Ein Abstecher nach Belgien

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Auf der Suche nach Alternativrouten für München – Dresden fiel die Wahl auf Lüttich als Zwischenstop. Liegt ja quasi auf dem Weg. Aber wenn man schon von einem Mitbewohner im Auslandssemester eingeladen wird…


Tag 1 München -> Lüttich

Das fängt ja gut an. Nach dem Aufstehen wecke ich auch mein Handy, welches den Eingang einer Mail verkündet. Absender: Verspätungsalarm. Ohje. ICE 14 ab Köln: Halte entfallen ohne weiteren Kommentar. Ausnahmsweise habe ich bei der Ankunft am Münchner Hbf noch üppig Zeit und besuche die DB Information. Fährt alles planmäßig. Nichts höre ich lieber als das.
Der Zug steht verschlossen am Bahnsteig und ich gehe einige Wagen nach vorne. Als die Türen freigegeben werden, steige ich in den hinteren Zugteil ein. Der ZZA am Bahnsteig verkündet Dortmund für den hinteren Zugteil, Düsseldorf für den Vorderen. Auf dem Zug steht hinten Frankfurt und vorne Essen. Als ich den Zuglauf im hinteren Zugteil sehe, überlege ich es mir schnell anders. Meinen Anschluss in Frankfurt werde ich wohl kaum erreichen, wenn ich von Würzburg über Kassel, Paderborn, Dortmund und Köln dorthin fahre. Zwischenzeitlich sind die Türen wieder verschlossen, als sie wieder freigegeben werden, steige ich in den vorderen Zugteil um. Es gibt zahlreiche unreservierte Sitzplätze und ich positioniere mich am Fenster eines Zweiers.
Bald darauf steigen zwei mittelalte Frauen ein. „Bist du sicher, dass das unsere Plätze sind?“, will die eine wissen. „Ja, ich habe extra zweimal nachgeschaut.“ Sie platzieren sich auf den beiden Fensterplätzen am Tisch vor mir. „Dort steht aber Nürnberg – Düsseldorf“, stellt die eine skeptisch fest. „Dann ist das eben falsch“, entgegnet die andere keinen Widerspruch duldend.
„Ach, das hier ist Handyzone. Ich fahre viel lieber mit Handyverbot.“ „Ja, was man da alles mithören muss…“ Die beiden geben sich jedoch keine Mühe, ihr Gespräch so zu führen, dass andere Fahrgäste nicht bei ihnen mithören müssen. Leider ist es jedoch langweilig und ich höre ihnen nicht zu.
Nachdem die Zub von mehreren Fahrgästen auf die entfallenden Halte vom ICE 14 angesprochen wird, verschafft ein Telefonat Klarheit. Er fährt planmäßig, auch wenn der DB Navigator weiterhin das Gegenteil behauptet.
Wir warten in Rohrbach den Gegenzug ab und erreichen Nürnberg leicht verspätet. Ein altes Ehepaar steigt ein und erhebt Anspruch auf die Sitzplätze der beiden Frauen. Der Mann legt die Reservierung auf den Tisch. „Da, schauen Sie, wir haben hier reserviert.“ Die Frauen bleiben dabei, dass es ihre Plätze sind, ohne jedoch ihre Reservierung vorzuzeigen. Die beiden Gangplätze sind nicht reserviert und, abgesehen vom Gepäck, frei. „Gut, kein Problem, dann setzen wir uns einfach daneben“, meint die alte Frau. „Jetzt holen wir halt den Schaffner“, meint eine der Mittelalten. „Nein, ist schon gut. Wir setzen uns einfach daneben“, wiederholt die alte Frau. „Setzen Sie sich doch dort drüben hin“, schlägt eine der Mittelalten vor und deutet auf den gegenüberliegenden Vierer, in dem noch drei von vier Plätzen frei sind. „Dort sitzt aber der junge Mann und die beiden anderen sind auch reserviert“, kontert die Alte ruhig. „Und da hinten sind auch noch zwei frei“, startet die Mittelalte einen weiteren Versuch und deutet auf den Zweier hinter mir. Nur äußerst unwillig nimmt die eine schließlich doch ihren Rucksack vom Sitz und ermöglicht es der alten Frau, sich an den Tisch zu setzen. „Ich will mich nicht streiten“, meint der alte Mann und setzt sich neben mich. Ob ich mal seine Reservierung sehen dürfte? „Aber klar.“ Und alles stimmt. Es ist der richtige Platz im richtigen Wagen im richtigen Zug am richtigen Tag. Fahrgäste, die steif und fest behauptet haben, dass sie auch hundert – ach was – tausendprozentig einen bestimmten Sitzplatz reserviert hätten obwohl dem nicht so war, hatte ich schon oft. Aber einen doppelt reservierten Sitzplatz – das hatte ich noch nie.
Die beiden mittelalten Frauen fühlen sich jetzt wohl zu sehr belauscht und setzen ihr Gespräch nicht fort. Als wir wegen einer technischen Störung am Zug mit +21 endlich abfahren, kehrt für die nächste halbe Stunde Ruhe ein.
„In Nürnberg noch zugestiegen?“ Auf das Problem angesprochen, möchte die Zub die Reservierungen der mittelalten Frauen sehen. „Schauen Sie, das sind die Plätze 21 und 22“, meint die eine eifrig. „Ja, aber von gestern.“ „Aber ich habe doch extra umgebucht“, wundert sie sich. Die andere zieht eine andere Reservierung hervor. „Die ist von heute. Aber im Wagen 22 und nicht hier.“ „Oh, dann räumen wir natürlich die Plätze“, verkündet die eine etwas kleinlaut. „Schauen wir mal, ob Ihre frei sind“, meint die Zub.
Sie sind es nicht. Und die 15 Minuten nach Abfahrtszeit in München sind natürlich schon längst vorbei. Aber das erklärt die Zub ihnen erst gar nicht. Stattdessen finden sie einen freien Zweier in der Nähe und das alte Ehepaar kann doch noch die reservierten Sitzplätze einnehmen. Eine Viertelstunde lang diskutieren sie noch den Vorfall, ansonsten verläuft die weitere Fahrt ruhig. Nur der ICE 14 ist mit einem wenig vertrauenserweckenden „Fahrt fällt aus“ angekündigt. Der Herbst hat Einzug erhalten.
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Mit +10 kommen wir in Frankfurt an, wodurch meine Umsteigezeit auf fünf Minuten geschrumpft ist. Zum Glück gibt es hier eine Unterführung. Pünktlich fährt der ICE Richtung Brüssel ab. Am Flughafen steigt eine Frau mit zwei kleinen Kindern ein. „Weißt du schon, was ein ICE ist?“, meint der eine Junge zu seinem Bruder, „das ist ein Zug, der schneller als die Autos fährt.“ Und die kleinen ICE und CNL aus dem Bordbistro erfreuen sich großer Beliebtheit. „Alle angeschnallt? Tuuuut! Tuuuuut!“ Die Züge fahren auf einer tollen Parallelfahrt die Sitze hoch und runter, über imaginäre Brücken und die SFS durch den Mittelgang.
Vor Köln verschwindet die Landschaft draußen im Regengrau. „Tuuut! Tuuuut! Die Eisenbahn! Wer will mit zur Oma fahren? Alleine fahren mag ich nicht, da nehm ich meine Mama mit.“ Und das ganze nochmal gemeinsam. Die Mama sammelt schließlich die beiden ein. „Wir steigen aus“, erklärt der eine Junge einem anderen Fahrgast. „Nein, wir gehen ins Bistro und schauen, ob es dort Eis gibt“, verbessert ihn sein Bruder und grinst verschmitzt.

Lüttich? Ist das nicht der Ort mit den coolen Bahnhof? Ganz genau so ist es. Mit +3 kommen wir an.
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Zuerst wird der Bahnhof und der abwechslungsreiche Fahrzeugpark begutachtet.
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AM 83

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AM 66 mit Hasenkastenführerstand. Die mittige Tür erlaubt das Zusammenkuppeln zu längeren Einheiten, die Nutzung zur vollständigen Begehbarkeit habe ich aber nicht gesehen.

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Vectron mit Ost-West-IC

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Desiro ML, die nach und nach die älteste Bauserie (AM 62) ersetzen

Dann setze ich meine Fahrt zum nächsten Bahnhof Liege-Jonfosse fort. Dort lande ich in einem ziemlich heruntergekommen Viertel.
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Auch nach einem Abend- und einem Nachtspaziergang ändert sich meine Einschätzung nicht wesentlich. Lüttich ist völlig untouristisch und das völlig zurecht. Es ist einfach keine schöne Stadt. Alles wirkt so, als wäre die Blütezeit vor 50 Jahren gewesen und längst vorbei. Parallelen zum Ruhrgebiet drängen sich auf.

Auch wenn das Stadtbild zu wünschen übrig lässt, ist Lüttich doch das kulturelle Zentrum Walloniens mit Theater und Oper.
Altstadt
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Place de la Cathedrale
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Beitrag von Entenfang »

Kneipen- und Einkaufsviertel Carree
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Oper
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Besonders reizvoll ist der (leider sehr schwer auszusprechende) Bahnhof Liege-Guillemins bei Dunkelheit. Ein „verschönerter“ IC nach Hasselt wartet auf die Abfahrtszeit.
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Vectron mit Dostos
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Und Abfahrt! (Im Hintergrund die Eglise du Sacre Coeur)
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Stillleben mit Rollsteigen
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Thalys und IC
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Einfahrt
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Nun noch ein paar Bilder vom Stadtspaziergang.
Die Kirche St. Barthelemy
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Beitrag von Entenfang »

Häuserzeile
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Der belebte Place Saint-Lambert, der nahtlos in den Place du Marche übergeht. Links ist der Provinzialpalast, der ein Gericht beheimatet und dem nahen Bahnhof Liege-Palais den Namen gibt zu sehen, im Hintergrund ist die Kuppel der Saint-Andre-Kirche.
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Fassade am Place Saint-Lambert
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Farbenfroh sind die Brücken über die Maas beleuchtet
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

Entenfang @ 21 Oct 2015, 13:28 hat geschrieben: Fahrgäste, die steif und fest behauptet haben, dass sie auch hundert – ach was – tausendprozentig einen bestimmten Sitzplatz reserviert hätten obwohl dem nicht so war, hatte ich schon oft.
Ja, ich auch... Erst vor einigen Wochen bin ich von einem älteren Mann und seinem Enkel von meinem Platz vertrieben worden. Der Mann war felsenfest davon überzeugt, dass es sich um die reservierten Plätze handeln würde. Als ich meinen Kram zusammengepackt und mir einen neuen Platz gesucht hatte, fiel ihm doch auf, dass die Wagennummer falsch war. Beide zogen ohne Entschuldigung ab und ich konnte mich zurücksetzen....

Zu Lüttich: interessante Bilder, und dein Eindruck deckt sich mit dem meinen. Bei mir kam noch erschwerend starker Regen dazu, der Lüttich noch unattraktiver erscheinen hat lassen. Das Problem scheinen aber viele Städte in der Wallonie zu haben (Charleroi ist geradezu berühmt für seinen herben Charme).
Wo ist das Problem?
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Beitrag von Guido »

Entenfang @ 21 Oct 2015, 13:29 hat geschrieben: Vectron mit Dostos
Kleine Korrektur: Die Baureihe 18 der SNCB sind keine Vectron (X4E), auch wenn sie so ähnlich aussehen, die Loks gehören noch zur Familie der Eurosprinter und sind seitens Siemens als ES60U3 bezeichnet.

Aber dennoch schicke Bildchen :)
Gruß, Guido

Tf bei der S-Bahn München
[img]http://www.eisenbahner-online.de/420-423.gif[/img]

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Beitrag von Entenfang »

Guido @ 21 Oct 2015, 19:05 hat geschrieben:Kleine Korrektur: Die Baureihe 18 der SNCB sind keine Vectron (X4E), auch wenn sie so ähnlich aussehen, die Loks gehören noch zur Familie der Eurosprinter und sind seitens Siemens als ES60U3 bezeichnet.
Hmm. Anderswo werden Eurosprinter und Vectron in einem Zug (haha) genannt.


Tag 2 Lüttich, Hohes Venn

Es ist ein trister Morgen, der die triste Atmosphäre der Stadt noch verstärkt.
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Wunderbar, dass die Bahn heute streikt… Doch zumindest einige Züge fahren, sodass ich meinen geplanten Ausflug doch durchführen kann. Es soll ins Hohe Venn gehen. Lange habe ich gebraucht, um eine Anreisemöglichkeit hierhin zu finden.
Wenn es jemand versuchen will: Hier ist die Startseite von TEC, die nicht nur den Stadtverkehr Lüttich sondern auch den Regionalbusverkehr im kompletten Wallonien betreibt.

Zwar kann man auch Deutsch als Sprache auswählen, dennoch werden immer wieder Infos auf Französisch eingestreut oder irgendwelche unvollständigen Texte eingeblendet. Die EFA hat immer nur ein rotes Ausrufezeichen und eine französische Erklärung geliefert, warum keine Verbindung gefunden werden konnte. Immerhin gab es als Bonus noch einen Link zum Carsharing-Anbieter dazu. Nach viel Wühlen durch Linienverläufe und Haltestellenfahrpläne war ich dann nach einer guten Stunde erfolgreich. Es gibt die Möglichkeit, von Verviers oder von Eupen aus mit dem Bus dorthin zu fahren. Da sich die Streiks auf den Brüsseler Raum konzentrieren, fahren die Ost-West-IC nicht oder mit derber Verspätung sodass ich auf die anscheinend planmäßig verkehrende RB nach Verviers zurückgreife.
Die von außen alt aussehenden Triebwagen sind innen zwar sehr einfach ausgestattet, aber modernisiert. Über die Beinfreiheit der vis-a-vis-Bestuhlung hüllen wir lieber den Mantel des Schweigens. Mit dem Go-Pass für U26 kann man für 6€ (10er-Pack: 50€, Ü26 10er-Pack 75€) jede beliebige Strecke innerhalb Belgiens fahren. Nur die Nutzung von ICE und Thalys ist nicht erlaubt. Mein erster Eindruck vom öffentlichen Verkehr: Keine topmodernen Fahrzeuge mit viel Komfort, aber dennoch akzeptabel und recht gut ausgelastet.
Nach der Ankunft in Verviers Central mit dem Empfangsgebäude quer über den Gleisen
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Bis zur Abfahrt des Busses bleibt mir noch eine Dreiviertelstunde, die ich für eine kleine Stadtbesichtigung nutze.
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Auch hier ist der Niedergang des einst wichtigen Zentrums der Textilindustrie nicht von der Hand zu weisen. Links das offensichtlich renovierungsbedürftige Theater
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Über der Fußgängerzone hängen diese mysteriösen Kugeln im 20m-Abstand. Denkt euch eine sinnvolle Verwendung dafür aus, morgen gibt’s die Auflösung.
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Herbststimmung mit der Saint-Remacle-Kirche im Hintergrund
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Am Weserufer
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Pünktlich fährt mein Bus vom Bahnhof ab. Wichtig in Belgien zu wissen ist der Unterschied zwischen den Haltewunsch- und den Alarmtasten. Weil es ein neuerer Bus ist, steht es auch korrekt auf den Tasten drauf. In den älteren Bussen steht jedoch fälschlicherweise auch auf den roten Tasten Stop.
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In den Bussen gibt es zwar Anzeigen, doch sie zeigen nichts an. Also frage ich den Busfahrer irgendwann, wann wir am Ziel sind. Nach wenigen Minuten ist das der Fall und ich beginne meine Wanderung durch das Moor. Der Weg führt über Holzstege, zu Beginn ist Schotter ins Moor gekippt worden, weil gerade am Weg gebaut wird.
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Beitrag von Entenfang »

Die Landschaft zeigt sich in bunten Farben und das diffuse Licht sorgt für die richtige Stimmung.
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Schließlich verlasse ich das Moor und gelange zum Kreuz der Verlobten. Hier ist im Jahr 1871 ein junges Paar im Schneesturm erfroren.
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Und weiter geht es über Holzstege…
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…bis zum Vennbach.
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Blick ins Grüne
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Entlang des Pouleurbachs geht es weiter…
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…und über Holzstege wieder zurück….
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…zum Ausgangspunkt am Baraque Michel, in dem sich ein Gasthaus befindet.
Die Kapelle Fischbach, deren Glocken im 19. Jh. mehrere Jahre lang jeden Abend geläutet wurden und so vielen Verirrten das Leben gerettet hat. Das erfrorene junge Paar war jedoch zu spät dran. Dieser Service war 1871 bereits eingestellt worden.
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Damit ist die schöne Wanderung beendet und ich begebe mich zurück zur Bushaltestelle. Für zehn Abfahrten pro Tag (am Wochenende weniger) kann man über die Ausstattung und die Dimensionierung wahrlich nicht klagen, vor allem, wenn auf der betonierten Fläche noch ein Wartehäuschen errichtet wird.
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Pünktlich kommt mein Bus und bringt mich zurück nach Verviers. Der Bahnhof wird gerade umgebaut. Die provisorische Eingangstreppe zur Bushaltestelle weist eine erhebliche Neigung auf. Da braucht man fast schon Zahnradunterstützung…
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Beitrag von Entenfang »

Da sich der Abfahrtsbildschirm am Bahnhof über die nächsten Abfahrten in Schweigen hüllt, gehe ich kein Risiko ein und beschließe, mit dem Bus zurück nach Lüttich zu fahren. Er kommt tagsüber alle 20 bis 30 Minuten. Die abfahrenden Busse weisen teilweise ein beachtliches Alter auf.
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Der Bus fährt einen erheblichen Umweg. Die etwa 35 km lange Strecke ist fast durchgehend bebaut, dichter Feierabendverkehr quält sich durch Orte, vorbei an Discountern mit Parkplätzen so groß wie ein Fußballfeld und dauert eineinviertel Stunden. Die RB mit Halt an allen Unterwegsbahnhöfen war nur eine halbe Stunde unterwegs. Einen Vorteil hat der Streik jedenfalls. Morgen und übermorgen wird nicht gestreikt.
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Wie immer eine sehr schöne Mischung aus Bahn- und Stadtfotos! :) Danke, weiter so :)
Entenfang @ 22 Oct 2015, 16:15 hat geschrieben:Über der Fußgängerzone hängen diese mysteriösen Kugeln im 20m-Abstand. Denkt euch eine sinnvolle Verwendung dafür aus, morgen gibt’s die Auflösung.
Leiseschweiger?

Gruß Michi
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
Daniel Schuhmann
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Beitrag von Daniel Schuhmann »

Entenfang @ 22 Oct 2015, 16:15 hat geschrieben:Nach der Ankunft in Verviers Central mit dem Empfangsgebäude quer über den Gleisen
Das nennt man dann Sattel- oder Reiterbahnhof.

Schöne Bilder!
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Beitrag von Entenfang »

Michi Greger @ 22 Oct 2015, 18:51 hat geschrieben:Leiseschweiger?
Treffer. Über die Lautsprecher wird ein Radioprogramm abgespielt. Den Grund kenne ich allerdings nicht.
Danke, weiter so :)
Aber gern. :)


Tag 3 Lüttich -> De Panne -> Oostende -> Lüttich

Wieder beginnt der Tag in Lüttich sehr trüb.
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Der heutige Ausflug an die Nordseeküste startet mit einer dreistündigen Fahrt. Zuerst bringt uns der gut nachgefragte IC mit zwölf Wagen nach Gent.
Während im Hintergrund schon fleißig saniert wird, sind im Vordergrund noch die osteuropäisch angehauchten Bahnsteige zu sehen. (Die sich übrigens in Belgien großer Verbreitung erfreuen…)
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Mit einer Dreiteiler-Gumminase setzen wir unsere Fahrt fort. Der Sifffaktor der Toilette kann problemlos mit der DB mithalten. Während wir uns der Küste nähern, lockert der Himmel immer mehr auf. In De Panne halten Zug und Tram am selben Bahnsteig.
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Da beim Fahrkartenkauf beim Fahrer ein Aufpreis fällig wird und der Schalter an der Tramhaltestelle geschlossen hat, erkunden wir noch das Empfangsgebäude. Am Bahnschalter gibt es auch Fahrkarten für die Kusttram. Über den Preis von 5€ für die Tageskarte kann man nicht meckern.
Ein Großteil der Strecke führt durch bebautes Gebiet. Wohnblocks mit Ferienwohnungen reihen sich endlos aneinander.
De Panne Zentrum
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An vielen Haltestellen gibt es DFI.
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Die bei Annäherung einer Bahn auffällig blinkenden Warnleuchten sollten wohl auch unaufmerksame Autofahrer zum Anhalten bringen. Hier nahe der Haltestelle De Panne Kerk, das namensgebende Bauwerk ist im Hintergrund kaum zu übersehen.
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De Führung von einem Gleis straßenbündig und einem auf besonderem Bahnkörper sieht man nicht allzu oft. Die Beschilderung der Seitenstraße hat konsequenterweise zunächst ein Vorfahrt gewähren mit Tramwarnung für das straßenbündige Gleis und noch ein Andreaskreuz für den besonderen Bahnkörper des anderen Gleises.
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Die Leopold I. Esplanade erinnert an den ersten belgischen König.
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Mit 68 km ist die meterspurige Kusttram, auch als Linie 0 bezeichnet, die längste Tramlinie der Welt. Der durchschnittliche Haltestellenabstand ist mit 1 km sehr hoch, dennoch dauert eine Fahrt über die komplette Strecke etwa 2h 20 Min. Es gibt einige Überlandabschnitte, doch auch in den Orten ist der Abstand zwischen den Haltestellen recht hoch.
Hinter den Dünen von Groenendijk erheben sich die Ferienwohnungsklötze
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Beitrag von Entenfang »

Angesichts der zahlreichen „Zu verkaufen“ und „Zu vermieten“-Schilder wirkt es ein wenig grotesk, dass noch weitere Ferienwohnungen aus dem Boden gestampft werden. In den Orten herrscht tote Hose. Im Sommer dürfte das aber wohl anders sein. Die Kusttram kommt dann im Takt 10.
Die Bahn füllt sich allmählich, während wir weiter nach Nordosten fahren.
Der nächste Halt wird im etwas edleren Nieuwpoort eingelegt.
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Das König-Albert-Monument gibt ein tolles Fotomotiv ab.
Mit Bus…
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…mit Tram…
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…oder auch ganz ohne Verkehr.
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Der Takt 15 ist trotz weniger Ampeln und viel eigenem Gleiskörper recht holprig. Endlich kommt unsere Bahn zur Weiterfahrt.
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Nein, das sind keine Gleisverwerfungen vom heißen Sommer.
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Auch eine interessante Verkehrsführung. Nur der Radfahrstreifen ist nicht wirklich attraktiv geworden…
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Leider führt nur ein recht kurzer Abschnitt von wenigen Kilometern zwischen Middelkerke und Oostende direkt an der Küste entlang. Meistens versperrt mindestens eine Reihe Wohnblocks den Blick auf das Meer.
Da legen wir natürlich an der Haltestelle Domein Raversijde gleich mal einen Stop ein…
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…um den Blick auf das Meer zu genießen.
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Beitrag von Entenfang »

Blick zurück nach Middelkerke…
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…und auf Oostende. In den Dünen sind noch Reste der Verteidigungsanlagen aus dem 2. Weltkrieg zu sehen.
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Blick von den Dünen auf das Meer. Die Fahrbahnmarkierungen entlang den Gleisen sind über mehrere Kilometer in diesem Stil aufgebracht.
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Keine Ahnung, ob ab hier wieder Parallelfahrten von zwei Trambahnen zugelassen sind. Es gibt jedenfalls mehrere Gleiswechsel und Wendehammer unterwegs. Es handelt sich jedoch um Einrichtungsfahrzeuge.
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Am Bahnhof in Oostende angekommen…
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…bleiben uns leider nur noch wenige Minuten bis zur Rückfahrt unseres IC. Doch für ein Bild von den Bauarbeiten am Bahnhof muss noch Zeit sein. Hier soll ein attraktiver Bahnhofsvorplatz und eine Drehscheibe für den öffentlichen Verkehr entstehen.
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Beitrag von Entenfang »

Ab Brugge füllt sich der 12-Wagen-Zug ordentlich, größtenteils Touristen aus Brüssel auf Rückkehr vom Tagesausflug. Ab Gent müssen einige Fahrgäste stehen. In Brüssel findet reger Fahrgastwechsel statt, doch richtig leer wird er erst in Lüttich. Habe ich schon mal erwähnt, dass ich den Bahnhof mag?
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Einfach faszinierend. Das Dach scheint regelrecht zu schweben.
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Abendlicher Blick über die Maas
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Entenfang @ 23 Oct 2015, 19:02 hat geschrieben:Treffer. Über die Lautsprecher wird ein Radioprogramm abgespielt. Den Grund kenne ich allerdings nicht.
Der örtliche Dudelfunk - oder welche Geschmacksrichtung läuft da?
Aber gern. :)
Und wieder schön! Wieder weiter so! :)

Gruß Michi
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karhu
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Beitrag von karhu »

Super Bilder, und ich wusste nicht das in Belgien auch die SA-3 Kupplung Verwendung findet. Jedenfalls bei dem AM 66 sieht es danach aus.
Luas
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Beitrag von Luas »

Wenn auf der Küstentram im Sommer Takt 10 herrscht, kommen unter anderem leihweise "Hermelijn"-Niederflurwagen aus Gent zum Einsatz.
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Beitrag von Entenfang »

Michi Greger @ 23 Oct 2015, 19:49 hat geschrieben:Der örtliche Dudelfunk - oder welche Geschmacksrichtung läuft da?
Ja, für mich hat das nach örtlichem Dudelfunk mit Mainstream-Pop geklungen. Vielleicht geben ja nicht nur Kühe mehr Milch, wenn sie beschallt werden, sondern die Leute kaufen auch mehr ein ;)
Wenn auf der Küstentram im Sommer Takt 10 herrscht, kommen unter anderem leihweise "Hermelijn"-Niederflurwagen aus Gent zum Einsatz.
Dass die sich gerne mal Bahnen ausleihen, habe ich auch irgendwo aufgeschnappt. Nur frage ich mich, ob die dann nicht in Gent fehlen und ob der Transportaufwand nicht arg groß ist...


Tag 4 Lüttich -> Dresden

Der letzte Tag empfängt mich mit strahlendem Sonnenschein. Da wirkt die Stadt gleich viel freundlicher.
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Oh, da wartet ein Bus an der Ampel. Kameraeinstellungen werden geprüft. „§%“)$&%=§?“)“§&“/§8!!!!“ Eine alte Frau mit zwei Plastiktüten in jeder Hand grummelt etwas auf Französisch. Bitte was? „Why did you take a photo of me???“ Aber das habe ich doch gar nicht. Ich habe sie eigentlich nicht mal bewusst wahrgenommen. „Only because you speak English! You´re not allowed to take photos of MY person! Schrecklich. Schrecklich ist das!“
Ah, da kommt ja der Bus.
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Diese VanHool der älteren Generation stellen übrigens den Großteil des Fuhrparks in Lüttich. Und angesichts der Fahrweise der Busfahrer würde ich es mir als Verkehrsunternehmen auch zweimal überlegen, ob ich neue Busse anschaffen will...
„Everybody takes photos of MY person. Schrecklich. Schrecklich. *unverständliches französisches Gemurmel*“
Ohje. So früh am Morgen schon so schlecht gelaunt. Immerhin spricht sie mehr Sprachen als die meisten Franzosen. Wobei man doch anmerken sollte, dass man in Belgien noch verhältnismäßig gut ohne Französischkenntnisse durchkommt. Wenn man sich mit einigen Brocken Französisch abmüht und dann eine Antwort in einwandfreiem Deutsch oder Englisch bekommt, fällt das im Gegensatz zu Frankreich natürlich sehr positiv auf.
Dennoch interessant, dass wohl etwa 75% der Bewohner Flanderns auch Französisch sprechen. In Wallonien dagegen können weniger als ein Drittel Niederländisch. Der Konflikt zwischen den beiden Sprachgruppen sorgt für eine starke Zerrissenheit in Belgien. Während früher Wallonien als wirtschaftsstarker Teil Belgiens Flandern unterstützen musste, ist es seit dem Niedergang der Kohle- und Stahlindustrie genau umgekehrt. Das sorgt für regen Zulauf von Separationsbewegungen in Flandern. Brüssel nimmt eine Sonderstellung ein. Während in Brüssel hauptsächlich französisch gesprochen wird (offiziell ist es zweisprachig), liegt das Umland komplett in Flandern. Etwas ungewöhnlich ist die Sprachgrenze schon. Ich würde mich wohl wie ein Fremder im eigenen Land fühlen, wenn in manchen Bundesländern nicht deutsch gesprochen werden würde.

Die letzten Stunden nutzen wir für einen Stadtrundgang in Lüttich.
Blick über die Maas
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Am Hochhaus entsteht eine neue Fußgängerbrücke. Sie soll eine zentrale Achse zum Bahnhof schaffen.
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So sieht sinnvolle Verwendung vom knappen Raum in einer Stadt aus.
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Während sich Fußgänger und Radfahrer in beide Richtungen eine anderthalb Meter breite Flaniermeile teilen (Parallel zum anderen Flussufer verläuft ununterbrochen eine stark befahrene Straße), gibt es daneben einen attraktiven, das Stadtbild enorm aufwertenden Parkplatz. Man kann Lüttich wohl getrost als autofreundlich bezeichnen.

Einige weitere Bilder von der Stadt:
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Jahrmarkt
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Die Grand Poste wird von einem Vogelschwarm überflogen
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Saint-Barthelemy-Kirche
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Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von Entenfang »

Provinzialpalast
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Jeden Sonntag findet am linken Maasufer ein großer Markt statt. Von Fisch über Obst, Klamotten, Reinigungsmittel mit besonderer Tiefenreinigung, Antipasti, gefälschten iPhones, Gemüse, Spielzeug, Büchern bis zu Enten, Gänsen und Hühnern findet man dort wohl alles.
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Den Montagne de Bueren hinauf geht es zum Aussichtspunkt über die Stadt. Dafür müssen einige Treppen überwunden werden…
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Doch für den Ausblick lohnt sich die Mühe. Und während wir gemütlich nach oben spazieren, rennt ein Jogger dreimal hoch und wieder runter.
Das überdimensionale Wiesnzelt im Hintergrund ist übrigens der Bahnhof.
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Der Herbst zeigt sich von seiner schönsten Seite.
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Beim Abstieg landen wir zufällig an einer tollen Fotostelle und haben Glück. Nach wenigen Minuten rollt auch schon ein Zug vorbei.
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In der Innenstadt gibt es in der Mitte einer Hauptstraße eine großzügige Busspur für die vielen hier verkehrenden Linien. Es gibt sogar einen Tunnelabschnitt.
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In Lüttich gab es bereits eine Tram und in den letzten Jahren war immer wieder von einer Wiedereinführung die Rede. Während Aachen nur die Campustram bauen wollte, war in Lüttich ein ganzes Netz mit Baukosten in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe geplant. Doch es ist verdächtig still geworden…

Ein letztes Mal gehen wir zum Bahnhof.
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Pünktlich rollt mein Thalys an den Bahnsteig.
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Weit kommen wir aber nicht, denn wegen Personen im Gleis stehen wir in Euskirchen und sammeln +20 ein. Das ist noch vertretbar, denn für die Weiterfahrt nach Dresden habe ich bei 33 Minuten Umsteigezeit eine Freifahrt gelöst. Der ICE fährt pünktlich ab, doch wieder währt die Freude nicht lange. In Hamm müssen wir auf den Zugteil aus Düsseldorf warten und haben anschließend +21 zu verbuchen. Ein kleiner Junge, der mit seiner Oma unterwegs ist, kommentiert den Zustieg einer alten Frau laut vernehmlich mit „Guck mal, noch eine alte Oma!“ und entlockt damit einigen Mitreisenden ein Grinsen.
Nach zähflüssigem Verkehr sind es in Bielefeld +31, womit ich meinen 8-Minuten-Anschluss in Hannover vergessen kann. Auch die mir gegenübersitzende Frau notiert sich unter der Rubrik „Meine Verspätungen bei der Bahn“ etwas. Interessanterweise verkünden die „Aktuellen Alternativen“ eine Reisemöglichkeit, bei der ich mit diesem ICE bei Berlin weiterfahre und dort in einen IC umsteige. Die taucht aber bei direkter Eingabe „Von Hannover nach Dresden“ nicht auf.
Allmählich macht sich mein Magen bemerkbar, der heute noch nicht viel gearbeitet hat. Doch welch Wunder, immer wenn ich hungrig ins Bordbistro gehe, ist irgendwas nicht so wie es sein soll. Die Kühlung ist ausgefallen, deswegen gibt es nur ein Sandwich.
Der Anschluss in Berlin-Spandau klappt einwandfrei und nach Umleitung über Falkenberg erreiche ich Dresden nur 21 Minuten nach meiner geplanten Ankunftszeit.



Fazit

Nun hat es mich in eine Ecke verschlagen, die ich wohl sonst nicht besucht hätte. Beim kleinen Überblick über den belgischen ÖV kann man im Wesentlichen zwei Dinge festhalten. Die Preise sind deutlich unter deutschem Niveau, dafür darf man aber nicht zu viel erwarten. Die Fahrzeuge sind relativ alt, die Sauberkeit reicht von mäßig bis gerade noch akzeptabel. Abgesehen davon gibt es ein großes Problem mit Graffitis, die teilweise nur äußerst notdürftig entfernt werden. Viele Bahnhöfe erinnern stark an Osteuropa.
Über meinen Kampf mit der EFA Walloniens habe ich schon geschrieben. Auch der Ticketvorverkauf ist nicht ganz einfach. Abgesehen vom TEC-Kundencenter im Bahnhof Guillemins gibt es nur wenige weitere Verkaufsstellen in der Stadt. Der Busfahrer verkauft ein eingeschränktes Sortiment mit Aufschlag. Die Verkehrsverbünde umfassen nicht die Bahn, mit einer Tageskarte für das Gesamtnetz Wallonien (8€) kann man nur mit Regionalbussen durch die Gegend gondeln.
Oder um meinen Gastgeber zu zitieren: „Der belgische ÖV ist auf dem Niveau eines Entwicklungslandes.“ Das würde ich so jetzt nicht ganz unterschreiben wollen, positiv anzumerken sollte man, dass sich an jeder Wald-und-Wiesen-Regionalbushaltestelle ein vollständiger Fahrplan befindet. Das dichte Eisenbahnnetz bietet dichten Takt und gute Verbindungen. Schade, dass der grenzüberschreitende Verkehr so unattraktiv ist. Wer nicht mit dem HGV fahren will, muss für die Strecke Lüttich-Aachen mindestens eine halbe Stunde zusätzlich einplanen. Dazu kommt noch, dass die kurze Umsteigezeit in Welkenraedt oft zu Anschlussverlusten und einem Zeitbonus von einer weiteren Stunde führt. Würde man den stündlichen West-Ost-IC von Oostende über Brüssel und Lüttich von Welkenraedt statt nach Eupen weiter nach Aachen führen, könnte man wohl einige neue, insbesondere preissensible oder spontane Kunden ansprechen.


Gefahrene Strecke
München-Lüttich700
Lüttich-Dresden860
Tagesausflüge490
2050 km
Fahrtkosten
Bahn
ESP Belgien66,70
3x Go-Pass18
Thalys28
Freifahrt national0
ÖPNV
3-Tageskarte Lüttich8
Bus11,70
132,40 €
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Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von 146225 »

Ich danke für den interessanten Bericht aus Belgien! Sehr schön! :)

Nur bei der Heimreise hast Du glaube ich einen kleinen Fehler - den Thalys in Euskirchen, den würde ich doch gerne mal sehen. Oder? ;)
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Btw, in Liege gab es ein Metro-Projekt ("TAU"), was gescheitert ist und über Prototypen nicht hinausgekommen ist: TAU.
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Beitrag von Entenfang »

146225 @ 24 Oct 2015, 23:40 hat geschrieben: Nur bei der Heimreise hast Du glaube ich einen kleinen Fehler - den Thalys in Euskirchen, den würde ich doch gerne mal sehen. Oder? ;)
Eschweiler wäre gesucht gewesen - danke. ;)


Aber durchaus interessant, dass in Lüttich mal eine U-Bahn geplant war. Jetzt wo du es erwähnst, fällt mir auch wieder ein, dass der heutige Bustunnel wohl früher als U-Bahntunnel gebaut wurde.
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Beitrag von viafierretica »

Das negative Fazit kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Belgien hat ein landesweit dichtes Bahnnetz, auf dem mindestens alle Stunde,in der Regel viel öfter, ein Zug fährt. Es gibt im ÖV landesweit nur 3 Verkehrsbetriebe - "für 8 Euro kann man nur Bus fahren" - entschuldigung, in welchen deutschen Bundesland kann man den ganzen Tag für 8 Euro Bus fahren? Auch die Buslinien sind im ganzen Land vertaktet, kaum ein Dorf, das nicht alle Stunde bedient wird. Man sehe sich mal den ÖV auf dem Land in Deutschland an - und die Fahrpreise dazu. In baden-Württemberg ist jeder Landkreis ein Verkehrsverbund, in Bayern gibt es außerhalb des VGN ein Tarifsammelsurium sondersgleichen, Tarife des Bahnbusses sind nicht ermittelbar, und auch NRW ist voll mit komplizierten Übergangstarifen. Gerade Tarif ist in Belgien nun wirklich einfach, und man bekommt beim Fahrer immer eine Fahrkarte.
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Beitrag von Entenfang »

viafierretica @ 25 Oct 2015, 00:42 hat geschrieben:Belgien hat ein landesweit dichtes Bahnnetz, auf dem mindestens alle Stunde,in der Regel viel öfter, ein Zug fährt.
Na das habe ich doch auch positiv hervorgehoben.
Es gibt im ÖV landesweit nur 3 Verkehrsbetriebe - "für 8 Euro kann man nur Bus fahren" - entschuldigung, in welchen deutschen Bundesland kann man den ganzen Tag für 8 Euro Bus fahren?
Das war eigentlich gar nicht so negativ gemeint, wie es vielleicht klingt. Ich wollte einfach darauf hinweisen, dass man mit der Tageskarte eben nur Bus fahren kann. Auch in Lüttich selbst könnte es interessant sein, mit dem Zug beispielsweise vom Bf Palais zum Bf Guillemins zu fahren.
Es mag schon sein, dass das sehr günstig ist. Aber recht weit kommst du wegen der langen Fahrzeit damit nicht.
Auch die Buslinien sind im ganzen Land vertaktet, kaum ein Dorf, das nicht alle Stunde bedient wird.
Ich nehme das mal zur Kenntnis, beurteilen kann ich es nicht.
und man bekommt beim Fahrer immer eine Fahrkarte.
Ja, und in Kombination mit der Vordereinstieg die langen Haltezeiten noch gratis dazu. Warum gibt es nicht mehr Kioske zumindest in den größeren Orten, die Fahrkarten im Vorverkauf anbieten? Warum kann man an den ohnehin vorhandenen Automaten nur sein Abo wiederaufladen? Das könnte man meiner Meinung nach schon verbessern.
Das negative Fazit kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Es ist doch nicht ausschließlich negativ. Ich habe doch die günstigen Preise, den dichten Takt und die gute Auslastung der Züge gelobt. Die Sauberkeit in den Zügen ist mir extrem negativ aufgefallen. Überall Krümel auf den Sitzen und Verpackungsreste aus der vorherigen Fahrt, dreckiger Boden und schmutzige Fenster und die Toiletten wie bei uns.
Außerdem gilt selbstverständlich, dass es sich nur um einen relativ kurzen Beobachtungszeitraum handelt. Dadurch spielt natürlich der Zufall ebenso eine Rolle und - wie immer - auch die subjektive Einschätzung. Auch wenn ich mich um eine möglichst sachliche Betrachtung der Dinge bemühe, ist es natürlich möglich, dass du ganz andere Erfahrungen gemacht hast und ein anderes Fazit gezogen hast.
Mein Bahnjahr 2024
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