Darfs ein bisschen Schnee sein?
Tag 1
Leicht hinter Plan beginnt die Fahrt am Donnerstagnachmittag in Basel. Die als HVZ-Zusatz angehängten Einheitswagen am Zugschluss haben wir fast für uns allein. In Bern wird schnell umgestiegen, dann geht es weiter Richtung Visp. Doch kurz vor dem Lötschberg-Basistunnel die Durchsage: "Aufgrund einer technischen Störung an der Lok können wir den Tunnel nur mit verminderter Geschwindigkeit durchfahren. Daher erwarten wir eine Verspätung von circa vier Minuten. Wir bitten um Ihr Verständnis."
In Visp haben wir 6 min. Umsteigezeit und da wir wieder die Zusatzwagen am Zugschluss gewählt haben, können wir nicht zu einer taktisch günstigen Tür vorrücken. Gut, bei einem Halbstundentakt ist der Schaden nicht so groß. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass die Beschaffung des Abendessens bei Anschlussverlust schwierig wird, da um 20:00 Uhr alle Supermärkte schließen.
Mit +5 rollen wir in Visp ein, die Anschlüsse warten. Großes Gerenne bricht auf dem Bahnsteig aus. Wenig später springen wir in den Zug nach Zermatt und setzen unsere Fahrt leicht verspätet auf Schmalspur fort. Im Gegensatz zur Alpennordseite liegt hier enttäuschenderweise keine einzige Flocke Schnee. Offenbar ist der gesamte Schnee am Hauptkamm hängengeblieben.
Erwähnenswert ist, dass die Strecke nach Zermatt wie diverse andere Tal-Schmalspurbahnen nur abschnittsweise mit Zahnstange ausgestattet ist. Der größte Teil wird im Adhäsionsbetrieb zurückgelegt. Trotzdem bleibt die Reisegeschwindigkeit niedrig - für die 35 km benötigt der Zug planmäßig 1h 6 min. Sehr schade, dass es bereits dunkel ist und wir nichts erkennen können. Mit -2 geht die Fahrt in Zermatt zu Ende.
Wie vermutlich allgemein bekannt, ist Zermatt autofrei und zwar bereits seit 1931. Es scheint, als hätte man bereits damals gewisse drohende Entwicklungen vorhergesehen. Außerdem wurde das Autoverbot in zwei Referenden 1972 und 1986 bestätigt. Im Ort selbst fahren ausschließlich besonders kleine Elektrokarren sowie Elektrobusse auf zwei Routen mit maximal 20 km/h. Lediglich Ärzte und Rettungsfahrzeuge sind mit "normalen" Autos unterwegs. Die meisten Straßen sind so schmal, dass in der Regel keine Begegnung von zwei Elektrokarren möglich ist.
Dass wir von unserer Unterkunft einen Taxigutschein bekommen haben, stimmt uns ziemlich froh. Denn man kann kaum weiter weg vom Bahnhof wohnen als wir und so nutzen wir die Gelegenheit, auch gleich die Einkäufe auf diese Weise bequem bis vor die Haustüre transportiert zu bekommen.
Tag 2
Für den nächsten Tag hat uns die Wettervorhersage Sonne versprochen - mit diesem Blick aufzuwachen, ist natürlich fantastisch.
Da die Standseilbahn auf den Sunnegga entgegen der Informationen auf der Webseite nicht fährt, fällt die Wahl spontan aufs Gornergrat. Die Gornergratbahn fährt in der Vorsaison im 48-Minutentakt, teilweise verstärkt auf einen 24-Minuten-Takt. Nur wann, das bleibt Lotterie. Denn es gibt keine Möglichkeit, das herauszufinden.
https://www.yumpu.com/en/document/read/6595...lan-winterstart
In der Hauptsaison wird dann ganztägig Takt 24 gefahren, vormittags gibt es einige Bergfahrten ohne Zwischenhalt.
https://www.yumpu.com/de/document/read/6596...inter-2021-2022
Mit bis zu 200%o geht es bergauf - vom Viadukt Findelbach gibt es einen tollen Blick auf das Matterhorn.
Die Bergstation wird in gut 30 Minuten erreicht und liegt auf 3089 m.
Zusammen mit der Jungfraubahn ist die Gornergratbahn eine der wenigen Bahnen, die mit Drehstrom elektrifiziert sind und daher zwei Fahrleitungen aufweisen.
Vor perfekter Winterkulisse ist der nächste Zug bergwärts unterwegs - interessanterweise auf dem rechten Gleis, während in der Schweiz eigentlich Linksverkehr üblich ist.
Von der Aussichtsplattform aus schweift der Blick von einem Chinesen, der sich beim Seilspringen fotografieren lässt zu einem Japaner, der im Videocall das Matterhorn zeigt zum mächtigen Grenzgletscher, links die 4634 m hohe Dufourspitze
Immer wieder findet man diese Aufsteller an den schönsten Fotopunkten der Schweiz - ohne sie gezielt gesucht zu haben, bin ich in den letzten Monaten schon an einigen vorbeigekommen.
Beim Blick ins Tal scheint es fast so, als wäre unten gar kein Schnee, was zum Glück nicht ganz zutreffend ist. Mittig das Weisshorn, welch passender Name...
Spannend finde ich ja, dass sich während unseres Aufenthalts immer mal wieder einzelne Wolkenfetzen ins Tal verirrt haben.
Schneewandern mit Dauerblick aufs Matterhorn, während der Himmel von Westen zunehmend verschleiert
Blick zurück zum Gornergrat
Die tiefstehende Wintersonne zeichnet die Geländestruktur nach, während ein Bähnli vom Rotenboden bergwärts fährt