Wirtschaftswoche|Bahn will mit Netz 16,4% Rendite

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JNK
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Beitrag von JNK »

Gefunden bei DSO: Ein Artikel der Wirtschaftswoche und der Wettbewerbsreport Eisenbahn von MoFair.

http://www.wiwo.de/unternehmer-maerkte/sch...schaeft-403345/

http://www.mofair.de/content/20090707_wett...nbahn_klein.pdf

Aus dem Wirtschaftswocheartikel ein paar Zitate:
Die Bahn hat ihr neues Monopol gefunden. Die Wartung, Pflege und Instandhaltung des Schienennetzes wird sie in den kommenden Jahren zum lukrativsten Geschäftsfeld ausbauen. Das geht aus der geheimen Mittelfristplanung hervor, die nur wenigen Vorständen und Aufsichtsräten ausgehändigt wird und der WirtschaftsWoche vorliegt.
Laut Prognose rechnet der Vorstand der Deutschen Bahn 2013 mit einem operativen Ergebnis (Ebit) in Höhe von 958 Millionen Euro. Die Ebit-Marge soll dann bei erstaunlich hohen 16,4 Prozent liegen. Das sind paradiesische Aussichten, denn Wettbewerb hat die Bahn nicht zu fürchten.
Grube kann man keinen Vorwurf machen. Er ist per Aktienrecht dazu verpflichtet, das Beste für sein Unternehmen herauszuholen. Also muss er sehen, wie und wo er die Rendite nach oben schrauben kann. Er hat das Schienennetz als lukrativstes Vermächtnis von seinem Vorgänger übernommen. Mehdorn konnte eine Abspaltung des Netzes verhindern. Dem "integrierten Konzern" gehört nun alles: Gleise, Bahnhöfe, Energieerzeugung, Logistikdienstleistungen, Schienengüterverkehr, Personenfern- und nahverkehr.
Konzerninteressen stehen über Gemeininteressen.

Volkswirtschaftlich ist das ein Desaster.
Die Bundesnetzagentur, die die Preise der Deutschen Bahn kontrolliert, tut sich schwer gegen den Riesen aus Berlin. Das Verhältnis der Beamten gegenüber den Bahn-Managern gilt als angespannt. Gerade in der Kommunikation hapert es. Eine Stärkung der Agentur würde Sinn ergeben: Um die Bahn in die Schranken zu weisen, brauchen die Beamten mehr finanzielle Mittel und bedingungslosen Zugriff auf interne Zahlen des Bahn-Konzerns.
Soweit einige Auszüge aus der Wiwo. Ich habe das zitiert, was ich für wichtig halte, wer dazu etwas meckern will sei angehalten den ganzen Artikel zu lesen.

Und wenn soll ich im September wählen, damit das besser wird? :(
EasyDor
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Beitrag von EasyDor »

JNK @ 18 Jul 2009, 21:02 hat geschrieben: Und wenn soll ich im September wählen, damit das besser wird? :(
Die hier dann wird zumindest mal einiges besser... :)
Ne, mal im Ernst... Diese Partei besteht wirklich mal aus Leuten die was auf dem Kasten haben. Sollten sie größer werden werden sie sicher auch ein allgemeines Parteiprogramm auflegen in der der ÖPNV besser dasteht. Fakt ist auf jeden Fall die dass die großen "Volks"parteien mal gesagt kriegen müssen, dass Politik für den Bürger gemacht werden muss, und nicht dagegen.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Seltsam, dass die Wirtschaftswoche erst jetzt damit heraus kommt. Wer die Augen aufhatte, konnte dies schon weitaus früher erkennen.

Schon zu Beginn der Bahnreform plädierte ich für eine Trennung von Netz und Betrieb. Und nun haben wir den Salat.
Die Bahn hat ihr neues Monopol gefunden. Die Wartung, Pflege und Instandhaltung des Schienennetzes wird sie in den kommenden Jahren zum lukrativsten Geschäftsfeld ausbauen. Das geht aus der geheimen Mittelfristplanung hervor, die nur wenigen Vorständen und Aufsichtsräten ausgehändigt wird und der WirtschaftsWoche vorliegt.
Von Investitionen wird die DB AG nicht einen Cent bezahlen. Das wird mit diversen Programmen in Form von Steuermittlen finanziert. Der Konzern streicht lediglich die Trassen- und Stationsgebühren ein. Wartung, Pflege und Instandhaltung? Bisher haben die Bahnkunden davon nichts gemerkt, eher das Gegenteil.
Laut Prognose rechnet der Vorstand der Deutschen Bahn 2013 mit einem operativen Ergebnis (Ebit) in Höhe von 958 Millionen Euro. Die Ebit-Marge soll dann bei erstaunlich hohen 16,4 Prozent liegen. Das sind paradiesische Aussichten, denn Wettbewerb hat die Bahn nicht zu fürchten.
Leider hat die Bahn kaum einen Wettbewerb zu befürchten. Das Konstrukt es integrierten Konzerns ist einfach schwachsinnig. Aus Steuermittlen werden Schnellfahrstrecken gebaut, Instandsetzungen und Ähnliches bezahlt. Und dann fließt es in die Bilanz eines Privatunternehmens ein (auch wenn es zu 100% in Staatsbesitz ist, es ist eine AG). Hinzu kommen 4.473.000,00 € Bestllerentgelte (Quelle: Bilanz der DB AG 2008), die auch aus Steuermittlen bezahlt werden. So etwas nannte man früher "LUFTBUCHUNGEN"

Solch einen Konzern möcht ich auch gerne leiten.
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Beitrag von Electrification »

Es gibt nur eine Lösung und die kann keine Partei bieten bzw. durchsetzen:

Eine Ausgliederung der Infrastruktur aus der DB-AG und ihre Überführung in eine staatliche Infrastrukturgesellschaft, die keinerlei Gewinnstreben hat, d. h. das Ziel sollte die schwarze Null sein. Infrastruktur darf kein Renditeobjekt werden, sie ist Teil des Allgemeinwohls und wichtig für die Volkswirtschaft.

Station&Service und Netz muss man also in eine Infrastrukturgesellschaft überführen, dies ist auch für den Wettbewerb gut und vor allem für das Schienennetz. Eine Netzgesellschaft die nicht auf Teufel komm raus nach BWL-Manier handeln muss und auch keine Gewinnverpflichtung hat, reißt auch nicht gleich jedes nicht mehr genutzte Überholgleis raus (das man in Zukunft vielleicht wieder brauchen könnte).

Das Netz ist kein Renditeobjekt, daher muss es der DB genommen werden!
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Ubile
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Beitrag von Ubile »

Die hier dann wird zumindest mal einiges besser...
Zustimmung. Allerdings glaube nicht, dass Verkehrspolitik bei den Piraten in absehbarer Zeit eine Rolle spielt. Dieses Thema ist zu weit von den Kernkompetenzen der Partei entfernt.
Und wenn soll ich im September wählen, damit das besser wird?
Die bahn- und ÖV-freundlichsten Parteien scheinen mir die Linke, die ÖDP und vielleicht noch die Grünen zu sein. Die Meisten treffen aber hier ansonsten wohl auf eher wenig Gegenliebe. ;)
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Bei einer Wahlentscheidung darf man nicht ein einzelnes Politikfeld berücksichtigen. Für mich ist das gesamte Spektrum entscheidend, das Verhältnis zur Eisenbahn spielt dabei nicht einmal die Hauptrolle.
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JNK
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Beitrag von JNK »

Autobahn @ 18 Jul 2009, 23:55 hat geschrieben: Seltsam, dass die Wirtschaftswoche erst jetzt damit heraus kommt. Wer die Augen aufhatte, konnte dies schon weitaus früher erkennen.
Weil das kein luftleerer Artikel ist, sondern einer, bei dem ein entsprechendes bahninternes Dossier vorliegt, das konkrete Zahlen nennt?
Bei einer Wahlentscheidung darf man nicht ein einzelnes Politikfeld berücksichtigen. Für mich ist das gesamte Spektrum entscheidend, das Verhältnis zur Eisenbahn spielt dabei nicht einmal die Hauptrolle.
Das ist noch einmal wo im Grundgesetz festgelegt?
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Will er nun goldene Schienennägel einsetzen? :ph34r:

Tja, das ist die Methode wie er Privaten das Leben schwer machen kann.
Konzernintern zwischen Netz, Regio, FV und GV konsolidieren sich die Entgelte beim Abschluss
heraus, doch von Privaten kann er Geld kassieren. Womit diese bei Ausschreibungen ein
Ergebnisproblem kriegen.
Und zusätzlich kassiert die DB mehr von den Regionalisierungsmitteln.

Toll. :angry:
Electrification
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Beitrag von Electrification »

Die Piraten? Wieso nicht gleich die Tierschutzpartei oder die Rentnerpartei, das sind alles Ein-Programm-Parteien, mehr oder weniger, denen geht die Eisenbahn doch sonstwo vorbei.
Das beste ist aber "Die Linke" als bahnfreundlich zu bezeichnen. Es ist gegen mein persönliches Interesse eine neue Staatsbahn hochzuzüchten, außerdem wie sollte diese Partei mit ihrem unbezahlbaren Wahlprogramm noch Geld für die Bahn haben? Wir sind gegen alles, naja, darauf kann man doch verzichten. Verkehrspolitisch sind sie bisher auch nicht so positiv in Erscheinung getreten.

Der Blick nach Frankreich macht da neidisch, wo gleichzeitig vier Neubaustrecken gebaut werden und langsam aber sicher widmet man sich sogar schon den ersten Regionalstrecken.

Die DB-AG muss ein privater Konzern bleiben, aber die Infrastruktur muss in staatlicher Hand bleiben und in eine nicht gewinnorientierte Infrastrukturgesellschaft überführt werden, wo der Staat direkten Einfluss darauf hat. In DB-Hand wird unser Netz weiter zerstört und das verhindert Mehrverkehr auf der Schiene, neben der politischen Benachteiligung, die aber keine Partei ändern wird bzw. kann.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

JNK @ 19 Jul 2009, 09:37 hat geschrieben:Das ist noch einmal wo im Grundgesetz festgelegt?
Meine Wahlentscheidung richtet sich nach der Schnittmenge der Übereinstimmungen eines Parteiprogramms mit meiner persönlichen Meinung. Von einer gestetzlichen Verpflichtung habe nich nichts geschrieben.

@ Electrification

Sehr richtig, die Infrastruktur muss als Behörde in staatliche Hand gegeben werden, selbst wenn trotz Trassen- und Stationsgebühren ein Verlust herauskommt. Durch die Investtitionsmittel, die der Bund ungeprüft an die Bahn zahlt, passiert das sowieso. Das Geschäftfeld Mobility&Logistics kann - muss aber nicht - verkauft werden. Die jetzige Konstruktion ist einem politischen Konsens geschuldet, der durchaus revidierbar ist.
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Ubile
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Beitrag von Ubile »

Natürlich haben die Piraten ein eingeschränktes Programm. Wenn einem aber bestimmte Dinge wichtig sind, hat man keine Alternative. Von den Internetausdruckern der alten Parteien kann man da nicht viel erwarten. Die Herangehensweise der Piraten ist außerdem durchaus sinnvoll. Bei einem Vollprogramm, müssten sie im Falle einer Koalition sowieso auf 90% der Forderungen verzichten. Mit dem eingeschränkten Programm können sie vom Koalitionspartner fordern ihre 3 Punkte zu akzeptieren und im Gegenzug unterstützen sie den Partner in allen anderen Punkten. Die Piraten haben durchaus die Chance die Größte der kleinen Parteien zu werden.

Ob das Programm der Linken realistisch ist, spielt bei der Feststellung der Bahnfreundlichkeit keine Rolle. Fakt ist, dass sie eine pro ÖV und kontra MIV Einstellungen haben, wie kaum eine andere Partei. Über einzelne Punkte der Realisierung kann man natürlich geteilter Meinung sein.
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autolos
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Beitrag von autolos »

Die genannten Ebit-Marge ist als Information nicht aussreichend. Sie gibt ja nur an, wie hoch die Rendite vor Abzug von Zinsaufwand und Steuern im Verhältnis zum Umsatz ist. Wie sich hierbei das eingesetzte Kapital verzinst, ist nicht ersichtlich. Bei sehr hohem Kapitaleinsatz, was bei Infrastruktur als sicher vorausgesetzt werden kann, ist eine hohe Ebit-Marge zwingend notwendig, um überhaupt einen Gewinn zu erzielen. Aber das ist typisch WiWo: billigstes Bild-Niveau.
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rob74
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Beitrag von rob74 »

autolos @ 20 Jul 2009, 10:01 hat geschrieben: Bei sehr hohem Kapitaleinsatz, was bei Infrastruktur als sicher vorausgesetzt werden kann, ist eine hohe Ebit-Marge zwingend notwendig, um überhaupt einen Gewinn zu erzielen.
Klar ist bei Infrastruktur der Kapitaleinsatz hoch. Bloß stammt das eingesetzte Kapital bei Streckenneubauten und -ausbauten nicht von der DB AG, sondern von Bund und Ländern - das ist der springende Punkt. Für die Instandhaltungsmaßnahmen, die die DB zahlen muss, reichen die kassierten Trassenpreise mehr als aus. Deshalb liegt die Befürchtung nahe, dass mit diesem System im Falle eines Börsenganges sozusagen die Gewinne privatisiert werden, während der Steuerzahler weiterhin den Großteil der Investitionen bezahlen muss.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

autolos @ 20 Jul 2009, 10:01 hat geschrieben: Die genannten Ebit-Marge ist als Information nicht aussreichend. Sie gibt ja nur an, wie hoch die Rendite vor Abzug von Zinsaufwand und Steuern im Verhältnis zum Umsatz ist. Wie sich hierbei das eingesetzte Kapital verzinst, ist nicht ersichtlich. Bei sehr hohem Kapitaleinsatz, was bei Infrastruktur als sicher vorausgesetzt werden kann, ist eine hohe Ebit-Marge zwingend notwendig, um überhaupt einen Gewinn zu erzielen. Aber das ist typisch WiWo: billigstes Bild-Niveau.
Ebent. Und man kann ja durchaus sagen, das Bahninfrastruktur recht kapitalintensiv ist.
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Beitrag von JeDi »

Für die nichtwissenden: EBIT: earnings before interest and taxes - Ertrag vor Steuern und Zinsen. Dann gibts noch den EBITDA - earnings before interest, taxes, depreciation and amortization, also der Rohertrag (vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen etc.)
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autolos
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Beitrag von autolos »

rob74 @ 20 Jul 2009, 10:20 hat geschrieben: Klar ist bei Infrastruktur der Kapitaleinsatz hoch. Bloß stammt das eingesetzte Kapital bei Streckenneubauten und -ausbauten nicht von der DB AG, sondern von Bund und Ländern - das ist der springende Punkt. Für die Instandhaltungsmaßnahmen, die die DB zahlen muss, reichen die kassierten Trassenpreise mehr als aus. Deshalb liegt die Befürchtung nahe, dass mit diesem System im Falle eines Börsenganges sozusagen die Gewinne privatisiert werden, während der Steuerzahler weiterhin den Großteil der Investitionen bezahlen muss.
Ich bleibe bei meiner Aussage, daß die von der WiWo genannte Kennziffer ohne Wert ist, solange dem Leser weitere Informationen fehlen. Es ging der WiWo offensichtlich nur um Meinungsmache, nicht um Sachinformation - WiWo eben.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

rob74 @ 20 Jul 2009, 10:20 hat geschrieben:Für die Instandhaltungsmaßnahmen, die die DB zahlen muss, reichen die kassierten Trassenpreise mehr als aus.
Das wird hier im Eisenbahnforum seit Wochen immer wieder von einzelnen Personen behauptet - bisher konnte aber noch niemand sagen, wie er denn zu dem S chluß kommt. Was ist denn Deine Quelle für die Aussage?
JeDi @ 20 Jul 2009, 10:36 hat geschrieben: Für die nichtwissenden: EBIT: earnings before interest and taxes - Ertrag vor Steuern und Zinsen. Dann gibts noch den EBITDA - earnings before interest, taxes, depreciation and amortization, also der Rohertrag (vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen etc.)
Wie schreibt ein Unternehmen eigentlich Investitionen, die ihm vom Staat geschenkt wurden, ab?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Beitrag von Markus »

autolos @ 20 Jul 2009, 12:09 hat geschrieben: Ich bleibe bei meiner Aussage, daß die von der WiWo genannte Kennziffer ohne Wert ist, solange dem Leser weitere Informationen fehlen. Es ging der WiWo offensichtlich nur um Meinungsmache, nicht um Sachinformation - WiWo eben.
Ach, so falsch ist Eindruck den die EBIT-Rendite ausdrückt, nicht. Man braucht sich dazu nur die anderen Bilanz-Kennzahlen mal anschauen. So unrecht hat die WiWo nicht. http://www.deutschebahn.com/site/shared/de...008__dbnetz.pdf

Ist auch kein Wunder: die DB-Netz hat letztes z.B. vom Bund 3,6 Mrd. € an direkten Investitionszuwendungen (sprich Subventionen) bekommen. Damit lässt es sich natürlich gut leben.

Ähm, übrigens, der ganze Gewinn nach Steuern und Zinsen übrig blieb (immerhin über 300 Mio.) wurde an die DB AG ausgeschüttet.
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autolos
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Beitrag von autolos »

Markus @ 20 Jul 2009, 14:36 hat geschrieben: Ach, so falsch ist Eindruck den die EBIT-Rendite ausdrückt, nicht. Man braucht sich dazu nur die anderen Bilanz-Kennzahlen mal anschauen. So unrecht hat die WiWo nicht. http://www.deutschebahn.com/site/shared/de...008__dbnetz.pdf

Ist auch kein Wunder: die DB-Netz hat letztes z.B. vom Bund 3,6 Mrd. € an direkten Investitionszuwendungen (sprich Subventionen) bekommen. Damit lässt es sich natürlich gut leben.

Ähm, übrigens, der ganze Gewinn nach Steuern und Zinsen übrig blieb (immerhin über 300 Mio.) wurde an die DB AG ausgeschüttet.
Danke für den Link, der meine Skepsis gegenüber der WiWo bestätigt. Die Bilanzsumme und damit der gesamte Kapitaleinsatz beträgt rd. 22 Mrd. €, das Ebit 678 Mio. €, also haben wir hier eine Gesamtkapitalverzinsung von 3 %, was wirklich nicht sehr üppig ist. Wenn wir nur das Eigenkapital betrachten, kommen wir auf eine Eigenkapitalsumme von 6,6 Mrd. € und ein Ergebnis vor Steuern (also nach Zinsen) von 338 Mio. €, damit also etwa 5 % Eigenkapitalverzinsung, was ebenfalls alles andere als viel ist.

Das Ausschütten an die Muttergesellschaft nennt sich übrigens "Ergebnisabführungsvertrag". Dieser besagt, daß Gewinne vollständig ausgeschüttet werden und Verluste, die die DB Netz AG m.W. in den letzten Jahren auch verschiedentlich zu verzeichnen hatte, vollständig ausgeglichen werden. Das ist kein DB-Spezifikum, sondern in Konzernen weit verbreitet.
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Beitrag von Markus »

Danke für den Link, der meine Skepsis gegenüber der WiWo bestätigt. Die Bilanzsumme und damit der gesamte Kapitaleinsatz beträgt rd. 22 Mrd. €, das Ebit 678 Mio. €, also haben wir hier eine Gesamtkapitalverzinsung von 3 %, was wirklich nicht sehr üppig ist. Wenn wir nur das Eigenkapital betrachten, kommen wir auf eine Eigenkapitalsumme von 6,6 Mrd. € und ein Ergebnis vor Steuern (also nach Zinsen) von 338 Mio. €, damit also etwa 5 % Eigenkapitalverzinsung, was ebenfalls alles andere als viel ist.
Für ein Unternehmen, dass hauptsächlich Infrastruktur betreibt, ist das ordentlich. Das stehen viele Industrieunternehmen derzeit schlechter dar.
Das Ausschütten an die Muttergesellschaft nennt sich übrigens "Ergebnisabführungsvertrag". Dieser besagt, daß Gewinne vollständig ausgeschüttet werden und Verluste, die die DB Netz AG m.W. in den letzten Jahren auch verschiedentlich zu verzeichnen hatte, vollständig ausgeglichen werden. Das ist kein DB-Spezifikum, sondern in Konzernen weit verbreitet.
Ich weiß. Richtig, ist meist so.
In diesem Fall leider.
Will nur sagen, es wird nicht in die DB Netz reinvestiert und z.B. zusätzliche Infrastruktur-Maßnahmen zu finanzieren.
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Beitrag von autolos »

Boris Merath @ 20 Jul 2009, 14:22 hat geschrieben: Wie schreibt ein Unternehmen eigentlich Investitionen, die ihm vom Staat geschenkt wurden, ab?
Da sind grundsätzlich zwei Wege denkbar:

1. Die Investitionen und die Zuschüsse werden verrechnet, was bei 100 % Zuschuß bedeutet, daß nichts zum Abschreiben da ist.
2. Der Zuschuß wird passiviert und jährlich, analog den Abschreibungen, ertragswirksam aufgelöst. Bei einer 100 %-Förderung wären dan die Abschreibungen genauso hoch wie der gebuchte Ertrag.
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Beitrag von autolos »

Markus @ 20 Jul 2009, 16:58 hat geschrieben:
Für ein Unternehmen, dass hauptsächlich Infrastruktur betreibt, ist das ordentlich. Das stehen viele Industrieunternehmen derzeit schlechter dar.



Ich weiß. Richtig, ist meist so.
In diesem Fall leider.
Will nur sagen, es wird nicht in die DB Netz reinvestiert und z.B. zusätzliche Infrastruktur-Maßnahmen zu finanzieren.
Angesichts der langfristigen Auslastungsrisiken, die sich ja dieses Jahr wegen des wegbrechenden Güterverkehrs manifestieren, halte ich die 5 % nicht für viel.

Ob und inwiefern ein Unternehmen Gewinne reinvestiert, läßt sich nicht unbedingt an der Ausschüttungspolitik ablesen. Genauso ließe sich argumentieren, anstatt Darlehen zu tilgen, möge man doch bitte die Investitionen erhöhen.
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Markus
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Beitrag von Markus »

Angesichts der langfristigen Auslastungsrisiken, die sich ja dieses Jahr wegen des wegbrechenden Güterverkehrs manifestieren, halte ich die 5 % nicht für viel.
Richtig, der Gewinn wird 2009 definitv zurückgehen.
Dennoch glaube ich nicht, dass sie in die Verlustzone rutschen - im Gegensatz vielen tausend Unternehmen.
Ob und inwiefern ein Unternehmen Gewinne reinvestiert, läßt sich nicht unbedingt an der Ausschüttungspolitik ablesen. Genauso ließe sich argumentieren, anstatt Darlehen zu tilgen, möge man doch bitte die Investitionen erhöhen.
GuV-Rechnung + Kapitalflussrechnung und Bilanz sagen schon einiges aus.
Ich will der DB Netz ja nichts unterstellen - zumal ja ein Teil der Investitionen aus dem Cash-Flow erfolgt sind und die DB Netz mehr Kredite zurückgezahlt hat als neue aufgenommen.
Aber dennoch warten noch viele Bahnhöfe, Stellwerke+Signalanlagen und Strecken auf eine Renovierung.

Ich bleibe dabei - ich bin für eine Abtrennung der DB Netz von der DB AG. Sie sollte a-s non-profit-Unternehmen für eine beste mögliche Infrastruktur in Deutschland sorgen.
Taschenschieber

Beitrag von Taschenschieber »

Kurze Richtigstellung: Afaik geht die Piratenpartei auf das Thema "Bahnprivatisierung" ein, der Börsengang der Bahn wird - in welcher Form auch immer - abgelehnt.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Markus @ 20 Jul 2009, 18:35 hat geschrieben:Ich bleibe dabei - ich bin für eine Abtrennung der DB Netz von der DB AG. Sie sollte a-s non-profit-Unternehmen für eine beste mögliche Infrastruktur in Deutschland sorgen.
Volle Zustimmung mit der Ergänzung, dass die DB Netz keine privatrechtliche AG sein darf, sondern eine Behörde oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Straßen, Fuß- und Radwege gehören ja auch keiner Aktiengesellschaft, die zu 100% dem Staat gehört ;)
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Beitrag von Electrification »

Ubile @ 19 Jul 2009, 19:20 hat geschrieben: Ob das Programm der Linken realistisch ist, spielt bei der Feststellung der Bahnfreundlichkeit keine Rolle. Fakt ist, dass sie eine pro ÖV und kontra MIV Einstellungen haben, wie kaum eine andere Partei. Über einzelne Punkte der Realisierung kann man natürlich geteilter Meinung sein.
Da ich beides nutze brauche ich mit Sicherheit keine Partei die einen bevormunden will. Gerade auf dem Land kann man auf das Auto nicht verzichten, da würde auch ein 20-Minuten-Takt für den Busverkehr nichts bringen, wenn der eine Stunde für eine Strecke braucht die das Auto in 10 Minuten schafft, was auch verständlich ist.
Natürlich ist es auch leicht wenn man gegen den MIV eingestellt ist, würde die Linken ihre Vorstellungen komplett umsetzen, müsste man wieder 20 Jahre aufs Auto warten, da hätte man auch keine Alternativen. :lol:
Autobahn hat geschrieben: Volle Zustimmung mit der Ergänzung, dass die DB Netz keine privatrechtliche AG sein darf, sondern eine Behörde oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Straßen, Fuß- und Radwege gehören ja auch keiner Aktiengesellschaft, die zu 100% dem Staat gehört
Genau das ist es! Es lässt sich nicht vermeiden dass die DB als gewinnorientierter Konzern auch aus dem Netz rauspresst was nur geht, aber die Infrastruktur darf nicht zum Spekulationsobjekt verkommen. Man sieht ja am Zustand vieler Bahnanlagen, oftmals die Schandflecke vieler Städte, wie weit es gekommen ist.
Eine Netz- und Infrastrukturgesellschaft muss so aufgebaut sein dass sie kein Gewinnstreben hat, nicht nach betriebswirtschaftlichen, sondern rein nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten denkt.
Allerdings würde ich mir auch wünschen dass man mal so viel Geld ins Schienennetz investiert wie Frankreich das macht.
Auch ist ein deutlicher Mehrverkehr auf der Schiene nur mit einer unabhängigen Netzgesellschaft erreichbar, wo der Staat direkten Einfluss hat und das Geld direkt in diese fließt. Heute fließen viele Gelder fürs Netz dann in andere Unternehmensteile, hört man, aber behaupten würde ich das niemals (ich hoffe das ist genug abgesichert :lol: ), niemals würden Netzgelder in die Holding wandern, niemals, das ist sicher.

Infrastruktur ist ein kostbares Gut und dient dem Wohle unseres Landes. Wir dürfen nicht zulassen dass dieses hohe Gut geopfert wird und damit auch die Wettbewerbssituation verschärft.
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Beitrag von 612 hocker »

Allerdings würde ich mir auch wünschen dass man mal so viel Geld ins Schienennetz investiert wie Frankreich das macht.
Die investieren kaum mehr ins Schienennetz als wir. Ich bin vor kurzem nach Lauterbourg und Wissembourg gefahren und konnte anhand des Gleiszustand sofort feststellen wo die Grenze ist. Sowas verkommenes hab ich Deutschland noch nicht befahren.

Hier hab ich mal ein Foto aus Lauterbourg. Die Gleise sind total verwachsen. Geschraubte Gleisverbindungen und verrottete Holschwellen.
Die Bahnhofsausstattung lässt für einen Umsteigepunkt sehr zu Wünschen übrig. Das Bahnhofsgebäude ist dicht und es gibt keine überdachten Sitzplätze zum warten.
Bild
Daniel Schuhmann
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Beitrag von Daniel Schuhmann »

Aber hauptsach' elektronische Zielanzeiger...
Electrification
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Beitrag von Electrification »

612 hocker @ 21 Jul 2009, 19:54 hat geschrieben: Die investieren kaum mehr ins Schienennetz als wir. Ich bin vor kurzem nach Lauterbourg und Wissembourg gefahren und konnte anhand des Gleiszustand sofort feststellen wo die Grenze ist. Sowas verkommenes hab ich Deutschland noch nicht befahren.
Weil du Lauterbourg angesteuert hast kannst du für ganz Frankreich sprechen? Eine Nebenstrecke die sicher nicht hoch im Kurs steht.
Laut Lok-Report sollen vier Neubaustrecken gleichzeitig (und die sind am Ende alle vier schneller fertig als Ebensfeld - Erfurt, traurig aber durchaus möglich) gebaut werden und auch einige Regionalstrecken werden ausgebaut (eine Randlage wie Lauterbourg ist halt nicht dabei wie es aussieht).
Vier Neubaustrecken auf einmal, wenn du dir ausrechnest was die kosten, dann frage ich mich wo bei uns das Geld für dringende Investitionen ist, z. B. Elektrifizierungen, Ausbau von Zulaufstrecken die im Ausland komplett fertig sind (bei uns nicht, z. B. Betuwe-Linie). Langsam werden aber auch nach und nach Regionalstrecken ausgebaut.
612 hocker
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Beitrag von 612 hocker »

Weil du Lauterbourg angesteuert hast kannst du für ganz Frankreich sprechen?
In Wissembourg sieht es nicht viel besser aus.
Eine Nebenstrecke die sicher nicht hoch im Kurs steht.
Die Verbindung Wörth - Strassbourg sollte schon was her machen.
Laut Lok-Report sollen vier Neubaustrecken gleichzeitig (und die sind am Ende alle vier schneller fertig als Ebensfeld - Erfurt, traurig aber durchaus möglich) gebaut werden
In Frankreich machen diese Milionen-Gräber wenigstens Sinn. Ich bin mal gespannt wie die BEG und der NVS einen guten ITF-Knoten in Erfurt und Nürnberg zustande kriegen wollen. Die Fahrzeten sind der SFS sind sowas von ITF konform.
Vier Neubaustrecken auf einmal, wenn du dir ausrechnest was die kosten
Neben den SFS sieht es in Frankreich äußerst mager aus.
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