Verbesserungspotenzial im ÖV

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
Markus
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Beitrag von Markus »

Vor einer Woche habe ich in einem Miesbacher Lokalblatt gelesen, dass es vom Landkreis gewünscht ist, die Strecke nach Bayerischzell zu elektrifizieren und die Strecke Richtung Tegernsee bis Schaftlach 2-gleisig auszubauen. Die Elektrifizierung wurde von der Bahn abgelehnt und der Ausbau wurde als "vielleicht irgendwann" zurückgestellt.

Das ist mal wieder ein hervorragender Beleg, dass die Bahnreform bestenfalls als "nicht abgeschlossen" angesehen werden kann.
Natürlich hat die DB Netz kein Interesse Strecken auf eigene Kosten auszubauen oder zu elektrifizieren, wenn zum einen dort die Konkurrenz rum fährt und der Staat für die Infrastruktur verantwortlich ist. Ein gutes Beispiel ist hierfür auch die Strecke nach Lindau.
Die DB wird auf eigene Kosten nur weitere Bahnhöfe bauen, weil das einfach umzusetzen ist und das Passagierpotenzial erhöht.

Ich finde diese Entwicklung schade. Hier versagt die Bundesregierung und noch mehr die Länder. Viel zu oft werden stillgelegte Strecken aufgelassen und mit Radwegen für immer zu betoniert. Viel besser wäre es, wenn diese Strecken saniert würden. Der Stadler Regio-Shuttle ist ein optimales Gefährt für Nebenstrecken mit wenig Verkehr. Das Land verliert immer mehr die Infrastruktur und die Grundversorgung. Kein Wunder das die Landflucht voranschreitet (außer vielleicht im Großraum München).

Die Länder sind echt gefordert mehr Mittel für die Infrastruktur und den Betrieb bereitzustellen.
Und in Sachen Bahnreform ist es notwendig diese abzuschließen oder zurückzudrehen. Entweder die DB Netz vollkommen von der DB AG abtrennen und als bundeseigenes Non-Profit-Unternehmen oder diesen Wettbewerb im Regionalverkehr zu beenden.
Nicht zu unrecht sind die Schweiz und Österreich Vorbilder in Sachen Eisenbahn.
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TramBahnFreak
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Beitrag von TramBahnFreak »

Markus @ 14 Oct 2015, 18:00 hat geschrieben:Natürlich hat die DB Netz kein Interesse Strecken auf eigene Kosten auszubauen oder zu elektrifizieren, wenn zum einen dort die Konkurrenz rum fährt
Von wo DB Netz die Trassengebühren erhält, sollte aber eigentlich unerheblich sein.
Und in Sachen Bahnreform ist es notwendig diese abzuschließen oder zurückzudrehen. Entweder die DB Netz vollkommen von der DB AG abtrennen und als bundeseigenes Non-Profit-Unternehmen
+1
Markus
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Beitrag von Markus »

TramBahnFreak @ 14 Oct 2015, 18:07 hat geschrieben: Von wo DB Netz die Trassengebühren erhält, sollte aber eigentlich unerheblich sein.
Nur zum Verständnis wie ich das meine:

Die DB Netz muss viel Geld in einen Ausbau investieren.
Über die Trassengebühren fließt das Geld erst später peu à peu zurück.
Sprich: für eine fremde Bahngesellschaft müsste die DB Netz einen negativen Cash Flow generieren und das wo aktuell sie viel Kapital braucht für die ganzen Großinvestitionen.
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Eine privatwirtschaftliche Infrastrukturgesellschaft die Rendite abwerfen soll kann eben nicht funktionieren und nichts anderes ist DB Netze.

Ich mache keinen Hehl daraus, mir wäre eine Bundesbahn das liebste und damit mir jetzt keiner ankommt, nicht so wie die damalige Behördenbahn, sondern als moderne öffentlich-rechtliche Eisenbahn und dazu eben staatliche Landesbahnen und Regionalbahnen, also genau das was die Schweiz bietet.

Komisch: Die Schweiz hat die meisten Fahrgäste in ganz Europa, ohne Wettbewerb. Österreich hat die meisten Fahrgäste in der EU und das ohne Wettbewerb und gerade erst wurde das österreichische Modell der Direktvergaben für Rechtens erklärt.
Vorbildlich!

Eine Bahn macht immer das was ihr verkehrspolitisch aufgetragen wird. Macht man es wie in der Schweiz und nimmt Geld in die Hand, bekommt man auch eine gute Bahn.

Im Oberland könnte z. B. eine Bayerische Oberlandbahn fahren die der Region gehört, also den Kreisen MB, TÖL, M, einigen Anliegerstädten und -gemeinden. Eine Bahn in regionaler Hand, wo die erwirtschafteten Gelder auch wieder in der Region investiert werden und Gewerbesteuer regional anfällt. Kein Cent würde nach Paris wandern oder an irgendwelche Eigentümer, die sich nur bereichern wollen, aber nichts zurückgeben. Wer die knallharten Gewinnabführungsverträge in der Branche kennt weiß was Sache ist.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Markus @ 14 Oct 2015, 18:00 hat geschrieben: Die Länder sind echt gefordert mehr Mittel für die Infrastruktur und den Betrieb bereitzustellen.
Und in Sachen Bahnreform ist es notwendig diese abzuschließen oder zurückzudrehen. Entweder die DB Netz vollkommen von der DB AG abtrennen und als bundeseigenes Non-Profit-Unternehmen oder diesen Wettbewerb im Regionalverkehr zu beenden.
Nicht zu unrecht sind die Schweiz und Österreich Vorbilder in Sachen Eisenbahn.
Der Bund wäre gefordert, mehr Gelder für den SPNV bereitzustellen.

Gewinn macht doch eh niemand, weil genau das aus der Redite der Bahn wieder verwendet wird.
Nur der Unsinn mit Ausschreibungen, damit auch NE-Bahnen zum Zug kommen - das ist die ganze Bahnreform.

Der EU-Wettbewerbswahn, der ein reiner Kostenwettbewerb ist, gehört beendet. Bei Grundversorgung an Mobilität hat das nichts zu suchen.
Bundsbahn, Monopl, fertig.

Fahrhastzahlen wie in der Bahnnation Schweiz wird man in DE aber nie erreichen können.
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146225
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Beitrag von 146225 »

218 466-1 @ 14 Oct 2015, 23:35 hat geschrieben: Fahrgastzahlen wie in der Bahnnation Schweiz wird man in DE aber nie erreichen können.
Wo das Angebot stimmt, wird man diese sehr wohl erreichen können - nur: um dieses Angebotslevel zu erreichen, darf nicht gejammert werden, sondern dafür muss Geld in die Hand genommen werden - und daran scheitert es, aber grandios.
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Natürlich wird man Fahrgastzahlen wie in der Schweiz erreichen können, aber das geht nur über einen langen Zeitraum gedacht. In der Schweiz hat sich das auch erst nach und nach gebildet, das war dort auch nicht immer so.
Das wäre ein langfristiges Projekt das man schaffen kann, mit einer guten Vernetzung und einer Infrastruktur die nicht aufs gerade nötige zurückgebaut ist und keinerlei Kapazitäts- und Verspätungsreserven bietet.

Zumindest das Fahrgastniveau von Österreich kann man gut erreichen mit dem richtigen Konzept.
Das Wettbewerb irgendwas bewegt hätte ist eines der größten Märchen, aber viele glauben daran. Dabei würde ohne die Gelder vom Staat und ohne dessen Vorgaben (z. B. Bedienqualität, Fahrzeuge usw.) kein Zug bewegt. Das kann man auch selber machen ohne dass sich einzelne an Steuergeldern bereichern und diese Gelder der allgemeinen Wertschöpfung vorenthalten werden.

Ich bin dafür dass man wie in der Schweiz für bestimmte Strecken regionale Bahnen in öffentlicher Hand hat, entweder als Landesbahn oder regionale öffentlich-rechtliche Bahn und alles andere, von Fernverkehr über überregionalen Verkehr fährt eine neue Bundesbahn (ohne Verbeamtung) die dem Allgemeinwohl zu dienen hat und nach genauen Vorgaben fährt, die vorher von Bund und Ländern aufgestellt werden (Bedienqualität, Fahrzeuge, Begleitquote, Ausstattung usw.).
Schluss mit einem Kostenwettbewerb, wo die Infrastruktur, die Personale, die Fahrgäste und im Grunde alle darunter zu leiden haben.

Die großen Profiteure sind halt die, die an der Quelle bei der großen Politik und bei der EU-Kommission sitzen und schon dafür sorgen dass sich da wenig ändert.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Die Schweiz hat aus strategischen Gründen im kalten Krieg die Bahn und Elektrifizierung massiv gefördert um im Spannungsfall unabhängig von Öllieferungen zu sein. Ich denke das sollte man immer im Hinterkopf haben.
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Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

Ich weiss nicht. ein klein wenig Wettbewerb wäre schon ganz gut. ein reiner Staatsbetrieb auf Staatskosten - wo wäre da der Anreiz, Neues zu entwickeln, innovativ zu sein, und damit mehr Anreize, Bahn zu fahren, zu schaffen?

Nur über Umweltbewusstsein, und staatlich gestützte Dumping-Preise wird man die Kunden nicht in Massen in die Züge locken können. oder Güter stärker auf die Schiene verlagern.

Aber ja, der Gegenpol, reiner Wettbewerb kann es eben auch nicht sein. Ohne staatliche Zusatz-Finanzierung ist das System Bahn kostenmäßig einfach nicht konkurrenzfähig.

Ich halte wenig davon, die Konkurrenzfähigkeit künstlich herzustellen, indem man der "Konkurrenz" Straße/Wasser/Luft künstliche Steine in den Weg legt, nur damit das System Bahn besser da steht.
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karhu
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Beitrag von karhu »

Cloakmaster @ 15 Oct 2015, 09:30 hat geschrieben: Ich weiss nicht. ein klein wenig Wettbewerb wäre schon ganz gut. ein reiner Staatsbetrieb auf Staatskosten - wo wäre da der Anreiz, Neues zu entwickeln, innovativ zu sein, und damit mehr Anreize, Bahn zu fahren, zu schaffen?
Das ist ganz einfach, der Staat muss einfach Geld in die Bahn investieren dann werden auch neue Fahrzeuge entwickelt. Eine der wichtigsten Fortschritte war die Drehstromlokomotive Baureihe 120 und das war in der Bundesbahnzeit, auch der ICE wurde in der Bundesbahnzeit entwickelt.

Was hat da die DB AG zustande gebracht? Die Neigetechnik, die aber immer wieder ausfällt (Baureihe 611 & 612), sonnst gibts da kaum große Fortschritte, eher Rückschritte im Komfort besonders im Nahverkehr (Baureihe 425, 440, 612 usw.).

Also ein Staatsbetrieb kann sehr wohl innovativ sein wenn die richtige Politik gemacht wird und Mitarbeiter ein demokratisches Mitspracherecht und Entscheidungsrecht haben, das steigert die Motivation für neue Ideen.
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Beitrag von Cloakmaster »

Die Fahrzeuge wurden aber auch nur in (staatlichen) Bahn-Auftrag, mit entsprechenden Vorgaben. Wer weiss, was eine freie Entwicklung an Lösungen zutage fördert, wenn der Entwickler auf einen Markt trifft, auf dem er seine innovative Entwicklung anbieten kann?

Zeitgleich darf es natürlich nicht in Verschwendung ausarten - nach dem Motto alles, was gut und teuer ist, nur her damit, der Staat wirds schon zahlen. Diesen Mittelweg zu finden sehe ich als schwierig an, wenn der Staat direkt oder indirekt Auftraggeber und -nehmer zugleich ist. Es kann funktionieren - muss aber nicht.
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Beitrag von Markus »

DSG Speisewagen @ 14 Oct 2015, 22:06 hat geschrieben: Eine privatwirtschaftliche Infrastrukturgesellschaft die Rendite abwerfen soll kann eben nicht funktionieren und nichts anderes ist DB Netze.

Ich mache keinen Hehl daraus, mir wäre eine Bundesbahn das liebste und damit mir jetzt keiner ankommt, nicht so wie die damalige Behördenbahn, sondern als moderne öffentlich-rechtliche Eisenbahn und dazu eben staatliche Landesbahnen und Regionalbahnen, also genau das was die Schweiz bietet.

Komisch: Die Schweiz hat die meisten Fahrgäste in ganz Europa, ohne Wettbewerb. Österreich hat die meisten Fahrgäste in der EU und das ohne Wettbewerb und gerade erst wurde das österreichische Modell der Direktvergaben für Rechtens erklärt.
Vorbildlich!

Eine Bahn macht immer das was ihr verkehrspolitisch aufgetragen wird. Macht man es wie in der Schweiz und nimmt Geld in die Hand, bekommt man auch eine gute Bahn.

Im Oberland könnte z. B. eine Bayerische Oberlandbahn fahren die der Region gehört, also den Kreisen MB, TÖL, M, einigen Anliegerstädten und -gemeinden. Eine Bahn in regionaler Hand, wo die erwirtschafteten Gelder auch wieder in der Region investiert werden und Gewerbesteuer regional anfällt. Kein Cent würde nach Paris wandern oder an irgendwelche Eigentümer, die sich nur bereichern wollen, aber nichts zurückgeben. Wer die knallharten Gewinnabführungsverträge in der Branche kennt weiß was Sache ist.
Die Bundesbahnen in der Schweiz und Österreich sind auch Aktiengesellschaften, die zumindest kostendeckend fahren sollen.

Mit "Non-Profit" ist übrigens ebenfalls gemeint, dass der Betrieb kostendeckend geführt werden soll. Eine (positive) Rendite muss nicht sein.

Im übrigen, die DB Netz macht aktuell gute Gewinne, welche die an die DB Holding abführt.
Wenn man böswillig ist, könnte man sagen, die DB Netz tut den Fahrbetrieb mitfinanzieren. Und das sollte nicht Sinn der Sache sein.
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Beitrag von Metropolenbahner »

Cloakmaster @ 15 Oct 2015, 11:10 hat geschrieben: Die Fahrzeuge wurden aber auch nur in (staatlichen) Bahn-Auftrag, mit entsprechenden Vorgaben. Wer weiss, was eine freie Entwicklung an Lösungen zutage fördert, wenn der Entwickler auf einen Markt trifft, auf dem er seine innovative Entwicklung anbieten kann?
Innovationen sind immer kostspielig, d.h. ohne Geld gehts nicht.

Aktuell wird der NV schon subventioniert und welche (Neu-)Fahrzeuge gibts dort?

Ohne Geld gehts nicht, was der freie Markt fördert, sieht man in den USA: Flieger + Busse.
Die Straßen sind sowieso schon da, da man sie für Autos braucht und der Flieger braucht nur nen billigen Flughafen, ansonsten keine Infrastruktur, ist also billig.

Schiene dagegen ... tja ... kann man für schwere Güterzüge gebrauchen, Strecken für VMax 100 sind auch billig gebaut, aber sonst, HGV?

Das innovativste der letzten Jahre dürfte die WAKO sein und wer hat die bestellt? Das Land, das tüchtig in den Schienenverkehr zuschießt.
Zeitgleich darf es natürlich nicht in Verschwendung ausarten - nach dem Motto alles, was gut und teuer ist, nur her damit, der Staat wirds schon zahlen. Diesen Mittelweg zu finden sehe ich als schwierig an, wenn der Staat direkt oder indirekt Auftraggeber und -nehmer zugleich ist. Es kann funktionieren - muss aber nicht.
Ja da stimm ich zu, der Mittelweg dürfte schwierig sein. Und Verschwendung .. hmm, angeblich waren die ICE1/2 sündhaft teuer, stand mal irgendwo in nem Buch, aber gut, das waren noch Bundesbahnzeiten, würde Deine These unterstützen.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Cloakmaster @ 15 Oct 2015, 09:30 hat geschrieben:ein klein wenig Wettbewerb wäre schon ganz gut. ein reiner Staatsbetrieb auf Staatskosten - wo wäre da der Anreiz, Neues zu entwickeln, innovativ zu sein, und damit mehr Anreize, Bahn zu fahren, zu schaffen?
Schauen wir uns doch die momentane Lage des "Wettbewerbs" an. Viel mehr als ein klein wenig ist es nämlich nicht.

Das Schienennetz? Gehört größtenteils der DB.
Die Bahnhöfe? Gehören größtenteils der DB.
Werkstätten und Tankstellen? Auch viele von der DB.
Private EVU im SPFV? Naja.
Der Wettbewerb im SPNV läuft auch eher schlecht als recht.

Wo ist denn der Vorteil darin, das Netz Ostsachsen auszuschreiben? Jetzt fahren dort weiß-grüne Desiros statt rote Desiros. Da kann der Wettbewerb eigentlich nur über die Personal- oder Werkstattkosten stattfinden. Wollen wir den Eisenbahnverkehr billiger machen, indem wir das Personal mit Dumpinglöhnen abspeisen? An der Wartung der Fahrzeuge sparen?

Und welchen Vorteil bringen Ausschreibungen, wenn die vorgeschriebene Sitzplatzzahl durch bequeme Klappsitze, extrem engen Sitzabstand oder kuschliger 3+2-Bestuhlung erreicht wird? Damit macht man die Bahn doch nicht attraktiver.

Einigermaßen gelungen ist die Marktöffnung im SGV. Wobei man auch sagen muss, ob -80% Gleisanschlüsse in 20 Jahren eine erfreuliche Entwicklung ist, darüber kann man diskutieren.

Vielleicht sollte man es auch nicht unbedingt so betrachten, dass sich unbedingt mehrere private Bahnunternehmen Konkurrenz machen sollen, sondern eher die Konkurrenz zu MIV, Luftverkehr und vielleicht auch Fernbus zu sehen. Wenn das politische Ziel lauten würde, dass die Bahn gestärkt werden soll, würde es keine einfachere Möglichkeit als die einer Staatsbahn geben, um es zu erfüllen.
Nur über Umweltbewusstsein, und staatlich gestützte Dumping-Preise wird man die Kunden nicht in Massen in die Züge locken können. oder Güter stärker auf die Schiene verlagern.
Also die Dumpingpreise der LCC (Billigfluglinien) und der deutschen Fernbusse sind verdammt erfolgreich. In Belgien kannst du jede beliebige Strecke für 7,50€ (6€ für U26) mit der Bahn fahren, ohne Zugbindung und keinen ICE oder Thalys. Und das wirkt sich natürlich auf die Auslastung der Züge aus. Im stündlichen Ost-West-IC mit 12 Wagen und 100% Auslastung kriegst du einige Fahrgäste befördert.
Selbstverständlich wäre der SGV attraktiver, wenn er günstiger wäre. Natürlich müsste man auch die Gleisanlagen entsprechend ausbauen. Wir haben ja heute schon viel zu wenig Platz für den SGV. Wie wäre es, künftige NBS (wieder) Gz-tauglich zu bauen?
Ich halte wenig davon, die Konkurrenzfähigkeit künstlich herzustellen, indem man der "Konkurrenz" Straße/Wasser/Luft künstliche Steine in den Weg legt, nur damit das System Bahn besser da steht.
Man könnte aber auch aufhören, die Bahn konsequent zu benachteiligen. Wie war das nochmal mit Fernbusmaut und steuerfreiem Kerosin? Und während sich am deutschen Straßennetz ziemlich viel getan hat, war die Entwicklung bei der Bahn eher mager. Natürlich ist die Bahn kaum konkurrenzfähig, wenn sie auf einer eingleisigen Nebenstrecke mit einer Schnellstraße konkurrieren muss.

Letzten Endes kann es gerechte Preise (für die Gesellschaft) nur mit Kostenwahrheit geben. Und ich glaube kaum, dass man dann noch Schnittlauch aus Indien, Trauben aus Südafrika und Last-Minute Bali zum heutigen Preis bekommen wird.

Edit: Irgendwie sind wir leicht vom Thema abgekommen. Wäre vielleicht dieser Thread trotz furchtbar reißerischem Titel besser geeignet?
Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Cloakmaster @ 15 Oct 2015, 09:30 hat geschrieben:Ich weiss nicht. ein klein wenig Wettbewerb wäre schon ganz gut. ein reiner Staatsbetrieb auf Staatskosten - wo wäre da der Anreiz, Neues zu entwickeln, innovativ zu sein, und damit mehr Anreize, Bahn zu fahren, zu schaffen?
Unter DEN Umständen wäre Wettbewerb sogar noch teurer, weil man dann nach Qualität statt nach Preis auswählen müsste.
Dass die Bundesbahn keine Anreize hatte, neues zu entwickeln ist schlicht falsch.
Modernisierungen im NV wurden bereits 1985 erfolgreich
umgesetzt mit Standards, die danach nie mehr erreicht wurden.
Der IR war ein Produkt der Bundesbahn, ebenso wie der ICE.
Auch ICE2 und MET gehen noch auf Bundesbahn-etwicklung zurück. Letzterer scheiterte bereits an der Börsen-Bahn, da inkompatiebel im Fahrpreis und weitere Strecken nicht umgesetzt wurden.

So viel zum Thema: "mehr Anreize, Bahn zu fahren, zu schaffen".:rolleyes: Ihr solltet euer verstaubtes Bild der "alten" Bundesbahn mal ablegen. Ist ja nicht so, dass die Bundesbahn nicht auch im Jahr 2015 angekommen wäre, würde es sie noch geben.

Was für Anzeize schafft den die DB Bahn? Ach ja nach über 20 Jahren kommen "ICE4" und "IC2" die in Sachen Ausstattung noch weniger bieten, als ein Bundesbahn IC von 1979.
Aber ja, der Gegenpol, reiner Wettbewerb kann es eben auch nicht sein. Ohne staatliche Zusatz-Finanzierung ist das System Bahn kostenmäßig einfach nicht konkurrenzfähig.
Das ist ja jetzt nicht anders. Die aufgabenträger zahlen ja für den NV.
Ich halte wenig davon, die Konkurrenzfähigkeit künstlich herzustellen, indem man der "Konkurrenz" Straße/Wasser/Luft künstliche Steine in den Weg legt, nur damit das System Bahn besser da steht.
Doch, ich halte viel davon um wenigstens faire Bedingungen zu schaffen. Es kann nicht sein, dass ein Zug bis zu 9,74€ Trassengebür pro km zahlt, während der Bus für lau durch die Gegend fährt.
Inladsflüge würde ich sogar fast komplett grounden mit einem neuen Transrapid-Netz.

Ich bleibe aber dabei, dass Bedingungen wie in der Schweiz hier nicht realisierbar sind. Jedenfalls wären dafür horrende Kosten nötig, weil das Netz ja bereits jetzt völlig überlastet ist.
Alle Hauptabfuhrstrecken müssten viergleisig ausgebaut werden, damit Mischverkehr ausgeschlossen ist. Dafür gibt es aber nicht überall genug Platz bzw. um diesen zu schaffen, wären chinesische Maßnahmen erforderlich.
Das wäre bei der DEUTSCHEN Bevölkerung nicht durchzusetzen.
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Beitrag von Rohrbacher »

Iarn @ 15 Oct 2015, 09:21 hat geschrieben:Die Schweiz hat aus strategischen Gründen im kalten Krieg die Bahn und Elektrifizierung massiv gefördert um im Spannungsfall unabhängig von Öllieferungen zu sein. Ich denke das sollte man immer im Hinterkopf haben.
Ja und nein. Anlass war nicht der Kalte Krieg, sondern die massive Kohleknappheit während der beiden ziemlich heißen Weltkriege zuvor. Die flächendeckende Elektrifizierung der schweizer Eisenbahnen begann ab 1920 und war bereits Mitte der 50er Jahre bis auf kurze Güterstrecken weitgehend abgeschlossen. Vor allem ab 1940 wurde aus genannten Gründen verstärkt elektrifiziert. Die SBB hat ihr letzte neue Normalspur-Dampflok - so meine ich - 1917 geliefert bekommen, müsste eine C 5/6 "Elefant" gewesen sein. Oder kam danach noch was nennenswertes? Die SBB hat schon kein Äquivalent mehr zum großen Einheits-Dampflokprogramm der Deutschen Reichsbahn (01, 03, 50, 86 etc.), geschweige denn überhaupt noch an Neubauten (10, 23, 82) nach 1950 gedacht. Dieselloks kamen zu jener Zeit nicht in Frage. Die waren um 1930 technisch noch nicht so weit und auch Öl hätte man ja importieren müssen.

In Bayern begann es ähnlich und hatte seit Erfindung der Eisenbahn immer mit ziemlich schlechter Kohle zu kämpfen. Bis etwa 1910 hat Bayern massenweise Holz und Torf in Lokomotiven verheizt, um nicht gar so viel teure Kohle aus Preußen importieren zu müssen. Im Gegensatz zur Schweiz war Bayern zu dieser Zeit alles andere als geldig. Aus diesem Grund wurden auch die meisten von München abgehenden Strecken zwischen 1925 und 1930 sehr zügig elektrifiziert. Dann kam 1929 die Wirtschaftskrise und 1939 der zweite Weltkrieg... Aufgrund des Zusammenzugs der noch vorhandenen Dampfloks auf diese Strecken fehlten vor 1945 von den Hauptbahnen nur Dachau - Ingolstadt und die Strecken ins Allgäu und nach Mühldorf. Dachau - Ingolstadt wurde 1960 elektrifiziert, noch fehlende Vorort-/S-Bahnstrecken kamen bis 1972 dazu. Die beiden anderen Strecken spüren bis heute, dass die Betriebswerke Kempten und Mühldorf im Zuge des Traktionswandels nicht direkt von Dampf- auf E-Traktion umgestellt wurden, sondern die nun serientauglichen Dieselloks bekommen haben. So gab es ab Ingolstadt 1978/79 der Vollständigkeit halber noch die Anschluss-Elektrifizierung nach Donauwörth und Regensburg (die Strecken nach Riedenburg und Augsburg (!) sollten ja stillgelegt werden), die für die paar Zugpaare damals kaum "nötig" war, aber man hat's halt gemacht.

Mit den Vorzeichen von 1950 hätte sich z.B. das heutige "Dieselparadies" aber statt rund um Mühldorf genauso von Ingolstadt nach Eichstätt, Treuchtlingen, Donauwörth, Augsburg, Dachau, Regensburg und Riedenburg entwickeln können: Ingolstadt - München bolzt man mit 2x 218/245 und vielen Dostos rum, der Rest fährt mit 628. Wie Kesselwagenzüge mit 247 aussehen kennen wir auch irgendwoher... Dass es anders gekommen ist, dürfte wie in vielen anderen Fällen einfach auch an einem gewissen Zufall in bundesdeutschen Amtsstuben und Hinterzimmern liegen. Oder Lobbyismus. Man weiß es nicht.
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Cloakmaster hat geschrieben: Ich weiss nicht. ein klein wenig Wettbewerb wäre schon ganz gut. ein reiner Staatsbetrieb auf Staatskosten - wo wäre da der Anreiz, Neues zu entwickeln, innovativ zu sein, und damit mehr Anreize, Bahn zu fahren, zu schaffen?
Das schafft die Schweiz doch auch, außerdem kommen die Anreize doch jetzt auch vom Staat und nicht von den EVU, die machen nur 1:1 das was ihnen vorgegeben wird. Jetzt haben wir auch Betrieb auf Staatskosten und nebenbei: Wir haben den schlechtesten Fernverkehr aller Zeiten. Der Fernverkehr ist der große Verlierer der Bahnreform.

Heute findet doch Wettbewerb um Gewinne auf Staatskosten statt, denn mehr ist das nicht, alles andere gibt der Staat vor. Immer öfter wird den EVU sogar noch jedes Risiko abgenommen, also bezüglich Werkstatt, Fahrzeuge usw., das ist Gewinnkommunismus. Der Staat subventioniert die Gewinne privater Betreiber.

Es passierte nichts weiter als Lohndrückereien, denn die Arbeitnehmer sind die großen Verlierer. Über Jahre gab es große Lohnabsenkungen, die wurden zwar in den letzten Jahren gestoppt, aber sind weit unter dem was man vom ausgehenden Bundesbahnniveau hochgerechnet heute hätte. Nebenbei brechen viele Sozialleistungen und Vergünstigungen weg, die auch ein Ausgleich für den geringeren Verdienst waren.
Cloakmaster hat geschrieben: Ich halte wenig davon, die Konkurrenzfähigkeit künstlich herzustellen, indem man der "Konkurrenz" Straße/Wasser/Luft künstliche Steine in den Weg legt, nur damit das System Bahn besser da steht.
Was heißt hier künstlich Steine in den Weg legen, das nennt man sinnvolle Lenkung, denn das sind auf dem Papier die Ziele sowohl der Bundesrepublik als auch der EU. Mit offenem Wettbewerb gewinnt immer die Straße, daher muss man auch restriktive Maßnahmen durchführen, so wie Österreich und die Schweiz das machen und die haben auch höhere Anteile am Gesamtvolumen.
Ziel ist es Binnenschiff und Eisenbahn zu fördern, also handelt man entweder danach, auch mit entsprechenden Mitteln oder man heuchelt nicht weiter rum, denn bisher wird reine straßenlastige Verkehrspolitik betrieben.

Heute ist es ja so dass der Schiene künstlich Steine in den Weg gelegt werden, wo ist denn da dein Aufschrei? Kostenwahrheit? Die Schiene finanziert jeden Meter und das zu hohen Trassenpreisen, während auf der Straße nur für wenige Straßen und wenige Fahrzeuge eine Maut fällig ist, die dabei auch noch reduziert wurde, während die Eisenbahn via EEG noch stärker belastet wurde. Bei der Eisenbahn gelten Fahrgastrechte, im Flug- oder Fernstussverkehr nicht.
Die Belastungen bei der Eisenbahn wurden in den letzten Jahren hochgetrieben, während andere Verkehrsträger entlastet wurden und da wird ernsthaft von künstlichen Maßnahmen zugunsten der Eisenbahn gesprochen? Das ist doch lächerlich!
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
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Beitrag von Cloakmaster »

Thema Wettbewerb:

Es stimmt schon, der Wettbewerb auf der Schiene hat bisher offensichtlch mehr Schaden als Nutzen gebracht. Trotzdem kann ich mich den Vergleichen mit der Deutschen Bundespost Telekom und dem Staatsbetrieb Lufthansa nicht erwehren, bei denen jahrzehntelang vor sich hin gepennt wurde, und Null Entwicklung statt fand. Diese kam dafür in um so größeren schritten, als der Staat nicht mehr automatisch für alle Verluste haftete, und es nicht mehr egal war, wie die Kosten/Nutzen-Relation aussieht. In einen solchen 'Dornröschenschlaf' sollte die Bahn auch in völliger Staats-obhut nicht verfallen.

Vielleicht ist es nicht unbedingt Wettbewerb, aber es braucht halt ein Instrument, welches gute Idden, Innovationen, Qualitätssteigerungen und auch Kostensenkungen ohne Qualitätsverlust belohnt, und 08/15-DienstnachVorschrift, Lethargie, und 'istjanichtmeins'-Haltungen betraft.

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Konkurrenz der Verkehrsträger:

Sagen wir so: Die "Luftverkehrs-abgabe" bzw. eine eventuelle Erhöhung der selbigen würde ich als "Stein in den Weg legen" ansehen. Sie ist eigentlich durch nichts wirklich begründet, außer dem Ziel, Kasse machen zu wollen. Kurzstrecken-Zubrignerflüge wird man damit aber nicht auf die Bahn verlagert bekommen.

Eine Befreiung der gesamten Schienenverkehrs-sparte von der Energie- und Mehrwertsteuer würde ich dagegen als umweltpolitisches Steuerungsinstrument vollkommen akzeptieren.

Und ja, natürlich gehört die Autobahn-Maut auf alle Fahrzeuge, welche die BAB und BAB-wertigen Fernstraßen nutzen, erhoben. Eine allgemeine Straßenmaut für jegliche Straßen und Fahrzeuge lehne ich allerdings ab. Vielleicht kann man zusätzlich auch eine allgemeine Straßenmaut für Fahrzeuge ab 3.5 Tonnen einführen - wobei Ortsstraßen deutlich teurer tarifiert würden, als Fernstraßen? Der rein private Individualverkehr sollte auf jeden Fall ohne zusätzliche Kosten bleiben.

Das Schienennetz gehört in staatliche Hand, und damit einher eine staatliche Verpflichtung, dieses nicht nur "bedarfsgerecht", sondern auch Zielgerichtet auf künftige Mehr-verkehre auszubauen, und natürlich auch instand zu halten. Ob man hier - analog zur BAB-Maut eine Streckengebühr nur für "hochwertige" Trassen erheben kann, wogegen "geringwertige" Trassen frei bleiben, entzieht sich meiner Kenntnis. Ein Unterschied ist sicher der, daß es auf Schienen keinerlei Individualverkehr gibt. Wobei die Streckengebühr natürlich witzlos wird, wenn man den gesamten Schienenverkehr wieder rück-verstaatlicht.

Im Flugverkehr gelten keine Fahrgastrechte? Der war gut, Fluggäste haben weit höehre Reche und Ansprüche, als Bahn-Fahrgäste. Inalndsflug Beim Fernbus gibts sicher auch Fahrgastrechte, nur dürften diese relativ dürftig ausfallen. Dei Bahn war jehrelang fahrgast-rechtliche Wüste, das hat sich gottlob inzwischen gebessert. Wirklich gut finde ich aber den Umgang mit Kunden, welche sich auf diese Fahrgastrechte berufen wollen, oft eher nicht. Was bekommt ein Bahn-Fahrgast, der tagsüber mit 29€-Sprapreis im ICE von Hamburg nach München fuhr, und wegen eines Lokschadens mehr als 3 Stunden verspätet ankommt? Soweit ich weiss, maximal diese 29.-€ erstattet. Ein Fluggast bekommt in diesem Fall (Triebwerksschaden) - neben Gratis-Verpflegung für diese 3 Stunden auch noch 250.-€ in bar auf die Hand - und zwar unabhänig davon, was das Ticket gekostet hat. Und wenns ein 1€-Ticket einer irischen Billigflug-Linie war...

Man muss den Fernbuss nicht als "stuss" abqualifizieren, nur weil man ihn nicht mag. Das geht mir dann doch zu weit. Für mich macht ein Fernbus auch nicht wirklich Sinn, aber mei, wers mag, der solls halt tun, und ewige Stunden auf mit der Zeit dann eben doch unbequem werdenden Sitzen verbringen. So viel WLAN und gratis-Getränke kann man mir gar nicht ausschütten, das mich das wirklich anlocken würde (iwann will ich "es" aber doch mal tun - aus reiner Neugierde!) Ich denke, daß die Bahn, sofern sie sich an ihre Stärken erinnert, und diese richtig ausspielt, den Fernbus nach wie vor nicht als echte Konkurrenz fürchten muss. Wobei WLAN für mich durchaus auch an jede Schienenstrecke "gehört" - inbesondere auch unterirdisch.

Sobald auch die Busse (siehe Thema BAB-Maut 3 Absätze höher) wie jedes andere Fahrzeug über 3.5 Tonnen behandelt werden, sollten die absoluten Witzpreise auch der Vergangenheit angehören. Dazu gehört noch eine wesentlich strengere und lückenlosere Kontrolle jeglicher Straßenfahrzeuge über 3.5 tonnen. Da sind immer noch viel zu viele rollende Zeitbomben unterwegs.
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Beitrag von Boris Merath »

karhu @ 15 Oct 2015, 11:02 hat geschrieben: Was hat da die DB AG zustande gebracht? Die Neigetechnik, die aber immer wieder ausfällt (Baureihe 611 & 612)
Die Neigetechnik hat die Bundesbahn eingeführt (Auslieferung der 610er war 1992), wenn auch basierend auf italienischer Technik.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von ropix »

Boris Merath @ 15 Oct 2015, 22:16 hat geschrieben: Die Neigetechnik hat die Bundesbahn eingeführt (Auslieferung der 610er war 1992), wenn auch basierend auf italienischer Technik.
Und das war ja auch nicht der erste Versuch, schon der 614 hatte Neigetechnik (wenn auch nicht wirklich funktionsfähig)

Und nicht zu vergessen, auch der 403 alt wäre geneigt gewesen.
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Beitrag von Entenfang »

Cloakmaster @ 15 Oct 2015, 21:34 hat geschrieben:Sagen wir so: Die "Luftverkehrs-abgabe" bzw. eine eventuelle Erhöhung der selbigen würde ich als "Stein in den Weg legen" ansehen. Sie ist eigentlich durch nichts wirklich begründet, außer dem Ziel, Kasse machen zu wollen.
Jeder Bürger muss Steuern zahlen und eigentlich auch jedes Unternehmen. Warum wird Kerosin für den Luftverkehr nicht besteuert? Das ist doch unnötige Subvention für die klimaschädlichste Fortbewegungsart überhaupt.
Kurzstrecken-Zubrignerflüge wird man damit aber nicht auf die Bahn verlagert bekommen.
Selbst wenn. Wenn die Preise für die Flugtickets steigen würden, wird die Nachfrage zurückgehen. Statt übers Wochenende nach Mallorca oder für eine Woche in die dominikanische Republik werden die Menschen dann vielleicht nach Italien oder an die Ostsee fahren. Damit hat man einen positiven Effekt für die Allgemeinheit erreicht.
Und ja, natürlich gehört die Autobahn-Maut auf alle Fahrzeuge, welche die BAB und BAB-wertigen Fernstraßen nutzen, erhoben.
Schön, dass wir uns da einig sind.
Eine allgemeine Straßenmaut für jegliche Straßen und Fahrzeuge lehne ich allerdings ab.
Das ist auch rechtlich problematisch (Stichwort Grundversorgung) und die Kontrolle würde einen immensen Aufwand bedeuten.
Vielleicht kann man zusätzlich auch eine allgemeine Straßenmaut für Fahrzeuge ab 3.5 Tonnen einführen - wobei Ortsstraßen deutlich teurer tarifiert würden, als Fernstraßen?
Das würde dann wohl nur mit GPS gehen. Das deutsche Straßennetz ist schließlich über 600000 km lang... Ob das rechtlich möglich ist, weiß ich nicht.
Wobei die Streckengebühr natürlich witzlos wird, wenn man den gesamten Schienenverkehr wieder rück-verstaatlicht.
Nein, wieso? Angenommen, man würde weiterhin private EVU zulassen, müsste ja irgendwie klar werden, wer im Konfliktfall Vorfahrt hat. Heute gilt i.d.R. Vorrang für internationale Reisezüge und Personenzüge vor Güterzügen. Es gibt aber auch Expresstrassen für den GV, dann müsste auch der ICE warten.
Was bekommt ein Bahn-Fahrgast, der tagsüber mit 29€-Sprapreis im ICE von Hamburg nach München fuhr, und wegen eines Lokschadens mehr als 3 Stunden verspätet ankommt? Soweit ich weiss, maximal diese 29.-€ erstattet.
Dann gibt es genau 14,50€ zurück. Schau mal hier.
Ich wäre für eine Weiterentwicklung hin zu verkehrsmittelübergreifenden FGR. Beim Thema Rail&Fly habe ich schon oft als Gegenargument gehört: "Wenn der Zubringerflug Verspätung hat, ist die Fluglinie für meine Beförderung verantwortlich. Wenn die Bahn Verspätung hat und ich meinen Langstreckenflug verpasse, habe ich ein Problem."
Sobald auch die Busse (siehe Thema BAB-Maut 3 Absätze höher) wie jedes andere Fahrzeug über 3.5 Tonnen behandelt werden, sollten die absoluten Witzpreise auch der Vergangenheit angehören.
Da wäre ich mal nicht so sicher. Die Mautkosten dürften die Fahrpreise wohl etwa um 0,50€ bis 2€ ansteigen lassen.
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Entenfang @ 15 Oct 2015, 22:58 hat geschrieben: Da wäre ich mal nicht so sicher. Die Mautkosten dürften die Fahrpreise wohl etwa um 0,50€ bis 2€ ansteigen lassen.
Straßenbenutzungsgebühr für jeden Meter (alternativ die Trassengebühren auf der Schiene massiv senken), Stationsgebühren, feste Tarifverträge für die Beschäftigten inkl. Arbeitszeit- und Lenkzeitregelungen, eine anständige Gewinnbeteiligung der Subunternehmer (laut Infos stecken die Betreiber fast alles ein und das Risiko trägt der Sub für Witzbeträge), Fahrgastrechte 1:1 wie auf der Schiene.

Da das sowieso die Rosinenpicker vom Dienst sind würde ich Parallelverkehre von der Genehmigung ausschließen, das kannibalisiert nur. Überall wo es direkte Taktverbindungen auf der Schiene gibt dürfte es keine Genehmigung für Fernbusse geben.
Dann müssten sich die Betreiber Nischen suchen statt Rosinen zu picken.
Bei Verkehren wie via Garmisch nach Innsbruck (die vielen Zwischenhalte die nichts einbringen soll die blöde Bahn bedienen, wir picken schön die Rosinen) entsteht ein massiver Schaden für den SPNV und ich halte das für bedenklich, da so kaum neue Kunden gewonnen werden, es ist eine reine Umverteilung und das zu Lasten eines Massenverkehrsmittels, hin zu einem Gruppenverkehrsmittel.

In Österreich ebenfalls extrem ist die Westbahn, die auch noch so frech ist etwas einzufordern was im Land eines großen Anteilseigners (SNCF) scheinbar nicht zu gelten braucht. Im Wiener Raum die Verbundfahrgäste zusätzlich abkassieren wollen und auch noch frech gegen Direktvergaben klagen, zum Schaden der Kunden.
Der Westbahn geht es nur um sich selbst, hat man den Eindruck, außerdem auch ums Rosinen picken, was man daran merkt dass man für alle Verkehre außerhalb der eigenen Verbindung mit Fernbussen, also dem Todfeind der Schiene, zusammenarbeitet.
Cloakmaster hat geschrieben: Vielleicht ist es nicht unbedingt Wettbewerb, aber es braucht halt ein Instrument, welches gute Idden, Innovationen, Qualitätssteigerungen und auch Kostensenkungen ohne Qualitätsverlust belohnt, und 08/15-DienstnachVorschrift, Lethargie, und 'istjanichtmeins'-Haltungen betraft.
Sorry, aber das sind einfach nur Vorurteile. Außerdem habe ich dir doch erklärt dass der Staat die Vorgaben machen muss, was er ja heute im Pseudowettbewerb auch macht, der nichts anderes ist als ein Wettbewerb um ein Monopol auf Zeit.
Heute wird von vielen der Fehler gemacht dass die ganzen Innovationen der Regionalisierungen durch die EVU entstanden sind, was so nicht stimmt, das waren die Aufgabenträger mit ihren Vorgaben, denn die EVU machen selten mehr als vorgegeben (gewinnt man andernfalls auch keine Ausschreibung). Den EVU geht es allen nur darum so viel Geld wie möglich mit einem gewonnenen Netz zu verdienen.
In Sachsen z. B. wird dann auch noch so abartig ausgeschrieben wie im Elektronetz Mittelsachen, dass man fast nur über die Lohnkosten gewinnen kann, ansonsten wird ja alles gestellt und Tariftreue ist da ja auch ein Fremdwort. Ebenso ist in ganz Europa eine verpflichtende Mitarbeiterübernahme des Bestandspersonals Teil der Ausschreibung (was auch viel Steuergeld spart, da die EVU ja meist mit Steuergeldern rekrutieren), nur in Deutschland nicht. Deutschland ist das einzige Land in Europa wo ausgeschrieben wird, bei dem es keine sozialen Regelungen für das Bestandspersonal gibt.
Die Schweiz zeigt doch dass das alles funktioniert, ganz ohne Wettbewerb. Die kleinen Netze fahren regionale Bahnen in öffentlicher Hand, die überregionalen Verkehre die SBB und mit Abstrichen die BLS.
Wo sind Kostensenkungen wirklich von Vorteil? Es wurden Kosten bisher immer nur auf dem Rücken von Arbeitnehmern gesenkt oder dort wo es keinen Sinn macht. So gibt es heute keine Betriebsreserven mehr, kaum Kapazitätsreserven in der Infrastruktur, keine festen Rufbereitschaften vor Ort z. B. bei den Lokführern die schnell eingreifen können (kostet natürlich wenn nichts los ist, aber steigert die Flexibilität), kaum noch Fahrzeuge die flexibel und netzübergreifend einsetzbar sind usw.

Und glaub mir aus der Erfahrung heraus: Dienst nach Vorschrift, Lethargie usw. ist heute stärker ausgeprägt als früher wo die meisten Eisenbahner noch Freude am Beruf hatten. Heute hast du das Problem dass zu viele Leute herangekarrt werden die kein Interesse für den Beruf haben (das ist tödlich, entweder man liebt es oder man lässt es) oder die bei der Bundesbahn (zurecht!) nie eingestellt worden wären.
Mit Ausschreibungen in Mininetzen mit wenn es hoch kommt 2-3 Strecken killt man jede Motivation. Alle die länger dabei sind können von interessanten Schichten berichten die es früher gab und heute hat man Dienste wo man 5-6x am Tag die gleiche Strecke auf und ab fährt, das ist das beste Mittel für Lethargie, zusammen mit den Leuten die eh keinen Draht zur Eisenbahn haben und es nur als Job sehen.
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
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Beitrag von Cloakmaster »

Diese Kerosin-Steuer müsste weltumspannend, oder zumindest Europa-weit erhoben werden, um den auch im Luftverkehr teils ausartenden "Tank-tourismus" zu reduzieren. Seit Jahr und tag werden bei allen Airlines aufwändige Berechnungen angestellt, an welchem Flughafen der Sprit am günstigsten ist, und wo wieviel getankt wird - oder eben nicht.

eine rein deutsche Kerosinsteuer wäre geradezu witzlos. Auch die Luftfahrt-unternehmen zahlen ja Steuern. Sicher kann, muss man sich geradezu fragen, warum die Bahn auf ihre Fahr-Energie Energeisteuer zahlt, das Straßen- und auch Wasserfahrzeug Mineraolölsteuer, und das Luftfahrzeug davon ausgenommen ist. Dem kann men eigentlich nur entgegen halten, daß das Luftfahrzeug dann doch primär ein internationales Verkehrsmittel ist, und internationale Steuern eben doch problembehaftet.


Beim Bus sagst du, es fällt kaum ins Gewicht, und beim Zubringer-Flug soll es die Lösung sein? Ich denke eher, daß es umgekehrt ist: Busfahgäste sind weit preis-sensibler als Fluggäste. Da machen 50 cent oder 2 Euro schneller den Unterschied, als 8 oder 16 Euro Luftverkehrs-abgabe - welche eben nicht mit einer Kerosinsteuer zu vergleichen ist, sondern eine reine Melkkuh darstellt, und sonst nichts. Selbst ein Solargetriebenes Flugzeug müsste diese Abgabe zahlen. Wo ist denn da der Umweltgedanke dahinter?

Zudem soll es damit ja gerade den Lockvogel-Angeboten "ab 1 Euro" etc an den Kragen gehen. wer gerne 50€ oder mehr für eine Busfahrt Berlin-München ausgibt, soll das eben machen, bitteschön. Und: Es ist sicher leichter, einen Busfahrgast auf Berlin-München vom bus in den ICE zu locken, als den Wocehenend-Malleflieger zu einerm Wochenend-Bahnausflügler meinetwegen in den Schwarzwald zu machen. Beim Bus würde ich die Maut eh nach einer Formel "pro Km und pro Sitzplatz im Fahrzeug" vorgehen - sagen wir 10 cent? Das Ticket wird dabei um mehr als 10 ct je km teurer, da der Fahrersitz und evtl nicht verkaufte Plätze ja eingepreist werden müssen.


PS: Nein, das sind keine Vorurteile, das ist ein Erfahrugnswert, von Staats-Telekom und Staats-Lufthansa-Verhalten übertragen auf eine /(fiktive) reine Staats-Bahn. Wenn alles zu 100% abgesichert ist, ist dieser "Einlullungs-effekt" kaum zu vermeiden. Und: Wem soll der Staat den welche Vorgaben machen, wenn der Staat den Auftrag vergibt, und ihn auch selbst annimmt?

Der Airbag wurde zB nicht erfunden, weil der Staat ihn gefordert hat, sondern einfach, weil ein Hersteller sich damit bessere Verkaufserlöse versprach. An so etwas in der Art denke ich da. Erst später kam dann die Forderung, Airbags für alle Fahrzeuge zur Pflicht zu machen.
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Beitrag von Rohrbacher »

Cloakmaster @ 16 Oct 2015, 00:27 hat geschrieben:PS: Nein, das sind keine Vorurteile, das ist ein Erfahrugnswert, von Staats-Telekom und Staats-Lufthansa-Verhalten übertragen auf eine /(fiktive) reine Staats-Bahn. Wenn alles zu 100% abgesichert ist, ist dieser "Einlullungs-effekt" kaum zu vermeiden.  Und: Wem soll der Staat den welche Vorgaben machen, wenn der Staat den Auftrag vergibt, und ihn auch selbst annimmt?
Ähm... und was ist es anderes, wenn ein deutsches Bundesland vom Bund Geld bekommt, um auf meist bundeseigener Infrastruktur Züge fahren zu lassen, die zu rund 80% eine bundeseigene DB-Tochter fährt!? Und das mit den Zielvorgaben des Ministeriums an die Staatsbahn(en) ist doch genau das, was die Schweiz betreibt. Trotz möglicher Einlullungseffekte ist die Leistung in den meisten schweizer Kantonen deutlich höher als in Wettbewerb-Deutschland. In Frankreich nicht. Ist das System vielleicht gar nicht sooooooo entscheidend?
Cloakmaster @ 16 Oct 2015, 00:27 hat geschrieben:Der Airbag wurde zB nicht erfunden, weil der Staat ihn gefordert hat, sondern einfach, weil ein Hersteller sich damit bessere Verkaufserlöse versprach.
Richtig. Nur ist weder Auto- noch Airbagproduktion ein natürliches Monopol in einer staatlichen Grundversorgung, deswegen kann man nicht alle Regeln des freien Markts anwenden, weil's kein freier Markt ist. Wettbewerb ist eine Möglichkeit, um an gute Leistungen zu kommen, aber nicht in allen Fällen die einzige. Warum privatisiert man nicht das Schulsystem oder schreibt bei staatlichen Schulen alle 12 Jahre den Schulbetreiber aus, um in diesem Bereich Einsparungen und Verbesserungen zu erreichen? Warum sind Lehrer meist verbeamtet? So einen mehrwöchigen Streik der Gymnasiallehrer hätten wir schon megacool gefunden, kann ich dir sagen.
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Beitrag von Cloakmaster »

Wie schon gesagt: es kann funktionieren - muss aber nicht. Und genau darum suche ich ja auch einen Mittelweg - nicht alles zu 100% staatlich, sondern
klein wenig Wettbewerb wäre schon ganz gut.
Damit ist sicherlich nicht ein "freier Markt" gemeint. Wenn der schweizer Staat die schweizer Staatsbahn als nationales Aushängeschild betrachtet, und massiv in diese investiert, ist das sicher löblich. Nur ist ddas zum einen von einer BR Deutschland nicht in dieser Form zu erwarten, und zum anderen sind - zumindest mir als Laien - nicht all zu viele herausragende schweizer Entwicklungen auf dem Bahnsektor bekannt.

Gibt es besonders energie-effziente Züge dort? Vergleichsweise kurze Fahrzeiten? Herausragende Ausstattungen für Bahn-kunden wie flächendeckendes WLAN, Bildschirme an jedem Sitzplatz, sonstige Komfort-Angebote? Sonst irgend etwas, wofür Bahn-Kunden in aller Welt der schweizer Staatsbahn zu ewigem Dank verpflichtet wären? (ok, der war jetzt arg dick aufgetragen)

Und da du ja die Schulen anschneidest: quer durch die Bank werden privaten Schulen weit bessere Noten zuschrieben, als staatlichen. bessere Ausstattung der Schulen, bessere Lehre, bessere Schüler, usw. Warum ist das nur, wo doch die staatlichen Schulen unter staatlichem Schutz sich mindestens ebenso gut, wenn nicht gar besser entwickeln können? Auch hier geht es um den Mittelweg: Eine Abschaffung aller Privatschulen halte ich für ebenso falsch, wie eine vollständige Privatisierung des Schul-Sektors. Und genau das trifft auch auf das System Bahn zu: Eine vollständige Rück-Verstaatlichung, wie hier gefordert wurde (und welche der Anlaß für meinen Einstieg in dieses Thema war) sehe ich als ebenso falsch an, wie eine vollständige Fokusierung auf eine börsen-notierte Bahn-AG.
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Beitrag von Entenfang »

Cloakmaster @ 16 Oct 2015, 00:27 hat geschrieben: Dem kann men eigentlich nur entgegen halten, daß das Luftfahrzeug dann doch primär ein internationales Verkehrsmittel ist, und internationale Steuern eben doch problembehaftet.
Das erklärt aber immer noch nicht, warum auf internationale Flugtickets keine Mehrwertsteuer erhoben wird, auf internationale Bahnfahrkarten dagegen in vielen europäischen Ländern (darunter auch Deutschland) dagegen schon.

Beim Bus sagst du, es fällt kaum ins Gewicht, und beim Zubringer-Flug soll es die Lösung sein? Ich denke eher, daß es umgekehrt ist: Busfahgäste sind weit preis-sensibler als Fluggäste. Da machen 50 cent oder 2 Euro schneller den Unterschied, als 8 oder 16 Euro Luftverkehrs-abgabe - welche eben nicht mit einer Kerosinsteuer zu vergleichen ist, sondern eine reine Melkkuh darstellt, und sonst nichts.
Jaja, die arme Luftfahrt. Ist in nicht unerheblichem Teil für die globale Erwärmung verantwortlich und muss dafür nichts bezahlen.
Selbst ein Solargetriebenes Flugzeug müsste diese Abgabe zahlen. Wo ist denn da der Umweltgedanke dahinter?
Wie viele solargetriebenen Flugzeuge sind denn so im Regelbetrieb unterwegs?
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Beitrag von TramBahnFreak »

DSG Speisewagen @ 16 Oct 2015, 00:06 hat geschrieben: was er ja heute im Pseudowettbewerb auch macht, der nichts anderes ist als ein Wettbewerb um ein Monopol auf Zeit.
Das ist schlicht "Wettbewerb um den Markt" im Gegensatz zum "Wettbewerb im Markt".
Da darf man nicht versuchen, die systemimmanenten Unterschiede gegeneinander auszuspielen, weil aufgrund der unterschiedlichen grundsätzlichen Aufgabenstellung die Vergleichsgrundlage zwischen den beiden Varianten in dieser Hinsicht fehlt.
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Beitrag von DSG Speisewagen »

TramBahnFreak @ 16 Oct 2015, 14:20 hat geschrieben: Das ist schlicht "Wettbewerb um den Markt" im Gegensatz zum "Wettbewerb im Markt".
Da darf man nicht versuchen, die systemimmanenten Unterschiede gegeneinander auszuspielen, weil aufgrund der unterschiedlichen grundsätzlichen Aufgabenstellung die Vergleichsgrundlage zwischen den beiden Varianten in dieser Hinsicht fehlt.
Grundsätzlich ist es ein arbeitnehmerfeindliches System, da dies zu wahnsinnigen Verlusten seit 1994 geführt hat die auf einem niedrigen Niveau gestoppt wurden, dazu Wegfall vieler Sozialleistungen und deutlich familienunfreundlichere Arbeitszeiten (trotz Mangels, so viel zu Angebot und Nachfrage). Ebenso fiel viel Abwechslung weg.
Alle Verbesserungen durch die Bahnreform hätte es auch mit einer modernisierten Bundesbahn gegeben. Ich hätte nur die Verbeamtung abgeschafft und die Pensionslasten in das BEV ausgelagert, denn das war zusammen mit den Wiederaufbaukosten der große Kostentreiber.
Die Taktverkehre und modernen Fahrzeuge sind ja nicht der Privatisierung zu verdanken, sondern der Regionalisierung. Hätten die Bundesländer früher schon bezahlt, hätte die Bundesbahn auch alles erbracht was gewünscht war.

Ansonsten war das System Bahn bei der Bundesbahn klar überlegen, denn dort hat die Infrastruktur noch funktioniert und trotz aller Vorurteile war sie betrieblich flexibler als man es heute ist. Streckensperrungen von vielen Stunden hätte es bei der Bundesbahn nicht gegeben, auch bei PU ging es schnell wieder weiter, da man als Behörde sich nicht dem Staatsanwalt ausliefern musste, sondern selbst entscheiden konnte.
Die Eisenbahn als System hat gut funktioniert, die Werbungen wie "Alle reden vom Wetter" kamen nicht von ungefähr. Gute Eisenbahn kostet eben und das muss man sich eben leisten, so wie die Schweizer Freunde das machen.

Man hätte also reformieren müssen ohne gleich alles über den Haufen zu werfen.
Die Eisenbahn hat sich nirgends durch die Privatisierung aus eigenen Stücken verbessert. Die Verbesserungen resultieren alle aus den Vorgaben, z. B. von den Aufgabenträgern. Ob eine staatliche Subvention privater Gewinne also sein müsste? Wenn sogar die USA den Personenverkehr in öffentlicher Hand betreiben.
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
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Beitrag von autolos »

DSG Speisewagen @ 15 Oct 2015, 19:53 hat geschrieben: und nebenbei: Wir haben den schlechtesten Fernverkehr aller Zeiten.
Das ist Blödsinn!
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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Beitrag von TramBahnFreak »

@DSG: Der quote steht auch nur zur Zierde da, oder...? :rolleyes:
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