JLanthyer @ 9 Feb 2019, 19:38 hat geschrieben: Dann sollte man nicht nur die Preise, wie von Dir verlangt, vereinheitlichen, sondern auch die Taktlagen und Umsteigebedingungen.
Ja natürlich - Deutschland im Halbstundentakt muss keine Illusion bleiben, wenn dieses Land bereit ist, entsprechend zu investieren. Wenn Verkehrspolitik weiter bedeutet, der Automobillobby hinten rein zu kriechen und ansonsten noch Regionalflughäfen für den Sommerurlaub auf Malle zu betreiben, wird das allerdings mit mehr Qualität auf der Schiene auch weiterhin nichts werden. Dann ist es, um das Thema hier zu bedienen, auch völlig jucke, was für Züge Talgo liefert und wann diese zufällig wo verkehren - sie sind dann halt ein Zufallsprodukt, ein Steinchen in einem ungeordneten Haufen, statt Bausteine eines wohl durchdachten und geordneten Systems.
Die Bahn zwingt niemanden, einen bestimmten Zug zu nutzen, es ist immer noch die Entscheidung des Kunden, jederzeit mit dem Zug zu fahren. Ich glaube kaum, daß die Bahn die Bewegungsprofile der Kunden mittels "Sparpreisfahrkarten" überwachen will, bzw. tut.
Nein, es wird niemand gezwungen - es wird nur permanent versucht, es besser zu wissen als der Kunde, und sorry, Hinweise wie "vermutlich starke Nachfrage" sind kein Kundenservice, sondern eine hilflose Geste von Versagern. Das heißt doch auf deutsch nur: "Kunde, bleib bloß weg!"
Und es ist schon eine irrsinnige Perversion dieses ganzen Schwachfuges, dass zum Beispiel die DB über die genaueste Datenmenge verfügt, wann und wo ihre Kunden unterwegs sind, die in der Geschichte der Eisenbahn je vorstellbar war, aber dann so wenig daraus lernt bzw. das Gelernte nicht am Gleis umsetzen kann: Statt angemessene Kapazitäten zu planen und auch praktisch und vor allem verlässlich einzusetzen, kübelt ja gerade der Fernverkehr ("Heute ohne...") dem Kunden irgendwas, was gerade noch halbwegs funktionstüchtig auf dem Hof steht, aufs Gleis.
Nur er hat Aufgrund des Angebots und der Nachfrage keinen Einfluß auf den Fahrpreis mehr. Aber er kann sich die möglichst "billigste" Verbindung raussuchen, mit dem Verbundenen Nachteil, daß seine Fahrkarte halt eben an den Zug gebunden ist. Es sei denn, er ist bereit, die "teuerste" Fahrkarte zu lösen, wenn er keine Zugbindung will.
Und du glaubst also wirklich, dass sich Sparpreise aus Angebot und Nachfrage bilden? Bestenfalls ist das ein irgendwie angelegter Computer-Algorithmus, der irgendwie vage in diese Richtung zielen könnte, im wahrscheinlichsten Fall ist es gedankenlose und dem Zufall überlassene Willkür irgendwelcher Stellen beim Fernverkehr, die die "Kontingente", die kein Mensch kennt, planen.
Günstig Fernverkehr fährt man übrigens wirklich locker mit Flexpreisen - man kommt aufgrund der Betriebsqualität eh selten genug mit dem Zug an, mit dem man ankommen wollte, und über die Fahrgastrechte reduziert sich dann der Reisepreis doch ganz nett.
Manchmal kommt es mir vor, daß das Gejammer von Deiner Seite so groß ist, wenn die Preispolitik der Verkehrsunternehmen nicht Deiner Vorstellung entspricht.
Das sind starke Worte von jemandem, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit darüber am Jammern ist, dass die Welt sich nicht seinen kruden Vorstellungen anpassen will. Im Gegensatz zu Dir bin ich kritisch nicht des eigenen Vorteils wegen, sondern weil ich die Eisenbahn als unverzichtbar ansehe und damit auch Schwächen, die selbiger schaden, klar benennen kann und will. Ich selber kann mir das Reisen mit der Eisenbahn so oder so leisten - erstens, weil ich mich schon ungezählte Stunden mit der Materie auseinandergesetzt habe, und damit die Perversionen des Tarifdschungels auch gegen seine Erfinder anwenden kann, zweitens weil ich durchaus bereit bin, auch Profis zu fragen, statt alles zu glauben, was einem im Web so vorgesetzt wird. Die öffentliche Wahrnehmung des Preiswirrwarrs auf der Schiene ist nach meiner Auffassung, die ich in Gesprächen mit unterschiedlichsten Menschen formen konnte, jedenfalls längst nicht so glänzend, wie die DB selbstverliebt nach Fahrgastrekorden im Fernverkehr glauben möchte.
Sei froh darüber, daß seit Anfang Januar dieses Jahres der BWTarif mit vielen Schwächen da ist (Momentan ist es nicht möglich, einen BW-Fahrschein zu jedem erdenklichen Ziel außerhalb der Bahn zu erwerben).
Ich begrüße den bwTarif ausdrücklich, und dieser hat meine volle Unterstützung. Auch wenn aller Anfang mitunter tatsächlich etwas holprig ist (auch weil der Wissenstand vieler Menschen, selbst der Wissensstand von Verkehrsbetrieben, zum Thema noch erschreckend lückenhaft ist), ist das Ziel, mit einfachen und überschaubaren Mitteln einen reellen Preis für immer, überall und jeden anbieten zu können, der absolut richtige Weg und tatsächlich alternativlos. Wenn ich mit dem bwTarif ungeduldig bin, dann nur weil stets das Bessere entscheidet, was gut ist - und verbessern kann man immer noch etwas.
Wer nach Schweizer Beispiel einen "Einheitstarif" für alle Züge will, braucht sich nicht zu wundern, wenn der Komfort der IC-Züge mit neuen Wagen runtergeht, weil die alte Wagen mit gerade noch EC-/IC-Komfort nach und nach verschwinden oder komplett verschwunden sind. Die Rhätische Bahn setzt bei Glacier-Expreß und / oder Bernina-Expreß, soviel ich weiß, nicht auf "Standardtarif".
Prust - der war gut. Schon mal über den Komfortunterschied beispielsweise zwischen einem ICE1 im Original 1991 und einem ICE4 2019 nachgedacht? Schon mal drüber nachgedacht, warum einer der wenigen Konsensgedanken zu den neuen Talgo-Zügen hierzuthread der ist, dass die DB die Fahrzeuge sicher nicht auf Komfort, aber auf maximale Packungsdichte auslegen wird? In letzter Zeit mal mit DB Fernverkehr gefahren und bemerkt, wie heruntergekommen und ungepflegt versifft doch erschreckend viele Fernverkehrszüge wirken? Man könnte glatt meinen, seit sich DB FV dem Drauflege-Geschäft der Billig-Supidupi-Preise verschrieben hat, reicht es nicht mal mehr dafür, Reinigungspersonal zu bezahlen, von ausreichender Instandhaltung wollen wir ja schon gar nicht mehr reden im Zeitalter von Defekten und Ausfällen. Die einzigen Fernzüge in Deutschland, bei denen man sich auf die planmäßige Komposition und funktionierende Fahrzeuge noch einigermaßen verlassen kann, sind jene die mit Fahrzeugen der Nachbarbahnen gefahren werden. Also da bin ich in der Regel und nach aller Erfahrung mit Fahrzeugen von Schweizer Bahnen aber zuverlässiger und sauberer unterwegs.
Oh, und ein letztes noch: Züge wie Bernina- und Glacier-Express sind eine Zugabe. Die kann gerne leisten, wer seine Basisaufgaben ordentlich erfüllt hat, was RhB und MGB tun. Würde das DB Fernverkehr auch tun, spräche nix dagegen, exklusive Sprinter als Zugabe anzubieten oder meinetwegen einen Talgo in pink mit Glitzersternchen als Einhorn-Express zu vermarkten. Kann man alles machen, um als Zugabe noch extra Einnahmen zu generieren, wenn man sein Kerngeschäft beherrscht. Wenn bei der RhB ein Zug um 12:00 Uhr ab Chur nach St. Moritz abfahren soll, fährt er um 12:00 Uhr ab. Wenn bei DB Fernverkehr ein Zug um 12:00 Uhr ein Zug von Stuttgart nach Frankfurt (Main) abfahren soll, fährt er um 12:47 Uhr ab - mit umgekehrter Wagenreihung, defektem Bistro und endet wegen weiterer Defekte heute bereits in Mannheim.