Eisenbahn als Wert an sich?

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
146225
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Beitrag von 146225 »

bayerhascherl @ 27 Nov 2013, 10:00 hat geschrieben: Bis hinunter im Alltagsgebrauch. Ein Gelegenheitsnutzer ohne Abo bekommt jede Fahrt augenblicklich bepreist, seien es kurze Fahrten in Tarifübergangszonen. Er ist unmittelbar Geld los, der natürliche Antrieb des Menschen zu ökonomischem Handeln wird dadurch quasi unter Dauerreiz gesetzt. Beim KFZ tankt er vielleicht 1x die Woche, das tut dann weh, aber er assoziiert nicht jede einzelne Fahrt mit konkreten Euro und Centbeträgen. Nicht einmal die Exoten unter den Autofahrern, die sogar theoretischen Verschleiß usw. miteinbeziehen, brechen das aus jede Einzelfahrt zum Bäcker etc. runter.
Naja, komischerweise ist aber auch in keinem anderen Lebensbereich, egal ob Wohnung, Energie, Lebensmittel, Kommunikation, Gebrauchsgüter etc.pp. die Fähigkeit des Durchschnittsbürgers zum jahrzehntelangen Selbstbetrug so gross wie beim "Heilix Blechle" - da werden ökonomische Dummheiten begangen, die man sonst tunlichst unterlassen würde und die Folgekosten wegignoriert.

Beispiel? Ein Kollege von mir, alleinstehend fährt einen der größeren Kombis die am Markt so erhältlich sind, mit entsprechender Motorisierung und allem drum und dran. Also nix mit verbrauchsarm. Dieses große Fahrzeug nutzt er nach eigenen Angaben zu 98,x % der jährlichen Einsatzzeit nur, um im Nahbereich bis 30 km sich selbst und eine Menge Güter zu befördern, für die ein kleiner Zweisitzer ebenfalls ausreichen würde. Um also für die 1,x % möglichen Abweichungen des Transportbedarfes gerüstet zu sein, werden in der übrigen Jahreszeit erhebliche Mehrkosten klaglos akzeptiert - bar jeder ökonomischen Vernunft (trotz des Titels Betriebswirt). Ein professioneller Logistiker könnte mit seinen Kapazitäten so nicht umgehen - der wäre längst pleite.

Nun, sagt an: Wer würde sich als allein lebender eine Festhalle neben seine Wohnung stellen, um für die Geburtstags- und Weihnachtsfeier mit potentiellen 10-20 Gästen gerüstet zu sein? Wer würde seine Heizung zu Hause auf einen stabilen Dauerbetrieb bei -50° C auslegen, weil es ja auch in Deutschland einmal so kalt werden könnte? Wer kauft immer 20 Wecken beim Bäcker, weil ja eh die Hälfte durch Lagerung altbacken wird? Selten, oder? Warum also beim Auto das gesellschaftlich akzeptierte und weit verbreitete Handeln wider alle Vernunft?

Mit diesen Widersprüchen konfrontiert, war die einzige Entgegnung, dass es bei mir ja noch krasser sei: Nur wegen mir und einer Handvoll anderer Leutchen müssten jeden Tag viele große Züge unterwegs sein, die keiner braucht. Den Zug mit der Handvoll Leute an Bord habe ich in deutschen Verdichtungsräumen schon lange nicht mehr gesehen, egal um welche Tages- oder Nachtzeit, es sei denn die Einheit "Handvoll" liegt im deutlich dreistelligen Bereich.

Bei solchen Ansichten braucht man sich nicht wundern, wenn der gefühlte Wert einer Eisenbahn sehr, sehr tief liegt.
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Flo_K
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Beitrag von Flo_K »

Ich finde die Diskussion über Wettbewerb bei der Bahn immer sehr interessant. Dabei sollte man aber immer im Hinterkopf behalten, dass Wettbewerb bei der Bahn - vor allem im Regionalverkehr - immer eingeschränkt sein wird.

Zunächst ist es in meinen Augen ein Stück weit eine künstliche Schaffung von Wettbewerb. Betrachtet man Regionalverkehr als Zuschussgeschäft, so kann es immer nur Wettbewerb mit staatlichem Zuschuss geben, zumindest, wenn wir auch langfristig schwächer frequentierte Strecken weiter in ausreichender Qualität und gutem Takt betrieben haben wollen. Inwieweit bei Produkten und Dienstleistungen, die a) der Daseinsvorsorge und dem Gemeinwohl dienen und b) in vielen Fällen staatlicher Zuschüsse bedürfen soetwas wie Wettbewerb wünschenswert und sinnvoll ist wage ich doch in Frage zu stellen. Antwort habe ich darauf auch keine.

Und weil es gerade das Joghurtbeispiel gab: Es gibt da einen gewaltigen Unterschied. Im Supermarkt stehe ich als Endverbraucher für dem Regal mit der großen Auswahl und kann/darf/muss mich für einen Joghurt entscheiden. Wenn ich an meinem Heimatbahnhof auf den Land stehe, kann ich mich nicht entscheiden. Ich bin da - trotz Wettbewerb - dem Monopol des EVUs ausgeliefert, dass im Moment diese Strecke betreibt. Auch, wenn ich die Züge grausam finde oder sie ständig zu spät sind, kann ich keinen anderen Zug nehmen. Und während ich da auf meinen verspäteten Zug warte, bin ich außerdem dem Monopol von Station&Service ausgeliefert, wenn ich ohne Infos und ohne Heizung auf einem zugigen Bahnsteig stehe. Ich kann nicht wählen, der Staat wählt für mich aus, wenn es Wettbewerb gibt. Ich muss nehmen, was bestellt wurde und habe keinerlei Einfluss auf Bequemlichkeit von Sitzen oder die Zugbegleitquote.

Klar, anschließend ist der Besteller hinterher und steigt dem EVU auf die Füße, wenn was nicht funktioniert. Aber ob der Staat jetzt in Person einer Bestellergesellschaft den EVUs auf's Dach steigt, oder ob der Bund als Eigentümer einer Staatsbahn dieser Vorgaben macht, ist für mich kein so großer Unterschied. Zudem sehe ich - siehe die Diskussion um den Fuggerexpress - einen sehr unschönen Nebeneffekt dieser Art von Wettbewerb. Kein EVU macht mehr, als unbedingt gefordert. Wenn Gepäckablagen nicht bestellt wurden bzw. bezuschusst werden, gibt es halt keine. Jedes winzige Detail muss mit ausgeschrieben und vorgegeben werden. Wenn ich schaue, wie lange die BEG schon an der Ausschreibung der S-bahn rumdoktert, scheint das auch in einigen Fällen alles andere als einfach zu sein. ich frage mich, ob das nicht eine Verkomplizierung ist, auf die man auch verzichten könnte. ganz abgesehen von der Frage zu wessen Lasten dieser Wettbewerb geht.

Und dann will ich mich auch gegen dieses Negativ-Klischee einer Staatsbahn wehren. Wieso soll das per se schlecht sein? Ich sehe ein Problem an der jetzigen DB AG, die in meinen Augen die Nachteile einer Behörde (Unklare Zuständigkeiten, lange Entscheidungswege, etc.) mit denen eines Unternehmens (Einsparungen an jeder Ecke und Stelle) verbindet. Das kann doch nicht das Ziel der Politik sein. Wem ein Unternehmen gehört ist doch letztlich egal. Sowohl als Staatsunternehmen als auch als privatwirtschaftliches Unternehmen kann es seine Sache gut oder schlecht machen.

Ihr fragt, worauf ich hinaus will? Ich weiß es selber nicht. Vor allem bin ich mit der derzeitigen Situation unzufrieden. Dass der Koalitionsvertrag offenbar 5 Mrd. für die Straße vorsieht und sich beim System Schiene in schwammigen "wir wollen" Phrasen ergeht und dabei auch noch betont, es müsse "wirtschaftlich" sein, macht mir Angst. Ob eine Wiederherstellung eines staatlichen Monopols, oder die Trennung von Netz und Betrieb oder die Privatisierung am besten wäre... schwer zu sagen. So wie es derzeit ist, kann es aber in meinen Augen nicht unbegrenzt weiter gehen. Es läuft doch alles auf einen großen Knall raus, bei dem uns hohe Stations- und Trassengebühren, unterfinanzierte Infrastruktur und Personalmangel um die Ohren fliegen.
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Beitrag von ropix »

naja, wir hätten auch ein passendes Steilufer, da fährt aber noch nicht mal ein Minibus hinauf...
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Beitrag von 146225 »

Flo_K @ 27 Nov 2013, 20:31 hat geschrieben: Ich finde die Diskussion über Wettbewerb bei der Bahn immer sehr interessant. Dabei sollte man aber immer im Hinterkopf behalten, dass Wettbewerb bei der Bahn - vor allem im Regionalverkehr - immer eingeschränkt sein wird.

Zunächst ist es in meinen Augen ein Stück weit eine künstliche Schaffung von Wettbewerb. Betrachtet man Regionalverkehr als Zuschussgeschäft, so kann es immer nur Wettbewerb mit staatlichem Zuschuss geben, zumindest, wenn wir auch langfristig schwächer frequentierte Strecken weiter in ausreichender Qualität und gutem Takt betrieben haben wollen. Inwieweit bei Produkten und Dienstleistungen, die a) der Daseinsvorsorge und dem Gemeinwohl dienen und b) in vielen Fällen staatlicher Zuschüsse bedürfen soetwas wie Wettbewerb wünschenswert und sinnvoll ist wage ich doch in Frage zu stellen. Antwort habe ich darauf auch keine.
Natürlich werden wir es vorraussichtlich eher nicht erleben, das ein Aufgabenträger die Regionalverkehre auf ein und derselben Strecke an zwei verschiedene EVU vergibt (obwohl, durch die Vergabe von Netzen mit unterschiedlichen Anforderungskategorien könnte genau das ja mal passieren). Und ohne Zweifel ein eher positiver Nebeneffekt des Wettbewerbs war eine recht tiefgehende Wandlung des deutschen Regionalverkehrsfuhrparks von vorgestrig zu meistens etwas zeitgemäßer. Wer als EVU keinen Anreiz hat, besser zu werden, der tut es in der Regel ja auch nicht, dann greifen Beharrungskräfte bzw. die Entwicklung von Verbesserungen dauert viel zu lange, weil ja kein Druck von außen da ist. Die wenigen Bereiche, die von sich aus innovativ arbeiten, sind in solchen Systemen eher der Trägheit der Masse geopferte einzelne Sternchen an einem weiten Firmament.

Ansonsten sind wir natürlich mittlerweile an einem Punkt angelangt, wo Politik auf allen Ebenen den Wettbewerb im SPNV deswegen hochhält, weil man die - teilweise ja auch in der Vergangenheit erkennbar realisierte - Hoffnung pflegt, hier das notwendige Übel, also die Bestellung von SPNV für weniger Geld als bisher bei "gleicher" Leistung haben zu können. Der schnöde Mammon ist hier ein viel größerer Wert als die positive Wirkung von gutem SPNV auf das Umfeld, in dem er angeboten wird oder ähnliche "Ideale".
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Flo_K
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Beitrag von Flo_K »

Und genau das ist meine Sorge: Wettbewerb, nur im Sinne von billig, nicht im Sinne von günstig. Und zum Fuhrpark gibt es ja sehr unterschiedliche Ansichten, ob da modern immer auch kundenfreundlicher ist.
bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

Schön, ICH will keinen "Wettbewerb", genau dieser Kapitalismusgospel, der uns seit den 1990ern sirenenhaft vorgesungen wird, ist in meinen Augen ein Hauptproblem. Öffentliche Infrastruktur darf kein Gegenstand von Wettbewerb sein. Es müssen im Gemeinwohlinteresse die höchsten Standards angelegt werden sowie ein Versorgungsanspruch für jeden Bürger, bis zum letzten Aussiedlerhof, erfüllt werden. Daran müssen sich dann, im Groben, zum Selbstkostenpreis die Entgelte orientieren. So war das früher bei der Postbehörde, so ist es noch heute üblicherweise bei Trinkwasser aber auch dem Straßennetz. Wieso muss denn gerade der Eisenbahnsektor die Spielwiese für Profitinteressen sein? Wettbewerb kann nicht verhindern, dass durch noch soviel Kreativität kein Geld aus dem Nichts erzeugt werden kann. Irgendwo wird es dann immer eingespart. Denn die zusätzlichen Unternehmenszentralen, Managerstrukturen sowie die Profitinteressen müssen befriedigt werden - und ein Privatunternehmen MUSS geradezu Gewinne machen, sonst gibt es ganz handfeste, rechtliche Probleme. Das heißt man darf selbst bei schlanken Strukturen mal eben 10% Kosten aufschlagen, das gilt so als Faustformel in der BWL. Ohne, dass man damit schon eine "Cash Cow" hätte. Ich sage, dieses Volumen soll bei den Beschäftigten, dem Verkehrsangebot und der Infrastruktur bleiben. Zum Selbstkostenpreis, im öffentlichen Gemeinwohlinteresse betrieben.

Bleiben wir mal in Europa, Vergleiche mit Asien scheitern schon an extremen kulturellen Unterschieden, wo sich die Wirkung von Organisationsformen nicht mehr sauber extrapolieren lässt. Die SBB in der Schweiz sind, da sind wir uns alle einig, in jedem Feld besser. Wenn wir mal ernsthaft diskutieren und nicht einfach in Urlaubserinnerungen schwelgen, wieviel besser doch eh alles in der Schweiz sei, dann fällt zuerst auf, dass die SBB in der Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen Aktiengesellschaft firmieren. Bei den Kennzahlen fällt auf, dass pro Bürger 6x soviel Steuergeld zugebuttert wird. Und bei der Angebotsstrategie fällt auf, dass man die Milliarden nicht für wenige Hauptachsen und Prestigezüge "verballert", sondern eher eine Art S-Bahn + Interregio Netz über die ganze Schweiz gespannt hat (und das würde bei uns ganz genauso funktionieren, das Gro des Volumens ist und bleibt eben im Nah- und Regionalverkehr und nicht im Fernverkehr um den es quasi immer geht in diesen Diskussionen! DEN kann man ja von mir aus wettbewerblich gestalten..es ist in meinen Augen aber absurd, schon mit öffentlichen Steuergeldern Verkehre zu bestellen, über die Regionalisierungsmittel, wo alles bis zur Verkehrsmenge eh vom Staat vorgegeben wird, aber dann hier eine Art "Mini-Kapitalismus" walten zu lassen, um Eisenbahngesellschaften zu ermöglichen in diesem mit Steuergeld finanzierten Marktbereich Profite einzufahren.. wieso denn bitte nicht gleich staatlich, ohne die 10%+x obendrauf!).

Die Schweizer machen die Sache einfach wesentlich pragmatischer. Und das könnten wir auch.
bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

Flo_K @ 28 Nov 2013, 07:32 hat geschrieben: Und zum Fuhrpark gibt es ja sehr unterschiedliche Ansichten, ob da modern immer auch kundenfreundlicher ist.
:wub:

GANZ GENAU
Ich bevorzuge jeden Silberling gegenüber den BR440 im Raum Augsburg..
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Beitrag von riedfritz »

(GSIISp64b @ 27 Nov 2013, 13:41)
Ich sehe mich auch als einen dieser deutschen Eisenbahnfreunde, von denen du da sprichst. Ich halte eine Rückverstaatlichung für eine durchweg miserable Idee und bin einem Börsengang der DB (ohne Netz) nicht ganz abgeneigt, wenn ein paar kleine Randbedingungen erfüllt sind.

Also bitte: Sprich für dich, nicht für die Allgemeinheit.

Zitat Markus: Ich stimme dem auch zu.

Das Netz muss in staatlicher Hand bleiben, mit vernünftigen Investitionen aus dem Bundesbudget.
Mehr Wettbewerb vor allem im Fernverkehr schadet nicht. Im Gegenteil.
Hallo Markus,

bist Du dir sicher, dass Du den Satz von GSIISp64 b richtig verstanden hast?(Börsengang usw.)



Das Streckensystem der Eisenbahn stammt aus einer Zeit, in der es keinen nennenswerten Individualverkehr gab, in der die Arbeitsplätze am Ort angeboten wurden, wo ein Zug pro Stunde in die Vororte ausreichte, mit wenigen Ausnahmen (z.B. Berlin), wo sich die einfachen Arbeiter nicht mal eine Zugfahrkarte leisteten, sondern mit dem Fahrrad zu ihren Betrieben fuhren.

Der Bedarf für Gütertransport entstand in den Städten selbst, nicht in irgendwelchen Industrietrabanten. (Die Münchner Brauereien befinden sich inzwischen alle irgendwo in den Vororten der "Kunde" sitz nicht in München im Wirtshaus sondern kauft Bierdoesen in Australien und Nordamerika!)

Die Annahme, man könne den LKW-Verkehr nennenswert reduzieren (um Autobahnen zu schonen(':lol:')) geht nicht nur an der Realität, sondern auch an den technischen Möglichkeiten völlig vorbei.

Die Versorgung /Belieferung hat sich radikal geändert. Warum sollte man die Güter von einem LKW nochmals umladen, wenn er innerhalb Deutschlands über Nacht am Zielort sein kann?

Die Ausgabe von LKW-Fernverkehrslizenzen wurde immer restriktiv gehandhabt, nicht umsonst werden sie mit mehr als 100.000 Euro gehandelt.

Die Bahn ist nicht mehr der bestimmende Verkehrsträger sondern nur noch ein Möglichkeit unter mehreren.

Ich wohne auf dem Land und habe für einen Großteil der Strecken keine Alternative zum Auto. Da ich ein "Bahnfreund" bin, nutze ich zuweilen den Personenverkehr aber die Schwierigkeiten beginnen bereits mit der Suche nach einem Parkplatz in Bahnhofsnähe. Dazu muss ich von Anfang an Umwege und den zusätzlichen Zeitaufwand für Fahrplanrecherche / Routensuche / Fahrkartenkauf / Gepäcktransport usw. ausblenden. Ein Nicht-"Bahnfreund" verkneift sich solche Umstände von Haus aus. (Beispiel: Ankunft am Münchner Flughafen, mit dem Gepäck in den Bus quetschen und in Freising 45 min. auf einen Zug nach z.B. Deggendorf warten) In dieser Zeit bin evtl. mit dem PKW schon zuhause.

Die Zeiten, in denen die Bahn Gewinne machte, liegen schon ganz lange zurück und haben mit der Frage der Finanzierung als AG oder Staatsbahn nichts zu tun.


Viele Grüsse,

Fritz
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Beitrag von riedfritz »

Bayerhascherl hat geschrieben:Die Schweizer machen die Sache einfach wesentlich pragmatischer. Und das könnten wir auch.
Absurde Idee, die Schweiz hatte keinen Weltkrieg, keine zerbombten Innenstädte, keine Zweiteilung des Staatsgebietes und keine Wiedervereinigung und hat eine völlig andere geografische Struktur!



Viele Grüsse,

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Beitrag von rautatie »

riedfritz @ 28 Nov 2013, 12:40 hat geschrieben: [(Beispiel: Ankunft am Münchner Flughafen, mit dem Gepäck in den Bus quetschen und in Freising 45 min. auf einen Zug nach z.B. Deggendorf warten) In dieser Zeit bin evtl. mit dem PKW schon zuhause.
Und wo hattest du während der Reise Dein Auto geparkt? Soll ja dem Vernehmen nach am Airport nicht ganz billig sein...

Gerade zum Flughafen würde ich z.B. nie mit dem Auto fahren, da finde ich die Öffis allemal praktischer...
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Beitrag von riedfritz »

Gerade zum Flughafen würde ich z.B. nie mit dem Auto fahren, da finde ich die Öffis allemal praktischer...
Und wie komme ich mit Koffer zu den Öffis?, wo stelle ich in Regensburg, Amberg, Deggendorf, Passau am Bahnhof mein Auto hin, wenn ich bis dahin auch schon 25 km fahren muss, in der Nacht, wenn noch kein Bus fährt?

Das letzte mal habe ich in Nürnberg halt doch das teuere Parkhaus genommen und das teuere Auto hingestellt, weil kein Öffi eine Möglichkeit bot, weder bei Anreise noch bei Abreise. Trotzdem finanziere ich mit meiner Steuer auch den öffentlichen Personenverkehr und die Bahn obwohl ich kaum einmal davon profitiere.


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Beitrag von rautatie »

riedfritz @ 28 Nov 2013, 14:17 hat geschrieben:
Und wie komme ich mit Koffer zu den Öffis?, wo stelle ich in Regensburg, Amberg, Deggendorf, Passau am Bahnhof mein Auto hin, wenn ich bis dahin auch schon 25 km fahren muss, in der Nacht, wenn noch kein Bus fährt?
Hm, bisher dachte ich, dass das Parken in Passau oder Amberg preiswerter wäre als am Flughafen München...
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Beitrag von JeDi »

Flo_K @ 27 Nov 2013, 20:31 hat geschrieben: Ich finde die Diskussion über Wettbewerb bei der Bahn immer sehr interessant. Dabei sollte man aber immer im Hinterkopf behalten, dass Wettbewerb bei der Bahn - vor allem im Regionalverkehr - immer eingeschränkt sein wird.
Nein. Es gibt halt einen Unterschied zwischen Wettbewerb im Markt (wenn ich mir meinen Milchlieferanten aussuchen kann) und Wettbewerb um den Markt (bei natürlichen Monopolen).
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Beitrag von Markus »

bayerhascherl @ 28 Nov 2013, 12:33 hat geschrieben: Bleiben wir mal in Europa, Vergleiche mit Asien scheitern schon an extremen kulturellen Unterschieden, wo sich die Wirkung von Organisationsformen nicht mehr sauber extrapolieren lässt. Die SBB in der Schweiz sind, da sind wir uns alle einig, in jedem Feld besser. Wenn wir mal ernsthaft diskutieren und nicht einfach in Urlaubserinnerungen schwelgen, wieviel besser doch eh alles in der Schweiz sei, dann fällt zuerst auf, dass die SBB in der Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen Aktiengesellschaft firmieren. Bei den Kennzahlen fällt auf, dass pro Bürger 6x soviel Steuergeld zugebuttert wird. Und bei der Angebotsstrategie fällt auf, dass man die Milliarden nicht für wenige Hauptachsen und Prestigezüge "verballert", sondern eher eine Art S-Bahn + Interregio Netz über die ganze Schweiz gespannt hat (und das würde bei uns ganz genauso funktionieren, das Gro des Volumens ist und bleibt eben im Nah- und Regionalverkehr und nicht im Fernverkehr um den es quasi immer geht in diesen Diskussionen! DEN kann man ja von mir aus wettbewerblich gestalten..es ist in meinen Augen aber absurd, schon mit öffentlichen Steuergeldern Verkehre zu bestellen, über die Regionalisierungsmittel, wo alles bis zur Verkehrsmenge eh vom Staat vorgegeben wird, aber dann hier eine Art "Mini-Kapitalismus" walten zu lassen, um Eisenbahngesellschaften zu ermöglichen in diesem mit Steuergeld finanzierten Marktbereich Profite einzufahren.. wieso denn bitte nicht gleich staatlich, ohne die 10%+x obendrauf!).

Die Schweizer machen die Sache einfach wesentlich pragmatischer. Und das könnten wir auch.
Du warst schon länger nicht mehr in der Schweiz, oder?
Dein Schweiz-Bild finde ich arg rosig.

Natürlich läuft bahntechnisch einiges in der Schweiz besser.
Ist halt auch ein kleines Land mit vielen Bergen, das gerne Bahn fährt und nicht so sehr mit dem Auto. ;-)
Aber diesen Fernverkehr wie es in Deutschland oder Frankreich gibt, findest Du dort fast nicht.
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Beitrag von Markus »

riedfritz @ 28 Nov 2013, 12:40 hat geschrieben: Hallo Markus,

bist Du dir sicher, dass Du den Satz von GSIISp64 b richtig verstanden hast?(Börsengang usw.)

...

Die Bahn ist nicht mehr der bestimmende Verkehrsträger sondern nur noch ein Möglichkeit unter mehreren.

...

Die Zeiten, in denen die Bahn Gewinne machte, liegen schon ganz lange zurück und haben mit der Frage der Finanzierung als AG oder Staatsbahn nichts zu tun.
Habe ich schon so verstanden.
Ich sehe nicht, wie sich der Wettbewerb im Güterverkehr noch groß ändern sollte.
Die Privatunternehmen lassen nicht mehr zurück auf die Bahn pressen, sie wollen Wahlfreiheit, je nachdem was logistisch am besten.
Die Bahnen müssen sich diesem Wettbewerb entsprechend stellen so oder so.

Nur bin ich der Meinung, dass der Bund die entsprechende Infrastruktur (nicht Fahrbetrieb) dafür bereitstellen muss und es muss ein diskriminierungsfreier Zugang dazu gewährleistet sein.
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Beitrag von riedfritz »

[QUOTE =rautatie] Hm, bisher dachte ich, dass das Parken in Passau oder Amberg preiswerter wäre als am Flughafen München... [/QUOTE]

Dort findest Du in angemessener Entfernung vom Bahnhof auch keinen Dauerparkplatz. Beim Flug von Nürnberg hätte ich sogar ein Rail-and-Fly-Ticket gehabt.

Diese Diskussion über Einzelfälle ist aber müssig. Für einen Großteil der Fahrten stehen öffentliche Verkehrsmittel nicht zur Verfügung, genauso wie für einen Großteil des Güterverkehrs die Eisenbahn eben nicht geeignet ist.


Viele Grüsse,

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Beitrag von riedfritz »

Markus @ 28 Nov 2013, 16:34 hat geschrieben:Nur bin ich der Meinung, dass der Bund die entsprechende Infrastruktur (nicht Fahrbetrieb) dafür bereitstellen muss und es muss ein diskriminierungsfreier Zugang dazu gewährleistet sein.
Da sind wir uns einig.
Das eben ist das Problem, wie hoch die Beträge für Schienenverkehr und Strassenverkehr jeweils sein sollen. Mir scheint der Strassenverkehr auch unterfinanziert zu sein, was sich in Staus und dem Strassenzustand manifestiert.


Im übrigen: Die Schweiz hat sich als kleines Land den internationalen Verkehr durch nichteuropäische Zulassungsbestimmungen bei den LKW-abmessungen vom Hals gehalten. Dieser Verkehr ist dann über Österreich und Frankreich ausgewichen. So kann man es auch machen!


Viele Grüsse,

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Beitrag von 218 466-1 »

bayerhascherl @ 28 Nov 2013, 12:33 hat geschrieben:Die Schweizer machen die Sache einfach wesentlich pragmatischer. Und das könnten wir auch.
Nein das können wir nicht. In der Schweiz hat die SBB das Monopol und kann daher schalten und walten wie sie will und sich Qualitätszüge leisten. Zudem ist die Schweiz wesentlich Bahnfreundlicher eingestellt, als Deutschland.
Die DB steht im Regionalverkehr im EU-Wettbewerb und der bedeutet, dass (leider) meistens das EVU mit dem billigsten Angebot gewinnt. Der Steuerzahler oder Zumindest einige Organisationen würden sich aufregen, wenn man für den Bahnverkehr zu viel Geld "zum Fenster rauswirft" , weil niemand einsehen wird, dass viel Geld oder mehr als nötig für etwas ausgegeben wird, das man selbst nicht oder nur selten nutzt, siehe S21.
Darum gibt es nur die Wahl zwischen mehr Zugfahrten oder gut ausgestatteten Zügen aber nicht beides, da das wesentlich teurer wäre.
Darum wird es für Bahnfans ...
bayerhascherl @ 28 Nov 2013, 12:36 hat geschrieben::wub:
GANZ GENAU
Ich bevorzuge jeden Silberling gegenüber den BR440 im Raum Augsburg..
... immer schwieriger, mit komfortablen Qualitätszügen fahren zu können. :(
Ich will damit nicht sagen, dass man n-Wagen noch weitere 40 Jahre weiter fahren lassen sollte, denn ewig könnte man die nicht einsetzen. Aber gleichwertigen komfortablen Ersatz auf modernem Stand wird es wegen dem Wettbewerb bzw. "wirtschaftlicher Planung" nicht geben.
Dazu müsste die Bahn allgemein als wichtigstes Verkehrsmittel angesehen werden (noch vor dem PKW), aber ein solches Umdenken wird es auch langfristig wohl nicht geben. Darum hinkt der Vergleich mit der Schweiz schon sehr.
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Beitrag von JeDi »

218 466-1 @ 28 Nov 2013, 17:30 hat geschrieben: Nein das können wir nicht. In der Schweiz hat die SBB das Monopol und kann daher schalten und walten wie sie will und sich Qualitätszüge leisten.
Qualitätszüge? Schonmal mit deren Pseudo-FV-DoSto länger als 'ne Stunde gefahren?
Darum wird es für Bahnfans ...
... immer schwieriger, mit komfortablen Qualitätszügen fahren zu können.
Stimmt. Das liegt aber eher an der de-facto-Abschaffung der 1. Klasse seitens DB Fernverkehr.
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Beitrag von Rohrbacher »

146225 @ 28 Nov 2013, 06:13 hat geschrieben:Und ohne Zweifel ein eher positiver Nebeneffekt des Wettbewerbs war eine recht tiefgehende Wandlung des deutschen Regionalverkehrsfuhrparks von vorgestrig zu meistens etwas zeitgemäßer.
Quatsch. Der Fuhrpark wurde natürlich erneuert. Aber ohne Bahnreform/Wettbewerb wären die Züge auch ersetzt worden. Warscheinlich mit der einen oder anderen Großpanne weniger und vielleicht sogar schneller, nämlich durch Beschaffung großer Stückzahlen und weil man mit der Beschaffung neuer Züge nicht jahrelang "bis nach der Ausschreibung" warten würde. :ph34r:
146225 @ 28 Nov 2013, 06:13 hat geschrieben:Wer als EVU keinen Anreiz hat, besser zu werden, der tut es in der Regel ja auch nicht, dann greifen Beharrungskräfte bzw. die Entwicklung von Verbesserungen dauert viel zu lange, weil ja kein Druck von außen da ist.
Die Frage ist nur, ob in einem Markt, der keiner ist, Druck ein Mittel ist. Und Druck auf wen überhaupt? Druck auf das Unternehmen, Geld zu sparen, billig zu sein etc. ist schlecht, dann wird die Qualität schlecht. Druck auf die Führungskräfte, gute Arbeit zu leisten, im Sinne von einen ordentlichen Bahnbetrieb zu managen, ist ganz was anderes und wäre sehr viel zielführender. Ist ja nicht so, dass in Ländern, wo nicht ausgeschrieben wird, die Bahnen Beamtenmikado spielen. Die SBB hat beispielsweise auch Vorgaben durch den Bund und die Kantone, die sie einhalten muss. Da geht's aber nicht drum, "wer fährt mir hier am billigsten einen Stundentakt", sondern wie kann man mit dem effizienten Einsatz von Betriebsmitteln möglichst flächendeckend einen ordentlichen Bahnverkehr für die Nutzer organisieren.
riedfritz @ 28 Nov 2013, 12:40 hat geschrieben:Das Streckensystem der Eisenbahn stammt aus einer Zeit, in der es keinen nennenswerten Individualverkehr gab
Genau das ist das Problem: Die Bahninfrastruktur wurde auf dem Stand des 19. Jahrhunderts belassen. Absurde Idee, aber wenn man das Bahnnetz nicht in den Zeiten der "autogerechten Welt" kaputtgemacht und bis in die heutige Zeit weiterentwickelt hätte, sähe die Sache komplett anders aus. Kein europäisches Industrieland gibt aber so wenig Geld für die Bahninfrastruktur aus wie Deutschland.
riedfritz @ 28 Nov 2013, 12:40 hat geschrieben:Die Annahme, man könne den LKW-Verkehr nennenswert reduzieren (um Autobahnen zu schonen(':lol:')) geht nicht nur an der Realität, sondern auch an den technischen Möglichkeiten völlig vorbei. (...) Die Versorgung /Belieferung hat sich radikal geändert. Warum sollte man die Güter von einem LKW nochmals umladen, wenn er innerhalb Deutschlands über Nacht am Zielort sein kann?
Nein. Vielleicht am derzeitigen Schrumpfnetz, aber technisch ginge das hervorragend, wenn z.B. die Logistikfirmen sich in Bahnnähe angesiedelt hätten oder man sie nachträglich anschließt. Warum denn überhaupt umladen? Mit ausreichend Rangierbahnhöfen und Güterverkehrszentren und einem Bahnnetz mit der Dichte wie 1950 konnte man fast jede größere Gemeinde beliefern und wenn man die Gewerbegebiete neben die Bahn gebaut hätte, was man ja sogar oft hat, nur ist heute die Bahn rückgebaut, brauchst du bei vielen Verkehren nichts umladen, da würdest du den Waggon direkt auf's Firmengelände schieben.

Und die Kleinfirmen, die Kleinmengen bekommen, bei denen steht selten der 40-Tonner vor der Tür, da kommt am Ende der Lieferkette ein Sprinter vorbei. Übrigens fahren deswegen die wenigsten Lkw von Startpunkt A nach Zielort B, das machen die nur dann, wenn du der komplette Lkw mit 20t Ladung für einen Kunden fährt. Bei Stückfracht wird genauso mehrfach umgeladen wie früher beim Güterzug. Die Speditionen machen im Prinzip genau das selbe was die ole Bundesbahn früher auch gemacht hat: Die Ladungen werden eingesammelt (oder gebracht), landen in einem Logistikzentrum, werden dort je nach Zielort in einen großen Lkw zum nächsten Logistikzentrum umgeladen und landen dann ggf. noch ein paar Umladevorgänge später am Zielort. Mit größeren Sendungen kann man die Kunden nacheinander direkt anfahren, aber wenn das viele sind kann das je nach Umkreis länger dauern. So eine bestellte Waschmaschine ist mit dem Lkw recht schnell irgendwo in der Nähe auf einem Speditionshof, bis die aber bei mir vor der Haustür steht, kann das 2 oder 3 Tage dauern.

Die Transportwege sind heute nur deswegen "schneller als die Bundesbahn", weil man heute nicht von Hand ausläd, sondern mit'm Stapler und weil's allerlei moderne Technik wie Scanner gibt. Das würde mit einem Güterwagen aber genauso gehen. Und schneller... also, ein Lkw mit Vmax = 80 km/h, Sonntagsfahrverbot, Stau vs. moderner Güterzug mit Vmax = 120 km/h und (zwei)stündlichen Fahrten zwischen den Logistikzentren. Dazu zweimal am Tag Übergabezüge in die Fläche rausschicken, das wäre nicht langsamer. Das Problem ist nicht, dass das Verkehrsmittel Bahn das nicht leisten könnte, das Problem ist, dass die sehr fragmentierte Logistikbranche und die Infrastruktur heute nur noch auf Lkw-Verkehr eingestellt ist. Natürlich ist die Bahn z.B. für die Post nicht attraktiv, wenn die Post die Verteilzentren ohne Bahnanschluss baut. Ich kann diesen Mist nicht mehr hören...

Elektromobilität im Schwerlastbereich geht mit mittelfristig verfügbarer Technik jedenfalls ausschließlich bei der Eisenbahn, da nutzen auch so Hirngespinste nichts wie sackschwere (wenig Nutzlast) Hybrid-Lkw mit Stromabnehmer und Fahrleitung über der Autobahn, die so viel kosten wie der Ausbau des Bahnnetzes.
riedfritz @ 28 Nov 2013, 17:02 hat geschrieben:Für einen Großteil der Fahrten stehen öffentliche Verkehrsmittel nicht zur Verfügung
Auch das ist ein Problem, was an der Verkehrspolitik liegt und nicht an der Technik. Es wäre technisch jederzeit möglich, das Bahnnetz auszubauen, mehr Züge zu fahren und dazwischen Busse zur Feinerschließung einzusetzen und das ganze mit System. Eine Buslinie, die nicht fährt ist halt genauso blöd wie ein Auto, das man nicht hat oder eine Straße, die es nicht gibt.
riedfritz @ 28 Nov 2013, 17:27 hat geschrieben:Das eben ist das Problem, wie hoch die Beträge für Schienenverkehr und Strassenverkehr jeweils sein sollen. Mir scheint der Strassenverkehr auch unterfinanziert zu sein, was sich in Staus und dem Strassenzustand manifestiert.
Nein, der Straßenverkehr ist nicht unterfinanziert. Der Straßenverkehr ist einfach viel zu viel und auf den Fernstraßen ist wie gesagt viel zu viel unterwegs, was da nicht hingehört! Auch wenn du da rumlolst^^, aber die Autobahnen/Brücken sind für den heutigen Schwerverkehr einfach nicht ausgelegt. Natürlich geht deswegen alles sehr viel schneller kaputt. Daraus eine Unterfinanzierung abzuleiten hat schon eine ADAC-mäßige Dreistigkeit. ;)

Ich kann hier auch nicht mit'm Kettenpanzer durch'n Ort fahren, die Straßen kaputt machen und dann sagen, die blöde Gemeinde lässt die Straßen vergammeln.
riedfritz @ 28 Nov 2013, 17:27 hat geschrieben:Im übrigen: Die Schweiz hat sich als kleines Land den internationalen Verkehr durch nichteuropäische Zulassungsbestimmungen bei den LKW-abmessungen vom Hals gehalten. Dieser Verkehr ist dann über Österreich und Frankreich ausgewichen. So kann man es auch machen!
Sorry, aber das ist reiner Eigenschutz. Auch die schweizer Autobahnen sind für Lkw-Lawinen nunmal nicht so geeignet. Dafür bauen die Schweiz und Österreich milliardenteure, aber sinnvolle Bahntunnels durch die Alpen und Deutschland blamiert sich beim Nichtausbau der Zulaufstrecken bis auf die Knochen.

Übrigens gehört Deutschland nicht nur wie gesagt zu den europäischen Industrieländern, die am wenigsten in die Bahninfrastruktur investieren, sondern auch noch zu denen, die absolut mehr in die Straße investieren als in die Schiene! Deutschland baut lieber erst die A94 als zeitnah die Bahnstrecke München - Mühldorf - Burghausen/Simbach/Freilassing aus, über die eingleisig über 1% des bundesdeutschen Schienengüterverkehrs dieseln muss.

Man darf nicht immer den politisch in Jahrzehnten herbeigeschrumpften Status Quo bei der Eisenbahn als Maßstab oder gar Stand der Technik nehmen.




JeDi @ 28 Nov 2013, 17:49 hat geschrieben:Qualitätszüge? Schonmal mit deren Pseudo-FV-DoSto länger als 'ne Stunde gefahren?
Markus @ 28 Nov 2013, 16:34 hat geschrieben:Aber diesen Fernverkehr wie es in Deutschland oder Frankreich gibt, findest Du dort fast nicht.
Und wir haben keinen Fernverkehr wie du ihn in Russland beispielsweise vorfindest. Natürlich nicht. So langsam sollte sich auch in diesem Forum mal die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass die Schweiz aufgrund Ihrer Abmessungen keinen Fernverkehr hat, sondern im Grunde "nur" ein gut durchgestuftes Regionalnetz. Deswegen gibt's auch keinen inländischen Fernverkehrstarif. Haltabstände von 100 bis 150 km gibt die Schweiz maximal auf einer Strecke her. Aber es gibt ja ausländische Fernzüge, die die Schweiz im Vor- und Nachlauf bedienen. ;)

Viel interessanter ist, dass der Hauptbahnhof einer Stadt mit einer im weltweiten Vergleich eher geringen Einwohnerzahl von unter 400.000 als einer der am meisten frequentierten Bahnhöfe der Welt gilt.
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Beitrag von riedfritz »

Deine Behauptungen bezüglich der Möglichkeiten von ÖPNV und Eisenbahn im Güterfernverkehr gehen m.E. völlig an den technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen der Bahn vorbei.

Man darf nicht vergessen, dass sich Bahntransport nur rentiert, wenn man einigermassen komplette Züge zusammenstellen kann.

Dichteres Eisenbahnnetz? Eine Strecke, die nur einmal am Tag mit einem Containertragwagen für ein einzelnes Industriegebiet bedient wird, wird sich niemals rentieren.

Gerade im internen Verkehr zwischen Industriebetrieben sind Lastzüge mit spezialisierten Aufliegern unterwegs, die nicht einfach durch Eisenbahnwaggons ersetzt werden können.
BMW z.B. wird auch in absehbarer Zukunft keine Gigaliner einsetzen, weil das gesamte Logistiknetz nicht dafür ausgelegt ist. Bahntransport wird vom Teilezentrum Wackersdorf lediglich für Überseelieferungen über die deutschen Seehäfen durchgeführt.


Viele Grüsse,

Fritz
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Beitrag von riedfritz »

Rohrbacher hat geschrieben: aber die Autobahnen/Brücken sind für den heutigen Schwerverkehr einfach nicht ausgelegt. Natürlich geht deswegen alles sehr viel schneller kaputt. Daraus eine Unterfinanzierung abzuleiten hat schon eine ADAC-mäßige Dreistigkeit.
Deine Sachlichkeit ist nicht zu überbieten!

Die Fahrzeuge sind nicht schwerer geworden sondern lediglich mehr und wenn eine Brücke oder Strasse durch viel Verkehr abgenutzt ist, hat sie sich rentiert, offensichtlich ihre Aufgabe erledigt und ist zu ersetzen! Das ist bei Schienenwegen genauso!

Dass die Bahn heute noch an den Auswirkungen der "Beamtenbahn" und dem Obrigkeitsimage ihrer Führung (keine Kundenorientierung) leidet, ist ein anderes Problem.

Viele Grüsse,

Fritz
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Beitrag von bayerhascherl »

218 466-1 @ 28 Nov 2013, 17:30 hat geschrieben: Nein das können wir nicht. In der Schweiz hat die SBB das Monopol und kann daher schalten und walten wie sie will und sich Qualitätszüge leisten. Zudem ist die Schweiz wesentlich Bahnfreundlicher eingestellt, als Deutschland.
Die DB steht im Regionalverkehr  im EU-Wettbewerb und der bedeutet, dass (leider) meistens das EVU mit dem billigsten Angebot gewinnt. Der Steuerzahler oder Zumindest einige Organisationen würden sich aufregen, wenn man für den Bahnverkehr zu viel Geld "zum Fenster rauswirft" , weil niemand einsehen wird, dass viel Geld oder mehr als nötig für etwas ausgegeben wird, das man selbst nicht oder nur selten nutzt,  siehe S21.
Darum gibt es nur die Wahl zwischen mehr Zugfahrten oder gut ausgestatteten Zügen aber nicht beides, da das wesentlich teurer wäre.
Darum wird es für Bahnfans ...
bayerhascherl @ 28 Nov 2013, 12:36 hat geschrieben::wub:
GANZ GENAU
Ich bevorzuge jeden Silberling gegenüber den BR440 im Raum Augsburg..
... immer schwieriger, mit komfortablen Qualitätszügen fahren zu können. :(
Ich will damit nicht sagen, dass man n-Wagen noch weitere 40 Jahre weiter fahren lassen sollte, denn ewig könnte man die nicht einsetzen. Aber gleichwertigen komfortablen Ersatz auf modernem Stand wird es wegen dem Wettbewerb bzw. "wirtschaftlicher Planung" nicht geben.
Dazu müsste die Bahn allgemein als wichtigstes Verkehrsmittel angesehen werden (noch vor dem PKW), aber ein solches Umdenken wird es auch langfristig wohl nicht geben. Darum hinkt der Vergleich mit der Schweiz schon sehr.
Der Unterschied in unseren Kommentaren liegt im Wörtchen "kann" bzw. "könnte"! Aktuell "kann" man das natürlich nicht. Aber die Rechtslage und politischer Willen sind nicht unabänderlich bis in die alle Ewigkeit. Die aktuelle Generation, die in Wirtschaft und Politik maßgeblich verantwortlich zeichnet, wird natürlich nicht die Ideologie in Frage stellen, gar revidieren, mit der sie aufgewachsen ist und die sie ja auch selbst maßgeblich umgesetzt hat. Aber natürlich ist eine volle Rückverstaatlichung möglich. Und wenn es in Deutschland eine dem Gemeinwohl verpflichtete Behörde ist, die den Betrieb und alles drumherum organisiert, dann ist das sehr wohl auch mit EU Recht vereinbar (auch hier sollte man aber grundsätzlich eine andere Richtung einschlagen und nicht immer die EU benutzen, um über die Hintertür Politik zu machen, die Innenpolitisch eigentlich keine Mehrheiten beim Bürger findet...).

Würde man die Leute wirklich ernst nehmen und in Volksentscheiden mitbestimmten lassen, dann bin ich mir sicher, dass die Prioritäten in der Verkehrspolitik in etwa folgendem Mehrheitsbild längst entsprechen: Rückkehr einer Bundesbahn, Rückkehr eines simplen Preismodells (Normalpreis Fernverkehr, Normalpreis Regionalverkehr, Zuschlag nur für 1. Klassen und ICE, Ermäßigung nur - wie allgemein üblich - für Senioren, Schüler und Studenten sowie Behinderte und Familienreisen). Dazu gibt es wieder eine Rabattkarte für 50% Rabatt (EINE, sonst nichts), für Vielfahrer.

Kein Prestige mehr. Weder bei Bahnhöfen, Instandhaltung in der Fläche hat Priorität vor Prachtbauten in den Metropolen, noch beim rollenden Material. Da, wo der Intercity vor Jahrzehnten bereits die selben Fahrtzeiten hatte wie heute der "Express" schafft man wieder lokbespannte Garnituren an, anstatt sich einen Porsche zu kaufen, den man in der Tempo 30 Zone eh nicht ausfahren kann, und damit die Unkosten in die Höhe zu treiben. Die Marge, die aktuell bei Ausschreibungen im Regionalverkehr noch (legitimerweise) als Gewinn bei den Eisenbahnunternehmen verbleibt, wenn man Regionalisierungsmittel und Fahrgeldeinnahmen mit den Betriebskosten gegenrechnet, wird in eine Verbesserung des Angebots von staatlicher Seite investiert (nicht nur einfach mehr Verbindungen sondern Priorität darauf, diese stets pünktlich usw. bedienen zu können). Damit muss natürlich auch das entfallen, was maßgeblich zu Einsparungen geführt hat, nämlich relativ niedrige Löhne und Gehälter. Natürlich arbeiten auch Reinigungskräfte gewissenhafter, wenn sie unbefristete Vollzeitverträge mit gutem Stundenlohn haben. usw

Und ich will mir nicht immer nur kleinmütig dozieren lassen, von sog. Experten, warum dies alles nicht ginge und utopisch wäre und es umgekehrt aber vollkommen drin ist, dass die obersten Prozent unserer Gesellschaft inzwischen den größten Teil allen Wohlstands unseres Landes besitzen... ich schaue auch nicht voller Staunen auf die glitzernden Wüstenskylines der Ölstaaten, sondern denke mir "wir bezahlen das alles tagtäglich an der Tankstelle, diese Länder haben allesamt keine nennenswerte Inlandswirtschaft, die diesen Lebensstandard auch nur ansatzweise ohne Ölexporte finanzieren könnte, wieso machen wir das mit, anstatt das Geld hier zu behalten und im ersten Moment zwar vermeintlich mehr zB für die Fahrt mit der Eisenbahn zu bezahlen als für die Fahrt mit dem PKW, aber das Geld nicht zu den Ölstaaten zu schicken sondern unseren Nachbarn damit zu bezahlen, der dann wieder Kunde bei meinem Chef ist, mein Chef kann mich dann besser bezahlen, womit ich mir die Eisenbahnreise, und manches mehr, gut leisten kannn...". Es gibt keine bewährtere "Elektromobilität" als die Eisen- und Straßenbahn! Da braucht man gar nicht mit komplitzierten und teuren Akkus usw. experiemtieren. DAFÜR ist aber lustigerweise Staatsknete da. Warum wohl? Die mächtige Autolobby muss sich irgendwie in das Zeitalter nach dem Erdöl retten und man will bloß keine Marktanteile an Öffentliche Verkehrsmittel verlieren.

Wir haben uns so damit abgefunden, immer Demut gepredigt zu bekommen, dass wir das richtig internalisiert haben und sogar aktiv gegen Zweifel verteidigen. Ich habe noch mehr als ein halbes Jahrhundert in dieser Gesellschaft und auf dieser Welt zu leben und ich nehme es nicht hin, wie es ist, noch viel weniger wie sich die zukünftige Entwicklung abzeichnet.

JA, Eisenbahn ist ein Wert an sich. Ein kultureller Wert, ein ökonomischer Wert, ein sozialer Wert und auch ein ökologischer Wert noch dazu. Wieso ist dieses wichtige Gut dann kein Gemeinschaftseigentum der Bürger, über den Staat, und wird auch als solches gepflegt und ausgebaut? Ich meine nichts geringeres als DAS machen die Schweizer. Und es gibt wohl, außer den Österreichern, keine andere Gesellschaft, die uns kulturell so nahe steht und gleicht, wie die (Deutsch)Schweiz. Wieso orientieren wir uns dann immer an den Amerikanern, mit ihrer Marktideologie? Wohin das zB im Bereich der Eisenbahn führt, kann man dort schön beobachten (...).
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Beitrag von rautatie »

Ich würde weitgehend zustimmen, aber bitte, bitte keine Reservierungspflicht...
Wo ist das Problem?
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Beitrag von bayerhascherl »

riedfritz @ 29 Nov 2013, 11:49 hat geschrieben: heute noch an den Auswirkungen der "Beamtenbahn"
Das ist doch "kalter Kaffee", Sie dürfen doch nicht das in der Zeit eingefrorene Bild irgend einer Sache, wie sie vor Jahrzehnten war, mit der Gegenwart vergleichen. In ALLEN Bereichen, ob Staat oder Privat, war die Bundesrepublik früher viel obrigkeitshöriger, in Regulierung erstarrt (sozusagen bei allem erst einmal fragend "darf man das, ist das verboten?" anstatt "wieso sollte man das nicht dürfen? Ich find das gut und will das so!")usw. Natürlich hätte man auch eine Bundesbahn reformieren können, anstatt gleich "das Kinde mit dem Bade auszuschütten"! Und persönlich gesagt bin immer froh, wenn ich im Reisealltag mal auf einen Beamten treffe, kompetenter habe ich mich nie beraten gefühlt. Diese Kompetenz geht mir dann auch über Sänkju foa Träwling.
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Beitrag von riedfritz »

Bayerhascherl @ hat geschrieben: im Reisealltag mal auf einen Beamten treffe, kompetenter habe ich mich nie beraten gefühlt
Was hat Kompetenz mit Beamtentum zu tun? Haben Bahn-"Beamte" eine besondere Uniform?
Natürlich hätte man auch eine Bundesbahn reformieren können,
Dieser Satz sagt doch aus, dass es nicht geschehen ist.


Viele Grüsse,

Fritz

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Beitrag von bayerhascherl »

Ich unterhalte mich gerne, wenn diese Zeit haben, kurz mit Schaffnern. Bei älteren Semestern ist dies nicht nur naheliegend, bei Gesprächen hat sich das auch immer wieder bestätigt. Die haben ein anderes Verhältnis zu ihrer Arbeit und sicherlich spielt die andere Bezahlung und andere Ausbildung zu Bundesbahnzeiten auch eine Rolle. Von diesen erfahrenen Mitarbeitern habe ich bisher auch die unkomplitzierteste und verbindlichste Hilfe bei Problemfällen erhalten. Bei jüngeren Mitarbeitern habe ich immer ein bischen das Gefühl, die fürchten sich regelrecht eine Zusage zu machen und verweisen formal auf andere Stellen, die zuständig seien. Wir können jetzt lange Anekdoten austauschen, Sie können einfach hinnehmen dass ich Jahrgang 1986 ein anderes Verhältnis zu Staat und Privat habe, weil ich in meiner bisherigen vergleichsweise kurzen Lebenszeit eine - subjektive - einzige Geschichte des Niedergangs der Eisenbahn in Deutschland erlebt habe. Natürlich war früher auch nicht alles perfekt, aber wie gesagt, man hätte auch einfach reformieren können und dabei das, was gut war, erhalten. So wie es zB die Schweizer offensichtlich getan haben. Die sind doch nicht in Lummerland, das ist ein hochmodernes Industrieland - was sogar Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet. Pardon, ich lerne lieber von der Schweiz, als von den Pleitiers mit verfallender Infrastruktur im angelsächsischen Raum.
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Beitrag von bayerhascherl »

riedfritz @ 29 Nov 2013, 12:36 hat geschrieben: Dieser Satz sagt doch aus, dass es nicht geschehen
Genau, weswegen man nicht per se eine (neue) Bundesbahn ablehnen kann, weil an der (alten) Bundesbahn nicht alles nur positiv war. Man hat es gar nicht erst versucht zu verbessern sondern hat sich vom großen Bruder aus Übersee die Neocon-Ideologie schmackhaft machen lassen in der alten Bundesrepublik. Ist doch kein Zufall dass das in den 80ern in England (Thatcher) und den USA (Reagan) die Politik dominierte, kurz darauf in Deutschland alle möglichen Privatisierungen angestoßen wurden. Das muss man im Gesamtzusammenhang - kritisch - betrachten.
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Beitrag von riedfritz »

[QUOTE= bayerhascherl]Sie können einfach hinnehmen dass ich Jahrgang 1986 ein anderes Verhältnis zu Staat und Privat habe,[/QUOTE]

Mit diesem Alter kann man die alten verkrusteten Strukturen, die vorher geherrscht haben, nicht beurteilen!

Den "Bahnbeamten" bis in die obersten Etagen war einfach egal, wer seine Waren mit der Bahn verschickte und wie lang es dauerte oder wie sich die Reisenden fühlten, sie waren ja ein Staatsbetrieb und es war ein "hoheitliche" Aufgabe so wie die Post (Brief u. Telefon). Was an Geld nicht über Aufträge hereinkam wurde eben vom Staat ausgeglichen. Um die Arbeitsplätze brauchte sich keiner zu sorgen.


Viele Grüsse,

Fritz
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Beitrag von bayerhascherl »

riedfritz @ 29 Nov 2013, 13:02 hat geschrieben: die alten verkrusteten Strukturen
Die gab es doch aber überall! Ich würde auch nie in der alten Bundesrepublik leben wollen, die nachträglich so nostalgisch verklärt wurde. Schon einzelne Anekdoten schrecken mich eher ab, wie dass es zB bei Strafe verboten war, ein anderes Telefon an seinen Telefonanschluss zu stöpseln, als jenes welches man von der Bundespost mieten musste (das grüne Standardmodell hatten meine Eltern auch noch als ich klein war). So ging es ja durch jeden Lebensbereich. Selbst an Universitäten haben sich die Studenten zu Adenauers Zeiten gar untereinander gesiezt und saßen mit Anzug und Kleid in der Vorlesung. Das ist kein Land, in dem ich leben wollen würde, das ist alles befremdlich. Und so natürlich auch viele Einzelaspekte aus Bundesbahnzeiten. ABER die Organisationsform per se, den "Kern" des Ganzen dahinter, den wünsche ich mir sehr wohl. Natürlich in einer zeitgemäßen Form und nicht als Zeitreise in eine Epoche, als all die negativen Klischees über die Deutschen (pedantisch usw) noch wohlverdient waren.

Im Übrigen finde es ich keinen Fortschritt, dass heute jeder Angst um seinen Job haben muss. Das ist Frühkapitalismus.
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