[M] Bilanz der Münchner Verkehrspolitik

Alles über Stadtverkehr, was woanders nicht passt, wie z.B. Verkehrsverbünde
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Aus einer Broschüre des Baureferates zum SEM Nordost
Schätzungen gehen davon aus, dass die Stadt bis 2030 um weitere 200.000 Menschen auf 1,8 Millionen Personen wächst – das wäre eine Zunahme von rund 50 Prozent gegenüber dem Jahr 2000.
Jetzt würde doch jeder Mensch denken, dass wenn man 50% mehr Einwohner als 2000 hat, dass auch das Verkehrsangebot um 50% steigen müsste. Und das jetzt ohne eine Verschiebung des Modal Split wie oft gewünscht weg vom Auto hin zum ÖPNV.
Ich sehe weder bei der Stadt noch bei der MVG nur ansatzweise ein Konzept wie man 2030 150% der Verkehrsleistung von 2000 stemmen möchte. Die MVG Standardlösung, die Leute immer enger zu quetschen kann es beim besten Willen nicht sein.

Als Randnotiz: München ist mal wieder deutsche Stau Hauptstadt
Der Zeit- und Benzinverlust kostet, der Studie nach, die Stadt 1,99 Milliarden Euro pro Jahr.
Wenn man das mal vollständig in die NKF Studien einfaktorisieren würde, hätten wahrscheinliche alle ÖPNV Projekte den doppelten NKF.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Und mit linearem Wachstum des ÖPNV würde man nur den Anteil halten, nicht den MIV konstant. Insofern müsste der ÖPNV überproportional wachsen, wollte man die Autoflut eindämmen.

Und das Schlimme ist: die bis in die 80er und 90er geschaffenen Reserven der Schnellbahnen sind längst aufgebraucht bzw. überstrapaziert, die Politik tut/tat nichts bzw. zerstreitet sich für kleine bis überschaubare Maßnahmen untereinanander. Man kommt sich bald vor wie bei StarTrek TOS Episode "Fast unsterblich", wo sich die Menschenmassen über die Straßen von Gideon wälzen.

Aber die "Politik der Nachfragegerechtigkeit" wird mutmasslich weitergehen, bis München per höchstrichterlichen Beschlüssen massive Strafen in EUR aufgebrummt bekommt und feststellt, wie günstig doch Invest in ÖPNV dagegen gewesen wäre.

Es ist nicht getan, an Bestandslinien von Schnellbahnen ein paar Stationen dranzuhängen (und noch mehr Loading im inneren Netz zu erzeugen).
Tangenten werden das Grundproblem auch nicht lösen, sondern nur etwas rausschieben.
Wir brauchen komplett neue Metrogrundstrecken, welche heutige und entstehnde starke Verkehrsrelationen abdeckt und die eine oder andere Aussenstrecke so einbindet, dass es keine Linienüberlagerungen a la U1/2 , 3/6, 4/5 mehr geben muss, sondern jede Grundlinie HVZ alle 2-2,5min, NVZ alle 5min und abends alle 7,5 min gefahren werden kann.

Es war richtig, in den ersten Jahrzehnten teure Tunnelsegmente durch 2 Linien besser auszunutzen. Nur, man hätte heutige Engpässe wie Hbf<>Kolumbusplatz und Implerstr<>Freiheit schon längst anfangen müssen, durch Linienvereinzelung aufzulösen.


S-Bahn das gleiche Problem. Es war anfangs richtig, im Mischbetrieb auf den Aussenstrecken zu fahren und deren Kapazität besser zu nutzen und schnell ein S-Netz herzustellen. Durch den Anstieg des Verkehrs wäre es aber richtig gewesen, konsequent nach und nach _jeder_ Strecke ihre eigenen 2 S-Bahngleise zu spendieren. Und rechtzeitig eine zweite oder gar dritte S-Bahnhauptroute durch die Stadt zu erstellen.
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Beitrag von Hot Doc »

spock5407 @ 21 Feb 2017, 19:59 hat geschrieben: Und mit linearem Wachstum des ÖPNV würde man nur den Anteil halten, nicht den MIV konstant. Insofern müsste der ÖPNV überproportional wachsen, wollte man die Autoflut eindämmen.

Und das Schlimme ist: die bis in die 80er und 90er geschaffenen Reserven der Schnellbahnen sind längst aufgebraucht bzw. überstrapaziert, die Politik tut/tat nichts bzw. zerstreitet sich für kleine bis überschaubare Maßnahmen untereinanander. ...
Das ist wieder so eine Halbwahrheit. Eigentlich kann man dagegen nix sagen, realistisch ist es naatürlich viel zu sehr vereinfacht und dadurch schlicht falsch.
Es kommt natürlich auf die Ausgangslage an und auch darauf, wo das Wachstum stattfindet und wie das Netz aufgebaut ist. Vor einigen Jahren hatten wir noch reichlich Überkapazitäten die nun - zumindest bei U- und S-Bahn - aufgebraucht sind.

Bei der S-Bahn werden wir "demnächst" wohl erneut Überkapazitäten im großen Stil schaffen, da kann man sich also kaum beschweren. (Höchstens über die Gestaltung der Fahrpläne/die Bestellungen der BEG.) Vor allem weil das meiste Wachstum bevölkerungstechnisch in S-Bahnnähe passieren wird.
Bei der U-Bahn wird mit dem 2-Minuten-Takt schon mal was gemacht. Den kann man Schritt für Schritt auf allen Stammstrecken einführen. Desweiteren wird ja wohl auch die U3 und U6 durch die U9 entkoppelt (wie man das dann Fahrplantechnisch löst, steht noch in den Sternen). Die U4 dagegen hat durchaus noch Kapazität.

Das oben genannte als kleine bis überschaubare Maßnahmen zu bezeichnen halte ich für Polemik der klarsten Sorte!
Tangenten werden das Grundproblem auch nicht lösen, sondern nur etwas rausschieben.
Das halte ich für den nächsten Fehler. Ein Fahrgast der in einer Tram von Arabellapark zur Münchner Freiheit fährt, belastet weder die U4, noch die U6/3 und bringt damit erstaunlich viel. Gerade leistungsfähige Tangenten mit Tram im kurzen Takt oder eben als S-Bahn über Nord- und Südring wären eine wesentlichen Entlastung! Daüber wird immer wieder diskutiert und zumindest beim Nordring stehen die Zeichen nicht so schlecht.
Wir brauchen komplett neue Metrogrundstrecken, welche heutige und entstehnde starke Verkehrsrelationen abdeckt und die eine oder andere Aussenstrecke so einbindet, dass es keine Linienüberlagerungen a la U1/2 , 3/6,  4/5 mehr geben muss, sondern jede Grundlinie HVZ alle 2-2,5min, NVZ alle 5min und abends alle 7,5 min gefahren werden kann.
Auf die Dauer sicher richtig. Ich sehe am meisten Potential noch bei U1/2, da könnte man ggf. eine Linie einen Schwenk über Goetheplatz machen lassen. Bei der U4/5 sehe ich da erstens auf lange Sicht keinen Bedarf und zweitens keine wirklich sinnvolle Möglichkeit.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Hot Doc @ 21 Feb 2017, 21:21 hat geschrieben:Vor einigen Jahren hatten wir noch reichlich Überkapazitäten die nun - zumindest bei U- und S-Bahn - aufgebraucht sind.
Eher Jahrzehnte. Wo wir gerade bei Halbwahrheiten sind.
Bei der U-Bahn wird mit dem 2-Minuten-Takt schon mal was gemacht.
Der existiert eigentlich nur auf dem Papier. Fährst Du regelmäßig in der HVZ auf der U2? Sonst gib es den nicht mal auf Papier.
Das oben genannte als kleine bis überschaubare Maßnahmen zu bezeichnen halte ich für Polemik der klarsten Sorte!
Das was Du hier immer raus lässt, halte ich hingegen für Polemik.
Das halte ich für den nächsten Fehler. Ein Fahrgast der in einer Tram von Arabellapark zur Münchner Freiheit fährt, belastet weder die U4, noch die U6/3 und bringt damit erstaunlich viel.
Die Trambahn gibt es aber nicht. Und es gibt ja nicht nur die Nordtangente nicht. Die Osttangente ist eigentlich auch nur eine Radiale, sie verpasst nur knapp die Altstadt. Die Westtangente gibt es immer noch nicht. Und da ist nicht nur die CSU dran schuld, rot-grün hat es in den letzten Jahrzehnten auch nicht auf die Reihe bekommen. Unter anderem weil die 2. Stammstrecke ja so böse ist, das man über eine Vorfinanzierung der UVR auf Seiten der Grünen nicht nachdenken wollte.
Südtangente? Nur eine vage Idee.

Generell ist oft von Tangenten die Rede, aber es gibt sie in München nicht. Auch nicht bei der Tram, obwohl in jeder Broschüre der letzten Jahre immer drin stand, die Tram wäre ein tangentiales Verkehrsmittel.
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Beitrag von NJ Transit »

Iarn @ 21 Feb 2017, 21:32 hat geschrieben: Auch nicht bei der Tram, obwohl in jeder Broschüre der letzten Jahre immer drin stand, die Tram wäre ein tangentiales Verkehrsmittel.
Na komm, jetzt hat man schon extra Berg am Laim nicht sinnvoll in die Innenstadt sondern tangential angebunden... :ph34r:
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Jean
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Beitrag von Jean »

Ist da gerade eine Spur Sarkasmus zu entnehmen? :ph34r:
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Dabei sind noch nicht mal alle existenten, verdichteten Wohngebiete mit Schienenverkehr in fussläufig akzeptierter Entfernung attraktiv erschlossen.
Neuaubing, Blumenau, die Nordwestkante von Fürstenried, Solln, das östliche Neuperlach entlang des Karl-Marx-Ring, muss ich weitermachen?

Attraktiv heisst dabei: die Leute müssen Öffi fahren >wollen<. Und sich nicht tagtäglich mit 180 Leuten in einen R2 oder 1000 Leuten in einen P6 quetschen müssen, das man regelmässig bei manchen Strecken damit rechnen muss, an der Hst zurückzubleiben oder dass jedes Türöffnen heissen könnte, es geht nix mehr weiter weil die Dinger nicht mehr zugehen.

Schäden oder Bauarbeiten in oder nahe den Innenstadtknoten der Tram haben das Potential, ganze Stadtsektoren Quartale lang vom Tramverkehr abzuhängen; es gibt fast keine Flexibilität bzgl. Streckenführungen und Umleitungen weil es citynah keine Strecken an Hbf oder Stachus vorbei gibt. Nichtmal bei seit Jahren offensichtliche fehlenden Infrastrukturelementen auf vorhandenen Strecken gehts wahrnehmbar weiter (Stichwort Arnulf<>Prielmayerstr.).
Man muss schon in Jubelchöre ausbrechen, wenn 13 neue Tramzüge 9 alte ersetzen.
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Beitrag von NJ Transit »

Jean @ 21 Feb 2017, 22:12 hat geschrieben:Ist da gerade eine Spur Sarkasmus zu entnehmen?  :ph34r:
Ja, genauer gesagt eine Busspur :P
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Beitrag von Hot Doc »

Iarn @ 21 Feb 2017, 21:32 hat geschrieben:Eher Jahrzehnte. Wo wir gerade bei Halbwahrheiten sind.
Da lass ich mich gerne drauf ein, wenn du unbedingt Erbsenzählen willst.
Der existiert eigentlich nur auf dem Papier. Fährst Du regelmäßig in der HVZ auf der U2? Sonst gib es den nicht mal auf Papier.
Ich habe auch nicht geschrieben, dass der existiert, es geht um die Zukunft. Und da gibt es eindeutige Planungen dazu, auch auf der U3/6.
Das was Du hier immer raus lässt, halte ich hingegen für Polemik.
Mhm...axo, was ich hier immer rauslasse...soso. Beispiel...Fehlanzeige...
Ich habe deutlich gemacht (zumindest hoffe ich das), dass ich es für Polemik halte im Hintergrund einer praktisch beschlossenen Verdoppelung der S-Bahn-Kapazität (mal rein technisch gesehen), einer ziemlich sicher geplanten U9, einer sicheren Westtangente und konkreten Plänen die U4 und die U5 zu verlängern von "nichts tun" und "überschaubaren Maßnahmen" zu schreiben und von an den wildesten Haaren herbeigezogenen Strafen zu fantasieren.
Wenn das aus deiner Sicht eine sachliche Schlussfolgerung von spock sein soll, bittesehr. Ich kann da keinen Funken Sachlichkeit mehr erkennen.
Die Trambahn gibt es aber nicht. ...
Alle genannten Projekte sind mehr oder weniger in Planung. Klar schaut es für die einen besser und für die anderen schlechter aus, einige sind Zukunftsmusik, andere in konkreter Vorplanung. Und auch klar, ich hätte auch schon einige lieber gestern als heute realisiert gesehen. (Ich hab mich damals übrigens persönlich noch für die Gartentram engagiert.) Ich hab auch nicht über Parteien gelästert oder irgendwem die Schuld geben wollen, nur ich sehe die Zukunft nicht so schwarz, wie es manche hier tun (und das obwohl mit dem Stamm2 viele Probleme erst so richtig verschärft werden...).
Generell ist oft von Tangenten die Rede, aber es gibt sie in München nicht. Auch nicht bei der Tram, obwohl in jeder Broschüre der letzten Jahre immer drin stand, die Tram wäre ein tangentiales Verkehrsmittel.
Auch das ist wieder so halbrichtig. Die 12 ist druchaus als Tangente zu sehen (leider mit unpassendem Ende, da keine Verbindung zu S- oder U-Bahn im Westen), und die 15/25 hat durchaus auch tangentiale Funktion, wenn auch nicht vollständig oder in allen Teilen und jetzt scheint ja auch endlich die Westtangente in trockenen Tüchern zu sein, deren Tangentialfunktion wirklich niemand besteiten kann.
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Beitrag von NJ Transit »

Hot Doc @ 21 Feb 2017, 22:38 hat geschrieben: Die 12 ist druchaus als Tangente zu sehen (leider mit unpassendem Ende, da keine Verbindung zu S- oder U-Bahn im Westen)
Das Ende im Westen wär eine Sache - die Verbindung zur Münchner Freiheit die wichtigere, denn damit könnte man von jetzt auf gleich einen ziemlichen Anteil einer der überlastetsten Buslinien der Stadt auf Trambahn umstellen.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

- S-Bahnkapazität ist nicht verdoppelt, da nicht komplett nutzbar. Auf so mancher Zulaufstrecke fehlen bekanntlich die eigenen S-Bahngleise, so dass dort nicht/kaum mehr Züge als heute fahren können. Sprich, ein Teil der bereitgestellten Kapazität in München steht potentiell leer.

- "ziemlich sicher geplante U9" hört sich nach 20-30 Jahren Realisierungszeitraum an; Kapazitätsmangel ist heute ohne weitere Bevölkerungszunahme schon enorm.

- Westtangente ist wichtige Verbesserung, keine Frage, aber keine essentiell neue Relation. Es wird i.w. die Kapazität und "Economy of Scale" einer heute schon stark genutzten Linie verbessert. Wann wird gebaut? Wird weiter auf Stamm2 gewartet, bis in Laim gebuddelt wird? => Dauert noch Ewigkeiten.

- U4Nord ist erstmal lange nicht absehbar, U4West zur Blumenau de facto gar nicht, U5 nach Pasing ist IMO auch keine Revolution im Verkehr in Bezug auf zusätzliche Schnellbahnerschliessung.

- Nordtangente ist IMO eher tot als planerisch relevant, da die CSU niemals durch den Engl. Garten bauen lassen wird.

- U-Bahn nach Martinsried: wow, 1 Station, gigantische Maßnahme.

- U1, die im Süden noch deutlich Kapazität hätte, versackt auf ganz lange Sicht am Mangfallplatz

- Was ist mit anderen, im VEP schon seit zig Jahren hinterlegten und nicht angegangenen Maßnahmen? Das alle paar Jahre in einer Zeitungsmeldung vorzufinden löst keine Verkehrsprobleme

- Was ist mit einer schnellen Südtangente? Ist der X30 wirklich die richtige Maßnahme?


Tut mir leid Hot Doc, ich sehe auf Sicht keine greifbaren großen bis wirklich großen Maßnahmen ausser Stamm2 (der aber nicht die volle Wirkung erzielen kann). Stamm2 wiederum ist eine reine Kapazitätserhöhung, ohne wirklich weitere Relationen anzubieten.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Spocki, du hast die U5-Verlängerung in deiner Aufzählung vergessen. :ph34r: :ph34r:
Mehr Geld für den ÖPNV-Ausbau in München! Es wird höchste Zeit!
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

spock5407 @ 21 Feb 2017, 22:55 hat geschrieben: - ..... U5 nach Pasing ist IMO auch keine Revolution im Verkehr in Bezug auf zusätzliche Schnellbahnerschliessung.....
Nein, ist doch drin.

Und nach Freiham reden wir, wenn überhaupt, wohl eher auch über 20+ Jahre. *)


*) Grundsatzdiskussion/-streit hierüber bitte im U5-Thema; nicht hier auch noch.
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Beitrag von Hot Doc »

spock5407 @ 21 Feb 2017, 22:55 hat geschrieben: - S-Bahnkapazität ist nicht verdoppelt, da nicht komplett nutzbar. Auf so mancher Zulaufstrecke fehlen bekanntlich die eigenen S-Bahngleise, so dass dort nicht/kaum mehr Züge als heute fahren können. Sprich, ein Teil der bereitgestellten Kapazität in München steht potentiell leer.
Hab ich glaub ich auch so geschrieben. "Technisch verdoppelt" ist nicht verdoppelt. Es geht aber um eine Kapazitätserweiterung um ca. 50% (wobei das schon ne nicht ganz korrekte Annahme ist, wie ich vorgerechnet habe) bis ca. 2030.
ziemlich sicher geplante U9" hört sich nach 20-30 Jahren Realisierungszeitraum an;
Das kann alles heißen. 10 Jahre oder 50. Aber es nicht so, als würde in die Richtung nicht geplant. Dass ist das, was du behauptet hast.
Westtangente...
ist für mich ein essentieller Bestandteil eines guten Tantentialnetzes. Und wahrscheinlich vor Stamm2 fertig, da die UVR relativ am Anfang von Stamm2 gebaut werden wird, dann wirds auch mit der Tram los gehen.
U4Nord ist erstmal lange nicht absehbar...
Im Zuge der Neubaupläne in Daglfing wird die U4 sicher kommen. Vorher wird sie auch nicht so viel bringen. (Und ohne diese Neubauten glaub ich nicht an 200.000 mehr.)
U4West zur Blumenau de facto gar nicht,
...auch die wird nur gebraucht wenn dort viel gebaut wird.
U5 nach Pasing
...sag ich mal lieber nix dazu.
Nordtangente
...weiß man nicht...aber da ist zumindest der Schuldige klar.
U-Bahn nach Martinsried
...da gehts um die Verbindung, nicht um die eine Station.
Was ist mit einer schnellen Südtangente?
...Südring? Ginge recht flott, aber ist wohl tatsächlich erstmal auf dem Pausegleis.
Stamm2 wiederum ist eine reine Kapazitätserhöhung, ohne wirklich weitere Relationen anzubieten.
Wasser auf meine Mühlen, aber dann sage ich wiederum, dass fast alle wirklichen Neubaugebiete in diesem Zeitraum (s.o.) an einer S-Bahn liegen werden und dass sind hauptsächlich Freiham und Daglfing, insofern ist erstmal eine Kapazitätserhöhung nötig. Und darum ging es vorrangig. Ich bin auch für Projekte mit besserer Netzwirkung. Aber da sind die naheliegensten aktuell aus dem Rennen.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Ein Beispiel für Polemik:
Wenn Leute, die nicht dort wohnen zum "Widerstand" gegen Projekte aufrufen, wo der Kas schon längst bissn ist, wie man in Bayern sagt.

Jetzt man ein paar Beispiele für den Stillstand in der Münchner Verkehrspolitik, mit expliziten Nicht Anspruch auf Vollständigkeit:

Als ich geboren wurde (1975), wurden entlang der Daglfinger Straße Vorgärten enteignet, da ja der Flughafen ins Erdinger Moos umziehen sollte und man dazu die Bahnlinie viergleisig mit höhenungleichen Bahnübergängen ausbauen wollte. Danach folgten Streitereien zwischen Stadt, Bundesbahn und Freistaat um die Finanzierung.
Der Flughafen wurde 1992 eröffnet und bei der Eröffnung sprach man davon, dass man schnellstmöglich die Engstellen beseitigen wollte und die Anbindung verbessern. 1998 kam der Anschluss an die S1 welcher aber nur sehr Eingeschränkt Kapazität brachte und nur sehr punktuell eine Verbesserung darstellt. Im Jahre 2005 hat man dann den eingleisigen Engpass auf der S1 bei Unterföhring beseitigt. Zwischen 2000 und 2008 befasste man sich mit dem Transrapid, der viele Gegner hatte, die aber alle zufrieden waren und den Kampf einstellten, als das Projekt gestoppt wurde. Nach einigen Irrlichtereien (V&R) bei der Trassenfindung hat man nun beschlossen die Osttrasse unterirdisch anzugehen und plant aktuell eine Fertigstellung 2037. Ich werde dann 62 sein. Die Leute die damals den Vorgarten enteignet bekommen haben, leben alle nicht mehr.

Als die U4 bzw. U5 Verlängerung 1988 in Betrieb genommen wurde, sprach man beim Festakt davon, "bald" den Westast nach Pasing zu Verlängern und mittelfristig nach Englschalking. Eine Eröffnung des Pasinger Astes kann man ca für 2025 annehmen, Englschalking mit viel Glück 2030.

Damit auch mal eine andere Partei ihr Fett abbekommt, die Tram zwischen Effnerplatz und Cosimastraße wurde 1980 wegen den U-Bahn Bauarbeiten "vorläufig" eingestellt und erst 2011, 23 Jahre nach Fertigstellung der U-Bahn, wieder eröffnet.

Wann der erste Plan mit Westtangente gezeichnet wurde, weiß ich nicht, aber der Plan existiert seit Jahrzehnten. Aber alle Vorschläge den Bau der UVR vorzuziehen oder eine Interimslösung zu installieren wurden von Seiten des Stadtrates abgelehnt, teilweise aus dem kaum verhohlenen Grund, bei der 2. Stammstrecke keine Fakten schaffen zu wollen.

2. Stammstrecke. Eigentlich wollte man bis 2000 den Südring, dann wollte man bis 2006 den Tunnel. Nun nach unzähligen Versuchen das eine (erfolgreich) oder das andere (un-erfolgreich aber Zeit schindend) zu verhindern, sieht es so aus, als hätten wir eine Einweihung 2026. Und es gibt immer noch Leute, die das Projekt verzögern wollen, wenn sie es nicht komplett verhindern können.

In Summe waren bzw. sind die meisten wichtigen Verkehrsprojekte alle 20-30 später dran als wenn sie zügig umgesetzt worden wären. Deswegen ist es kein Wunder, wenn ein Strich auf dem Plan nur ein müdes Lächeln hervorruft. Insbesondere wenn jemand nicht nur aus der Ferne schwadroniert sondern jeden Tag um acht Uhr Sardinenfeeling in der U- / S- / und Trambahn erleben darf.
Die Wahrheit beginnt mit dem Bagger bzw. der Taktverdichtung. Selbst die moderate Taktverdichtung auf der U2 ist jetzt wie viele Jahre nicht wirklich umgesetzt?

PS mit Südtangente ist kein Südring, der die Innenstadt zwar umfährt aber nicht wirklich tangential ist, gemeint, sondern eine Tramverbindung etwa auf Höhe Candidplatz bis Hadern.
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Beitrag von viafierretica »

sehr schön formuliert, den kann man nur zustimmen.
Bezeichnend war heute die "Einwohnerversammlung" in Haidhausen zur 2. Stammstrecke, die wegen Überfüllung und zahlreichen Tumulten abgebrochen wurde. Als die Teilnehmer abgestimmt haben, ob die Versammlung abgebrochen werden soll, hat nur ein kleiner Teil die Karten gehoben (d.h. waren stimmberechtigt und damit Anwohner), viele Anwesende hatten keine Karten und kamen wohl, um gegen das Projekt an sich zu demonstrieren (man kann jetzt von der Stammstrecke halten, was man will, aber die Szenen waren eher beschämend für die "mündigen Bürger").
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Beitrag von Hot Doc »

Iarn @ 22 Feb 2017, 10:41 hat geschrieben: Ein Beispiel für Polemik:
Wenn Leute, die nicht dort wohnen zum "Widerstand" gegen Projekte aufrufen, wo der Kas schon längst bissn ist, wie man in Bayern sagt.
Solange diese Leute (übrigens scheissegal wo sie wohnen) das mit rationalen Argumenten oder objektiven Fakten machen hat das absolut garnix mit Polemik zu tun. Und wenn ein Anwohner komlett sinnbefreit und nur um Stimmung zu machen zum Widerstand aufruft, ist es trotzdem Polemik.
Jetzt man ein paar Beispiele für den Stillstand in der Münchner Verkehrspolitik, mit expliziten Nicht Anspruch auf Vollständigkeit:
Ich habe nie behauptet, dass es nicht eine Menge Verzögerungen gegeben hat und dass man sich gerade von einer Rot-Grünen Mehrheit deutlich mehr gewünscht hätte.
Aber trotzdem war die ursprüngliche Behauptung dass IN DER ZUKUNFT weiterhin nichts passieren wird alleine durch die höchstwahrscheinliche Fertigstellung von Stamm2 polemisch. Die weiteren möglichen Planungen (wo vor allem die Westtangente und die U9 wohl tatsächliche Realisierungschancen hat) muss man da noch gar nicht beachten....tuts man doch, wirds absurd.

PS: mit dem meisten was du schreibst, geb ich dir ja Recht, aber darum gings halt nicht.
PS mit Südtangente ist kein Südring, der die Innenstadt zwar umfährt aber nicht wirklich tangential ist, gemeint, sondern eine Tramverbindung etwa auf Höhe Candidplatz bis Hadern.
PPS: Wenn der Südring keine Tangente ist, was dann? Klar kann man noch eine weitere weiter außen anplanen, dann wirds aber schnell nicht mehr lohnenswert. Der Südring entlastet gerade die so stark belasteten Innenstadtabschnitte der U-Bahnlinien.
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Beitrag von imp-cen »

Mit Südtangente meint er eine Trambahn die etwas weiter ausserhalb eine echte Tangente zwischen den Stadtteilen bildet, während der Südring einfach der Südring (der S-Bahn) ist und bleibt (Nahe der Innenstadt).
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Beitrag von Hot Doc »

Mir schon klar was er gemeint hat...seh ich nur nicht so wahnsinnig sinnvoll oder prioritär an. Vor allem, wenn es eine so offensichtliche und sinnvolle Option wie den Südring gibt.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Hot Doc @ 23 Feb 2017, 00:29 hat geschrieben:
Iarn @ 22 Feb 2017, 10:41 hat geschrieben: Ein Beispiel für Polemik:
Wenn Leute, die nicht dort wohnen zum "Widerstand" gegen Projekte aufrufen, wo der Kas schon längst bissn ist, wie man in Bayern sagt.
Solange diese Leute (übrigens scheissegal wo sie wohnen) das mit rationalen Argumenten oder objektiven Fakten machen hat das absolut garnix mit Polemik zu tun. Und wenn ein Anwohner komlett sinnbefreit und nur um Stimmung zu machen zum Widerstand aufruft, ist es trotzdem Polemik.
Vorneweg, Du hast nicht von Diskurs sondern Widerstand gesprochen. Für mich hat Widerstand reichlich wenig mit Diskussion zu tun. Und diskutiert haben wir hier wie auch die Öffentlichkeit eine Menge. Ehrlich gesagt glaube ich nach 10 Jahren Diskussion hat jeder eine Meinung.

Die Stammstrecke wurde von einem frei gewählten Landtag beschlossen, ein Minister einer frei gewählten Bundesregierung hat der Finanzierung zugestimmt, wie auch in kleiner Dimension der frei gewählte Münchner Stadtrat. Wo ist hier Raum für Widerstand?

Ja es gibt einen einzigen Raum für Widerstand und das sind Klagen von betroffenen Anwohnern des östlichen Bausabschnitts. Und die werden sehr unwahrscheinlich irgendetwas anderes als Entschädigungen oder Höhen von Lärmschutzwänden zu folge haben. Es wäre auch ein Pyhrrus Sieg denn rein formal ist der östliche Abschnitt in einer älteren Version planfest gestellt. Und dahin zurück will wohl auch in Haidhausen niemand.

Insofern sehe ich das schwadronieren über Widerstand als reine Polemik an.
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Beitrag von Hot Doc »

Iarn @ 23 Feb 2017, 17:55 hat geschrieben: Vorneweg, Du hast nicht von Diskurs sondern Widerstand gesprochen. Für mich hat Widerstand reichlich wenig mit Diskussion zu tun. Und diskutiert haben wir hier wie auch die Öffentlichkeit eine Menge. Ehrlich gesagt glaube ich nach 10 Jahren Diskussion hat jeder eine Meinung.
Ich habe keine Ahnung, wie du Widerstand für dich definierst, aber offensichtlich anders als ich.
Für mich ist auch das Aussprechen und Schreiben von Gegenargumenten, das Anschreibern der Bezirksverwaltungen und Stadtteilpolitiker Widerstand. Auch das Präsenz Zeigen auf Infoveranstaltungen und dort kritische Fragen stellen.
Und klar haben alle eine Meinung, aber viele dieser Meinungen sind von sehr wenigen Fakten geprägt und man könnte das beeinflussen (wenn man wollte).
Die Stammstrecke wurde von einem frei gewählten Landtag beschlossen, ein Minister einer frei gewählten Bundesregierung hat der Finanzierung zugestimmt, wie auch in kleiner Dimension der frei gewählte Münchner Stadtrat. Wo ist hier Raum für Widerstand?
Z.B. genau diesen frei gewählten Volksvertretern klar machen, dass Sie hier nicht im Sinne des Volkes handeln. Die Möglichkeiten hierzu sind vielfältig. Du kannst da ja anderer Meinung in der Sache sein. Aber das ist ein äußerst demokratischer und rationaler Vorgang, der mit Polemik aber überhaupt nichts zu tun hat.

Nebenbei sehe ich hier auch eine gewisse Vorbildfunktion. Bei BER und S21 haben sich schon viele Politiker mutmaßlich bewußt über die Grenze des faktischen erhoben und das Blaue vom Himmel versprochen. Ich gehe jede Wette ein, dass auch Stamm2 seinen Kostenrahmen massiv sprengen wird, womit dem ÖPNV ingesamt ein Bärendienst erwiesen würde. Hier ist auch im Hinblick auf zukünftige Projekte (in München aktuell U5 Pasing oder Freiham, U23-Nord....) ein Zeichen zu setzen, dass das so nicht hingenommen wird.
Aber das Wahlvieh verzeiht dem Politiker alles und jubelt am Ende noch den Entscheidungen zu, damit blos irgendwas passiert.
viafierretica
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Beitrag von viafierretica »

Hot Doc @ 23 Feb 2017, 20:32 hat geschrieben: Ich habe keine Ahnung, wie du Widerstand für dich definierst, aber offensichtlich anders als ich.
Für mich ist auch das Aussprechen und Schreiben von Gegenargumenten, das Anschreibern der Bezirksverwaltungen und Stadtteilpolitiker Widerstand. Auch das Präsenz Zeigen auf Infoveranstaltungen und dort kritische Fragen stellen.
Und klar haben alle eine Meinung, aber viele dieser Meinungen sind von sehr wenigen Fakten geprägt und man könnte das beeinflussen (wenn man wollte).

Z.B. genau diesen frei gewählten Volksvertretern klar machen, dass Sie hier nicht im Sinne des Volkes handeln. Die Möglichkeiten hierzu sind vielfältig. Du kannst da ja anderer Meinung in der Sache sein. Aber das ist ein äußerst demokratischer und rationaler Vorgang, der mit Polemik aber überhaupt nichts zu tun hat.

Nebenbei sehe ich hier auch eine gewisse Vorbildfunktion. Bei BER und S21 haben sich schon viele Politiker mutmaßlich bewußt über die Grenze des faktischen erhoben und das Blaue vom Himmel versprochen. Ich gehe jede Wette ein, dass auch Stamm2 seinen Kostenrahmen massiv sprengen wird, womit dem ÖPNV ingesamt ein Bärendienst erwiesen würde. Hier ist auch im Hinblick auf zukünftige Projekte (in München aktuell U5 Pasing oder Freiham, U23-Nord....) ein Zeichen zu setzen, dass das so nicht hingenommen wird.
Aber das Wahlvieh verzeiht dem Politiker alles und jubelt am Ende noch den Entscheidungen zu, damit blos irgendwas passiert.
Eine Bürgerversammlung ist auch nicht demokratisch, schon gar nicht so eine wie am Mittwoch. Auf eine Bürgerversammlung kommt kein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung, sondern in der Regel interessensgeleitete Personen, die ein gewisses Anliegen vertreten. Wenn in einer Bürgerversammlung 200 Leute sitzen (die einen Stadtteil mit 60.000 Einwohner widerspiegeln sollen), und davon 50 einer Interessensgemeinschaft z.B. gegen ein Neubauvorhaben, so ist das in keiner Weise demokratisch und schon gar nicht repräsentativ. In aller Regel ist der Durchschnitt der Anwesenden kaum unter 60, und es sind meist Eigenheimbesitzer, die den status quo halten wollen und keine neuen Häuser. Die potenziellen Bewohner, die ein Interesse am Neubau haben, fehlen. Wenn die Haidhauser die 2. Stammstrecke ablehnen, so fehlen de facto alle Nutzer der Strecke, die eher nicht aus Haidhasuen kommen, sondern aus dem Umland. Diese Bürger werden nirgendwo vertreten.
Oft genug wird auf Bürgerversammlungen aufgrund einer Initiative etwas beschlossen, auf der nächsten kommen die Anlieger der nächsten Straße, die mit großer Mehrheit das Gegenteil beschliessen. Nur weil Bürger teilnehmen, ist etwas nicht demokratisch, während Stadträte oder BA-Mitglieder tatsächlich als Abgesandte demokratisch gewählt werden. Lieschen Müller hingegen vertritt nur ihre Privatmeinung und keine andere.
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Beitrag von Iarn »

S21 ist ja auch ein schönes Beispiel, wo die Gegner geglaubt haben, die Bevölkerung stünde nahezu geschlossen an ihrer Seite und nach der Volksabstimmung sah es ganz anders aus.
Ich glaube ich war vier, als mir meine Mutter beigebracht hat, dass der lauteste nicht immer recht hat.
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Beitrag von JeDi »

viafierretica @ 23 Feb 2017, 22:23 hat geschrieben: Eine Bürgerversammlung ist auch nicht demokratisch, schon gar nicht so eine wie am Mittwoch. Auf eine Bürgerversammlung kommt kein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung, sondern in der Regel interessensgeleitete Personen, die ein gewisses Anliegen vertreten. Wenn in einer Bürgerversammlung 200 Leute sitzen (die einen Stadtteil mit 60.000 Einwohner widerspiegeln sollen), und davon 50 einer Interessensgemeinschaft z.B. gegen ein Neubauvorhaben, so ist das in keiner Weise demokratisch und schon gar nicht repräsentativ.
Was ist daran undemokratisch? Die andren könnten ja auch kommen. Nach deiner Argumentation wäre es ja auch undemokratisch, Wahlen durchzuführen, die unter 100% Wahlbeteiligung haben.
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Beitrag von JeDi »

Iarn @ 24 Feb 2017, 08:44 hat geschrieben: S21 ist ja auch ein schönes Beispiel, wo die Gegner geglaubt haben, die Bevölkerung stünde nahezu geschlossen an ihrer Seite und nach der Volksabstimmung sah es ganz anders aus.
Die Volksabstimmung hat aber gezeigt, dass die Stimmung nicht so eindeutig ist, wie immer behauptet (sondern doch relativ dicht an einem Patt dran). Zumal die CDU die von Frau Merkel zur "Volksabstimmung um Stuttgart 21" ausgerufene Landtagswahl haushoch verloren hat (da mögen zugegebenermaßen aber noch zahlreiche andere Faktoren reingespielt haben).
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Beitrag von NJ Transit »

JeDi @ 24 Feb 2017, 11:54 hat geschrieben: (da mögen zugegebenermaßen aber noch zahlreiche andere Faktoren reingespielt haben).
Richtig, denn eine Wahl ist eine Wahl und keine Volksabstimmung - und die gab es ja. Zumal sowohl Bürgerversammlungen als auch Volksabstimmungen (bestes Beispiel diese bekloppte 100m-Regel damals in München an einem wunderbar sonnigen Sonntag) vor allem mal die anziehen, die sich aktiv für oder gegen etwas einsetzen, aber nur begrenzt ein Stimmungsabbild der Gesamtbevölkerung darstellen.
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Beitrag von JeDi »

NJ Transit @ 24 Feb 2017, 11:12 hat geschrieben: Richtig, denn eine Wahl ist eine Wahl und keine Volksabstimmung
Richtig. Wenn ein Politiker sie aber dazu erklärt, so sollte er sich auch an seinen Worten messen lassen.
Zumal sowohl Bürgerversammlungen als auch Volksabstimmungen (bestes Beispiel diese bekloppte 100m-Regel damals in München an einem wunderbar sonnigen Sonntag) vor allem mal die anziehen, die sich aktiv für oder gegen etwas einsetzen, aber nur begrenzt ein Stimmungsabbild der Gesamtbevölkerung darstellen.
Das ist aber kein Indiz dafür, dass Bürgerversammlungen oder Volksabstimmungen undemokratisch seien.
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Beitrag von NJ Transit »

JeDi @ 24 Feb 2017, 12:55 hat geschrieben: Das ist aber kein Indiz dafür, dass Bürgerversammlungen oder Volksabstimmungen undemokratisch seien.
Das habe ich wo behauptet? Richtig: nirgends.
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Beitrag von viafierretica »

NJ Transit @ 24 Feb 2017, 12:58 hat geschrieben: Das habe ich wo behauptet? Richtig: nirgends.
Um mich zu korrigieren: natürlich sind Bürgerversammlungen per se nicht undemokratisch, aber sie sagen nichts aus über die tatsächliche Meinung der Bevölkerung, sondern nur über die der zufällig 200 oder 400 Anwesenden. Sie sind aber keinesfalls repräsentativ.
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Beitrag von Iarn »

Problematisch finde ich es beispielsweise auch, wenn je nach persönlich Neigung manche Bürgerversammlungen als Fanal des Bürgerwillens gepriesen werden, andere als Haufen NIMBYs und Spinner.

Es soll ja auch Bürgerversammlungen gegeben haben, wo sich die Mehrheit der anwesenden Anwohner gegen eine Tram o.#. statt gegen die Stammstrecke ausgesprochen hat.
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