ET 423 @ 13 Jul 2007, 02:33 hat geschrieben: @TramPolin: Ein Mensch ist gestorben, das ist leider nur eine Seite der Sache. Das zieht vieles mit sich, u.a. auch eben die Kosten. "Auf der Welt ist nichts umsonst, außer dem Tod und der kostet das Leben" bewahrheitet sich oft. Wer für sich den Schlußstrich zieht und sich sagt "ich will nicht mehr", der hat einen Leidensweg hinter sich, den man nur selten nachvollziehen kann; das können wir hier auch nicht. Dennoch gilt es damit irgendwie zu leben.
Meine Lebensmaxime erreichte ich am 29.06.2007. Bei meiner S7-Nachtschicht erwischte ich kurz vorm Wolfratshausener Berg ein Reh. Das sprang aus den Büschen hervor, schaute kurz in meine Richtung und dann wars schon gesehen. Ein Bumm und die Sache war erledigt. Ich hatte net mal Reaktionszeit, um einen Pfiff abzugeben, geschweige denn rechtzeitig zu bremsen. Ich fuhr weiter und meldete das dann dem zuständigen Fdl (Wildunfälle sind ja zu melden). Dennoch hatte ich nach Ankunft in Wolfratshausen für kurze Zeit zittrige Knie und schaute nach, ob am Zug was "hängenblieb", für den Fall, daß ich mich täuschte und ich einen Menschen erwischte. Obwohl ich eindeutig sah, daß es ein Reh war, war ich mir für kurze Zeit nicht mehr sicher. Es war doch ein Reh, zum "Glück."
Moral: Auch wenns ja nur ein "dummes" Reh war usw., habe ich immer noch den Anblick des Reh im Kopf, den Sekunden, bevor es vor den Zug ging und den "Gesichtsausdruck", bevor ich drüberfuhr. Dabei handelt es sich hier "nur" um ein Reh. Dennoch haben sich diese Bilder eingebrannt. Überfährt man nun einen Selbstmörder, sind die Bilder (mit allem drum und dran), die Erinnerungen, die Träume usw. noch um einiges schlimmer.
Von daher sage ich und ich stehe dazu: Ja zum Schmerzensgeld und dem Verdienstausfall.
@ET 423 danke für die Ausführungen. Ich weiß nicht, ob Du meine Ausführungen ergänzen wolltest oder mir in Teilen widersprechen wolltest (ich nehme mal an, Ersteres), aber ich sehe das genauso wie Du.
Ich fand als früherer Autofahrer bereits einige Fastunfälle sehr schlimm, bei denen ich beinahe Kinder und Senioren überfahren hätte. Manchmal erschien es mir, dass es pures Glück war, dass nichts passiert war. Auch wenn mich keine Schuld oder nur eine Teilschuld getroffen hätte, könnte ich mir vorstellen, dass man nur schwer damit fertig wird. So verfolgen einen die Bilder noch tagelang, auch wenn gar nichts passiert ist. Wie schlimm muss das erst bei einem richtigen Unfall mit Toten sein?
Ich habe mal von einem gehört, der hatte gerade den Führerschein und fuhr eine alte Frau tot, weil er mit seinem Handy abgelenkt war (wobei die Frau aber auch unvorsichtig war und nicht richtig auf den Autoverkehr achtete). Sein Anwalt riet ihm, sich vor Gericht nicht zu belasten und das Ganze so hinzustellen, dass die Frau alleine schuld war, und er kam ungeschoren davon.
Ihn plagten dann aber Gewissensbisse und er bestrafte sich selbst, indem er zwei Jahre nicht mehr Auto fuhr.
Die Unfallbilder mögen hier auch schlimm sein, wenn jemand aber auf den Schienen zu Tode kommt, wird es meist viel grauenhafter sein. Die Fälle sind natürlich nur begrenzt vergleichbar, das hier der Autofahrer eine Schuld hatte, wohingegen bei einem Schienen-Personenunfall der Tf in aller Regel unschuldig ist.