt um so mehr. Worst case Szenario hast du folgende Situation: unbeschränkt - 120 - 100 - 80 - 60 - 80 - 120. In der Praxis bedeutet das, dass du einige wenige Leute haben wirst, die sich einen Dreck dafür interessieren und zumindest bis Hälfte der Baustelle mit 180 angeflogen kommen, die große Mehrheit die sich vorher mit vernünftigen 130-140 bewegt haben und beim 120km/h-Schild einfach vom Gas geben und dann so Pi mal Daumen mit 70 die 60km/h-Tafel passieren, die Sorte Fahrer die schon bei dem Wort "Baustelle" in Panik geraten und den Anker werfen sowie dann natürlich noch den stereotypen Opa der sowieso immer 80km/h fährt, egal obs eine Spielstraße oder die Autobahn ist, gerne natürlich noch auf der Mittelspur. Dazu noch verengte Fahrbahnen gepaart mit einigen wenigen Rücksichtslosen und ebensovielen Unfähigen, Massenkarambolage vorprogrammiert.
2. Selbst wenn alle sich penibelst an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten würden sorgst du durch diese zusätzliche Begrenzung dafür, dass das Nadelöhr Baustelleneinfahrt noch enger wird. Letztes Jahr im Frühjahr/Sommer hat man diesen Fehler recht gut an einer etwas größeren Baustelle in Leutkirch/Allgäu auf der A96 Richtung Lindau sehen können: die Staus vor der Baustelle waren anfangs kilometerlang, da bist zum Teil eine Stunde gestanden. Sobald du aber im Baustellenbereich warst, gings plötzlich wie von Geisterhand wieder halbwegs zügig vorwärts. Irgendwann hat man die Baustelleneinfahrt nicht mehr auf 60 sondern 80 beschränkt und die Zahl bzw. Größe der Staus ging um fast 50% zurück. Der Grund weshalb sich der Stau bei 60km/h so extrem entwickelte war, dass die ganzen LKW von 90 auf 60 herunterbremsen mussten und dann natürlich in der Baustelle selbst wo 80km/h war eine ganze Zeit gebraucht haben um wieder auf Fahrtgeschwindigkeit zu kommen, ergo alle hinter ihnen "gefangen" waren - das hat sich über einen Zeitraum von Stunden eben multipliziert und irgendwann war dann der Abschnitt überlastet, ergo es ging stellenweise gar nichts mehr.
@ JeDi
Es geht ja gar nicht darum, die Kriterien die für das Führen eines Kraftfahrzeuges vorausgesetzt werden, zu verschärfen. Es ist schon jetzt recht klar festgelegt unter welchen Umständen eine Fahrerlaubnis eingezogen werden sollte bzw. muss, einzig werden die entsprechenden Richtlininen bzw. die Überprüfung der Fahrtauglichkeit nicht konsequent genug und teilweise gar falsch angewendet.
Wenn du es drauf anlegst zur MPU (vulgo: "Depperltest") beordert zu werden schaffst du das eigentlich nur auf drei Arten: Drogenbesitz bzw. wiederholt unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr erwischt werden, Raserei jenseits von Gut und Böse oder (sehr beliebt) der Polizei widersprechen und auf etwaige Richtlinienverstöße ihrerseits hinweisen ohne einen Anwalt dabei zu haben.
Die medizinisch-psychologische Untersuchung war ja ursprünglich grundsätzlich dafür gedacht zu überprüfen, ob in jeder hinsicht auffällige Fahrer überhaupt (noch) die körperliche und geistige Eignung haben ein Fahrzeug zu führen. Es hat sich halt zu einem Strafsystem für eine gewisse Latte an Vergehen entwickelt, andere, wie z.B. eben offensichtlichen körperlichen Gebrechen, die das Führen eines Fahrzeugs zumindest zweifelhaft erscheinen lassen, werden in der Realität so gut wie berücksichtigt.