Boris Merath @ 20 Jun 2015, 12:26 hat geschrieben: Kinder kosten enorm viel Geld. Auch mit erhöhtem Kindergeld oder weiteren Steuererleichterungen werden Kinder sicher kein Gewinngeschäft werden. Von daher ist es nur gerecht, wenn die, die von dem Nachwuchs profitieren, auch zumindest einen kleinen Anteil der Kosten für den Nachwuchs mittragen, genauso wie jeder auch einen Anteil an den Kosten für Straßen oder Bahnstrecken trägt - schließlich ist der fehlende Nachwuchs eines der größten Probleme die wir haben (auch im Hinblick auf die wahrscheinlich bald scheiternde kapitalgedeckte Altersversorgung).
Wir Singles werden auch mit 1% mehr Steuern wesentlich mehr Geld zur freien Verfügung haben als Eltern.
Genau da, denke ich, liegt der Hund begraben. Dass Kinder kein Gewinngeschäft sind bzw. sein sollten ist selbstverständlich - deshalb wäre der finanzielle Anreiz durch die Vermeidung der Strafe auch ein Schuss in den Ofen. Du hast sicherlich recht, dass das für die "Betroffenen" (aus Ermangelung eines besseren Wortes) eine erhebliche finanzielle Belastung ist. Wir wissen alle, dass man kein Kind nur mit Kindergeld und Geld aus Steuererleichterungen großziehen kann.
Das ist aber eben nur ein Faktor in der ganzen Debatte: als Kinderloser bezahlst du ja die ganzen Einrichtungen, Programme, Vergünstigungen, etc. für Kinder mit ohne, dass du oder dein Kind (hast ja keines) davon profitieren würden. Das fängt bei Kindergärten und Schulen an, geht über die Steuervergünstigungen und Zuwendungen bishin zu privatwirtschaftlichen Faktoren, wie z.B. günstigere Eintritte für Kinder ins Schwimmbad, verbilligte Bahn- und Flugtickets und solch extrem profanen Sachen wie dem Kinderspielplatz beim McDonald's (okay, hier könnte man wieder argumentieren, dass das mehr Umsatz generiert, aber gut), usw. Das ist selbstverständlich nicht (oder nur in Einzelfällen) zu kritisieren, so funktioniert eben ein Solidaritätsmodell und in anderen Belangen ist man dann wieder froh, dass man es hat. Sinn dahinter ist ja, dass sich das in der Gesamtheit irgendwie ausgleicht (Ausnahmen und Extremfälle gibt es immer).
Meine Elterngeneration sollte die Renten ihrer Großeltern und die Ausbildung ihrer Kinder bezahlen, damit diese Kinder dann ihre Renten bezahlen und die Ausbildung der Enkel, und so weiter.
Das blöde dabei ist aber, dass das ganze nur dann funktioniert, wenn ein entsprechendes Wachstum (sowohl wirtschaftlich als auch bevölkerungsmäßig) existiert und eben auch nur dann, wenn man so ein System ganz langsam aufbaut. Das ist aber alles nicht (mehr) der Fall. Meine Großelterngeneration (Baujahr ca. 1920) hat sich ihre Rente - rein ökonomisch gesehen - nie erarbeitet sondern einfach "bekommen". Den schwarzen Peter hat meine Elterngeneration (Babyboomer) durch das Wirtschaftswachstum einfach weiter geschoben. Das wäre ja noch irgendwie lösbar, nur hat sich diese "Generation Dusel" komplett im Solidaritätssystem breit gemacht. Das Rentenproblem, das sich ja in den 70ern schon abzeichnete, wurde weitergeschoben und das Problem der nicht ausreichenden Zukunftsinvestitionen hat man zusätzlich kreiert, um die Wirtschaftskrisen der 70er und 80er zu kaschieren, damit man den Lebensstandard aufrecht erhalten konnte. Die aktuelle Erwachsenengeneration (70er/80er) muss nun mit dem Scherbenhaufen irgendwie umgehen und das tut sie auch dadurch, dass sie versucht die Einnahmen hoch und die Ausgaben im persönlichen Umfeld gering zu halten - und das funktioniert eben am besten in dem beide Partner arbeiten und man keine Kinder hat, was das ganze Problem noch exponenzial verschärft. Dazu kommt noch, dass diese Kindergeneration vergleichsweise häufig trotz immenser Bildung in prekären Arbeitsverhältnissen steckt (was Kinderkriegen ja noch mal unattraktiver macht). Zynischerweise wird das ihnen von den Babyboomern vorgeworfen, obwohl ausgerechnet sie das zu verantworten haben.
Es hilft natürlich jetzt nicht mit dem Finger auf den Schuldigen zu zeigen, wobei eine öffentliche Debatte hier dringend notwendig wäre. Einen Sündenbock für eine beschissene Situation zu finden hat noch nie ein Problem gelöst, sondern eher Neue geschaffen. Dennoch sollte es einen Hinweis darauf geben, wohin der Weg gehen sollte: die Korrektur des Defekts im Solidarsystem ist logisch zwingend eben sehr wohl im Verursacherprinzip zu suchen. Neben einem Umdenken im beruflichen Umfeld würde das eben auch bedeuten, die "Reparaturabgabe" für das Solidarsystem bei den Renten zu erheben und nicht bei den Rentenbeitragszahlern. Ein Arbeitnehmer unter 50 kann es sich heute eigentlich nicht erlauben, ohne private Altersvorsorge zu arbeiten, das würde im Alter dann zur absoluten Vollkatastrophe führen, persönlich wie volkswirtschaftlich. "Karma is a bitch", heißt es immer, insofern wäre es eben nur fair, dass diejenigen, die in den 20-30 Jahren des extremen Wirtschaftswachstums munter in den Tag hineingelebt haben ohne sich gedanken zu machen, wie das später mal sein könnte, wenns in diesem Feenland mal nicht so gut läuft, nun die Rechnung präsentiert bekommen. Das wird allerdings nicht passieren, weil sich keiner traut das zu tun. Entsprechend geht das ganze so weiter, bis diese Generation das Zeitliche segnet oder das Solidarsystem komplett in Rauch aufgeht. Was eher eintritt, weiß ich ehrlich gesagt langsam nicht mehr.