Historische Altstadt und historische Straßenbahn

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Tag 1 Abends in der Altstadt

Der Winter legt plötzlich eine Pause ein und verdirbt mir den Spaß an einer Dampfzugfahrt. Deshalb disponiere ich um und mache mich nach Vorlesungsende auf den Weg an die Saale.

Dresden Hbf.........ab 14:17
RE 16520
Leipzig Hbf...........an 15:50

Nun soll ich laut Fahrplanauskunft 1h 6 min. auf den Anschluss warten, denn die MÜZ in Leipzig Hbf beträgt 7 Minuten. Davon halte ich natürlich wenig und fahre sogleich weiter.

Leipzig Hbf............ab 15:56
EB 80857
Zeitz ....................an 16:34
............................ab 17:07
RB 34924
Weißenfels ............an 17:41
............................ab 17:54
RB 74628
Naumburg Hbf.......an 18:04

Gut gefüllt startet die Dreifachtraktion Regioshuttle ihre Fahrt nach Saalfeld. Nach etwas zähflüssigem Verkehr stehen +2 auf dem Zähler, als wir den Großraum Leipzig verlassen und über die gut ausgebaute zweigleisige Strecke mit Höchstgeschwindigkeit durch die trübe Winterlandschaft düsen. Der Schnee ist bereits auf dem Weg von Dresden nach Leipzig verschwunden und Nieselregen fällt vom Himmel. Die Strecke bietet bis auf wenige Ausnahmen Reichsbahnflair im Originalzustand. Die Blockstelle Zauschwitz ist sogar noch mit Formsignalen ausgerüstet.
Mittlerweile habe ich mich an den Anblick gewöhnt, dass ein älterer Herr Sudoku löst und nebenbei Bier trinkt. Als die erste Flasche leer ist, wird sogleich eine zweite geöffnet.

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Der Aufenthalt in Zeitz kommt mir gerade recht, um mich ein wenig umzuschauen. Früher muss es sich um einen belebten Eisenbahnknoten gehandelt haben.
Jetzt bietet das gesamte Umfeld einen äußerst traurigen Anblick.
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Von den einst acht Bahnsteiggleisen sind noch vier nutzbar. Planmäßig werden zwei gebraucht. An den ehemals 250 m langen Bahnsteigen halten 25 m-Triebwagen. In der Unterführung und im Bahnhofsgebäude hängen Jugendliche mit gefärbten Haaren und Piercings ab. Das einst stolze Bahnhofsgebäude beherbergt immerhin noch einen Fahrkartenschalter und ein Presse- und Buchladen. Ein Schild „Überfall lohnt sich nicht. DNA-Spuren führen zum Täter“ wirkt natürlich besonders vertrauenerweckend. Im Fußgängertunnel blättert die Farbe ab und im gefliesten Boden klaffen einige kleine Stolperfallen.
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Auch auf dem Bahnhofsvorplatz sieht es kaum besser aus.
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Der Blindenleitstreifen führt zum riesigen menschen- und busleeren Busbahnhof.
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Jetzt sollte so langsam die RB aus Weißenfels ankommen. Auch wenn das Motiv mit etwas mehr Licht wohl ganz anders wirkt, passt das Wetter perfekt zur empfundenen Stimmung.
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Gar nicht mal so wenige Fahrgäste verlassen das wohl kleinste deutsche SPNV-Fahrzeug, es sind um die 20. Einsteiger sind es deutlich weniger.
Ist ja wirklich nicht viel mehr als ein Bus…
„Naja, auf diesen Strecken reicht das meistens auch. Nur auf der Strecke Merseburg – Querfurt ist bisschen mehr los, da wird auch in Doppeltraktion gefahren.“ Ich komme mit dem Tf und dem Zub ins Gespräch. Die 3+2-Bestuhlung wird durchaus gebraucht, vor allem morgens. Nachmittags ist dagegen die Nachfrage deutlich geringer.
Kurz nach der Ankunft wurde der Motor ausgeschaltet. So hatte es bereits Beschwerden von Anwohnern über die Lärmbelästigung gegeben, als sich ein Tf im Sommer geweigert hat, den Motor wegen der Klimaanlage über längere Zeit auszuschalten. Auf die Frage hin, wie lange derjenige denn schon an der Bahnstrecke wohne, nannte er ein halbes Jahr. „Na da hab ich ihm gesagt, guter Mann, die Bahn war schon 80 Jahre vor Ihnen da!“

Das Formsignal klappt hoch und wenig später rauschen wir davon. Der Triebwagen scheppert und vibriert und Laufruhe ist nicht gerade seine Stärke. Auch diese einst größtenteils zweigleisige Strecke ist gut ausgebaut und mit 100 brettern wir dem Abendrot hinter Windparks entgegen. An den wenigen Zwischenhalten steigt mal einer aus und einer zu. Eine alte Frau begutachtet den Fahrkartenautomaten skeptisch. „Können Sie mir bitte helfen?“, fragt sie den vorbeischauenden Zub. Zugbegleitpersonal ist eigentlich nie verkehrt.
An einem Hp wartet eine Frau, den Blick starr auf den Handybildschirm gerichtet. Sie steigt nicht zu und so setzen wir die Fahrt ohne Fahrgastwechsel fort. Wie auch in Zeitz sind die Gleisanlagen hier noch nicht optimiert. So gibt es in Teuchern drei mehrere hundert Meter lange Gleise, obwohl hier planmäßig gar nicht gekreuzt wird.
Es gibt nur vereinzelte BÜ an der Strecke, sie führt durch dünn besiedeltes Land. DÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖ! Hoppla. Das Vorsignal hat doch Fahrt erwarten gezeigt? Der Tf ist ebenfalls ratlos. Angesichts der entspannten Fahrzeit bleibt die Zwangspause aber ohne Auswirkungen.

Bald nähern wir uns dem Endbahnhof. Ich höre noch die Anekdote der SEV-Problematik am Hp Weißenfels West. Da es weit und breit keine bustaugliche Straße gibt, beträgt der Fußweg zur SEV-Haltestelle fast einen Kilometer. Wenn ein Zug ausfällt und auf dem DSA Ersatz durch Bus angekündigt wird, hat der wartende Fahrgast kaum noch eine Chance, rechtzeitig zur Ersatzhaltestelle zu gelangen. Außerdem gab es erhebliche Probleme, als die Strecke wegen Oberbauarbeiten für mehrere Wochen gesperrt werden musste. Da die DB den SEV nicht an ein lokales Busunternehmen vergeben, sondern ausgeschrieben hat, kannten sich die Busfahrer nicht im Geringsten aus. Durch die DB war die Mitfahrt eines Zub in jedem Bus vorgeschrieben. Dieser sollte Navi spielen. Doch auch dem Zugpersonal sind nicht alle Umleitungsstrecken bekannt gewesen.

Nachdem alle Fahrgäste den Zug verlassen haben, ziehe ich meinen Koffer unter dem Sitz hervor, um ebenfalls auszusteigen. „Moment mal, das ist jetzt aber einer zu viel“, meint der Tf, zum rosa Koffer auf der Gepäckablage deutend. „Ach, die Damen haben den wohl vergessen. Ich lauf schnell hinterher, nicht, dass der noch hier drin explodiert“, sagt der Zub grinsend.

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Immerhin ist die Unterführung hier deutlich freundlicher gestaltet. Die Bank lädt dazu ein, die Wartezeit nicht auf dem – je nach Jahreszeit - kalten oder heißen Bahnsteig zu verbringen.
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Beitrag von Entenfang »

Nach zwei Stationen im Abellio-Talent, welcher geradezu geräuschlos durch die Dunkelheit gleitet, erreiche ich den Naumburger Hbf. Hier ist sogar noch ein bisschen was los. Da ich keine 26 Minuten auf die Tram warten möchte, zerre ich meinen Koffer über das Kopfsteinpflaster in die Innenstadt.

Nachdem das Stativ ausgepackt ist, beginne ich sofort die Nachtfototour.
Am Friedhof
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Im Stadtpark
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Mit der Tram fahre ich zur Endstation an der Vogelwiese.
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Zum Zeitunglesen benötigt man in Naumburg keinen 1.-Klasse-Fahrschein. Auf dem Linienverlaufsschild gibt es noch Platz für die noch dieses Jahr zu eröffnende Verlängerung um etwa einen halben Kilometer zum Salztor.
Der mit 2,5 km Streckenlänge kleinste Straßenbahnbetrieb Deutschlands hat eine bewegte Geschichte hinter sich und war nach der Wende bereits zeitweise stillgelegt. Mit großer Unterstützung der Bevölkerung wurde der Betrieb nach und nach wieder aufgenommen. Heute pendelt ein aus Jena angeschafftes Zweirichtungsfahrzeug (Gotha-Wagen) täglich im Halbstundentakt mit Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalts und der Stadt Naumburg. MDV-Fahrscheine werden seit wenigen Jahren ebenfalls anerkannt (wenn auch nicht im Fahrzeug verkauft). Mehr Infos bietet die Website.

Blick in den Führerstand
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„Da soll heute noch eine Fahrschulfahrt stattfinden“, klärt mich der Fahrer auf, „ich kann mal anrufen und nachfragen.“ Aber gern. In einer Viertelstunde soll es am Betriebshof losgehen und ich fahre wieder zurück.
Das aus Halle übernommene Lindner-Fahrzeug mit Baujahr 1928 ist ein besonderes Schmuckstück des Naumburger Betriebs.
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Die historischen Zweiachser mit den per Hand zu öffnenden Türen sind eine willkommene Abwechslung zur Großstadtanonymität.
37 an der Poststraße
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17 pausiert an der derzeitigen Endstelle Vogelwiese
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Schwätzchen an der Endstation
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Beitrag von Entenfang »

Beim anschließenden Spaziergang durch die Altstadt bestätigt sich mein erster, sehr positiver Eindruck. Naumburg besitzt einen äußerst sehenswerten Kern.
Friedrich-Nietzsche-Denkmal am Holzmarkt
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Eingangstor
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Kontrast zwischen Alt und Neu
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Am Markt:
Stadtkirche St. Wenzel
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Rathaus
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Besonders faszinierend finde ich die sehr schön sanierten, alten Fassaden.
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Beitrag von 146225 »

Zeitz, ach ja. Ich bin mal (Leipzig-) Weißenfels-Zeitz-Gera-Hof-nach Hause gefahren, und ich hatte bezüglich des "groß verlassenen" Bahnhofs in Zeitz mit den bisschen zuvielen stillgelegten Strecken sehr ähnliche Gedanken wie Du.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Beitrag von Entenfang »

Tag 2 Entlang der Unstrut

Ein strahlend blauer Himmel empfängt mich nach dem Aufstehen – bis zum Horizont ist keine Wolke zu sehen. Es sieht nach einem frühlingshaften Tag aus.
Samstagmorgenidylle auf dem Postring
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Da in der Tram keine MDV-Fahrscheine verkauft werden, hatte ich die Tageskarte bereits gestern am Bahnhof gekauft. Der gleiche Fahrer wie gestern Abend begrüßt mich an Bord und entwertet meine Fahrkarte. „Na da haben Sie ja noch was vor heute…“ In der Tat steht heute die Unstrutbahn auf dem Plan. Sie verkehrt sieben Tage die Woche im Stundentakt zwischen Naumburg Ost und Wangen, abends nur noch bis Nebra. Für den heutigen Ausflug habe ich 13,80€ bezahlt, nur unwesentlich weniger als für meine Heimfahrt nach München (14,25€). Das erinnert mich noch an die Anfangszeit der Fernbusse, wo eine Fahrt von Dresden nach Berlin billiger war als eine 20 km lange Regionalbusfahrt auf Rügen. Irgendwie ist die Preisgestaltung öffentlicher Verkehrsmittel nicht so ganz nachvollziehbar.
Nur eine Frau fährt außer mir mit der Tram zu Bahnhof, am Samstagvormittag ist üblicherweise noch nicht so viel los. Sehr erfreut nehme ich auf, dass die Fahrgastzahlen Jahr für Jahr steigen. Nach jahrelangem Kampf kann wohl auch der kleine Naumburger Straßenbahnbetrieb in eine gesicherte Zukunft blicken. Anscheinend gibt es hier keine kritischen Stimmen hinsichtlich Barrierefreiheit und man geht davon aus, auch nach dem Stichtag der vollständigen Barrierefreiheit am 1.1.2022 weiterhin die historischen Fahrzeuge einsetzen zu können. Was die Bahnen nicht hergeben, macht man durch Hilfsbereitschaft wett.

Wagen 29 pausiert am Hbf, während sich Wagen 17 als Fahrschule nähert
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Die beiden Fahrzeuge im Detail
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Gute Empfehlungen zieren die betagten Wagen – übrigens ist es auch gar nicht zulässig, die Vorfahrt zu erzwingen. Wer als Vorfahrtberechtigter erkennt, dass der wartepflichtige Verkehrsteilnehmer nicht anhalten wird und trotzdem nicht bremst, bekommt eine Teilschuld am Unfall. Demgegenüber gibt es den Vorrang, der beispielsweise an BÜ für Schienenfahrzeuge gilt. Er gilt immer und unbedingt, hier trägt stets der wartepflichtige Verkehrsteilnehmer die alleinige Unfallschuld.

Eine niedrige zweistellige Fahrgastzahl wartet auf die Einfahrt des 672. In gemütlichem Tempo rollen wir ins Unstruttal. Bei den zugelassenen 50 km/h brausen die Autos auf den parallelen Landstraßen vorbei. Der Grund für die niedrige zulässige Geschwindigkeit erschließt sich mir allerdings nicht, denn die Strecke ist recht großzügig trassiert, bietet volle Ausrüstung mit Streckenblock auf Basis von mechanischen und Relaisstellwerken sowie größtenteils technisch gesicherte BÜ.
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Leidglich an einigen Feldwegen sowie kleineren Zufahrtsstraßen muss auf 30 oder einmal sogar auf 10 km/h abgebremst werden. Offensichtlich gibt es eine stille Abmachung, es mit den Pfeiftafeln nicht so genau zu nehmen, da viele BÜ gut einsehbar sind.
Die Landschaft überrascht mich dann doch. Fast könnte man meinen, Deutschland verlassen zu haben. Die Sandsteingebäude mit den Weinbergen wirken beinahe mediterran. Die Anzahl der passierten Burgen habe ich nicht erfasst, so viele sind es. Kein Wunder, dass die Unstrutbahn auch Burgenlandbahn genannt wird. Auch auf dieser Strecke wird der Rückgang des Eisenbahnverkehrs deutlich.
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Während es früher eine wichtige Route für Bergbauzüge war, findet heute nur noch gelegentlich GV statt. In Karsdorf stehen jedenfalls unzählige Kesselwagen auf den äußerst ausgedehnten Gleisanlagen. Dazu gesellen sich noch einige 143er sowie unendlich viele 628er. Einige sehen so aus, als würden sie schon ziemlich lange hier stehen, andere wohl erst seit Kurzem. Die Fdl begrüßen unseren Zug, viel zu tun haben sie ja nicht gerade.
Schließlich taucht ein Bauwerk auf, welches sich von links nach rechts durch das Blickfeld zieht, soweit das Auge reicht.
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Es handelt sich um die Unstruttalbrücke der NBS Erfurt – Leipzig.

Allmählich nimmt die Anzahl der Fahrgäste ab. In Nebra kreuzen wir abermals den Gegenzug. Der Bahnhof ist noch mit EZMG-Signalen ausgestattet. Mir war gar nicht bekannt, dass die in Deutschland noch verwendet werden. Wie man an dieser Liste erkennt, kann die Anzahl der noch mit dieser exotischen Stellwerkstechnik ausgestatteten Betriebsstellen an einer Hand abgezählt werden…
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Dann beginnt die Strecke im Eigentum der DRE, der Gleiszustand wird unvermittelt wesentlich schlechter. Der Triebwagen ruckelt und holpert nur noch mit 40 die letzten drei Kilometer zum Endhaltepunkt Wangen. Nachdem der Zug angehalten hat, kommt ein junger Mann angerannt. „Wissen Sie, wo man Fahrkarten kaufen kann?“ „Die bekommen Sie im Zug“, antwortet eine Frau, die mit ihren Kindern ebenfalls aussteigt. Bloß keine Hektik verbreiten, der Zug hat hier doch nur 51 Minuten Aufenthalt. Da kann man sich schon die Frage stellen, warum man dann nicht einfach noch ein bisschen weiter fährt. Doch der Blick auf die Landkarte lässt keinen Zweifel zu. Da ist immerhin eine Landesgrenze dazwischen!
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So besteht also ausreichend Zeit, um den Triebwagen von allen Seiten zu dokumentieren und den Radweg nach Nebra zurückzulaufen.

Der Klassiker vom Entenfang – zwei Enten genießen den frühlingshaften Tag
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Zwei arabische Männer warten bereits am Bahnhof, obwohl es noch 20 Minuten bis zur Abfahrt sind.
Am Kabuff des Fdl hängt ein Zettel:
Hier keine Auskunft!
Here no information!
*Irgendwas auf Arabisch*
Das offene Fenster mit dem Fahrplanbuch auf der Fensterbank spricht irgendwie eine andere Sprache. Und mal ganz ehrlich: Bei diesem Arbeitsaufwand ist ein wenig Fahrgastinformation wohl ein gutes Mittel gegen Langeweile abgesehen von Kaffee trinken und rauchen. Die Zimmerpflanzen sehen sogar etwas vertrocknet aus. Das verwundert mich nun ehrlich.
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Auf einem zweiten Zettel steht, mit Textmarker nachgezeichnet, dass man Fahrkarten im Zug erhält.
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Beitrag von Entenfang »

Die Region scheint immerhin stark hinter der Bahn zu stehen.
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An allen Bahnhöfen gibt es Hinweistafeln zu ihrer Geschichte. Die Bilder der großen Gleisanlagen mit schweren Güterzügen lassen Wehmütigkeit aufkommen. Außerdem hat der Interessenverein durch einen neuen Zufahrtsweg vom Radweg zum Bahnhof ein Zeichen gesetzt. Obendrein ist die Fahrradmitnahme in allen Zügen kostenlos möglich.
Bei allem Gejammer über den Rückbau der Gleisanlagen ist auf jeden Fall positiv anzumerken, dass die teilweise vermutlich aufgrund topografischer Gegebenheiten weit abseits gelegenen Bahnhöfe durch den Neubau kurzer Bahnsteige viel näher an die Ortskerne herangerückt sind und auch P+R- sowie Fahrradabstellplätze bieten.
672 915 rollt am denkmalgeschützten und in eine Vogelbrutstätte umgewandelten Wasserturm vorbei
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In Karsdorf unter der NBS verlasse ich den Zug wieder, um einen Blick auf die Brücke zu erhaschen.
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Als schließlich ein ICE über die Brücke fährt, ist er dank Lärmschutzwand nicht lauter als ein LKW auf der Bundesstraße.
Vor lauter HGV die Eisenbahn nicht mehr sehen… Während der ICE gut versteckt über die NBS braust, rollt der 672 pfeifend mit 50 durch das schöne Unstruttal. (Wer findet ihn?)
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Blick über Karsdorf
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Auch hier wirkt der Weinberg sehr mediterran
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Das Außendesign der ICE T macht meiner Meinung nach schon was her – darf es ein bisschen Modellbahn sein?
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Reste eines Anschlussgleises
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Eine Stunde später setze ich die Fahrt nach Freyburg fort.
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Beitrag von Entenfang »

Eine Oma steigt mit ihren beiden Enkeln ein. Da ich den Platz mit Streckenblick besetzt habe, begeben sie sich an den Zugschluss, um dort rauszuschauen. Doch einer lässt sich nicht zu einem Umzug überreden – Fahrt frei für die Faszination Eisenbahn!
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Freyburg bietet die weithin sichtbare St.-Marien-Kirche.
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Ich versuche mich an der Umsetzung der Bahnstrecke mit Schloss Neuenburg am Esig der Gegenrichtung – durch das vorgelagerte Gz-Überholgleis muss ich rund zwei Kilometer laufen. An dieser Fotostelle kommt mir der Winter gerade recht, im Sommer benötigt man hier vermutlich schwere Geschütze gegen Brombeeren und Brennnesseln.
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Dann besteige ich den Hügel und mache mich auf den Weg zum vorherigen Bedarfshalt Balgstädt. Die Sonne verschleiert allmählich, doch angesichts des wunderschönen Tages kann ich mich nun wirklich nicht beschweren.
Nochmal ein Blick auf Schloss Neuenburg…
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… und auf den Gegenzug.
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Drei Rehe springen davon, als sie mich durch den lichten Winterwald kommen sehen.
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Blick zur Kirche Zscheiplitz
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Nach dem Zug Richtung Wangen begebe ich mich schleunigst zum Hp. Unweit des Bahnsteigs höre ich den Zug bereits pfeifen und lege einen kurzen Sprint ein, insbesondere, weil ich niemanden warten sehe. Dann steht doch eine Frau dort, die beiden Jungs, die ich kurz zuvor überholt habe, kommen nun auch angerannt und da fährt auch schon der Zug ein. Nun ist wieder etwas mehr los im Triebwagen. Ein Kontrolleur in Zivil überprüft die Fahrkarten, meine Tageskarte wird äußerst lange und skeptisch beäugt. „Wo haben Sie denn die entwertet?“ Das hat der Straßenbahnfahrer gemacht. „Um 0:10 Uhr?“ Dürfte wohl 10:10 Uhr gewesen sein. „Achso, die 1 ist ein bisschen verrutscht. Alles klar, danke.“
Die Umsteigezeit zur Tram ist günstig. Eine erfreulich große Zahl Fahrgäste besteigt das kleine Fahrzeug, sodass die Sitzplätze gar nicht ausreichen.
Auf der Rückfahrt ist schon deutlich weniger los – 29 passiert den Stadtpark
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Beitrag von Entenfang »

Nachdem ich das Stativ aufgebaut habe, beschließe ich, meine Tageskarte noch ein wenig zu nutzen. Auf die Entfernung bis München werde ich wohl nicht kommen, aber 20 Minuten Stadtrundfahrt mit dem vorletzten Bus sind auf jeden Fall drin. Der Busfahrer ist mit einem Mann ins Gespräch vertieft, als ich einsteige. Nochmal wird die Tageskarte einem äußerst genauen Blick unterzogen, dann darf ich mich zu einer einzigen Frau dazugesellen. Sie steigt an der nächsten Haltestelle aus. Erst später steigt wieder ein Mann zu, der sitzen bleibt, als ich am Ostbahnhof den Bus verlasse.
Wenig später rollt auch schon der Zug herbei. Leider verspürt der Tf keine Lust, das Spitzenlicht in Gegenrichtung bereits während des vierminütigen Aufenthalts einzuschalten. Mit +1 wegen wichtiger Besprechung mit dem Fdl startet der Zug seine Rückfahrt und ich laufe notgedrungen zurück, um mein Motiv mit Spitzenlicht umsetzen zu können.
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Dafür erwische ich gerade die Tram am Marientor, bevor es Zeit zum Abendessen ist.
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Zum Abschluss des Tages streife ich durch die dunklen Gassen am Dom vorbei Richtung Bahnhof.
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Selten geworden sind die gelben Telefonzellen…
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An der Wiesenstraße kann die letzte Fahrt des Tages dokumentiert werden.
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Kurze Pause am Hbf
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„Na, Speicherkarte voll?“, begrüßt mich der Fahrer. Immerhin sind noch drei Fahrgäste am Bahnhof eingestiegen.
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Beitrag von Lobedan »

Entenfang @ 14 Feb 2017, 22:24 hat geschrieben:Im Stadtpark
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Starkes Foto!
Entenfang @ 15 Feb 2017, 22:31 hat geschrieben:Eine niedrige zweistellige Fahrgastzahl wartet auf die Einfahrt des 672. In gemütlichem Tempo rollen wir ins Unstruttal. Bei den zugelassenen 50 km/h brausen die Autos auf den parallelen Landstraßen vorbei. Der Grund für die niedrige zulässige Geschwindigkeit erschließt sich mir allerdings nicht, denn die Strecke ist recht großzügig trassiert, bietet volle Ausrüstung mit Streckenblock auf Basis von mechanischen und Relaisstellwerken sowie größtenteils technisch gesicherte BÜ.
Eventuell kein PZB auf der Strecke?
Entenfang @ 15 Feb 2017, 22:31 hat geschrieben:In Karsdorf unter der NBS verlasse ich den Zug wieder, um einen Blick auf die Brücke zu erhaschen.
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Ich kann mir gut vorstellen, dass solche Anblicke für die Anwohner Grund genug sind, gegen einen NBS-Bau zu sein. Diese Brücke zerstört durch ihre bloße, ferne Anwesenheit ja schon irgendwie die Dorfidylle
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Beitrag von Entenfang »

Lobedan @ 16 Feb 2017, 14:27 hat geschrieben:Starkes Foto!
Danke. Am ersten Abend hatte ich kurzzeitig eine wunderbare Nebelstimmung.
Eventuell kein PZB auf der Strecke?
Hmm, auf allen Bildern mit Signalen sind Magneten zu sehen. Trotzdem sind nur auf dem ersten Abschnitt zwischen Naumburg und einem unbeschrankten BÜ zwischen Kleinjena und Nißmitz 80 zulässig.
Ich kann mir gut vorstellen, dass solche Anblicke für die Anwohner Grund genug sind, gegen einen NBS-Bau zu sein. Diese Brücke zerstört durch ihre bloße, ferne Anwesenheit ja schon irgendwie die Dorfidylle.
Wobei ich finde, man hätte viel hässlicher bauen können. Stört die Brücke der B180 nicht auch die dörfliche Idylle?


Tag 3 Historische historische Straßenbahn

Welch ein Zufall, dass ich ausgerechnet dieses Wochenende erwischt habe. Heute verkehrt statt dem üblichen Linienfahrzeug die 17 mit Baujahr 1928. Nur das Wetter spielt heute zunächst nicht ganz so gut mit. Leichter Nieselregen empfängt mich nach dem Aufstehen, doch er lässt bald nach und die Sonne nimmt den Kampf mit den Wolken auf. Ich fahre zum Bahnhof, alle Sitzplätze sind belegt. Der Schaffner verkauft mir eine Tageskarte für 3,20€, die allerdings nur in der Straßenbahn gilt. „Nächste Haltestelle Jägerplatz!“, ruft er durch den Wagen. Einige Freaks sind unterwegs, aber auch viele „normale“ Fahrgäste und Interessierte. Am Bahnhof bleiben etliche Menschen sitzen.
Bald kehrt der Wagen um. An der Strecke warten zahlreiche Fuzzis auf den betagten Wagen – natürlich nur echt, wenn man mit dem Auto hinterherfährt.
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Ich mache einen Spaziergang über die neue Straßenbrücke, um den Zug aus Wangen zu erlegen. Da der Gegenzug mit ordentlich Bonusminuten raus ist, bleibt mir reichlich Zeit, eine geeignete Fotostelle auszusuchen.
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Angesichts des aufgetauten Erdreichs ist der Feldweg eine endlose Schlammschlacht. Meine Schuhe haben nach der Rückkehr auf den befestigten Fußweg ihre Farbe zu schlammbraun gewechselt.

Vollständig hat sich die Sonne noch nicht durchgekämpft, das gelingt ihr erst, als ich wieder am Bahnhof bin.
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Da kommt mir der 101er gerade recht, ich bezahle 1,50€ und mache eine weitere Stadtrundfahrt. Die Attraktivität der Tram gegenüber dem Bus liegt nicht nur in einem durchgängigen Takt 30 von Montag bis Sonntag, sondern auch im direkten Linienweg zwischen Hbf und Innenstadt. Immerhin sind noch fünf weitere Fahrgäste unterwegs.
Als wir den City-Busstopp (sic) erreichen, strahlt die Sonne bereits vom blauen Himmel. Hier befindet sich der Busbetriebshof sowie unzählige Bussteige, die sonntags natürlich verwaist sind. Hier kann man direkt in die Linie 102 umsteigen, welche das innere Zentrum und weitere Wohngebiete erschließt. Sonntags wird irgendein holpriger Takt zwischen 30 und 90 gefahren.
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Ich begutachte noch den Dom, bevor ich mich wieder der Tram widme.
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Während das Personal des 17ers Pause macht, dreht das „Neufahrzeug“ seine Runden.
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Als sich die Mittagspause dem Ende zuneigt, kommt es zu einem Fuzziauflauf. Ein Vater mit seinem höchstens zehn Jahre alten Sohn wartet ebenfalls. Das Objektiv der Kamera ist fast so groß wie der Oberkörper des Kindes.
Die Sonne verschwindet natürlich just in dem Moment, als die Tram anfährt, was einigen Fotografen ein Stöhnen entlockt.
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Die Fahrgäste von der Vogelwiese werden übernommen und ich fahre erneut Richtung Hbf. Wir werden von vielen Fotografen an der Strecke erwartet. An der Wiesenstraße wittere ich ein Motiv und steige aus, um die Rückfahrt abzuwarten.
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Die 17 kommt gerade noch rechtzeitig. Eine Minute später verschwindet die Sonne wieder hinter einer dichten Wolkendecke.
Mein Bahnjahr 2023
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Abermals warte ich eine Station weiter die Rückkehr ab und laufe anschließend noch eine Station. Auch hier gibt es wunderschöne Fassaden zu bestaunen.
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Nun traut sich die Sonne wieder ganz vorsichtig hervor, doch ich muss schleunigst meinen Koffer abholen. Mein Handy verkündet den Eingang einer E-Mail, doch ich habe keine Lust, den Verspätungsalarm zu lesen. Vielleicht ist es ja auch gar keiner. Bis die Tram wiederkehrt, stehe ich bereit.
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Helfende Hände hieven meinen Koffer flugs in die Bahn, die immer noch gut gefüllt ihre Runden dreht.
Bis heute wird die Arbeitszeit des Straßenbahnfahrers Kurbelzeit genannt.
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Am Bahnhof habe ich genau 31 Minuten Umsteigezeit, noch viel ungünstiger geht es eigentlich nicht. Aber seit dem Frühstück habe ich ohnehin nichts mehr gegessen, also lässt sich das wunderbar nachholen.

Mein Gefühl hat mich nicht getrogen, die Abfahrtstafel meldet +++ Verspätung ca. 35 Min. +++. Die nächste RB nach Wangen wird außerdem durch Bus ersetzt.
Mal sehen, ob ich durch Umdisponieren der Reiseroute auf +2 in München reduzieren kann. Nach einer kleinen Stärkung nehme ich den Abellio-RE nach Erfurt. Die Zub meckert zwar ein bisschen herum, ich solle mir doch eine Bestätigung holen, schließlich sei das ja Abellio. Aha, es geht also um die Einnahmen? „Neinnein, aber ich sags nur dazu fürs nächste Mal.“

„Möchten Sie vielleicht etwas trinken?“ Darauf habe ich mehr oder weniger gesetzt. Für 1,30€ für einen halben Liter Wasser kann man eigentlich nicht meckern. Ich würde sogar einen Plastikbecher und eine Serviette dazubekommen, lehne aber beides ab und fülle das Wasser stattdessen in meine Literflasche um.

Mit -3 ist Erfurt erreicht, die Schiebetritte fahren aus und ich ziehe meinen Koffer über den ebenen, lückenlosen Ausstieg. Nein, ganz unrecht hat der Tramfahrer sicher nicht, als er meinte, wir wären hinsichtlich Barrierefreiheit schon extrem verwöhnt. Manchmal ist eine helfende Hand mehr wert als jeder Schiebetritt…
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Abendstimmung in Erfurt
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Mein IC ist inzwischen bei +45. Der ICE nach München rollt mit +5 in den letzten Sonnenstrahlen des Tages am den Bahnsteig.
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Wegen Bauarbeiten wird der FV über Fulda umgeleitet. In Nürnberg wird der 1513 planmäßig durch den 681 am gegenüberliegenden Gleis überholt. Ich bereite mich auf den Umstieg vor, um 6 Minuten einzusparen.
Schließlich kommt der 681 mit +5 angekrochen. Beide Signale stehen auf Halt. Welcher wohl zuerst fährt? Ein Geschäftsmann rätselt ebenfalls und steht an der Tür des 1513 bereit. Pfeif! Ah, ich hätte mir den Ausstieg sparen können. Wir springen flugs wieder in den Zug und rauschen ohne Halt nach München. Mit +11 endet ein äußerst kurzweiliges Wochenende.


Abschließend möchte ich mich für die Auskunftsfreudigkeit der Straßenbahnfahrer bedanken. So viele Gespräche in so kurzer Zeit ist man als Großstadtmensch gar nicht gewohnt…
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Lobedan
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Beitrag von Lobedan »

Entenfang @ 16 Feb 2017, 19:39 hat geschrieben:Danke. Am ersten Abend hatte ich kurzzeitig eine wunderbare Nebelstimmung.
Deine nächtlichen Altstadtfotos sind generell sehr schön in Szene gesetzt, du hast echt das Beste aus Naumburgs schmucker Altstadt herausgeholt.
Und wenn du mehr Nebel willst, kannst du ja mal in Ulm vorbeischauen. B-)
Entenfang @ 16 Feb 2017, 19:39 hat geschrieben:Hmm, auf allen Bildern mit Signalen sind Magneten zu sehen. Trotzdem sind nur auf dem ersten Abschnitt zwischen Naumburg und einem unbeschrankten BÜ zwischen Kleinjena und Nißmitz 80 zulässig.
Der passende Wikipedia-Artikel zur Strecke hat leider keine Infos zur Sicherungstechnik hinterlegt. Entweder, weil sie nicht eingebaut/aktiv ist oder weil es einfach niemand eingetragen hat.
Entenfang @ 16 Feb 2017, 19:39 hat geschrieben:Wobei ich finde, man hätte viel hässlicher bauen können. Stört die Brücke der B180 nicht auch die dörfliche Idylle?
Sicher, hässlicher geht immer. Aber sollte das der Maßstab sein?
Die Straßenbrücke ist nicht schöner, nein. Aber sie thront zumindest nicht so dominant über der Stadt. Das Foto mit der NBS-Brücke hat mich ein wenig an einen futuristischen Film erinnert, wo irgendwelche riesigen Bauten (oder Raumschiffe :P) über der Stadt schweben und den Himmel dominieren. Etwas übertrieben dargestellt.
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Beitrag von 218217-8 »

Vielen Dank für den interessanten Bericht aus einer Ecke Deutschlands, in der ich auch noch nie war, wie immer gestaltet mit erstklassigen Bildern.
Entenfang @ 15 Feb 2017, 22:31 hat geschrieben:Vor lauter HGV die Eisenbahn nicht mehr sehen… Während der ICE gut versteckt über die NBS braust, rollt der 672 pfeifend mit 50 durch das schöne Unstruttal. (Wer findet ihn?)
Hab ihn gefunden! Ist aber auch ein spannendes Bild: Noch selten ein Eisenbahnbild gesehen mit gleich zwei so gut versteckten Zügen drauf! :lol:
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Beitrag von JeDi »

Hui, Dankeschön! Viele ganz starke Bilder dabei!

EZMG sinds - wenn ichs grade richtig zusammenbring - noch 10 plus Pörsten, das seinen Standort gewechselt hat und jetzt im EBuEF Berlin als kleiner Exot in der ganzen Westtechnik seinen Dienst verrichtet (Dazu kommen noch ein paar Stellwerke, wo ich den aktuellen Zustand nicht kenne). Das nette und fuzzyfreundliche Personal in Naumburg war mir bei meinen Besuchen dort auch schon aufgefallen, inklusive Hinweisen auf irgendwelche Sonderfahrten usw.
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Beitrag von Entenfang »

Freut mich, dass mein Wochenendabstecher so gut angekommen ist. :)
Das nette und fuzzyfreundliche Personal in Naumburg war mir bei meinen Besuchen dort auch schon aufgefallen, inklusive Hinweisen auf irgendwelche Sonderfahrten usw.
Vermutlich lebt der Straßenbahnbetrieb schon auch zu einem gewissen Teil von den Fuzzis... ;)
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Beitrag von JeDi »

Entenfang @ 14 Feb 2017, 23:24 hat geschrieben: Auf dem Linienverlaufsschild gibt es noch Platz für die noch dieses Jahr zu eröffnende Verlängerung um etwa einen halben Kilometer zum Salztor.
Seit letztem Freitag ist es nun auch so weit. Man fährt bis Salztor, es steht auch auf der "Perlschnur", es sieht aber alles noch recht provisorisch aus.
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