Am langen Wochenende hat es mich nun auch in den hohen Norden Europas verschlagen, was nicht zuletzt daran liegt, dass Lufthansa vor einigen Wochen massenweise Helsinki-Tickets für 99 Euro (hin&rück) verkauft hat. Einen solchen Preis für eine derart weite Entfernung (knapp 1.600 Kilometer) bekommt man in Zeiten ohne Wirtschaftskrise, aber dafür mit Luftverkehrssteuer nur noch selten, daher musste ich einfach zuschlagen!
Helsinki ist mit knapp 600.000 Einwohnern größte Stadt und zugleich Hauptstadt Finnlands, im äußersten Süden des Landes direkt an der Ostsee gelegen. Die Stadt weist einen äußerst interessanten ÖPNV auf, den ich im Folgenden, mit etwas Stadtbild garniert, präsentieren möchte.
Nach der Ankunft am äußerst engen und unattraktiven Terminal 1 in Vantaa (Finnair hat sein Drehkreuz übrigens im moderneren Terminal 2) wartet bereits der Flughafenbus der Linie 615 oder 615T auf die angekommenen Gäste, tagsüber im 15-Minuten-Takt. Der Flughafen Helsinki-Vantaa erhält bald auch eine Schienenanbindung, die derzeit im Bau ist und lt. Infoplakat am Flughafen 2014 eröffnen soll. Doch noch darf man mit recht bequemen 15m-Scania- oder Volvo-Bussen fahren, die nach einigen Zwischenhalten und knapp 40 Minuten Fahrzeit auf der Ostseite des Bahnhofsplatzes ankommen:
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Auf dem Zieldisplay des Flughafenbusses sieht man auch gleich die Zweisprachigkeit Finnlands. Offizielle Amtssprachen sind Finnisch und Schwedisch (Letzteres hat etwa 6% Anteil), und sämtliche Beschilderungen und Plakate sind zweisprachig gehalten. Immer oben finnisch, unten schwedisch. Das ganze ist sehr praktisch, da man sich selbst mit viel Sprachtalent aus dem finnischen Wortschatz nichts, aber auch gar nichts ableiten kann, während Schwedisch dem Deutschen schon sehr stark ähnelt. Nach dem Prinzip Flygplatsen = Flughafen funktioniert dann auch die gesamte schwedische Sprache, man versteht wirklich sehr viel (~70%) beim Lesen. Beim Sprechen ist Englisch am besten, das spricht in Finnland wirklich jeder sehr gut.
Auffällig an Helsinki ist, dass es extrem viel Busverkehr (auch Regionallinien) im Zulauf auf die Innenstadt gibt, von denen die meisten Linien an den beiden Busbahnhöfen auf der Westseite und Ostseite des Hauptbahnhofs enden. Fast ausschließlich sind 15m-Wagen von Volvo oder Scania im Einsatz, wenige Lion's City mischen sich auch dazwischen. Mit derartigen Pulks aus Bussen verstopfte Einfallstraßen (vor allem im Berufsverkehr, Pfingstmontag war ja kein Feiertag in Finnland) habe ich nichtmal in NYC gesehen, und dort ist es schon extrem.
Doch nun zu einigen Bildern:

Zweiteiliger Valmet-Hochflurwagen auf der Südseite des Hauptbahnhofs, vor dem imposanten Haupteingang. Für mich architektonisch der interessanteste Hauptbahnhof, den ich bisher überhaupt gesehen habe.
Dieser Straßenbahnwagen ist DAS Standardfahrzeug Helsinkis. Die geringe Gefäßgröße bedingt einen dichten Takt, was an manchen Streckenabschnitten zu netten Straßenbahnstaus führt, wie ich sie bisher nichtmal aus Prag oder Mailand kannte.

Einige der Valmet-Wagen wurden auch mit Niederflur-Mittelteil nachgerüstet und somit zu Dreiteilern umgebaut. Hier am Senatstorget, wo man nach einer Drehung nach links den prachtvollen Dom fotografieren kann:


Und auch die Variobahn möchte noch mit aufs Bild. Nach vielen Schwierigkeiten fährt sie nun in Helsinki offenbar einigermaßen zuverlässig, von Fahr"komfort" würde ich allerdings nicht sprechen. Mal sehen, wann dieses Qualitätsprodukt die Straßen Münchens zieren wird...
Das Meer und somit auch einer der vielen verschiedenen Häfen ist in Helsinki nie weit, in diesem Fall nur 3 Minuten Fußweg vom Senatstorget/Dom:


Wiederum 30 Sekunden Fußweg von dieser Szene drehen wir uns nach links und erblicken eine weitere Variobahn vor der prachtvollen Uspenski-Kathedrale. Dass Finnland und somit auch Helsinki von 1809 bis 1917 unter russischer Herrschaft stand, ist wenig bekannt; die 1868 fertiggestellte Uspenski-Kathedrale ist ein Zeugnis hiervon und gleichzeitig größte orthodoxe Kirche im westlichen Europa.

Für Freunde der historischen Straßenbahn gibt es eine Touristenlinie, die sogar mit offenem Sommerbeiwagen verkehrt. Hier am Kauppatori (Marktplatz) neben dem Hafen.
Nach all dem Sightseeing wollte ich erstmal etwas im Grünen entspannen und fuhr von besagtem Marktplatz mit der Fähre etwa 15 Minuten nach Suomenlinna:

Suomenlinna ist eine alte Festungsinsel (eigentlich vier Inseln, mit Brücken verbunden) direkt vor Helsinki, mit prächtigem Ausblick auf die Stadt. Es ist zugleich ein beliebtes Ausflugsziel für die Bewohner Helsinkis wie auch für Touristen. Die Mischung aus sanftem Grün, schattigen Liegewiesen, riesigen Kanonen und Festungsmauern ist äußerst interessant und dank vieler Fußwege und schattiger Plätze auch an einem heißen Tag angenehm zu besuchen.

Am Abend verabschiedete ich mich mit einem interessanten Lichtspiel neben dem Hauptbahnhof vom städtischen Verkehr.
Insgesamt hat mir Helsinki als Stadt sehr gut gefallen. Es gibt zwar - auch im Stadtzentrum - relativ viele Büro-Bausünden aus den 60er- und 70er-Jahren, mit denen man keinen Architekturpreis gewinnen würde. Abgesehen davon ist Helsinki eine interessante Mischung aus Hafen und Wasser, schönen Wohn-Altbauten, viel Kopfsteinpflaster, leichten Hügeln (es geht immer irgendwie leicht rauf oder runter), und ganz viel Straßenbahnverkehr. Daher als Wochenendziel sehr zu empfehlen, vor allem wenn es Flugtickets zum günstigen Preis gibt.
Mit den möglichen Tagesausflügen beschäftigen wir uns dann gleich im 2. Teil

Edit: Vieeel zu groß
