GSIISp64b @ 31 Jul 2013, 14:56 hat geschrieben: Die Kurve ist durch Geschwindigkeitssignalisierung gesichert, die sich in der Vergangenheit über Jahre hinweg als völlig geeignet erwiesen hat. Und kein Zugsicherungssystem der Welt kann alle Unfallszenarien abdecken - nochmal und in Großbuchstaben, weil wichtig: ABSOLUTE SICHERHEIT GIBT ES NICHT!
Zweitens: Zumindest meiner Beurteilung nach ist der alleinverantwortliche Lokführer eine absolut sinnvolle Bewertung der Lage. Weil - nochmal - es keine absolute Sicherheit gibt und du keinem Ingenieur oder BWLer oder wem auch immer die Schuld geben kannst, dass er keine absolute Sicherheit verbaut!
Die Geschwindigkeitssignalisierung alleine ist eben nicht völlig geeignet - wie man auch an diesem Unfall sehen kann. Das Übersehen von Signalen ist ein absoluter Standardfehler, und das gilt natürlich auch für Geschwindigkeitssignale. Natürlich ist der Lokführer in der Lage korrekt auf Geschwindigkeitssignale zu reagieren - aber Menschen sind nicht unfehlbar, und Fehler passieren. Und für absolute Standardfehler braucht es eine weitere Absicherung.
Erstens: Der Unfall hat außerhalb des Hochgeschwindigkeitssystems stattgefunden.
Das ist eine definitionsfrage - letztendlich aber irrelevant, weil hier der Geschwindigkeitsunterschied das relevante ist.
GSIISp64b @ 31 Jul 2013, 00:26 hat geschrieben:Es gibt ein Sprichwort, nach dem die Regeln der Bahn (und auch ihre Technik) in Blut geschrieben sind. Leider stimmt dieses Sprichwort.
Ja, das ganze wird ja oft genug von allen möglichen wiederholt. Nur - diese Aussage sollte keine Entschuldigung sein, sondern ein Ansporn - nämlich ein Ansporn dafür, die Sicherheit (im Rahmen des machbaren) zu verbessern, ohne dass es einen Unfall gegeben hat. Auch Du nutzt diese Feststellung im Sinn von "ist halt so, kann man nichts machen" - und das ist so nicht in Ordnung. Natürlich gibt es einige Unfallszenarien, die nur schwer vorherzusehen waren. Es gibt aber auch viel, was durchaus zu erwarten war, und mit dem man rechnen k ann und muss - und wenn die Geschwindigkeitsreduzierung wirklich keine technische Absicherung hatte (was bisher nirgends klar stand), dann war das genau so ein Fall.
Dementsprechend kann man auch nicht nach einem Unfall hergehen und sagen "Das System war untauglich". In diesem Spezialfall kann man stattdessen allerdings fragen "Ist das System zeitgemäß?" oder "Wurde angemessener Aufwand getrieben, um ein möglichst sicheres System zu erstellen?". Nachdem es ja mit der deutschen PZB ein ziemlich verbreitetes System gibt, das diesen Unfall bei passender Ausrüstung (GPA) hätte verhindern können, kann man natürlich sagen, das System war nicht zeitgemäß und die Verantwortlichen waren zu faul, um nach Deutschland zu gucken. Ich bin mir aber noch unschlüssig, inwieweit ich dem zustimme - schließlich hat die PZB auch schon versagt und wurde dann nach dutzenden Toten erweitert.
Die PZB hat aber insbesondere in komplizierteren Situationen versagt, an die man jetzt vielleicht nicht unbedingt sofort denkt - speziell bei dem Problem mit den schnell anfahrenden Zügen. Die Standardsituationen deckt sie gut ab.
GSIISp64b @ 2 Aug 2013, 08:38 hat geschrieben:(Und nur so nebenbei - jeder ETCS-Level ab Level 1 aufwärts und sowohl der Modus Full Supervision als auch der Modus Limited Supervision wäre m. E. in der Lage gewesen, dieses Unfallszenario zu verhindern.)
Nur so nebenbei: Auch Level 0 hätte es gekonnt.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876