Allgemeine Diskussion über Politik in Deutschland

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andreas
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Beitrag von andreas »

autolos @ 22 Jan 2015, 12:52 hat geschrieben:
andreas @ 22 Jan 2015, 11:46 hat geschrieben: es gibt sehr viele Osteuropäische Speditionen, deren Fahrer die ganze Woche in Deutschland unterwegs sind.
Und wenn für die der Mindestlohn nicht gilt, dann ist er im Speditionsgewerbe fürn Arsch, weil dann keine Deutsche Spedition (von den wenigen, die es noch gibt) noch irgendwelche Aufträge bekommt.
Es geht bei der Kritik an der Bürokratie doch nicht um Fahrer, die tatsächlich in Deutschland arbeiten. Es geht um solche Fahrer, die bspw. ein- oder mehrmalig von z.B. Warschau nach Madrid fahren und dabei auch auf deutschen Straßen unterwegs sind. Gezählt wird dann übrigens nicht die tatsächliche Zeit in Deutschland, sondern eine planmäßige Zeit (ohne Stau usw.). Von den 40 Stunden (oder so), die der Fahrer unterwegs ist, ist er 8 h in Deutschland. Bisher verdiente er, sagen wir, 4 € je Stunde (160 € für die Fahrt). Wenn er nun für die Zeit in Deutschland 8,50 € je Stunde bekommt (68 €), wird für die restlichen Stunden dann halt ein Betrag von 92 € gezahlt, also 2,875 € je Stunde. Dafür wird ein irrsinniger bürokratischer Aufwand betrieben und der Effekt =0.
das sagst jetzt du - Tatsache dürfte aber sein, daß es um die Fahrer geht, die in Polen gemeldet sind, für eine polnische Spedition fahren und deren LKW in Polen gemeldet ist - aber die die ganze Woche in Deutschland unterwegs sind.

Und selbst bei Transitfahrern dürfte das so nicht hinhauen - der Zoll kontrolliert ja das Gesamteinkommen - und wenn das nicht passt, weil man die höheren Löhne in D durch niedrigere im Ausland ausgleicht, dann gibt's halt Mecker. Ich seh da nicht wirklich viel (mehr) Bürokratie als bisher - LKW Fahrer müssen ja über den Digitalen Fahrtenschreiber die letzten 28 Tage nachweisen und zusammen mit Mautdaten sind die mittlerweile sehr gläsern.

Und es steht ja nach wie vor jeden polnischen oder tschechischen Spediteur, seine LKW am Deutschland vorbei zu routen, wenn ihm der Weg durch D zu teuer ist.
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autolos
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Beitrag von autolos »

andreas @ 22 Jan 2015, 16:11 hat geschrieben: das sagst jetzt du - Tatsache dürfte aber sein, daß es um die Fahrer geht, die in Polen gemeldet sind, für eine polnische Spedition fahren und deren LKW in Polen gemeldet ist - aber die die ganze Woche in Deutschland unterwegs sind.

Und selbst bei Transitfahrern dürfte das so nicht hinhauen - der Zoll kontrolliert ja das Gesamteinkommen - und wenn das nicht passt, weil man die höheren Löhne in D durch niedrigere im Ausland ausgleicht, dann gibt's halt Mecker. Ich seh da nicht wirklich viel (mehr) Bürokratie als bisher - LKW Fahrer müssen ja über den Digitalen Fahrtenschreiber die letzten 28 Tage nachweisen und zusammen mit Mautdaten sind die mittlerweile sehr gläsern.

Und es steht ja nach wie vor jeden polnischen oder tschechischen Spediteur, seine LKW am Deutschland vorbei zu routen, wenn ihm der Weg durch D zu teuer ist.
Die Kritik betrifft, so wie ich es verstanden habe, ausschließlich die Transitfahrten. Der deutsche Zoll dürfte kaum die Befugnis haben, das Gesamteinkommen von Fahrern zu prüfen, die nur Transitfahrten durch Deutschland unternehmen. Und Fahrtenschreiber und Mautdaten spielen ja eh keine Rolle, weil nicht die Ist-Zeiten, sondern Soll-Zeiten zugrundegelegt werden sollen. Das Ganze wird bei den Fahrern halt gar keinen Effekt haben, und ich halte es auch für ein bürokratisches Monster.

Übrigens hat der Mindestlohn noch andere skurrile Folgen. So wurde angekündigt, dass eine Vielzahl von Wandererheimen in Rheinland-Pfalz nicht mehr betrieben werden kann. Diese wurden bisher von Vereinsmitgliedern bewirtschaftet, die für ihren ansonsten freiwilligen Einsatz eine kleine Entschädigung erhalten haben. Dies wird nun nicht mehr möglich sein. Da der Verein sich 8,50 €/h nicht leisten kann, werden die Heime wohl geschlossen werden müssen. Dabei war natürlich das Gesetz zum Mindestlohn nie auf die hier betroffene Personengruppe gerichtet, bei denen es ja nicht um die Frage eines existenzsichernden Lohns geht. Aber das passiert halt, wenn man mit der Schrotflinte schießt.
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Beitrag von Cloakmaster »

Das Gesetz verbietert keine ehrenamtlichen Tätigkeiten zB für vereine - und auch keine Aufwandsentschädigungen für diese ehrenamtliche Tätigkeit. - Übungsleiter also zum Beispiel, welche in ihrer Freizeit kleine Mannschaften betreuen/trainieren. Wenn die Leute, die die Vereinsheime bewirtschaften Angestellte sind, müssen sie natürlich wie Angestellte entlohnt werden.
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Beitrag von autolos »

Cloakmaster @ 23 Jan 2015, 05:10 hat geschrieben: Das Gesetz verbietert keine ehrenamtlichen Tätigkeiten zB für vereine - und auch keine Aufwandsentschädigungen für diese ehrenamtliche Tätigkeit. - Übungsleiter also zum Beispiel, welche in ihrer Freizeit kleine Mannschaften betreuen/trainieren. Wenn die Leute, die die Vereinsheime bewirtschaften Angestellte sind, müssen sie natürlich wie Angestellte entlohnt werden.
Es geht im genannten Fall offenbar um Vereinsmitglieder, die zwar ihre Freizeit opfern wollen, aber nicht für umsonst, etwas mehr als eine Aufwandsentschädigung offenbar, die aber auch die Leistungsfähigkeit des Vereins im Blick haben. Da keiner umsonst arbeiten will, der Verein sich 8,50 €/h nicht leisten kann (obwohl keines der Mitglieder so viel Geld haben möchte und auch zur Finanzierung des Lebens nicht nötig hat) werden die Heime nun also geschlossen. Dem Verein ist nicht geholfen, den Mitgliedern ist nichts Gutes getan worden und die Wanderer tragen den Schaden. Wie ich schon sagte: ein Bürokratiemonster!
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Beitrag von Bayernlover »

Oh ja, und weil es wie bei jedem Gesetz die eine und die andere Seite gibt, sollte man bitte erwähnen, dass der Mindestlohn in anderen Branchen endlich würdige Bezahlungen ermöglicht.

Dass dieses Gesetz nicht zu 100% allen hilft, ist mir auch klar. Aber das ist so bei Dingen, die die Allgemeinheit betreffen. Da kann man es nicht allen recht machen.
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autolos
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Beitrag von autolos »

Bayernlover @ 23 Jan 2015, 09:05 hat geschrieben: Oh ja, und weil es wie bei jedem Gesetz die eine und die andere Seite gibt, sollte man bitte erwähnen, dass der Mindestlohn in anderen Branchen endlich würdige Bezahlungen ermöglicht.

Dass dieses Gesetz nicht zu 100% allen hilft, ist mir auch klar. Aber das ist so bei Dingen, die die Allgemeinheit betreffen. Da kann man es nicht allen recht machen.
Es kommt mir so vor, als hätte ich das an anderer Stelle auch genauso geschrieben, wobei ich das "nicht zu 100 % allen hilft" ändern würde in "auch Verlierer haben wird". Meine Kritik richtete sich aber im Zusammenhang mit den Transit-Lkw-Fahrern und auch mit den Wanderer-Hütten in Rheinland-Pfalz gegen die Ausgestaltung, die überbordende Bürokratie, die man damit hervorruft, was sicher mit wenig Aufwand einfacher hätte gemacht werden können. Aber mit einem wichtigen Ziel vor Augen nimmt man halt Kollateralschäden in Kauf.
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Beitrag von TramBahnFreak »

autolos @ 23 Jan 2015, 08:34 hat geschrieben:Da keiner umsonst arbeiten will, der Verein sich 8,50 €/h nicht leisten kann (obwohl keines der Mitglieder so viel Geld haben möchte und auch zur Finanzierung des Lebens nicht nötig hat) werden die Heime nun also geschlossen.
Wenn der Haufen so verbissen ist, haben sie's nicht anders verdient. :rolleyes:
autolos @ 22 Jan 2015, 10:12 hat geschrieben:[...]linken Gutmenschen-[...]
Eigentlich sollte man hier die Diskussion schon beenden. <_<
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imp-cen
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Beitrag von imp-cen »

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Der Begriff spielt auch an auf einen möglichen Unterschied zwischen 'gut gemeint' und 'gut gemacht'. Gutmenschen hätten gute Absichten, möchten bestimmte Probleme lösen oder die „Welt verbessern“. Ihre Handlungen und/oder die verwendeten Mittel gelten aber in den Augen derer, die den Begriff Gutmensch negativ verwenden, als zweifelhaft oder unnütz.
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Beitrag von NJ Transit »

imp-cen @ 23 Jan 2015, 15:41 hat geschrieben: Wiki
Begriffe ändern sich.
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SWMdrölf. Jetzt noch nächer, noch hältiger, noch fitter. Bist auch du Glasfaser und P-Wagen?
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Bayernlover @ 23 Jan 2015, 09:05 hat geschrieben: Oh ja, und weil es wie bei jedem Gesetz die eine und die andere Seite gibt, sollte man bitte erwähnen, dass der Mindestlohn in anderen Branchen endlich würdige Bezahlungen ermöglicht.

Dass dieses Gesetz nicht zu 100% allen hilft, ist mir auch klar. Aber das ist so bei Dingen, die die Allgemeinheit betreffen. Da kann man es nicht allen recht machen.
Unter würdiger Bezahlung verstehe ich was anderes. Für Hilfstätigkeiten ist das sicher ausreichend, aber Lkw-Fahrer haben doch wohl mehr als 8,50 Euro in der Stunde verdient.

Daher gehören die meisten Sachen über Kollektivtarifverträge geregelt und der Mindestlohn sollte nur für absolute Hilfstätigkeiten und derartige Fälle zur Anwendung kommen. Ansonsten muss es eine vernünftige tarifvertragliche Regelung geben und da sollte man manchen Branchen auch einen Kollektivtarifvertrag vorschreiben.

Im Lkw-Bereich müsste es so einen Kollektivtarifvertrag geben, der auf dem Territorialprinzip fußt. Die Speditions- und Fuhrunternehmermafia will das natürlich nicht, die jammern, logisch, denn die wollen weiter die Leute ausbeuten und mehrere Wochen durch Europa fahren lassen, ehe die mal wieder daheim sind.
Es ist doch üblich dass die osteuropäischen Fahrer zwischen ihren Durchfahrten auch dutzende Inlandsfahrten machen, aber selbst für Durchfahrten muss dieses Prinzip angewandt werden.

Die Fahrer müssen immer mindestens den zustehenden Kollektivlohn des Landes bekommen und dies wird dann per GPS metergenau abgerechnet und dokumentiert. Sollte der eigene Lohn höher sein, gilt natürlich der höhere Lohn. Ist der Lohn niedriger, muss der höhere Kollektivlohn des Landes bezahlt werden.
Das verhindert Dumping oder gar phillipinische Lkw-Kutscher die unter menschenunwürdigen Bedingungen auf Lkws hausen.
Ebenso würde ich hier und auch für den SGV verbindlich festlegen dass jede Minute auswärts voll auf die Arbeitszeit anzurechnen ist. Mal schauen wie schnell das Nomadentum dann beendet ist.

Die EU-Kommission ist doch unterm Scheffel der Lobbyisten der Fuhrunternehmer- und Speditionslobby, die billige Arbeitssklaven wollen die sie gnadenlos ausbeuten können, auch menschenunwürdig und familienfeindlich.
Die EU und die Länder wollen billigste Transporte zu Niedrigstpreisen und nehmen daher in Kauf dass Menschen unwürdig behandelt werden.
Die Bürokratie ist doch auch nur dummes Gejammer. Den Unternehmen geht es nicht darum, sie sehen ihr Geschäftsmodell gefährdet, das der totalen Ausbeutung, totaler als je zuvor.

Btw: Was ist eigentlich am Gerücht dran dass ein im SGV tätiges EVU, das an einer im SPNV nicht befahrenen Nebenbahn bei einem Autobahndreieck, zwecks Lohndumping mittlerweile mit polnischem Personal arbeitet und Gehälter auf niedrigstem Niveau bezahlt?
Wird sich so erzählt. Weiß jemand mehr?
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Beitrag von Bayernlover »

Oh Gott, dass der Typ auch noch hier auftauchen muss, war ja klar...

Die Margen im internationalen Verkehr sind nun nicht wirklich hoch. Verdienen polnische Fahrer jetzt plötzlich 15€ pro Stunde, werden die Preise für sämtliche Waren weiter steigen. Nur um die andere Seite aufzuzeigen.
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Beitrag von 146225 »

Bayernlover @ 24 Jan 2015, 00:00 hat geschrieben: Die Margen im internationalen Verkehr sind nun nicht wirklich hoch. Verdienen polnische Fahrer jetzt plötzlich 15€ pro Stunde, werden die Preise für sämtliche Waren weiter steigen. Nur um die andere Seite aufzuzeigen.
Ich glaube, das käme einer das Gespenst der Deflation beschwörenden EZB durchaus gelegen.
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Beitrag von JeDi »

146225 @ 24 Jan 2015, 00:07 hat geschrieben: Ich glaube, das käme einer das Gespenst der Deflation beschwörenden EZB durchaus gelegen.
Nein, dann könnte man ja keine Panik mehr schüren, mit dem Ziel eines Rechtsrucks in Europa.
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Bayernlover @ 24 Jan 2015, 00:00 hat geschrieben: Die Margen im internationalen Verkehr sind nun nicht wirklich hoch. Verdienen polnische Fahrer jetzt plötzlich 15€ pro Stunde, werden die Preise für sämtliche Waren weiter steigen. Nur um die andere Seite aufzuzeigen.
Du hast mich vermisst während meines Urlaubs. ;)

Na und? Dann gibt es halt statt der Abwärtsspirale eine Aufwärtsspirale. Höhere Löhne können höhere Kosten abfedern und wir haben eine Art schweizer Modell wo unterm Strich trotzdem mehr dabei raus springt.

Soll als die gnadenlose Ausbeutung der Menschen in Ordnung sein um die Transportpreise niedrig zu halten?

Es ist doch egal wo der Fahrer herkommt, wenn er sich in Deutschland aufhält muss er noch diesem Niveau wie alle anderen bezahlt werden. Wer weniger hat bekommt das höhere Niveau, wenn er sich in diesem Land befindet.

Viele Transporte sind eh Sinnlostransporte und gerade große Teile der rollenden Lagerhaltung und der Reimporte könnte man mal überdenken.
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Im Prinzip ist es geltendes Internationales Recht das jeder die Arbeitsrechte des besuchten Landes befolgen muss, auch wenn er nur wenige Stunden auf Dienstreise ist. Nur: Die meisten Länder verfolgen dieses nur bei eklatanten Missbrauch. Das Problem ist das selbst Firmen die sich gesetzestreu verhalten wollen, schnell in die illegalität getrieben werden, weil die rechtliche Situation so enorm komplex ist. Es sei denn man heuert eine Firma wie PriceWaterhouseCoopers an die für jedes Land der Welt Arbeitsrechtler hat.

Ein paar Beispiele:

In den USA ist für geschützte Berufe (also im Prinzip alles was als Arbeiter bezeichnet wird) vom Bund als Minimum festgelegt das ab 40 Stunden die Woche 150% bezahlt werden muss. Jeder Bundesstaat hat aber eigene Gesetze. In Kalifornien gilt nicht 150%, sondern 200%. Ein Arbeitnehmer, der von Kansas nach Denver fliegt, dort umsteigt in ein Flugzeug nach San Jose, kommt an einem Tag mit 4 Arbeitsrechtsnormen in Berührung. Stammt er aus einem anderen Land sind es mindestens 5.

Nehmen wir mal an der Arbeitnehmer fliegt in der gleichen Arbeitswoche weiter. In Peru muss für die ersten 2 Überstunden 125% bezahlt werden, darüber 135%. Wird das mit Überstunden die in den USA akkumuliert wurden verrechnet? In Venezuela darf man nicht mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten. Punkt. Hat man schon 30 Stunden in anderen Ländern gearbeitet darf man dann in Venezuela nur noch 10 Stunden in dieser Woche arbeiten?

Manager sind in 99% aller Länder von Überzeitregelungen ausgenommen. In Japan aber nicht. Selbst der CEO einer Firma muss zwischen 22:00 und 05:00 eine erhöhte Bezahlung erhalten. Wird der CEO von VW auf einer Dienstreise in Japan um 03:00 aus dem Bett geklingelt da die Fabrik in Wolfsburg brennt, wie muss das berechnet werden?

In vielen islamischen Ländern müssen selbst Ausländer die ungläubig sind zu Gebeten freigestellt werden, für Frauen gelten andere Arbeitszeiten. Kommt jemand in einer deutschen Personalabteilung überhaupt auf die Idee?

In Belgien muss theoretische für jeden Ausländer selbst für kurze Dienstreisen eine belgische Entgeltabrechnung gemacht werden.

Für Mindestlöhne werden Währungsschwankungen schnell relevant. Wenn ein in Zloty bezahlter Lkw Fahrer in der gleichen Woche durch Schweden, und Deutschland fahrt, müssen die Kurse zwischen Kronen, Euro und Zloty beachtet werden. Nur, welchen Umrechnungskurs nimmt man als Reference? Den an der Frankfurter Börse, oder Warschauer Börse? Ist der Lkw Fahrer Nachts um 02:00 Unterwegs sind die Börsen in Frankfurt und Warschau geschlossen, ist hier der Euro Kurz in Singapur jetzt von Relevanz?


Die Strafen für Missachtung dieser Gesetze sind hart. Pochen die Länder kleinlich auf deren Einhaltung ist PriceWaterhouseCooper schnell die günstigere Lösung.
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Beitrag von Cloakmaster »

autolos @ 23 Jan 2015, 08:34 hat geschrieben: Es geht im genannten Fall offenbar um Vereinsmitglieder, ...
werden die Heime nun also geschlossen. Dem Verein ist nicht geholfen, den Mitgliedern ist nichts Gutes getan worden und die Wanderer tragen den Schaden. Wie ich schon sagte: ein Bürokratiemonster!
Wenn man unbedingt ein Haar in der Suppe finden will, findet man eines.

Oder anders ausgedrückt: Hätte der Verrein den Wunsch, die Hütten weiter zu betreiben, und wären die in den Vereinsheimen Tätigen bereit, innerhalb der bisherigen Kostne struktur weiter zu arbeiten, dann würde das nicht am Mindestlohn scheitern.

Ich kann der neuen Regel auch nicht viel Gutes abgewinnen, aber das Beispiel mit den Vereinsheimen ist dafür ungeeignet, und scheint eher ein Vorwand zu sein, die eh schon geplante Schließung durchzuziehen.
andreas
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Beitrag von andreas »

Bayernlover @ 24 Jan 2015, 00:00 hat geschrieben: Oh Gott, dass der Typ auch noch hier auftauchen muss, war ja klar...

Die Margen im internationalen Verkehr sind nun nicht wirklich hoch. Verdienen polnische Fahrer jetzt plötzlich 15€ pro Stunde, werden die Preise für sämtliche Waren weiter steigen. Nur um die andere Seite aufzuzeigen.
und wäre das jetzt so tragisch? Verdient der polnische Fahrer auf einmal 15 Euro entsteht ja auf einmal in Polen ein völlig neuer Markt für die Produkte, die der Pole rumfährt....
Aber das schlimme ist ja, daß die Unternehmen heute nur noch von Zwölf bis Mittag denken und keinen Blick mehr für das große Ganze haben.

Und wenn jetzt ein polnischer LKW Fahrer 25 Tonnen Parmaschinken von Parma nach Berlin fährt und dafür zwei Tage unterwegs ist (1200 km, sollte in zwei Arbeitstagen möglich sein), ist im Regelfall eine Rückladung. jetzt laß den 10 Euro brutto mehr verdienen pro Stunde als jetzt, das verteuert dann, wenn man jetzt großzügig 20 h bezahlt für die 2 Tage die Tonne Parmaschinken um 8 Euro - aufs Kilo ist das quasi nichts.
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Beitrag von Entenfang »

Außerdem sehe ich nicht wirklich das Problem, wenn sich der Transport verteuern würde. Der ist jetzt viel zu billig, was zur Folge hat, dass unnötig viel durch die Gegend gekarrt wird und regionale Produkte weniger konkurrenzfähig sind. Die wären aber ökologisch betrachtet deutlich besser.
Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von Cloakmaster »

Entenfang @ 24 Jan 2015, 11:04 hat geschrieben: Außerdem sehe ich nicht wirklich das Problem, wenn sich der Transport verteuern würde. Der ist jetzt viel zu billig, was zur Folge hat, dass unnötig viel durch die Gegend gekarrt wird und regionale Produkte weniger konkurrenzfähig sind. Die wären aber ökologisch betrachtet deutlich besser.
Dann bringe den Verbrauchern mal bei, daß Geiz einfach nicht geil ist, und Qualität ihren Preis hat. Was der durchschnittle (deutsche) bereit ist, zB für Lebensmittel auszugeben, würde in andere nLändern als Beleidigung aufgefasst.
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Beitrag von Bayernlover »

Ich hab auch nicht gesagt dass ich das unterstütze.
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Beitrag von andreas »

Cloakmaster @ 24 Jan 2015, 11:32 hat geschrieben: Dann bringe den Verbrauchern mal bei, daß Geiz einfach nicht geil ist, und Qualität ihren Preis hat. Was der durchschnittle (deutsche) bereit ist, zB für Lebensmittel auszugeben, würde in andere nLändern als Beleidigung aufgefasst.
ja, aber die staatlichen Stellen wollen ja gar nicht, daß die Lebensmittel mehr kosten. Weil die Leute sollen doch bitte Konsumieren, um für das jährliche Wirtschaftswachstum zu sorgen.
Und das Geld, das sie für Essen ausgeben fehlt beim Auto, beim Handy, beim TV oder beim Urlaub in irgendwelchen dritten Welt Ländern....

ich würde mir echt wünschen, daß in Deutschland alle Landwirte auf Bio umstellen, dann merken die Verbrauchern, was sie gehabt haben und nicht geschätzt haben.
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Beitrag von Südostbayer »

autolos @ 23 Jan 2015, 10:31 hat geschrieben:gegen die Ausgestaltung, die überbordende Bürokratie, die man damit hervorruft, was sicher mit wenig Aufwand einfacher hätte gemacht werden können. Aber mit einem wichtigen Ziel vor Augen nimmt man halt Kollateralschäden in Kauf.
Quasi die Pkw-Maut unter den Mindestlöhnen?

andreas @ 24 Jan 2015, 13:26 hat geschrieben:ja, aber die staatlichen Stellen wollen ja gar nicht, daß die Lebensmittel mehr kosten. Weil die Leute sollen doch bitte Konsumieren, um für das jährliche Wirtschaftswachstum zu sorgen.
Und das Geld, das sie für Essen ausgeben fehlt beim Auto, beim Handy, beim TV oder beim Urlaub in irgendwelchen dritten Welt Ländern....
Nahrungsmittel sind ganz klassische Konsumgüter (Verbrauchsgut!), so dass Deine Argumentation reichlich sinnfrei ist.
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Bayernlover @ 24 Jan 2015, 13:24 hat geschrieben: Ich hab auch nicht gesagt dass ich das unterstütze.
Die deutschen Speditionen und die polnischen Gewerkschaften sind übrigens dafür dass hier der Mindestlohn auch für durchfahrende Transporte angewandt wird.

Wenn den osteuropäischen Speditionen das nicht passt, sollen sie halt nicht fahren, es zwingt sie doch keiner.
Viele sind es eh nicht, denn der große Teil der Lkw mit osteuropäischer Nummer sind westeuropäische Speditionen die aus Gründen des Dumpings ausgelagert haben. Dazu muss man nicht aus Reutlingen kommen, das können alle.
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Beitrag von autolos »

Südostbayer @ 24 Jan 2015, 13:57 hat geschrieben: Quasi die Pkw-Maut unter den Mindestlöhnen?

.
Da würde ich dir zustimmen, ja!
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Beitrag von DumbShitAward »

Nun ist also Karl-Heinz Kurras verstorben. Damit ist wohl die letzte Chance vertan worden, Klarheit über die Tötung Benno Ohnesorgs und die darauf folgenden Ungeheuerlichkeiten bei der Vertuschung dieser Angelegenheit zu schaffen. All diejenigen, die damals den Mantel des Schweigens gelegt haben, von der West-Berliner Polizei bishin zu den Gerichten und Teilen der Presse.

Nicht mal das Verfahren gegen Kurras im Jahr 2009, als herauskam, dass Kurras IM des MfS war, verdient seinen Namen.

Es erfüllt mich immer noch mit großer Wut, dass kein einziger jemals für das, was damals geschah verurteilt wurde. Eine der größten Vertuschungsskandale der Nachkriegsgeschichte, mit sicherlich den schlimmsten Folgen muss wohl spätestens jetzt endgültig zu den Akten gelegt werden.
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Nachdem die gleiche Serviceleistung (Transport von Waren per LKW) über bundesdeutschen Boden durchgeführt wird, egal ob im Transit oder Ziel in Deutschland, hat hier IMO auch die gleiche Vorschrift bzgl. Löhnen zu gelten.
Mir wäre neu, dass ein LKW rechtlich exterritoriales Gebiet wäre.

Im Gegenteil, den Transit auszunehmen ist IMO eine nicht gerechtfertigte Subvention und wettbewerbsverzerrend.
andreas
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Beitrag von andreas »

spock5407 @ 18 Feb 2015, 18:33 hat geschrieben: Nachdem die gleiche Serviceleistung (Transport von Waren per LKW) über bundesdeutschen Boden durchgeführt wird, egal ob im Transit oder Ziel in Deutschland, hat hier IMO auch die gleiche Vorschrift bzgl. Löhnen zu gelten.
Mir wäre neu, dass ein LKW rechtlich exterritoriales Gebiet wäre.

Im Gegenteil, den Transit auszunehmen ist IMO eine nicht gerechtfertigte Subvention und wettbewerbsverzerrend.
nein, das ist der Weltuntergang, weil da ja die Gewinne der Konzerne um ein paar Euro sinken, wenn man die Dumpingfahrer nicht noch mehr ausbeuten kann....
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Beitrag von DSG Speisewagen »

spock5407 @ 18 Feb 2015, 18:33 hat geschrieben: Nachdem die gleiche Serviceleistung (Transport von Waren per LKW) über bundesdeutschen Boden durchgeführt wird, egal ob im Transit oder Ziel in Deutschland, hat hier IMO auch die gleiche Vorschrift bzgl. Löhnen zu gelten.
Mir wäre neu, dass ein LKW rechtlich exterritoriales Gebiet wäre.

Im Gegenteil, den Transit auszunehmen ist IMO eine nicht gerechtfertigte Subvention und wettbewerbsverzerrend.
Hier ist es ja so dass sogar deutsche Fuhrunternehmer dafür sind dass der Mindestlohn generell erhoben wird, auch die Gewerkschaften aus den osteuropäischen Ländern, die nur so dort höhere Löhne durchsetzen können.

Hat die Bundesregierung nicht die Interessen dieses Landes zu vertreten? Hier werden osteuropäische Fuhrunternehmer geschützt und vor allem deutsche Speditionen die "ausgeflaggt" haben und so schamlos Dumping betreiben können.
Diese Leute werden aber treue Spender sein und beim Geld hat schon immer die Vernunft aufgehört...
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Beitrag von DumbShitAward »

Auch wenn die Mindestlohnforderung für Transit in Deutschland im Speditionsbereich sicherlich Sinn macht (und natürlich finden das die deutschen Spediteure gut), man muss fragen, ob das im Grundsatz immer so sinnvoll ist. Das ganze muss ja schließlich auch auf alle anderen Branchen ausgeweitet werden, also auf Monteure, auf Wartungspersonal und letztendlich auch für jeden, der gerade in einem Zug oder einem Flugzeug deutschen Boden bzw. Luftraum über- oder durchquert und dabei arbeitet. Gut, praktisch wird das nicht viel verändern, da diese Berufsgruppen üblicherweise ohnehin mehr als den Mindestlohn bekommen, aber trotzdem.

Des Weiteren: wieso sollte das nur für den Mindestlohn gelten? Was ist mit Tarifverträgen? Wieso sollten die keine Gültigkeit für die ausländischen Arbeitnehmer haben? Klar, weil deren Firma das nicht mit den Gewerkschaften ausgehandelt hat - das ist aber beim Mindestlohn auch nicht so.
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
DumbShitAward
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Beitrag von DumbShitAward »

Dobrindt will den Depperltest ein wenig reformieren (wie passend...).

Über die MPU ranken sich ja bekanntlich viele Mythen und Gerüchte, das angebliche Fallbeispiel, dass man dort aufgefordert werden würde, zwei Kugeln aufeinander zu stapeln und man da ja nur verlieren könne (tut man es, ist man dumm wie 10m Feldweg, verweigert man es, ist man uneinsichtig), hält sich hartnäckig.

Dennoch besteht bei der MPU einiges an Problemen. Das beginnt bereits mit der Anordnung. Eine konkrete gesetzliche Regelung existiert dafür nicht, die Führerscheinstelle kann mehr oder minder nach Lust und Laune eine MPU anordnen, selbst wenn z.B. gar keine Verkehrsordnungswidrigkeit vorliegt. Klassiker hierfür sind neben der sogenannten "Uneinsichtigkeit" (sehr beliebt bei Polizisten, die gerade eine Diskussion argumentativ verloren haben*) gerne auch gewisse THC Abbauprodukte. Zwar gibt es hier durchaus einige Grenzwerte, die z.B. die Frage nach dem Fahrverbot beantworten, doch schützt selbst eine klare Unterschreitung nicht davor, dass man ggf. zur MPU muss. Auf Deutsch: jemand hat eine Tüte geraucht, das Auto sinnvollerweise stehen gelassen und wir einige Tage später kontrolliert. Dort stellt man zwar fest, dass der Fahrer eben genau nicht mehr high ist, entsprechend gibts auch kein Fahrverbot, der Lappen ist aber trotzdem de facto weg. Groteskerweise, kann das sogar passieren, wenn jemand gar nicht gefahren ist. Besitz geringer Menge (Konsum nicht nachweisbar)? Strafrechtlich vernachlässigbar, dennoch aber MPU.

Des Weiteren gibt es faktisch kaum eine Möglichkeit gegen den Bescheid Rechtsmittel einzulegen. In einem Rechtsstaat einfach ein Unding. Einzig eine Klage gegen den Entzug der Fahrerlaubnis aufgrund der Nichtvorlage des positiven MPU-Bescheids ist wohl möglich, über die Erfolgsaussichten kann ich aber nichts sagen. So oder so, der Lappen ist erst mal weg und was bringts einem, wenn man dann hinterher bescheinigt bekommt, dass der Entzug ungerechtfertigt war? Aufschiebende Wirkung ist mir da nicht bekannt. Hier verplempert Dorindt mal wieder eine wirkliche Chance, die Einsetzung eines "Obergutachters" kann keine Lösung sein.

Auch kritisch zu betrachten ist, dass es wohl kaum möglich ist, die MPU ohne Vorbereitungskurse zu bestehen. Die SZ spricht da von zwielichtigen Anbietern, die da für einen Haufen Geld Kurse anbieten. Da gibt es ganz unstreitig wohl einen Haufen schwarze Schafe, allerdings macht auch der TÜV solche Kurse (also hat die SZ ja doch wieder Recht ;) ). Mir erschließt sich nicht ganz, weshalb ich einen Vorbereitungskurs für die Feststellung der Eignung zum Führen eines Kfz brauche. Entweder das heißt, dass die Voraussetzungen so hoch sind, dass eigentlich gar niemand mehr Auto fahren darf, oder aber, dass dort einzig und alleine überprüft wird, wie gut ich wann lügen kann.


Es ist absolut nachvollziehbar und verständlich, dass es so eine Einrichtung gibt, dagegen sagt wohl kaum jemand etwas. Auch gegen die medizinischen Prüfungen (würden sie denn nicht nur bei Rauschmitteln angewandt - blind wie ein Maulwurf darf man ja offenbar sein) ist an und für sich nichts einzuwenden. Es ist allerdings schon sehr kritisch, dass im Prinzip Hinz und Kunz die MPU als Schikane anordnen können, man sich dagegen kaum rechtlich zur Wehr setzen kann und am Schluss noch vor eigentlich unlösbare Aufgaben gestellt wird.


* Im Grunde schützt es nicht mal davor, inhaltlich recht zu haben. "Sie sind zu schnell gefahren, hier ist 80 - Nein, hier ist 100 - Doch, da hinten ist ein Schild. - Nö, da war kein Schild". Es sind zahlreiche Fälle bekannt, wo im Verkehrsordnungswidrigkeitverfahren festgestellt wurde, dass keine Ordnungswidrigkeit vorlag, dennoch aber die MPU angeordnet wurde...
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

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