Woodpeckar @ 10 Oct 2011, 19:20 hat geschrieben: [...] ob sich der Staat und die Länder keine professionellen Politiker mehr leisten können oder wollen.
Ich glaube gerade das Gegenteil ist der Fall, die heutigen Politiker sind wesentlich "professioneller" als das die "Großen" wie Brandt, Schmidt, Wehner, in jüngeren Jahren Adenauer und mit einer gewissen perfidität betrachtet sogar Strauß waren. Diese Leute taten was sie für richtig hielten (bzw. obwohl sie wussten, dass es falsch/illegal/wahnsinnig ist). Auf die Schnauze geflogen sind sie letztendlich alle, mal mehr mal weniger selbst verschuldet.
Wir haben hier in meinen Augen vielmehr das Problem, dass ein gewisser Teil unserer Politiker eben verstanden hat wie die Masse tickt und das nun geflissentlich ausnutzt. Jeder Mensch mit Ahnung von der Materie weiß, dass eine Quellen-TKÜ für VoIP (sofern gesetzeskonform durchgeführt) nur dann nützlich ist, wenn der Beschuldigte so unvorsichtig ist z.B. Skype direkt am (verwanzten) PC zu nutzen - sobald er z.B. ein Smartphone über den WLAN Anschluss nutzt stoßen die Ermittlungsbehörden technisch an ihre Grenzen, wenn er das ganze noch verschlüsselt und z.B. über VPN im öffentlichen WLAN oder auch nur im Mobilfunknetz macht, dann sogar theoretisch. Jeder weiß, dass die Websperren keinen Zwölfjährigen mehr aufhalten, sie halten ja in deutlich schärferer Form halb China und Arabien nicht auf. Jeder weiß, dass die Vorratsdatenspeicherung mit minimalem Aufwand umgangen werden kann oder zumindest so verschleiert werden, dass die Daten de facto nutzlos sind. Wie gesagt, jeder, der sich mal eine halbe Stunde mit dem Thema befasst hat (alternativ: lesen kann und weiß wie Google zu benutzen ist).
Aber die Masse tut das eben nicht. Wenn Oma Erna in ihrem Klatschblatt was von Kinderpornographie im bösen "Internet" liest, dann ist ihre Meinung fix und unabänderbar. Der kannst du viel von P2P, Usenet, closed groups, usw. erzählen - sie will es nicht nur nicht verstehen, ihre Räson ist dann im Endeffekt "naja, wenns nur einem hilft, dann ist ja was gewonnen". Natürlich, wieso auch? Sie nutzt das Medium ja nicht, entsprechend interessiert sie es auch nicht.
Trucker Horst liest dann in der Bildzeitung, dass man durch die Vorratsdatenspeicherung Terroristen schnappen könne - klar ist der dafür, wer auch nicht? Er ist ja schließlich kein Terrorist... naja zumindest so lange nicht, wie die Strafverfolgungsbehörden das nicht glauben...
Wer kann sich denn noch an die Diskussion über die Schleierfahndung oder gar die Rasterfahndung erinnern (gut, für letzteres werden die meisten, incl. meiner Wenigkeit einfach zu jung sein)? Den "großen Lauschangriff" kennen die meisten doch nur noch namentlich.
Die Politiker wissen ganz genau, dass die diskutierten Mittel eigentlich gar niemanden an der Ausübung seiner Straftat hindern - der Terrorist der so dilettantisch agiert um sich damit erwischen zu lassen wäre vom letzten Dorfpolizisten 10 Meilen gegen den Wind erkannt worden - sofern er sich beim Basteln nicht schon vorher die Eier weggesprengt hätte. Man kann aber viel bessere Sachen damit machen, nämlich das ganze zu Zwecken der jeweiligen Lobby einsetzen, unliebsame Personen oder Meinungen aus der Öffentlichkeit verbannen oder besser noch diskreditieren und last but not least, als i-Tüpfelchen, mit Angst gewinnt man heutzutage auch Wahlen...
In gewisser Weise generalisiert ist es doch eigentlich schon immer so gewesen, dass jede Form des Betrugs (sei's nun finanziell oder politisch) immer dann am besten funktionierte, wenn es das Opfer mit sich machen ließ. Wieso also, sollte das plötzlich anders sein?
Provokant ausgedrückt: wir brauchen ein professionelleres Volk!