eherl2000 @ 26 Nov 2012, 15:41 hat geschrieben: Auch Du bist einmal in einem "Schrazenbomber" gesessen. Sei um jedes Kind froh, es ist einer mehr, der Deine Rente zahlt. Sicher übertreiben es einige Zeitgenossen(innen), indem sie glauben, alles muss nach ihrer Pfeife tanzen und die U- oder S-bahn muss natürlich auf sie warten, denn sie haben ja ein Kind.
Man kann durchaus mit einem Kinderwagen die Rolltreppen benutzen, ohne ein großes Verkehrshindernis zu sein. Und was macht man dann, wenn der Lift nicht geht? Zu Fuß gehen?
Also sind wir doch so kinderfreundlich und regen uns, wenn es schon sein muss, über etwas anderes auf. Aber Kinderfreundlichkeit ist ja leider in unserer Zeit Luxus. Offensichtlich sind manche Erwachsene schon als Erwachsene auf die Welt gekommen
Die Antwort ist ja fast reflexhaft (vor allen Dingen hört man immer die gleichen Phrasen, normalerweise sind da 5€ fällig), allerdings habe ich 90% deiner Vorwürfe auch so nicht geschrieben.
1. Natürlich kommt man an einem Kinderwagen vorbei, WENN es a) nicht einer dieser Schwertransporter mit Überbreite ist und b) die Person sich auch nicht mittig auf der Rolltreppe platziert. Erfordert halt mal mitdenken...
Darum ging es aber nicht, primär gehts darum, dass es nicht zulässig weil gefährlich ist. Ich darf auch nicht mit 120 Sachen durch die Ortschaft ballern - liegt jetzt nicht in erster Linie daran, dass es laut ist, Sprit frisst und einfach unnötig ist, weil 50km/h auch langen, usw. sondern schlicht und ergreifend daran, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass ich jemandem zamfahre.
2. Ich habe doch geschrieben, dass ich auch nicht der Meinung bin, dass im Falle eines defekten Aufzugs die nächste U-Bahnstation aufzusuchen ist.
3. Was hat das mit "Kinderfreundlichkeit" bzw. dem Fehlen dieser zu tun? Hier gehts um Eltern, nicht um Kinder. Das Kind kann natürlich nichts dafür, es ist aber auch keine Entschuldigung für ungebührliches Verhalten der Eltern - das gewisse "Belästigungen" der Allgemeinheit unvermeidbar sind (und dazu gehört eben auch Kinderwagen auf Rolltreppen wenn der Lift defekt ist) ist ja unstrittig. Kinderfreundlichkeit ist auch kein Luxus, man darf es halt nicht als solches auslegen, dass man alleine ob der Existenz von Nachwuchs "Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei" Karten austeilst, denn das ist es einfach nicht, auch und gerade nicht in anderen Ländern wie z.B. Frankreich, die ja als besonders kinderfreundlich gelten.
Der Unterschied dabei ist, dass man in Frankreich eher die Tendenz hat bewusst mit Kind durch die Umwelt zu gehen: geh mal in Frankreich in ein Restaurant, da hast du die doppelte Anzahl an Kindern aber nur ein Zehntel des Lärms: Warum? Ganz einfach, wenn der dreijährige Sohn jaulend und kreischend durchs Restaurant rast, dann macht er das genau ein mal, der Anpfiff hat dann Haken und Ösen. Kannst du hier lange drauf warten... musst schon froh sein, wenn die Mutter das zweite Kind nicht zum Spielen am Ausschank hinterherschickt... Natürlich ist das pauschalisierend, aber die Tendenz ist klar erkennbar.
Stereotyp dargestellt sagt der französische Elternteil "ich geh doch nicht mit meinem Kind in die Ruhezone des TGVs, da nerv ich doch nur jeden und Ärger handel ich mir auch noch ein" - der deutsche Elternteil hingegen "Skandal!!!! Ich lasse mir doch nicht vorschreiben wo ich hinzugehen habe und was ist überhaupt eine Ruhezone???"
Denke doch mal scharf an deine eigene Kindheit: deine Eltern haben dir doch sicherlich auch mehr als nur einmal klar gemacht, dass gewisse Verhaltensweisen an Ort A okay sind aber an Ort B nicht. Das gilt ja auch als Erwachsener, andere Situationen meinetwegen, aber es hat allgemeine Gültigkeit. Fehlt diese Grundeinsicht und das Monieren dieses Zustandes sei nun "Kinderfeindlichkeit", dann ist das nicht nur ein linguistisches Problem sondern eine brutale Falschauffassung des Miteinanders, eben der Narzismus und die Egozentrie genau derjenigen, die es den vermeindlich "kinderunfreundlichen" Teilen der Gesellschaft immer wieder vorwerfen. Der verbitterte Opa, der sich über die Existenz eines Spielplatz auf seinem Spazierweg aufregt, der konservative Trampel, der lieber mehr Geld in die Luxussanierung des Marktplatzes als in Kindergärten und -krippen sowie Schulen steckt oder der misanthrope Möchtegernintelektuelle der sich beim McDoof über Lärm aufregt, DAS ist Kinderunfreundlichkeit - genauso wie die Mutter/der Vater, die ihr Leben genau so fortführen wollen wie früher, aber in einem Anflug von blindem Aktionismus zur Selbstverwirklichung unbedingt ein Kind in die Welt setzen mussten, ohne auch nur die Einsicht nahe kommen zu lassen, dass ein Kind eben auch gewisse Einschränkungen mit sich zieht... Stichwort latte-macchiato-Mutter.