Armutszeugnis für Deutschland

Strecken und Fahrzeuge von DB Fernverkehr und anderen als DB Fernverkehr.
Antworten
Benutzeravatar
DSG Speisewagen
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3482
Registriert: 17 Mär 2014, 00:04

Beitrag von DSG Speisewagen »

218 466-1 @ 30 Dec 2015, 23:22 hat geschrieben: Erst ab 2000 mit dem Mehdorn-Einfluss ging es mit der DB bergab und die ÖBB konnte die "Oberhand" gewinnen.
Wobei die Auswirkungen nicht überall sofort eintreffen, denn gewisse Fehlentscheidungen in der Strategie wurden schon ab 1994 getroffen.
Es hat schon mit Dürr angefangen, der ist auch der eigentliche Totengräber des InterRegio, der eigentlich ein Erfolgskonzept war, zu erfolgreich in den Augen einiger. Danach wurde er systematisch zerstört und damit erst unwirtschaftlich.

Im Grunde kannst die alle in die Tonne stecken, nur Mehdorn war dann die Spitze des Eisberges, der halt genau die neoliberalen Wünsche nach Börse vorangetrieben hat.

Die ÖBB hatten eben den Vorteil dass die Privatisierung in Österreich nicht so extrem und mit so einem marktradikalen Kahlschlag vollzogen wurde. Österreich und die Schweiz haben auch den Vorteil dass dort die Autolobby nicht den Einfluss hat wie hier.

Die größte Fehlentscheidung an sich war die Privatisierung der Bundesbahn. Man hätte die Reichsbahn sofort 1990 auf die Bundesbahn verschmelzen sollen und dann die Bundesbahn reformieren, ohne eine Radikalprivatisierung. Es hätten Maßnahmen wie der Stopp der Verbeamtung gereicht und ansonsten ein Modell nach schweizer Vorbild wie sie zu Bundesbahnzeiten auch schon in ersten Schritten umgesetzt wurden, wie Übernahme von Strecken durch Landesbahnen oder kommunale öffentliche Bahngesellschaften.

Das beste Fernverkehrsnetz Europas hatten wir und das wurde mit der Reform systematisch zerstört.


Was bei der ÖBB seit jeher super ist, ist die Tatsache dass alle Loks miteinander kompatibel sind. Warum das bei uns nie in Erwägung gezogen wurde ist unverständlich, es gibt nichts besseres und flexibleres.
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
Fat Hippo
Tripel-Ass
Beiträge: 215
Registriert: 13 Mär 2014, 22:17

Beitrag von Fat Hippo »

Es ist einfach nur noch deprimierend. Heute von Hannover nach Villach gefahren. Hannover nach Augsburg mit IC und dann ab Augsburg mit EC. Der IC (Start in Hamburg) kam schon mit 15 Minuten Verspätung an. Bis Augsburg holte man dann ganze 4 Minuten auf. Zwei Wagen fehlten, Bordbistro so gut wie unbenutzbar, weil kein Wasser im Wagen, also auch keine warmen Speisen oder Kaffee. Ham' wer halt morgens um 10 Bier getrunken. Im Suff war's halbwegs erträglich.

Ansage zwei Minuten vor Einfahrt in Augsburg: Der EC kann leider nicht warten, dabei stand das Trum am Nachbar-Bahnsteig. Okay, ich habe es nur geschafft, weil ich mehrere Leute per Bodycheck aus dem Weg geräumt habe und bit praktisch mit dem Pfiff in den Wagen gejumpt, aber es ging. Problem: Der EC wurde mit einer DB-Garnitur gefahren - Tor 2 Zonk... Mehrere Toiletten kaputt, Bord Bistro nicht beliefert, also kein Bier, aber wenigstens gabs diesmal Kaffee, sonst wär ich wohl hackedicht gewesen in Villach.

Ich bin seit Dienstag gefahren: Villach -> München (ÖBB) -> Hannover (DB) -> Genthin (DB) [Silverster feiern mit Vaddern] -> Hannover (DB) -> Augsburg (DB) -> Villach (DB)

Die einzige Fahrt auf der es keine Probleme gab, war die ÖBB Fahrt von Villach nach München. Also, entweder bin ich der Welt unglücklichster Bahnfahrer oder DB hat ein systematisches Problem. Kann es vielleicht sein, dass unsere Bahn komplett am Arsch ist?
ropix
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14149
Registriert: 14 Apr 2004, 09:55
Wohnort: Überm großen Teich: Zumindest kann man mit der MVG gemütlich hinschippern
Kontaktdaten:

Beitrag von ropix »

Im gleichen Zeitraum hatte ich nur und ausschließlich mit den ÖBB ein massives Verspätungsproblem.

Naja, du hast halt eben mal wieder zwei Scheißverbindungen erwischt.

Ich kenne da jemanden, dem geht's genauso. Nur wenn ich mitfahre ist dieses Jahr die Bahn absolut püntklich, frisch bepackt und mit vollständiger Wagenzahl verkehrt. Bin ich aber nicht mitgefahren bin ich schonmal in die Pampas gefahren um die Gestrandete einzusammeln. Ich würde sagen, reiner Zufall.

Komplett im Arsch ist unsere Bahn allerdings nicht, sogar der heutige völlig überraschende unerwartete seltene Wintereinbruch (WAH, ich hab noch Sommerreifen aufgezogen) scheint nicht dazu geführt zu haben dass die Bahn gänzlich den Betrieb eingestellt hat!
-
Benutzeravatar
Michi Greger
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4104
Registriert: 06 Sep 2002, 22:06
Wohnort: mehrfach

Beitrag von Michi Greger »

ropix @ 4 Jan 2016, 00:33 hat geschrieben: Nur wenn ich mitfahre ist dieses Jahr die Bahn absolut püntklich, frisch bepackt und mit vollständiger Wagenzahl verkehrt.
Was in 4 Tagen auch noch keine Kunst ist. ;9 :P

Gruß Michi
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
Benutzeravatar
rautatie
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4519
Registriert: 07 Aug 2008, 09:30
Wohnort: München

Beitrag von rautatie »

Fat Hippo @ 3 Jan 2016, 23:49 hat geschrieben: Also, entweder bin ich der Welt unglücklichster Bahnfahrer oder DB hat ein systematisches Problem.
Zu den vom Pech verfolgten Bahnpassagieren scheine auch ich zu gehören (und auch mein Bekanntenkreis, soweit die Leute die Bahn benutzen). Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch genügend Fahrten ohne Störungen geben würde, aber die Störfälle treten schon recht häufig auf.

Allerdings könnte ich nicht behaupten, dass die ÖBB ein störungsfreier Wunderbetrieb wäre. Hier in München erlebe ich häufig, dass die aus Österreich kommenden EC-Züge mit Weiterfahrt nach Stuttgart "wegen verspäteter Übernahme aus dem Ausland" verspätet weiterfahren.
Wo ist das Problem?
Benutzeravatar
Iarn
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 24282
Registriert: 20 Jul 2007, 13:22

Beitrag von Iarn »

Das mit dem Widerspruch zwischen Statistik, die eigentlich relativ harmlos ist und dem eigenen Empfinden kenne ich auch,
Meine Theorie ist, dass die meisten schienengebundenen Verkehrsmittel zwar zu hohen Prozentzahl pünktlich sind, aber meist dann wenn es niemand bemerkt. Fährt zum Beispiel die U-Bahn 20 Stunden am Tag und jeden Morgen zwischen halb acht und halb neun ist Chaos, haben wir eine Pünktlichkeitsstatistik von 95% aber die meisten Berufspendler haben das Gefühl, es wäre dauernd was im Argen.
Hätte diesen Effekt in den Diskussionen mit Boris, dem ich nicht unterstellen würde, etwas zu beschönigen. Trotzdem hatten wir zwei Jahre lang völlig unterschiedliche subjektive Wahrnehmungen von der Stabilität des Betriebes der Münchner Linie U2.
Gleiches gilt wohl für viele Verkehrsmittel.
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
Nicht zu verwechseln mit der Populären Front
Fat Hippo
Tripel-Ass
Beiträge: 215
Registriert: 13 Mär 2014, 22:17

Beitrag von Fat Hippo »

rautatie @ 4 Jan 2016, 11:18 hat geschrieben:
Allerdings könnte ich nicht behaupten, dass die ÖBB ein störungsfreier Wunderbetrieb wäre. Hier in München erlebe ich häufig, dass die aus Österreich kommenden EC-Züge mit Weiterfahrt nach Stuttgart "wegen verspäteter Übernahme aus dem Ausland" verspätet weiterfahren.
Das behaupte ich ja auch nicht, aber subjektiv empfinde ich die ÖBB dann doch als etwas zuverlässiger.

Was die verspätete Übernahme aus dem Ausland angeht, da darf man ruhig mal hinterfragen, denn mindestens einmal hab' ich es schon erlebt, daß es die DB war, die das verursacht hat. Der Zug ist pünktlich in Salzburg eingefahren, aber die DB-Crew war noch nicht da und trotzdem hiess es dann, "verspätete Übernahme". Das ist die gleiche Schummelei, wie die berüchtigten "Verzögerungen im Betriebsablauf", was ja eigentlich nur ein Euphemismus für Verspätung.

"Heute ca. 10 Minuten später. Grund dafür ist eine Verspätung." :lol:

Mit systematischen Problemen meine ich aber eher den technischen Zustand der Fahrzeuge und die mangelnde Wartung.

Aber auch das Problem der Verspätungen ist mMn. hausgemacht. Die Fahrzeiten würden nun wirklich nicht ins Unermessliche steigen, wenn Halte 4, statt 2 Minuten lang wären. Dann kann man nämlich auch ein Rollstuhlfahrer ein/aus-laden, ohne daß gleich wieder 3-5 Minuten auf die Überziehungsuhr kommen. Hilft auch bei großem Passagieraufkommen, wo ja das Ein- und Aussteigen auch mal länger dauert als 2 Minuten. Meistens sogar...
Benutzeravatar
rautatie
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4519
Registriert: 07 Aug 2008, 09:30
Wohnort: München

Beitrag von rautatie »

Fat Hippo @ 4 Jan 2016, 12:59 hat geschrieben: Aber auch das Problem der Verspätungen ist mMn. hausgemacht. Die Fahrzeiten würden nun wirklich nicht ins Unermessliche steigen, wenn Halte 4, statt 2 Minuten lang wären.
Und wenn für viele Umsteigerelationen nicht nur 4 oder 5 Minuten Zeit fahrplanmäßige Umsteigezeit vorgesehen wären, sondern 15 oder 20 Minuten, dann wäre das für alle Beteiligten entspannter, und ein paar Minuten Verspätung würden nicht gleich den Anschluss gefährden.

Mir geht es inzwischen so: wenn ich in der Verbindungsübersicht was von einer Umsteigezeit 4 Minuten lese, dann ziehe ich die Verbindung normalerweise gar nicht in Betracht. Zu groß erscheint mir die Gefahr, wegen Anschlussverlusts auf irgendeinem Bahnhof zu stranden. Ausnahme: ich bin sowieso nicht unter Zeitdruck, das Wetter ist schön, und ich weiß, dass man im Notfall auch ein oder zwei entspannte Stunden in der Nähe des Umsteigebahnhofs verbringen kann.

Obwohl: manchmal bleibt einem gar nichts anderes übrig, z.B. Umsteigen im Regionalzugverkehr in Treuchtlingen, wenn man von München kommt und nach Würzburg weiter will. Da ist es beim Umsteigen immer knapp - da hat es allerdings glücklicherweise bisher aber bei mir immer geklappt.
Wo ist das Problem?
Benutzeravatar
autolos
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2040
Registriert: 26 Jul 2004, 14:08
Wohnort: Aschaffenburg

Beitrag von autolos »

Die Eisenbahn könnte viel pünktlicher und schneller sein, wenn jeder Zug seine eigene Strecke hätte, seinen eigenen Bahnhof, keine Kreuzungen existieren würden und auch die anderen Fahrgäste nicht wären. Mal im Ernst: Vieles läuft gerade nicht gut, aber die "Vorschläge" die hier so kommen, sind bar jeglichen Nachdenkens über die Systembedingungen runtergetippt.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Benutzeravatar
DSG Speisewagen
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3482
Registriert: 17 Mär 2014, 00:04

Beitrag von DSG Speisewagen »

Das Grundproblem ist und bleibt die betriebswirtschaftlich optimierte Eisenbahn durch die Privatisierungsorgien. Es gibt außer einer kleinen Minderheit die sich an Steuergeldern bereichern dabei keine Gewinner.
Das Netz wurde so ausgelegt dass es nur optimal funktioniert wenn alles läuft. Flexible Einrichtungen wie Ausweichgleise die nur im Störfall gebraucht werden, wurden längst abgebaut. Heute wird das Netz auf den realen Bedarf ausgerichtet, nur bei der kleinsten Störung zieht sich der Dominieffekt auf alle anderen Züge durch.
Da sind Karrieristen, BWLer und Controller am Werk, denen es nicht um eine Verbesserung der Zustände geht, sondern um die eigene Karriere und um Gewinnmaximierung, Kostenreduzierung und ob das Folgen hinterlässt ist einem der auch seine Oma verkaufen würde doch egal.

Wir hatten mit der Bundesbahn eine der besten Eisenbahnen der Welt. Hätte man sie nicht gegängelt (Sparzwang, Management aus bahnfeindlichen Lobbys, Wiederaufbauschulden, Pensionslasten) und für den Betrieb der Nebenbahnen auch wie heute bezahlt sowie moderat modernisiert (Abschaffung Beamtenstatus usw.), wäre hier weiterhin ein Vorbild für Eisenbahnen weltweit am Werk.
Das Problem war ja nicht die Bahn an sich, sondern der fehlende Rückhalt der Regierung, die fehlende finanzielle Ausstattung und die Aufbürdung von Lasten die eigentlich die Aufgabe anderer gewesen wäre (Autobahnbau bei der DRB, Pensionslasten bei der Bundesbahn).

So lange wir marktradikale Fantasien bei öffentlichen Hoheitsaufgaben wie Krankenhäuser oder eben hier die Eisenbahn fördern und verteidigen, wird sich nichts ändern. Da könnt ihr weiter jammern wie ihr wollt, es ist kein Fehler der Eisenbahnen, es ist ein Fehler der rechten Liberalisierungsfanatiker.
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
146225
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 17898
Registriert: 01 Apr 2007, 17:45
Wohnort: TH/EDG

Beitrag von 146225 »

rautatie @ 4 Jan 2016, 14:05 hat geschrieben: Und wenn für viele Umsteigerelationen nicht nur 4 oder 5 Minuten Zeit fahrplanmäßige Umsteigezeit vorgesehen wären, sondern 15 oder 20 Minuten, dann wäre das für alle Beteiligten entspannter, und ein paar Minuten Verspätung würden nicht gleich den Anschluss gefährden.

Mir geht es inzwischen so: wenn ich in der Verbindungsübersicht was von einer Umsteigezeit 4 Minuten lese, dann ziehe ich die Verbindung normalerweise gar nicht in Betracht. Zu groß erscheint mir die Gefahr, wegen Anschlussverlusts auf irgendeinem Bahnhof zu stranden. Ausnahme: ich bin sowieso nicht unter Zeitdruck, das Wetter ist schön, und ich weiß, dass man im Notfall auch ein oder zwei entspannte Stunden in der Nähe des Umsteigebahnhofs verbringen kann.

Obwohl: manchmal bleibt einem gar nichts anderes übrig, z.B. Umsteigen im Regionalzugverkehr in Treuchtlingen, wenn man von München kommt und nach Würzburg weiter will. Da ist es beim Umsteigen immer knapp - da hat es allerdings glücklicherweise bisher aber bei mir immer geklappt.
Prinzipiell mag ich es, wenn in Knoten keine zu langen Anschlüsse vorhanden sind, denn auf längeren Strecken mit 2,3,4 Umstiegen summiert sich das - da ist schnell mal eine Stunde Fahrzeit extra nur für Wartezeit beim Umsteigen drauf gegangen. Wenn ich irgendwo im Fahrplan feststellen muss, dass 15,20 oder noch mehr Minuten zu warten sind, kommt mir schnell ein Gedanke in Richtung des jeweiligen Aufgabenträgers (Nahverkehr) bzw. DB Fernverkehr: gewollt, aber nicht gekonnt. Gut, manchmal sind es dann halt einfach auch Dinge wie Ländergrenzen, wo z.B. der hessische Fahrplan nicht zu dem aus Baden-Württemberg passt, oder Brandenburg nicht zu Sachsen-Anhalt oder umgekehrt, konnte ja auch keiner ahnen, dass die komischen Beförderungsfälle mal einfach so das Bundesland wechseln wollen. Knappe Anschlüsse - im Idealfall irgendwo zwischen 5 und 10 Minuten Umsteigezeit - in Knoten haben also ihre absolute Daseinsberechtigung.

Ärgerlich ist das nur im Verspätungsfall, vor allem wenn der Anschluss wegen paar Minuten hin oder her verpasst wird. Komischerweise sieht diese spezielle Bilanz bei mir so schlecht gar nicht aus, die in Heilbronn vielfach bejammerten Klassiker "RE auf ICE / ICE auf RE" in Würzburg Hbf und/oder Mannheim Hbf klappen bei mir eigentlich in 99 von 100 Umstiegen schmerzfrei, das einzige wo es bei mir manchmal hängt ist mit dem IC von Nürnberg kommend in Crailsheim noch den WFB-RE nach Heilbronn zu bekommen, das ging (nur in dieser Richtung) schon 2-3 mal schief. Doch meistens wenn bei mir mal ein Anschluss platzt ist dann "richtig" was geboten, sprich der "schuldhafte" Zug in der Reisekette hat dann jenseits von +30 oder fällt gleich ganz aus.

Gegenmittel sollte m.E. nicht unbedingt in jedem Fall die Fahr- und Wartezeitverlängerung sein, sondern neben der nachhaltigen Bekämpfung der üblichen Probleme wie Material- und Personalmangel (kommt z.B. bei anstehenden Kurzwenden immer gut, dann schleppt der Zug seine Verspätung aus der Früh noch am Nachmittag durch die Lande) vielleicht auch wieder die Rückverlagerung der Entscheidung "Anschluss wird abgewartet" an die Eisenbahner vor Ort (okay, ich weiß, diese Spezies ist vom Aussterben bedroht) sein, die für sich entscheiden "warten ja/nein" - das würde manchmal helfen, wegen 1-2 Minuten hin oder her geplatzte Anschlüsse doch noch zu sichern. Außerdem muss ich hier erneut einer Flexibilisierung des Tarifs das Wort reden - wenn der Fahrgast von vorne herein weiß, dass er ohne "Sorgen" ggf. auch eine andere Strecke/eine andere Zuggattung nutzen kann, ist manchesmal schneller geholfen wie mit unterwegs "auf Antrag" aufgehobener Zugbindung und der nachträglichen Erstattung angefallener Aufpreise.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
Benutzeravatar
rautatie
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4519
Registriert: 07 Aug 2008, 09:30
Wohnort: München

Beitrag von rautatie »

autolos @ 4 Jan 2016, 16:42 hat geschrieben: Mal im Ernst: Vieles läuft gerade nicht gut, aber die "Vorschläge" die hier so kommen, sind bar jeglichen Nachdenkens über die Systembedingungen runtergetippt.
Das heißt also, der Vorschlag mit den längeren Umsteigezeiten ist völliger Humbug? Was ist dann mit denjenigen Fällen, wo die Umsteigeverbindungen genau so gestaltet sind (z.B. bei der SOB in Mühldorf)? Macht man es dort falsch, und man muss die lange Umsteigezeit von etwa 15 bis 20 Minuten in Anführungszeichen setzen, um sie als lächerliche Fehlplanung ahnungsloser Laien kenntlich zu machen?
Wo ist das Problem?
Benutzeravatar
autolos
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2040
Registriert: 26 Jul 2004, 14:08
Wohnort: Aschaffenburg

Beitrag von autolos »

rautatie @ 4 Jan 2016, 16:59 hat geschrieben: Das heißt also, der Vorschlag mit den längeren Umsteigezeiten ist völliger Humbug? Was ist dann mit denjenigen Fällen, wo die Umsteigeverbindungen genau so gestaltet sind (z.B. bei der SOB in Mühldorf)? Macht man es dort falsch, und man muss die lange Umsteigezeit von etwa 15 bis 20 Minuten in Anführungszeichen setzen, um sie als lächerliche Fehlplanung ahnungsloser Laien kenntlich zu machen?
Bei Knotenpunkten, wie z.B. Mannheim, Mühldorf, Würzburg, bestehen immer mehrere Anschlüsse gleichzeitig, auch über Kreuz. Weiterhin benutzen einige Züge in Knotennähe dieselben Gleise. Dies macht es eigentlich immer nötig, auch knappe Anschlüsse anzubieten. Ein beidseitiger 15 Minutenübergang zwischen zwei ICE-Linien (bspw. in Würzburg oder Mannheim), würde für die betroffenen Linien Aufenthaltszeiten von über 15 Minuten erfordern, was schlicht Blödsinn wäre. Derartige Anschlüsse gibt es aber zuhauf!
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Benutzeravatar
rautatie
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4519
Registriert: 07 Aug 2008, 09:30
Wohnort: München

Beitrag von rautatie »

autolos @ 4 Jan 2016, 17:51 hat geschrieben: Bei Knotenpunkten, wie z.B. Mannheim, Mühldorf, Würzburg, bestehen immer mehrere Anschlüsse gleichzeitig, auch über Kreuz. Weiterhin benutzen einige Züge in Knotennähe dieselben Gleise. Dies macht es eigentlich immer nötig, auch knappe Anschlüsse anzubieten. Ein beidseitiger 15 Minutenübergang zwischen zwei ICE-Linien (bspw. in Würzburg oder Mannheim), würde für die betroffenen Linien Aufenthaltszeiten von über 15 Minuten erfordern, was schlicht Blödsinn wäre. Derartige Anschlüsse gibt es aber zuhauf!
Liest sich fast so, als ob es schlicht keine präventive Lösung für Anschlussverlustprobleme geben könnte: längere Umsteigezeiten sind "schlicht Blödsinn", und aufeinander im Verspätungsfall warten ist sicherlich auch hanebüchener Unsinn. Somit bleibt nur Zittern und Hoffen und ggf Verpassen des Anschlusses...
Wo ist das Problem?
Benutzeravatar
autolos
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2040
Registriert: 26 Jul 2004, 14:08
Wohnort: Aschaffenburg

Beitrag von autolos »

rautatie @ 4 Jan 2016, 17:58 hat geschrieben: Liest sich fast so, als ob es schlicht keine präventive Lösung für Anschlussverlustprobleme geben könnte: längere Umsteigezeiten sind "schlicht Blödsinn", und aufeinander im Verspätungsfall warten ist sicherlich auch hanebüchener Unsinn. Somit bleibt nur Zittern und Hoffen und ggf Verpassen des Anschlusses...
Du hast sinnentstellend zitiert: Es ist schlicht Blödsinn, Züge (z.B. ICE) an allen Umsteigebahnhöfen 15 oder mehr Minuten stehen zu lassen, nur um Umsteigezeiten von 15 Minuten zu ermöglichen.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Benutzeravatar
DSG Speisewagen
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3482
Registriert: 17 Mär 2014, 00:04

Beitrag von DSG Speisewagen »

Ein genereller 30-Minuten-Takt würde Abhilfe schaffen, dann braucht kein Zug mehr Anschlüsse abwarten und der Dominoeffekt wird reduziert dass ein Zug mit Verspätung wie eine Perlenkette dutzende andere mitreißt.
Maximal 30 Minuten warten (in der Realität dann ja weit weniger) sind ja noch zumutbar, denn der Nutzen für die Masse ist höher.
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
Urmel

Beitrag von Urmel »

DSG Speisewagen @ 30 Dec 2015, 23:15 hat geschrieben: Die größte Fehlentscheidung an sich war die Privatisierung der Bundesbahn.
Leider gab es nie eine Privatisierung der Bundesbahn. Eine Privatisierung ist etwas anderes als die Rechtsform von einem "Sondervermögen des Bundes" in eine Aktiengesellschaft des Bundes zu ändern. Beides ist und war Bundesvermögen. Und schon damals gab es einen Bahnvorstand. Der aber, da "die Bundesbahn" in der Bevölkerung als staatliche Behörde wahrgenommen wurde, politisch sehr eng an die Bundesregierung gebunden war. Der Bundesverkehrsminister war damals sozusagen auch gleichzeitig der "Bundesbahnminister".

Die "nicht wirklich Privatisierung", also Änderung der Rechtsform von der Sonder-Gesellschaftsform "Sondervermögen des Bundes" in die Standard-Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft hat aber dazu geführt, dass diese Bahn alle negativen Dinge aus der Behördenära, die es ja durchaus reichlich gab, mitgenommen hat. Extrem verworrene Strukturen und fehlende Zuständigkeiten ("es fühlt sich keiner verantwortlich"), bis hin zu altbackenen Arbeitsvorgängen mit überladenen, behördenmäßigen Formularen auf Recyclingpapier statt modernster IT. Die Stellwerke stammen teilweise noch aus Kaisers Zeiten und die EDV in der Betriebstechnik ist vielfach älter als der Mitarbeiter der sie bedient. Man hat also die "Agilität" einer Behörde behalten, aber deren positive Eigenschaften, wie die Orientierung am Gemeinwohl und Flächenversorgung oder auch behördliche Zuverlässigkeit ("lieber langsam, dafür aber ordentlich") fallen gelassen.

Dazu war das ganze einfach ein Feigenblatt für ein gigantisches Streichprogramm. Schau dir an, was an Belegschaft abgebaut wurde. Schau dir an, wie man Strecken zurückgebaut hat und das verbliebene Netz langsam verfallen lässt. Und eigenwirtschaftlich macht die Bahn jenseits des FV eh nichts mehr, man lässt sich das unternehmerische Risiko ganz vom Steuerzahler tragen, über die Regionalisierungsmittel zahlt also der Bund dem eigenen Bundesunternehmen Subventionen. Dann hätte man es halt gleich beim Bund gelassen und man hätte sich mit der ganzen Charade auch jede Menge Kosten für die damit verbundene Bürokratie (Ausschreibung, Aufteilung in Regionalgesellschaften, etc.) gespart.

Auch hier hat man nur die Nachteile einer Scheinprivatisierung, ohne aber die Vorteile einer echten Privatisierung: echter Wettbewerb, der ein Qualitäts- und Leistungswettbewerb ist und nicht durch engste Vorgaben der Ausschreibungen nicht mehr existiert - im Regionalverkehr sind die EVU ja tatsächlich auf eine Rolle von Subunternehmer, die Werkverträge nach genauer Anweisung durchführen, reduziert worden und die Ausschreibungen somit ein reiner Dumpingwettbewerb um den niedrigsten Preis (Qualitätswettbewerb ist ausdrücklich nicht vorgesehen - würde ein Teilnetz nach Qualitätsgesichtspunkten vergeben und nicht nach dem "wirtschaftlichsten Angebot", dann könnten alle Unterlegenen diese Vergabe erfolgreich gerichtlich anfechten, die Politik wollte das so!). Letztlich auch hier nur mit dem Zweck die eierlegende Wollmilchsau zu schaffen, mit weniger Geld mehr Regionalverkehr auf die Schiene zu bringen und dann wundern wir uns, wenn das in der Praxis nicht funktioniert...


Und Politiker wie Kohl, Schröder und Merkel sind sicher auch ganz glücklich mit dem Bahnvorstand nun hochbezahlte "Sündenböcke" zu haben, die sich das entsprechend gefallen lassen, während zuvor der Bundesbahnminister Rede und Antwort stehen musste und somit alle Defizite bei der Bundesbahn auch immer einen Schatten auf die jeweilige Bundesregierung, den Kanzler, warfen. Und so wie wir Mutti kennen mag sie nur eine Sache weniger, als wenn über politische Alternativen diskutiert wird: Verantwortung zu zeigen und eine klare Position zu vertreten. Man ist in Berlin mit Sicherheit sehr glücklich über diese Arbeitsteilung in Exekution des Kaputtsparens durch das formal eigenständige Bahnmanagement, während natürlich der Eigentümer direkt aber auch mittelbar über Rahmengesetze und Förderpolitik de facto weiterhin die Eisenbahnpolitik bestimmt, wie schon zu Bundesbahnzeiten. Dennoch stellt die Öffentlichkeit nicht mehr die Frage nach politischer Verantwortlichkeit wenn bei der Bahn mal wieder die Hütte brennt. Ist doch ein Traum für jeden Kanzler! Wieso sollte das irgend ein Bundespolitiker ändern wollen? Weiter die volle Kontrolle über das Riesenreich der DB, wo man auch mal gezielt Posten besetzen kann um in Ungnade gefallenes Personal gut versorgt unterzubringen (vgl. Herr P. der per Presseauftritt die NSA Affäre für beendet erklären wollte, entsprechend in Ungnade fiel und dann zur Bahn "wegbefördert" wurde) und wenn Lieschen Müller an der Bahn rumnörgelt kann auch der Bundesverkehrsminister öffentlichkeitswirksam Bahnschelte üben, weil die Bahn ja formal eigenständig sei und er gar nicht zuständig (er ist zwar Bundesverkehrsminister und "Hauptversammlung" der DB AB in Personalunion, aber hey, wer will denn kleinlich sein und ihn deswegen für den Zustand der Bundeseisenbahnen verantwortlich machen...).

An die Börse wollte man die Bahn übrigens nie bringen, für mich war das schlicht die Unwahrheit, man hat aber einfach lieber vermeintliche Zwänge und eine vermeintliche "Modernisierung" der Bahn zur Begründung für das genannte Streichkonzert genommen, als simpel zu sagen "wir betreiben jetzt neoliberale Politik und da passt günstige, flächendeckende Mobilität für die Massen halt nicht rein, die Leute sollen Flugzeuge benutzen und Autos kaufen, nicht mit der umweltfreundlichen und bequemen Eisenbahn günstig von A nach B reisen". Schau dir den Stellenwert der Automobilindustrie in Deutschland an und sag mir, ob das eine Verschwörungstheorie ist oder die Eisenbahn in Deutschland nicht politisch gezielt - naja - kaputtgeritten wurde. Der Börsengang war übrigens schon deshalb schlicht nicht möglich, weil das Grundgesetz besagt:

Art. 87e III, IV:

"[Die Eisenbahnen des Bundes] stehen im Eigentum des Bundes, soweit die Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen umfaßt [...] die Mehrheit der Anteile an diesen Unternehmen verbleibt beim Bund.[...]
Der Bund gewährleistet, daß dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz [...]"

Mit dieser engen grundgesetzlichen Bindung der Eisenbahnen des Bundes ist eine echte Privatisierung, wie man die sonst versteht (der Staat verkauft etwas nach und nach, bis es komplett Privatleuten und Investoren gehört) ebenso wenig vereinbar, wie mit der damit verbundenen Profitorientierung, die natürlich jeder Investor verlangt, wenn er Anteile von der Bahn erwerben würde. De facto ist eine Privatisierung der Bahn mit dem Grundgesetz nicht möglich - der Gesetzgeber hat das so formuliert und damit zum Ausdrück gebracht, dass er eigentlich auch gar keine Privatisierung will. Das soll nur als Feigenblatt für politische Verantwortungslosigkeit oder auch wahlweise als Druckmittel für die Belegschaft und Bürger dienen, nach dem Motto "Was wollt ihr eigentlich, seid doch froh, dass die Bahn noch nicht an der Börse ist" (und Eisenbahnfreunde werten das dann schon als Teilerfolg und mucken nicht weiter gegen die sukzessive Zerstörung des deutschen Eisenbahnwesens auf, wie der Frosch im Wasser, welches man langsam erhitzt).
Benutzeravatar
DSG Speisewagen
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3482
Registriert: 17 Mär 2014, 00:04

Beitrag von DSG Speisewagen »

Interessant übrigens heute der Lok-Report-Artikel wonach die britischen Eisenbahner dort immer noch zu den Verlierern der Privatisierungsorgie gehören. Massive Preiserhöhungen und das Personal hat nichts davon.
Man kann nur hoffen dass der Politiker der Labour anführen soll (Name ist mir jetzt entfallen) seine Versprechen umsetzen kann, wenn er mal dran ist, dass British Rail zurückkommt und man die Eisenbahn wieder verstaatlicht.
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
Urmel

Beitrag von Urmel »

DSG Speisewagen @ 4 Jan 2016, 19:33 hat geschrieben: Interessant übrigens heute der Lok-Report-Artikel wonach die britischen Eisenbahner dort immer noch zu den Verlierern der Privatisierungsorgie gehören. Massive Preiserhöhungen und das Personal hat nichts davon.
Man kann nur hoffen dass der Politiker der Labour anführen soll (Name ist mir jetzt entfallen) seine Versprechen umsetzen kann, wenn er mal dran ist, dass British Rail zurückkommt und man die Eisenbahn wieder verstaatlicht.
Das ist relativ populistisch. Denn anders als in Deutschland gibt es in UK eine Trennung von Netz und Betrieb. Das Netz ist in der Hand der Infrastrukturgesellschaft Network Rail, die das Netz ohne Gewinnerzielungsabsicht zum Selbstkostenpreis betreibt und Konzessionen vergibt. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Network_Rail

Lediglich der Betrieb wurde liberalisiert und für den Wettbewerb freigegeben, also der konkrete Fahrbetrieb. Ähnlich wie bei uns im Regionalverkehr wird er ausgeschrieben und vergeben. Was in Großbritannien nicht richtig funktioniert bzw. nie richtig funktioniert hat war dieses Ausschreibungssystem. Dort ist herrscht das andere extrem, wer eine Ausschreibung gewinnt kann mehr oder minder machen was er will (also der Gegenentwurf zu den sehr detailierten Ausschreibungen und detailiertest festgelegten Leistungen und Finanzplänen bei unseren Regionalausschreibungen). Und Großbritannien ist daher zum Eldorado für Investoren geworden, die das schnelle Pfund machen wollen. Überhöhte Preise, kurzsichtige Unternehmensführung auf dem Rücken von Beschäftigten und der Zuverlässigkeit, haarsträubende Fuhrparks. Das Netz selbst ist aber zB in einem deutlich besseren Zustand als jenes in Deutschland inzwischen ist und zusätzlich investiert Network Rail kräftig, siehe Crossrail, dieses 18 Mrd. € Ausbauprojekt für den Großraum London wird von Network Rail, den Verkehrsbetrieben der Stadt London und dem Betreiber des Flughafens Heathrow (also lauter öffentlichen Unternehmen) in Kooperation finanziert. Die Metropolregion Rhein/Ruhr hat zB mehr Einwohner als Greater London und reichlich Defizite beim Schienenverkehr. Aber kannst du dir solch einen Kraftakt durch die DB im Ruhrgebiet vorstellen? Mir fehlt dazu die Fantasie. Die DB verwaltet bzgl. Infrastruktur nur noch Mangel und Verfall.

Die Briten sind also in einer vergleichsweise komfortableren Lage. Den Fahrbetrieb kann man nämlich wesentlich einfacher reformieren als unsere kaputtgesparte Infrastruktur. Neue Fahrzeuge sind recht schnell beschafft, neues Personal recht schnell angeheuert.. alles kein Jahrhundertprojekt, wenn die Weichen entsprechend gestellt werden. Selbst die Bahnoberen der DB räumen offiziell einen Sanierungsstau von 30 Milliarden Euro ein, siehe http://www.ingenieur.de/Themen/Bus-Bahn/De...muessen-saniert

Den baut man nicht innerhalb von wenigen Jahren ab, selbst wenn das Geld dafür da wäre, zigtausende Fachkräfte, die das machen sollen, zauberst du nicht über Nacht aus dem Hut und die können sich ja nicht nur noch um den bisherigen Sanierungsstau kümmern und die bisher übliche Instandhaltung ignorieren, sonst entsteht gleich der nächste Sanierungsstau. Und die offiziell eingeräumten 30 Milliarden € dürfen wohl mit einem dicken "plus X" versehen werden. Wie vergleichsweise einfacher Änderungen im Fahrbetrieb sind siehst du im Regionalverkehr, wenn Regionalnetze den Betreiber wechseln. Mit dem kleinen Finger macht man das auch nicht, aber es ist alles in allem vergleichsweise einfach. Wenn aber die Infrastruktur kaputt ist, dann hast du ein Substanzproblem. Wir haben bei der deutschen Eisenbahn ein Substanzproblem!
143
König
Beiträge: 915
Registriert: 18 Jul 2010, 09:18

Beitrag von 143 »

Urmel @ 4 Jan 2016, 20:54 hat geschrieben: Den baut man nicht innerhalb von wenigen Jahren ab, selbst wenn das Geld dafür da wäre, zigtausende Fachkräfte, die das machen sollen, zauberst du nicht über Nacht aus dem Hut
Ich dachte es kämen gerade zigtausende Fachkräfte übers Mittelmeer?
Benutzeravatar
DSG Speisewagen
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3482
Registriert: 17 Mär 2014, 00:04

Beitrag von DSG Speisewagen »

Network Rail wurde erst wieder verstaatlicht nachdem man das Netz total runtergewirtschaftet hat und das was First, Arriva und die ganzen Dandler da fahren mit ihren Wucherpreisen könnte eine neue British Rail auch nach den gleichen Vorgaben, aber mit ganz anderen Sozialstandards und aus einem Guss, ohne dieses menschenverachtende Outsourcing.
Es gibt da einen schönen Film über die Privatisierung der britischen Eisenbahn, der Name fällt mir jetzt nicht ein, bei dem es um Gleisbauarbeiter geht. Ein gutes Beispiel.

Die Arbeitnehmer sind immer Verlierer solcher Aktionen, es gewinnen nur die Anteilseigner die sich eine goldene Nase mit Staatsgeldern verdienen.
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
Valentin
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3302
Registriert: 31 Mai 2015, 17:41

Beitrag von Valentin »

DSG Speisewagen @ 4 Jan 2016, 21:59 hat geschrieben:Network Rail wurde erst wieder verstaatlicht nachdem man das Netz total runtergewirtschaftet hat und das was First, Arriva und die ganzen Dandler da fahren mit ihren Wucherpreisen könnte eine neue British Rail auch nach den gleichen Vorgaben, aber mit ganz anderen Sozialstandards und aus einem Guss, ohne dieses menschenverachtende Outsourcing.
Es gibt da einen schönen Film über die Privatisierung der britischen Eisenbahn, der Name fällt mir jetzt nicht ein, bei dem es um Gleisbauarbeiter geht. Ein gutes Beispiel.

Die Arbeitnehmer sind immer Verlierer solcher Aktionen, es gewinnen nur die Anteilseigner die sich eine goldene Nase mit Staatsgeldern verdienen.
Der Name des gesuchten Kinofilms ist "The Navigators".

http://www.cinema.de/film/the-navigators,1329306.html

Die Originalfassung ist sehr zu empfehlen - Untertitel sind bei dem Dialekt allerdings hilfreich. ;)
Ohne Fleiß kein Gleis (WL)
Benutzeravatar
218 466-1
"Lebende Forenlegende"
Beiträge: 7959
Registriert: 02 Aug 2010, 15:13
Wohnort: Red Bank NJ, ex-Ingolstadt

Beitrag von 218 466-1 »

autolos @ 4 Jan 2016, 18:38 hat geschrieben: Es ist schlicht Blödsinn, Züge (z.B. ICE) an allen Umsteigebahnhöfen 15 oder mehr Minuten stehen zu lassen, nur um Umsteigezeiten von 15 Minuten zu ermöglichen.
Wozu 15 Minute stehen? Besser wäre es, wenn z.B. Linie 1 zu vollen Stunde und Linie 2 zur halben Stunde fährt, statt beide Linien zusammen mit nur wenigen Minuten Übergang.
Dann wartet man halt immer bis zu 30 Minuten, aber die Anschlüsse werden erreicht.
Bei 30 Min. Takt kann man dann die Übergänge mit Minute 15/45 Linie 1 und Minute 00/30 Linie 2 verkürzen.
Keine Alternative zum Transrapid MUC
Bild
Cloakmaster
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 10140
Registriert: 25 Jan 2004, 17:09

Beitrag von Cloakmaster »

Man könnte cih die ICE Linie 1 zu Minute 00 und 30, und die ICE Linie 2 zu Minute 15 und 45 fahren lassen. Macht vor allem Sinn, wenn 1 und 2 teilweise die gleiche Route bedienen.
Benutzeravatar
autolos
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2040
Registriert: 26 Jul 2004, 14:08
Wohnort: Aschaffenburg

Beitrag von autolos »

218 466-1 @ 5 Jan 2016, 00:03 hat geschrieben: Wozu 15 Minute stehen? Besser wäre es, wenn z.B. Linie 1 zu vollen Stunde und Linie 2 zur halben Stunde fährt, statt beide Linien zusammen mit nur wenigen Minuten Übergang.
Dann wartet man halt immer bis zu 30 Minuten, aber die Anschlüsse werden erreicht.
Bei 30 Min. Takt kann man dann die Übergänge mit Minute 15/45 Linie 1 und Minute 00/30 Linie 2 verkürzen.
Wie gesagt, nicht nachgedacht: Es gibt ja nicht nur den Übergang zwischen den beiden Linien, wobei 30 Minuten Übergang schon unverschämt wären, sondern auch um die Übergänge zu anderen stündlichen Linien. Dabei wird es immer einzelne knappe und einzelne extrem großzügige Umsteigezeiten geben, unvermeidlich!
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Markus
Haudegen
Beiträge: 692
Registriert: 07 Dez 2006, 14:38

Beitrag von Markus »

Ich finde, man kann nicht alles Dürr und Mehdorn anlasten. Die Vorgaben kommen von den jeweiligen Bundesregierungen. Dürr hatte die Aufgabe, aus der Behörde Bundesbahn ein privatwirtschaftliches Unternehmen zu machen, dass Gewinne machen sollte und musste beide Staatsbahnen zusammenführen. Und Mehdorn hatte die Aufgabe, die DB AG an die Börse zu bringen. Nun, die Ergebnisse kennen wir. Dass wir die jetzige Situation haben, hängt aus meiner Sicht auch damit zusammen, dass die Bahnreform nicht vollständig durchgeführt wurde. Sie ist irgendwo auf halber Strecke stehen geblieben. Ein weiter wie bisher, ist ziemlich unbefriedigend. Um ehrlich zu sein, ich halte auch ein Zurückdrehen der Bahnreform für ausgeschlossenen.
Österreich und die Schweiz haben insgesamt eine bessere Eisenbahnverkehrspolitik gemacht.

Bei der jetzigen Bundesregierung hat Verkehrspolitik absolut keine Priorität. Vor 2018 wird sich deshalb gar nichts ändern, weder bei der Bahn, noch im Flug- oder Straßenverkehr.

Im Juni bin ich mit meiner Frau 1. Klasse in einem ÖBB-EC von München nach Venedig und zurück gefahren. Mit der Bahnfahrt war insgesamt sehr zufrieden, aber ich muss auch sagen, dass ich die DB 1. Klasse für etwas besser empfinde.
Benutzeravatar
218 466-1
"Lebende Forenlegende"
Beiträge: 7959
Registriert: 02 Aug 2010, 15:13
Wohnort: Red Bank NJ, ex-Ingolstadt

Beitrag von 218 466-1 »

autolos @ 5 Jan 2016, 00:54 hat geschrieben: Wie gesagt, nicht nachgedacht: Es gibt ja nicht nur den Übergang zwischen den beiden Linien, wobei 30 Minuten Übergang schon unverschämt wären, sondern auch um die Übergänge zu anderen stündlichen Linien. Dabei wird es immer einzelne knappe und einzelne extrem großzügige Umsteigezeiten geben, unvermeidlich!
Wenn es noch Linie 3, 4, 5, 6 ... an einem Bahnhof gibt, dann müssen die halt auch noch weiter verteilt werden.

Dann reicht trotzdem theoretisch ein einziger Bahnsteig mit zwei Gleisen, an dem ggf. alle 5 oder 10 (je nach Zugdichte) Minuten eine Begegnung/Kreuzung der Züge der jeweils gleichen Linie stattfindet, dann die nächste Linie usw. Umsteiger warten 15-30 Minuten bis die Linie der passenden Richtung zur Weiterfahrt kommt.

Nie so, dass ein Anschlusszug schon vorher da steht, sondern immer schön der Reihe nach.
Keine Alternative zum Transrapid MUC
Bild
Benutzeravatar
TramBahnFreak
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12459
Registriert: 02 Okt 2009, 16:28
Wohnort: Da drüben, gleich da hinter'm Wellblechzaun

Beitrag von TramBahnFreak »

Und wenn ein Zug mal etwas Verspätung mitbringt, kannst du ungefähr so flexibel reagieren wie auf der Münchner Stammstrecke... :rolleyes:
Benutzeravatar
218 466-1
"Lebende Forenlegende"
Beiträge: 7959
Registriert: 02 Aug 2010, 15:13
Wohnort: Red Bank NJ, ex-Ingolstadt

Beitrag von 218 466-1 »

TramBahnFreak @ 5 Jan 2016, 02:05 hat geschrieben:Und wenn ein Zug mal etwas Verspätung mitbringt, kannst du ungefähr so flexibel reagieren wie auf der Münchner Stammstrecke... :rolleyes:
DB Bahn und Verspätung? :huh: Niemals! :ph34r: :lol: :P
Keine Alternative zum Transrapid MUC
Bild
Benutzeravatar
autolos
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2040
Registriert: 26 Jul 2004, 14:08
Wohnort: Aschaffenburg

Beitrag von autolos »

218 466-1 @ 5 Jan 2016, 01:54 hat geschrieben: Wenn es noch Linie 3, 4, 5, 6 ... an einem Bahnhof gibt, dann müssen die halt auch noch weiter verteilt werden.

Dann reicht trotzdem theoretisch ein einziger Bahnsteig mit zwei Gleisen, an dem ggf. alle 5 oder 10 (je nach Zugdichte) Minuten eine Begegnung/Kreuzung der Züge der jeweils gleichen Linie stattfindet, dann die nächste Linie usw. Umsteiger warten 15-30 Minuten bis die Linie der passenden Richtung zur Weiterfahrt kommt.

Nie so, dass ein Anschlusszug schon vorher da steht, sondern immer schön der Reihe nach.
Ach, so, in deiner. Welt steigt man immer nur von Linie 1 nach 2 ff um , nie aus den anderen in die Linie 1. Praktische Welt, aber in meiner Welt ist es dummerweise anders.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Antworten