DumbShitAward @ 23 Feb 2011, 15:24 hat geschrieben: Das ist größtenteils tatsächlich übliche Praxis, sogar, dass eine noch nicht verlegte Arbeit zitiert wird (wird dann als "in press" oder "im Druck" kommentiert) , allerdings wird das üblicherweise erst zu dem Zeitpunkt gemacht, an dem die Arbeit grundsätzlich fertig und bewertet ist sowie die mündliche Prüfung bestanden. Bis zur endgültigen Publikation werden üblicherweise noch kleinere Handarbeiten wie Widmung, Formatierung, Layout oder sprachliche Fehler erledigt, in äußersten Ausnahmefällen kommt es noch zu Streichungen oder Berichtigungen (beispielsweise, wenn sich ein kleiner Teilaspekt der bis dato üblicherweise als korrekt angesehen wurde sich durch die Arbeit Dritter als falsch herausstellt - passiert meist nur bei Naturwissenschaftlern), aber das jemand eine ganze Einleitung erst posthum schreibt ist schon ziemlich unorthodox - zumindest, dass dem statt gegeben wird (das kann man Dr. strg. c. nicht vorwerfen, allenfalls ist das Spezlwirtschaft).
An und für sich ist das nicht so das Riesenproblem, die Summe machts aber.
Wenn die Einleitung erst in einer sehr späten Phase geschrieben wurde, wirkt die Aussage, dass Guttenberg im Laufe der Jahr den Überblick über die Quellen verloren haben will, noch weniger glaubhaft, denn bereits in der Einleitung soll er abgeschrieben haben. Das kann mir dann keiner erzählen, dass er nicht mehr gewusst haben will, dass Teile der Einleitung nicht von ihm sind, da die Einleitung ja in einem kurzen Zeitraum entstanden sein muss.
Ich weiß natürlich, dass die Einleitung typischerweise in einer sehr späten Phase geschrieben wird, aber hier wird ja dann regelrecht der Beweis dafür geliefert.
Rein theoretisch kann es natürlich sein, dass eine unfertige Einleitung irgendwo rumlag und am Ende ergänzt wurde. Aber das ist doch alles sehr konstruiert, um noch als Entschuldigung durchgehen zu können.
Generell ist es eine ungeheuerliche Schlamperei und Dreistigkeit, wenn man eine Arbeit abgibt, bei denen einem die Quellen entglitten sind. Jeder, der vernünftig wissenschaftlich arbeitet, führt von Anfang an ein Quellenverzeichnis oder hebt zumindest alle Quellen auf, notfalls als Fotokopien in einem Ordner (den hat Herr zu Guttenberg natürlich in seinem riesengroßen Schloss verschlampt, ja, klar [o.k., das in Klammern war ein kleiner Witz]).
Interessanter wird es natürlich, ihm einen etwaigen Vorsatz nachzuweisen. Das ist jetzt Sache der Universität, ich denke aber, dass die Fülle der übernommenen Textstellen ohne korrekte Zitatkennzeichnung inklusive Abänderungen (z.B. Entfernung von Autoren-Initalien) dafür ausreichen könnte.
Man schaue sich nur die "herausragenden Fundstellen" an:
http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Heraus...nde_Fundstellen
Diese Fundstellen sind natürlich nicht offiziell, deuten aber auf Täuschungsabsicht hin.
Man muss sich vorstellen, da gibt jemand eine an sich vom Inhalt stimmige und gute Arbeit ab, in der im Grunde genommen offenbar fast alles perfekt ist, und gleichzeitig will einer den Überblick über die Herkunft der einzelnen Textstellen in einer Art und Weise verloren haben, die darin mündet, dass es auf einmal seine eigenen Textstellen sind? Wer wortwörtlich übernimmt und die Quellenangabe mehrfach vergisst, arbeitet unwissenschaftlich, aber noch moralisch. Wenn aber einzelne Wörter verändert werden (z.B. eher umgangssprachliche in gehobenere ersetzt werden), um diese in den Sprachfluss der Arbeit einzupassen, der täuscht und klaut in aller Regel. Normalerweise identifiziert man das, was man selbst geschrieben hat, auch nach Jahren noch, weil man seinen eigenen Stil kennt wie seine Handschrift.
Ich habe mal ein Buch zusammen mit einem anderen Autor geschrieben. Obwohl wir dort unseren Stil mit hohem Aufwand an einen Lexikon-Stil angepasst haben, wusste die Lektorin in fast allen Fällen sofort, welcher Text von wem war und sprach den Richtigen gezielt an.
So stinkt
sehr wahrscheinlich an der Sache etwas ganz gewaltig. Es geht jetzt um einen formalen Nachweis einer Betrugsabsicht. Gelingt dieser, weiß ich nicht, ob zu Guttenberg dann noch Verteidigungsminister bleiben kann.