Fichtenmoped @ 17 Apr 2017, 05:13 hat geschrieben: Bekommen Tf keine Erste-Hilfe-Ausbildung? Da wird inzwischen gesagt, dass man in allen Fällen 112/110 rufen soll. Wenn man das macht, dann kann auch bei unterlassen weiterer Hilfsmaßnahmen nicht mehr belangt werden!
Das stimmt so pauschal nicht, sondern hängt vom jeweiligen Fall ab. Den Notruf zu bedienen ist der erste Schritt - aber keineswegs der einzige. Man muss alles machen, was einem zumutbar ist. Jemandem mit einem frischen Erste-Hilfe-Kurs ist eine Herzdruckmassage z.B. durchaus zuzumuten, sofern nicht körperliche oder psychische Gründe (z.B. panische Angst vor Blut, sofern ein Verletzter blutet) dagegen sprechen. Wenn man unsicher ist was zu tun ist gibt einem die "Hotline" 112 durchaus auch die nötigen Anweisungen telefonisch.
Aber auch wenn noch andere Leute da sind sollte man selbst vor Ort bleiben - schon alleine um sich zu vergewissern, dass diese auch wirklich etwas machen. Und dass der Bahnschutz in solchen Fällen offenbar immer wieder überfordert ist hat sich ja schon öfter gezeigt....
Zu tun gibt es in einem echten Notfall durchaus einiges. So muss bei einer Herzdruckmassage, die körperlich sehr anstrengend ist, regelmäßig abgelöst werden - da können u.U. auch Leute, die (noch) nicht wissen wie das geht nach einer kurzen Erklärung helfen. Und selbst wenn man aus welchem Grund auch immer nicht in der Lage ist eine Herzdruckmassage durchzuführen - die (hoffentlich) Helfenden können u.U. auch Hilfe brauchen, und wenn es nur darum geht dem Rettungsdienst den Weg zu zeigen. Häufig gibt es in größeren Bahnhöfen z.B. auch automatische Defibrillatoren - wenn hier 10 Leute in 10 verschiedene Richtungen loslaufen, um so ein Ding zu suchen, ist die Chance diesen zu finden wesentlich größer, als wenn nur einer sucht. Der, der grade eine Herzdruckmassage durchführt, kann außerdem ja nicht weg - also braucht es auch hier mehrere weitere Helfer.
Also ganz egal was passiert - erst dann gehen, wenn man absolut sicher ist, dass die Hilfe nicht gebraucht wird.
Bezüglich der Frage wie man den Notruf absetzt - im industriellen Bereich gibt es da häufig die Vorgabe, nicht direkt die 112 anzurufen. Das ist grundsätzlich auch sinnvoll, weil eine örtliche/betriebliche "Notfallzentrale" neben der Alarmierung von Feuerwehr/Rettungsdienst/Polizei auch noch weitere Maßnahmen treffen muss. Im Fall von einem Industriebetrieb wäre das z.B. die Alarmierung der innerbetrieblichen Ersthelfer, das Öffnen des Zufahrttors und vieles mehr, und das geht natürlich nur, wenn die betriebliche Notfallzentrale weiß, dass ein Notfall vorliegt. Bei der Bahn gibt es natürlich auch entsprechende Regelungen, innerhalb von Werken z.B. läuft ein Notruf über den Instandhaltungsleiter.
Auch für einen Fahrgast ist das z.B. relevant - in einem Zug sollte man grundsätzlich immer einen Notruf über die entsprechenden Notrufsprechstellen absetzen. Auf diesem Weg wird dann die übliche Kette in Gang gesetzt: Über die Sprechstelle informiert man den Lokführer, der dann den Fahrdienstleiter informiert, der die Notfallleitstelle der DB informiert, die dann wiederum den Notarzt ruft. Diese Alarmierung hat Vorteile und Nachteile. Im ersten Moment klingt das Ganze natürlich umständlich, wenn so viele Personen beteiligt sind. Auf der anderen Seite ist es aber wiederum nötig, weil ja geklärt werden muss, wie sich Rettungswagen und Zug überhaupt treffen: Es muss festgestellt werden wo der Zug ist und an welchem Bahnhof ein Rettungswagen am schnellsten zur Stelle ist, aber es muss auch dafür gesorgt werden, dass der Zug überhaupt an einem Bahnsteig hält - und die Rettungskräfte müssen erfahren, zu welchem Bahnsteig sie müssen. Von daher ergibt idese Alarmierungskette durchaus Sinn. Von daher ist schon verständlich, warum der Lokführer nicht direkt die Feuerwehr gerufen hat, vermutlich wollte er sich an die Regelungen halten - hat allerdings wohl den falschen informiert.
Und warum hat der Bahnschutz nichts getan? Darüber kann man nur spekulieren, es könnte aber ja durchaus auch sein dass der Lokführer gesagt hatte, dass er schon jemand Bescheid gegeben hätte, und der Bahnschutz deswegen nichts getan hat. Und warum hat der Bereitstellungsleiter/die 3S-Zentrale nichts getan? Darüber kann man nur spekulieren, aber vielleicht dachten diese ja, der Notarzt wäre schon alarmiert, und der Lokführer will nur mitteilen dass die Reinigungskraft nicht mehr verfügbar ist? Möglichkeiten für Missverständnisse gibt es also viele, wenn die vorgegebene Alarmierungskette nicht genau eingehalten wird.
Die oben genannte Alarmierungskette hat aber auch den Nachteil, dass kein direkter Kontakt zwischen dem Alarmierenden und der Rettungsleitstelle besteht. Nachdem die Rettungsleitstellen bei lebensbedrohlichen Situationen inzwischen auch telefonische Beratung durchführen und den Ersthelfern bei Bedarf erklären, was zu tun ist, ergibt ein solcher direkter Kontakt aber durchaus Sinn. Ich persönlich würde daher in einer wirklich kritischen Situation sowohl den Notruf im Zug betätigen als auch die 112 direkt anrufen - so weiß das Bahnpersonal Bescheid, gleichzeitig ist aber auch eine direkte Kommunikation mit der Rettungsleitstelle möglich.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876