Autobahn @ 26 Mar 2008, 21:39 hat geschrieben: Wenn ich dann auch noch lese, dass die Netz AG im Jahre 2007 einen Gewinn erwirtschaftet hat, gleichzeitig aber Millionen staatlicher Mittel in diese geflossen sind, frage ich mich, welche buchhalterischen Tricks dazu angewandt wurden.
So kompliziert ist das gar nicht. Mehrere Milliarden Euro pro Jahr fließen ja direkt in die Instandhaltung, die werden als Einnahmen wie Ausgaben verbucht, so daß so das Saldo nicht stören. Die DB Netz AG bezahlt ja selbst aus den laufenden Trasseneinnahmen nur relativ wenig. Nur kleinere Instandhaltungsarbeiten, wenn etwas erneuert werden muß, springt der Bund ein. Das ist auch der Grund für die vielen Langsamfahrstellen: Solange nur ein bißchen in Stand gehalten werden muß, müßte man es selbst bezahlen, wenn es so verrottet ist, daß es erneuert werden muß, bezahlt der Bund. Und der Gewinn ist genau die Summe, die die DB Netz AG mehr an Trassenbenutzungsgebühren eingenommen hat als sie Kosten hatte.
Daß das Netz trotzdem strukturell defizitär ist, wie ja auch die Autobahnen, die Bundes- und Landstraßen, die Bundeswasserstraßen, die Polizei, die Feuerwehr, Schulen, Universitäten, Kindergärten, Schwimmbäder, Theater oder Bibliotheken nicht in der Lage sind, Gewinne zu erzielen. Wir müssen uns also immer vor Augen halten, daß die Angabe, die DB Netz AG hätte Gewinne erzielt nur dann aufrecht erhalten werden kann, wenn man sich vor Augen hält, daß diese Gewinne mit massiver staatlicher Alimentierung, demnächst von privaten Investoren, erkauft worden sind.
Zumindest in der Landeshauptstadt haben die großen Unternehmen, die auch die entsprechende Tonnage versenden, einen Gleisanschluss (z.B. Henkel, der Neuss-Düsseldorfer Hafen u.v.m.) Infrastruktur ist das eine, Betriebswirtschaftlichkeit der Bedienung das andere Problem.
Ja, eben. Es gibt nach wie vor Gleisanschlüsse und es gab früher viel mehr. Also, warum nicht für Firmen, die Interesse haben, eine Reaktivierung oder Neubau von Gleisanschlüssen? Natürlich muß auch gewährleistet sein, daß die Eisenbahninfrastruktur nennenswerten zusätzlichen Güterverkehr aufnehmen kann.
Es gibt ja Überlegungen, eine Neubaustrecke östlich der rechten Rheinstrecke und westlich der Schnellfahrstrecke durch den Westerwald für den steigenden Güterverkehr zu bauen. Wie würdet Ihr anderen denn die Möglichkeit sehen, zunächst einmal die Siegstrecke zu ertüchtigen und dann in Siegen eine Güterumgehung südlich der Stadt zu bauen? Billiger wäre es allemal.
Stichwort "Eiserner Rhein", "Betuweline" sind eklatante Beispiele für wichtige und geplante Projekte, die durch unser Planungsrecht (aber auch an anderer Stelle) mehr als erträglich hinausgezögert oder verhindert werden.
Der Eiserne Rhein wird nicht durch das deutsche Planungsrecht hinausgezögert oder verhindert, sondern durch einen nordrhein-westfälischen Verkehrsminister der sagt, die Straße sei in allen Fällen und immer ausnahmslos ein besserer Verkehrsträger und wer das nicht einsieht ist automatisch ein verblendeter Ideologe. Wenn man einen Verkehrsminister hat, der die Schiene für nicht notwendig hält, dann nutzt das beste Planungsrecht nichts.
Sind die amerikanischen Eisenbahnen nicht seit Beginn an privat? So weit ich weiß, ist dort sogar die Infrastruktur niemals verstaatlicht worden.
Die Eisenbahn spielte bei der Erschließung des Westens eine große Rolle, inzwischen sind sie staatlich. Die Amtrack betreibt dort die meisten Züge. Aber eine Bedeutung haben sie kaum. Dabei wäre der Transrapid dort eine sinnvolle Sache. Die Amerikaner könnten sogar als Alternative zum Flugverkehr über ein Transrapidnetz nachdenken.
Die S28 kann ich leider nicht nehmen. Da müsste ich erst 14 Km mit dem Auto fahren <_< . Hinzu käme noch eine mindestens 15 Min. Fahrt mit der Straßenbahn. Aber selbst bei einem Feierabend nach 20:00h steigt die Reisezeit mangels abgestimmter Fahrpläne auf 1,5 Std. für ca. 25 Km (6 m/h)
Das betrifft jetzt Dich. Aber die S28 hat ja mit einer Vervierzigfachung der Fahrgäste in deutlich weniger als zehn Jahren gezeigt, daß es sehr viele Leute gibt, die mit der Bahn fahren würden. Dazu gehört aber neben dem Taktverkehr, den langen Betriebszeiten, der zuverlässigen Infrastruktur auch eben sauberes Rollmaterial.
Warum soll ein verläßlicher Takt keine Gewinne erzielen können? Wenn er vernünftig geplant und auf die Bedürfnisse der Reisenden abgestimmt ist, steht dem Nichts im Wege. Nur muss man die Bedürfnisse vorher ergründen. Und es kann auch nicht im Sinne der Allgemeinheit sein, dass ein ICE/IC/IR oder sonst ein Zug mit zehn oder zwanzig Reisenden zu unchristlicher Zeit von X nach Y fährt.
Gewinne vielleicht schon. Aber Renditen, mit denen man private Aktionäre zufriedenstellen könnte? Im Nahverkehr ist es auch nicht möglich und bereits jetzt werden aus dem Nahverkehrsetat Züge bezahlt, die eigentlich aufgrund ihrer Relation dem Fernverkehr zuzuordnen sind. Wer mal freitags nachmittags um 16 Uhr mit dem NRW-Expreß von Köln oder Düsseldorf ins Ruhrgebiet reingefahren ist, der weiß wovon ich rede. Oder z.B. die Franken-Sachsen-Magistrale. Ist ein Zug von Dresden nach Nürnberg etwa Nahverkehr?
Der IR war die am stärksten nachgefragte Zuggattung, die es in Deutschland gab, sie hat aber keine Gewinne abgeworden bzw. nicht genug. Es sind viele Züge, für die es Bedarf gibt, die aber nicht gewinnträchtig genug sind und nicht nur der ICE mit acht Fahrgästen. Die Regionalisierungsmittel sind nicht dafür da, Züge zu finanzieren, die die DB Fernverkehr AG wegen einer zu geringen Rendite eingestellt hat. Wenn der Bund seine eigene Aktiengesellschaft nicht zwingen kann oder will zu fahren, dann muß er seine im Grundgesetz festgeschriebene Pflicht anders erfüllen. Es kann nicht Aufgabe der Länder sein, InterRegio-Ersatzzüge oder gar InterCity-Ersatzzüge aus dem Etat für den Nahverkehr zu finanzieren.
Wenn Du damit die eingestellen IR (und die geplante Einstellung des IC) meinst, ist dies lediglich eine Frage des Fahrpreises. Und das kann man ohne Verluste sogar ändern, in dem man die Preise für den ICE senkt (oder eine 3. Klasse mit geringerem Komfort anhängt). Alles darunter ist Regionalverkehr, der ohnehin bezuschusst wird.
Nahverkehr ist dann, wenn die Gesamtreisezeit weniger als eine Stunde beträgt. Und wenn man (I)RE-Züge hat, die drei oder vier Stunden und hunderte von Kilometern fahren, etwa Aachen - Gießen oder Münster - Emden oder Düsseldorf - Minden, dann stellt sich schon die Frage, ob das klassische Nahverkehrszüge sind oder ob diese Züge nicht zeigen, daß der InterRegio vorne und hinten fehlt.