Warum soll ich euch „verarschen“? Welchen Grund hätte ich dazu? Nein, ich meine das, was ich schreibe ernst, eben weil es aus meiner Sicht der einzig richtige Weg ist. Was wir für den ÖPNV der Zukunft brauchen ist kein stures Liniendenken, was wir dann als „Netz“ ansehen, sondern ein wirkliches Netz, das flexibel arbeitet. Die finale Stufe so eines Netzes wäre dann ein PRT, doch so was ist – gerade in Deutschland – noch Zukunftsmusik. Also sollte man versuchen, zumindest den logischen Zwischenschritt zu gehen und Verkehr mit verschränkten Linien einzuführen. Stures Linienkonzept und moderner ÖPNV beißen sich schlicht und weg, weil die Menschen mit zunehmendem Komfortverlangen einfach nicht mehr so oft Umsteigen wollen. Dieser stetig fortschreitenden, natürlichen Entwicklung kann und darf man nicht weiterhin einfach so ausweichen.Meinst Du das was Du hier schreibst eigentlich ernst oder verarschst Du uns?
Ich gebe euch natürlich Recht, dass man ein solches Konzept sehr genau überprüfen und entwerfen muss. So etwas schafft man in ein paar Beiträgen hier auf keinen Fall. Und dazu fehlt uns allen wohl auch das Fachwissen, aber im Groben kann man es schon beschreiben.
Das Argument mit der Störanfälligkeit nehme ich durchaus ernst, denn ich wäre ja dumm, wenn ich es ignorieren würde. Für diese Fälle müssten dann entsprechende Maßnahmen erörtert werden, mit denen man diese – je nach Art der Störung – am besten wieder ausgleichen kann. Eine Möglichkeit wäre es, bei Rückstau den ein oder anderen Zug an bestimmten Stellen (Abstell-/Wendebereich zwischen den Gleisen und an den Endpunkten) vorübergehend aus dem Umlauf herauszunehmen, so dass die folgenden Züge dann wieder normal im Takt fahren könnten. Natürlich müsste man dafür die Fahrgäste am nächsten Bahnhof noch aussteigen lassen bzw. sie am Bahnhof vor der vorübergehenden Herausnahme erst gar nicht einsteigen lassen. Da durch den 120s-Takt dann eh häufiger die Züge kommen, können die Fahrgäste dann wieder in die nächsten zusteigen (Wartezeit max. 8 Minuten oder kürzere Wartezeit und dann irgendwo umsteigen). So könnte man, bei bestimmten Störungen, schnell wieder in den Takt kommen. Aber natürlich gibt es auch andere Störungsarten, die man dann anders lösen muss.
Beim Thema Störung und dichter Takt sollte man auch mal einen Blick auf die Metrosysteme werfen, welche mit 120s oder sogar 90s fahren, wie die dort den Betrieb stabil halten und es dann nach Möglichkeit auf München übertragen. Ich selber halte je den 90s-Takt auch für zu eng, weshalb ich ja eine etwas konservativere Auslegung von 120s andenke. In Paris z.B. fährt man mit der Metro in Bündelungsbereichen auch mit 95s-Taktfolge und da bricht das System auch nicht ständig zusammen. 120s sind mit gutem Gewissen machbar und man sollte es doch wirklich mal versuchen. Und für den Anfang kann man ja die verschränkten Linien, zum Sammeln von Erfahrungen, wie gesagt erstmal auf die U3/6 beschränken (also U36 und U63) und mit Langzügen im 150s-Takt fahren, denn hier kommt man keiner anderen Linie in die Quere. Man soll dem ganzen einfach mal eine faire Chance geben, denn vielleicht stellt es sich ja in Verbindung mit entsprechender Fahrgastinformation als wirklich praktikabel heraus, so dass man den nächsten Schritt wagen könnte. Dieser könnte dann so aussehen, dass man die U3/6 zum 120s-Takt verdichtet und somit zusätzlich noch einen fünften Zug alle 10 Minuten fahren lassen kann – vorzugweise als Verstärker zwischen Münchener Freiheit und Implerstraße. Und wieder einen Schritt weiter verdichte ich das ganze Netz auf 120s-Takt und führe auch verschränkte Linien auf der zweiten Stammstrecke ein (U12, U21). Zum Schluss kombiniere ich mit den Erfahrungen und dem Wissen aus den vorangegangenen Phasen das ganze Netz und lasse mit Hilfe der zwei neuen Verbindungskurven am Bonner Platz schließlich z.B. folgende Linien fahren (Erste Stelle ist der nördliche Endpunkt und die zweite Stelle der südliche):
U1 / U2 / U3 / U4 / U5 / U6 – wie bisher (8-Minutentakt)
U12 / U21 / U36 / U63 – verschränkte Linien auf ihre Stammstrecken begrenzt (8-Minutentakt)
U23 / U42 / U61 – übergreifende verschränkte Linien (8-Minutentakt)
Dieses Liniensystem wäre die „konservative“ Variante, denn es geht noch flexibler; z.B. so:
U1 / U2 / U3 / U6 – wie bisher (8-Minutentakt)
U4 / U5 – verdichtet (4-Minutentakt)
U12 / U36 / U63 – verschränkte Linien auf ihre Stammstrecken begrenzt (8-Minutentakt)
U15 / U23 / U26 / U42 / U61 / U65 – übergreifende verschränkte Linien (8-Minutentakt)
Das wäre dann allerdings so ziemlich das Maximum, wozu man wie gesagt viel Erfahrung, ein sehr gutes Störungsmanagement und vor allem eine größere Flotte bräuchte. Die sechs bestehenden Linien sollten dann wie gesagt zur HVZ als Langzüge fahren, ansonsten ausschließlich Vollzüge. Als Ausgleich können bestimmte verschränkte Linien zur HVZ sinnvoll schwächer bedient werden, so dass man die Flotte nicht zu groß machen müsste. Inwieweit die einzelnen Außenäste der Linien dann zu bestimmten Zeiten wie stark teleskopiert werden, müsste näher betrachtet werden.
Wenn Städte wie Kiew oder Paris Folgezeiten von 90-95s im Alltag fahren können, dann können wir doch ohne Probleme 120s fahren. Oder will man etwa zugeben, dass unsere Technik in Deutschland derer im Ausland so dermaßen unterlegen ist, dass wir das einfach nicht hinkriegen? Ich bezweifle auch, dass die Fahrgäste in Deutschland und speziell in München – wie behauptet – angeblich dümmer sein sollen als z.B. jene in Paris oder Kiew. Es gibt keine zu blöden Fahrgäste sondern nur falsche Fahrgastinformation, die nicht hinreichend zum Fahrbetrieb passen! Das Fahrgäste zu blöd sind, ist weder haltbar noch ein ehrliches Argument gegen einen 120s-Takt mit oder ohne verschränkten Linien.