Allgemeine Diskussion über Politik in Deutschland

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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Caesarion @ 25 Sep 2013, 02:21 hat geschrieben: Jeder Arbeitsplatz für 8,50€ , den eine Firma ohne Gesetz unterhalb des Mindestlohnes bezahlen würde, wird auf Kosten anderer Arbeitnehmer finanziert.
Oder es wird heute der Lohn der besser verdienenden Arbeitnehmer dadurch finanziert, dass die geringverdienenden Kollegen ausgebeutet werden. Alles eine Sache des Blickwinkels.
Es kann sein, dass die Arbeitsstelle aufgelöst wird und die Arbeit von den anderen Überstunden erledigt wird usw.
Was aber nicht zulässig ist. Mal davon abgesehen - Überstunden kosten auch Geld. Und wenn sie von anderen besser vedienenden Kollegen gemacht werden, sicherlich auch mehr als Billiglohn.
autolos @ 25 Sep 2013, 08:50 hat geschrieben:Wem es seine eigenen Fähigkeiten, von seinem Einkkommen zu leben, verdient die Unterstützung der gesamten Gesellschaft. Ein gesetzlicher Mindestlohn ersetzt Sozialleistungen, ist also für die betroffennen Arbeitgeber eine Art Sondersteuer.
Das ist jetzt eine enorme Verdrehung der Tatsachen.

Du tust ja gerade so, wie wenn es eine Gnade wäre, dass ein Arbeitgeber Mitarbeiter für Billiglohn einstellt. Der Arbeitgeber von Billiglohnkräften als Wohltäter? Das ist ja nun wirklich absurd.

Billiglohnkräfte werden (abgesehen von Ausnahmefällen z.B. bei Behindertenwerkstätten o.ä.) doch nicht aus Mildtätigkeit eingestellt, sondern weil die Arbeitgeber in einer Branche sich in einem ruinösen Wettbewerb befinden, in dem die Lohnkosten immer weiter gedrückt werden müssen.

Und genau das Gegenteil ist der Fall - nicht der Mindestlohn ist eine Sondersteuer für arme Arbeitgeber. Beim Aufstocken sieht es doch vielmehr so aus:
Bäckerei A beschäftigt Mitarbeiter zu fairen Tarifen, und zahlt Gewerbesteuern. Fleischerei B beschäftigt Mitarbeiter zu Dumpinglöhnen. Die Mitarbeiter der Firma B müssen aufstocken, um zu überleben. Wer zahlt jetzt die Mitarbeiter der Firma B? Steuern fallen nicht vom Himmel, sondern müssen gezahlt werden. Hier zahlt also die Firma A indirekt über ihre Steuern einen Teil des Lohns der Mitarbeiter der Firma B!
Und weil durch die Dumpinglöhne der Fleischerei und die hohen Steuern für die Bäckerei das Fleisch billiger und das Brot teurer wird, kaufen die Leute auch noch mehr Fleisch und weniger Brot.
Das ist doch Enteignung der Firma A und Wettbewerbsverzerrung in Reinform.

Und wenn Du mir jetzt erzählst, dass ein Fleischer eine so geringe Wertschöpfung hat, dass man ihn einfach nicht angemessen bezahlen könne, und der Staat den armen Fleischer, der wegen schlimmen Schicksalsschlägen nicht in der Lage ist sein eigenes Geld zu verdienen (bei 40-Stunden-Woche), dann kann ich nur noch entgeistert den Kopf schütteln.
Nur weil von linken Wortführern ein Zerrbild von rücksichtslosen und raffgierigen Unternehmern gezeichnet wird, leben wir nicht in einem Land, in dem abhängig beschäftigte systematisch ausgebeutet werden.
Wenn jemand von seinem Lohn nicht leben kann, sondern aufstocken muss, dann ist das sowohl systematische Ausbeutung des Arbeitnehmers, als auch systematische Ausbeutung des Staates (und damit aller ehrlichen Steuerzahler).
Es gibt sicher Fälle, in denen die Produktivität der Angestellten oder Arbeiter eine höhere Bezahlung ohne weiteres rechtfertigt, aber es gibt eben auch die anderen Fälle.
Wenn die Produktivität eine höhere Bezahlung nicht erlaubt, ist das Produkt zu billig, ganz einfach. Alternativ ist die (willkürliche) Festlegung, welcher Mitarbeiter welchen Anteil an der Produktivität hat, total daneben.
Es wird also mit Sicherheit Verlierer eines gesetzlichen Mindestlohns geben.
Natürlich gibt es die. Es gibt immer Gewinner und Verlierer. Momentan sind die Verlierer die Billiglohnarbeitskräfte, und die Gewinner die "Geiz ist geil"-Kunden. Mit Mindestlohn sind die Billiglohnarbeitskräfte immer noch Verlierer (sie bekommen ja nur den Mindestlohn, und sind damit nach wie vor Geringverdiener), nur ist das Gefälle zwischen Gewinner und Verlierer nicht mehr ganz so groß.

Dazu ein sehr treffendes Zitat von Bertold Brecht:
Armer Mann trifft reichen Mann und sehn sich an. Da sprach der Arme zum Reichen: "Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich!“
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von 146225 »

Boris Merath @ 25 Sep 2013, 21:05 hat geschrieben: Du tust ja gerade so, wie wenn es eine Gnade wäre, dass ein Arbeitgeber Mitarbeiter für Billiglohn einstellt. Der Arbeitgeber von Billiglohnkräften als Wohltäter? Das ist ja nun wirklich absurd.
Danke für diesen Beitrag, Boris - besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können!
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Beitrag von Entenfang »

146225 @ 25 Sep 2013, 21:15 hat geschrieben: Danke für diesen Beitrag, Boris - besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können!
Volle Zustimmung auch von mir. Wenn jemand mit zu geringer Wertschöpfung kommt, muss ich doch immer wieder daran denken, wie viel (oder wenig) ein Mensch in der Maschinerie des Kapitalismus dann noch zählt...
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Beitrag von Florarium »

Boris Merath @ 25 Sep 2013, 20:05 hat geschrieben: Dazu ein sehr treffendes Zitat von Bertold Brecht:
Armer Mann trifft reichen Mann und sehn sich an. Da sprach der Arme zum Reichen: "Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich!“
Sehr guter Beitrag, danke!
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Beitrag von Cloakmaster »

Frage ist auch, was mit den sogenannten "1€-jobs" wird. die stehen in krassen Widerspruch zum Mindestlohn...
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Beitrag von 146225 »

Ein lesenswerter Kommentar: Merkel ruft - und keiner will es hören.

Wenn man die Folgen (= miese Wahlergebnisse) einer Koalition mit der CDU und ihrer großen Vorsitzenden bedenkt, ist die momentane vornehme Zurückhaltung der SPD durchaus verständlich. Warum sich Hals-über-Kopf in eine Abnutzungsgemeinschaft stürzen, in der man wieder die Kärrnerarbeit machen darf (zur Erinnerung, in der ersten großen Koalition unter Merkel durfte Müntefering als Arbeitsminister die Rente mit 67 durchsetzen) und die CDU geht mit ihrer alles überstrahlenden großen Vorsitzenden nach Parfüm duftend aus dem Misthaufen hervor? Nein, da gibt es gute Gründe zu sagen: So läuft es diesmal nicht. Und die CDU dürfte eine neue Bewegung einstudieren: Entgegenkommen.
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Beitrag von autolos »

@ Boris et al

Mit Deinem Beitrag bestätigst Du genau, was ich gesagt habe: Es wird schlicht ein Teil der Wahrheit als nicht existent bezeichnet und bei der Argumentation ausgeblendet. Auch der Hinweis, wenn die Wertschöpfung nicht mehr hergibt, muss halt das Produkt teurer werden, hilft nicht, weil ein Preisanstieg zumeist zu verminderter Nachfrage führt. Ihr versucht, aus einer komplexen Angelegenheit eine schlichte Sache von Schwarz und Weiß zu machen. Das ganze wird dann garniert mit Vorwürfen der Menschenverachtung an Leute, die Eure Meinung nicht teilen. Ich finde es menschenverachtend, wenn man einen Mindestlohn festschreibt, der es einem Teil der Bevölkerung unmöglich macht, sich überhaupt etwas zu verdienen.
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Beitrag von JNK »

@autolos Würdest Du der These, dass Frauen weniger produktiv sind und weniger zur Wertschöpfung beitragen, zustimmen?
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Beitrag von autolos »

JNK @ 26 Sep 2013, 10:02 hat geschrieben: @autolos Würdest Du der These, dass Frauen weniger produktiv sind und weniger zur Wertschöpfung beitragen, zustimmen?
Interessante These, die Du hier vorbringst. Begründe doch mal Deine Meinung dazu, wieso Frauen weniger produktiv sind.
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Beitrag von JNK »

autolos @ 26 Sep 2013, 10:37 hat geschrieben: Interessante These, die Du hier vorbringst. Begründe doch mal Deine Meinung dazu, wieso Frauen weniger produktiv sind.
Das ist nicht meine Meinung. Ich würde gerne wissen, wie Du zu dieser These stehst. Erklärung folgt.
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Beitrag von autolos »

JNK @ 26 Sep 2013, 10:57 hat geschrieben: Das ist nicht meine Meinung. Ich würde gerne wissen, wie Du zu dieser These stehst. Erklärung folgt.
Ich sehe keine Veranlassung, mich hier zu dem Thema zu äußern. Wenn Du zu dem Thema insgesamt eine Diskussion eröffnen willst, dann tu das bitte.
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Beitrag von Electrification »

Ich wette dass es trotz allem eine Große Koalition geben wird und dann sage ich die SPD ist total dumm wenn sie das macht, aber da sind manche wohl wieder zu gierig auf die Macht. Die Führung würde das ohne zu zögern mitmachen, jetzt hofft man die Basis stellt sich quer.

Wenn sie wieder mal den Juniorpartner machen, werden sie 2017 vergessen können den Kanzler, die Kanzlerin zu stellen und wer weiß wie lange danach noch. Die SPD kann da doch nur verlieren und nebenbei ist das ein großer Schaden für die Demokratie, da eine Große Koalition den Bundestag dominieren würde und es eine verschwindend kleine Opposition geben würde.
Selbst wenn die Union noch so große Zugeständnisse macht (ohne wird es eh nicht gehen), sollte man sich davon nicht ködern lassen, denn der kleine Partner in der GK ist immer der Verlierer.

Ich bin immer noch der Meinung dass sich die Union und die Grünen zusammenraufen sollten. Ein Versuch ist es wert und wenn es schief geht, gut, dann gibt es halt in 1-2 Jahren Neuwahlen.
Jetzt aber von Neuwahlen zu reden, ist undemokratisch, denn es wurde gewählt und wenn die Parteien damit keine stabile Regierung auf die Beine kriegen sind sie selber schuld.
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Beitrag von Galaxy »

Boris Merath @ 25 Sep 2013, 21:05 hat geschrieben:Oder es wird heute der Lohn der besser verdienenden Arbeitnehmer dadurch finanziert, dass die geringverdienenden Kollegen ausgebeutet werden. Alles eine Sache des Blickwinkels.

Ich glaube kaum das eine reduzierung der Gehälter der besser verdienenden Arbeitnehmern sich beim Einkommen der Geringverdiener positive bemerkbar macht.
Und wenn Du mir jetzt erzählst, dass ein Fleischer eine so geringe Wertschöpfung hat, dass man ihn einfach nicht angemessen bezahlen könne, und der Staat den armen Fleischer, der wegen schlimmen Schicksalsschlägen nicht in der Lage ist sein eigenes Geld zu verdienen (bei 40-Stunden-Woche), dann kann ich nur noch entgeistert den Kopf schütteln.


Wenn jemand von seinem Lohn nicht leben kann, sondern aufstocken muss, dann ist das sowohl systematische Ausbeutung des Arbeitnehmers, als auch systematische Ausbeutung des Staates (und damit aller ehrlichen Steuerzahler).


Wenn die Produktivität eine höhere Bezahlung nicht erlaubt, ist das Produkt zu billig, ganz einfach. Alternativ ist die (willkürliche) Festlegung, welcher Mitarbeiter welchen Anteil an der Produktivität hat, total daneben.


Natürlich gibt es die. Es gibt immer Gewinner und Verlierer. Momentan sind die Verlierer die Billiglohnarbeitskräfte, und die Gewinner die "Geiz ist geil"-Kunden.
Das ist richtig, aber etwas das die Firmen kaum beeinflussen können. Die Konsumenten haben sehr viel Macht, und leider zeigen viele Konsumenten das ihnen die Arbeitgeber und Arbeitnehmer die die Produkte herstellen egal sind, oder zumindest verdrängen sie die Problematik.

Dazu ein sehr treffendes Zitat von Bertold Brecht:
Armer Mann trifft reichen Mann und sehn sich an. Da sprach der Arme zum Reichen: "Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich!“
Ja, die "Reichen" gönnen den Hartz4lern nicht einmal die Butter auf dem Brott. :rolleyes:

Ich verstehe nicht warum reiche oft einen derart negativen Ruf haben. Sicher gibt es auch Ausbeuter, aber in der Regel sind reiche Menschen, in deren Sog für andere viel Wohlstand generiert wird. Reiche verteilen keine Werte, sie generieren Werte.
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Electrification @ 26 Sep 2013, 12:21 hat geschrieben:
Ich bin immer noch der Meinung dass sich die Union und die Grünen zusammenraufen sollten. Ein Versuch ist es wert und wenn es schief geht, gut, dann gibt es halt in 1-2 Jahren Neuwahlen.
Jetzt aber von Neuwahlen zu reden, ist undemokratisch, denn es wurde gewählt und wenn die Parteien damit keine stabile Regierung auf die Beine kriegen sind sie selber schuld.
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Beitrag von Cloakmaster »

Galaxy @ 26 Sep 2013, 12:28 hat geschrieben:
Electrification @ 26 Sep 2013, 12:21 hat geschrieben:
Ich bin immer noch der Meinung dass sich die Union und die Grünen zusammenraufen sollten. Ein Versuch ist es wert und wenn es schief geht, gut, dann gibt es halt in 1-2 Jahren Neuwahlen.
Jetzt aber von Neuwahlen zu reden, ist undemokratisch, denn es wurde gewählt und wenn die Parteien damit keine stabile Regierung auf die Beine kriegen sind sie selber schuld.
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Beitrag von 146225 »

146225 @ 26 Sep 2013, 06:10 hat geschrieben: Wenn man die Folgen (= miese Wahlergebnisse) einer Koalition mit der CDU und ihrer großen Vorsitzenden bedenkt, ist die momentane vornehme Zurückhaltung der SPD durchaus verständlich.
In der aktuellen Spiegel-Ausgabe ist hierzu der herzlich böse Kommentar enthalten: So betrachtet ist es doch schade, daß die AfD draußen bleiben musste. Merkel hätte sie nach 4 Jahren in die Unkenntlichkeit versenkt gehabt. :ph34r:
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

autolos @ 26 Sep 2013, 08:58 hat geschrieben:Mit Deinem Beitrag bestätigst Du genau, was ich gesagt habe: Es wird schlicht ein Teil der Wahrheit als nicht existent bezeichnet und bei der Argumentation ausgeblendet.
"Die Wahrheit" gibt es in der Wirtschaft nicht - das Wirtschaftssystem ist kein Naturgesetz, sondern vom Menschen gemacht - und damit auch vom Menschen änderbar.

Natürlich bringt Mindestlohn an manchen Stellen Nachteile - aber auch Vorteile. Die Frage ist, wer welche Vorteile hat, und wer welche Nachteile, was davon überwiegt, und, in meinen Augen auch besonders wichtig, was gerecht ist und was ungerecht.

Du bezeichnest einfach alle Vorteile aus und bezeichnest sie als nicht relevant, nicht existent o.ä.

Und nochmal - die Wertschöpfung ist völlig ungeeignet, wenn es darum geht, den Wert einer Arbeitskraft zu bemessen. Deswegen brauchen wir auf dieser Basis auch gar nicht weiterzudiskutieren.
Galaxy @ 26 Sep 2013, 12:26 hat geschrieben: Ich glaube kaum das eine reduzierung der Gehälter der besser verdienenden Arbeitnehmern sich beim Einkommen der Geringverdiener positive bemerkbar macht.
Das ist immer so das Totschlagargument. Natürlich macht es sich bemerkbar - Geld kann nur einmal ausgegeben werden, und wenn den oberen Einkommensschichten weniger bezahlt wird, kann den unteren mehr bezahlt werden.
Das ist richtig, aber etwas das die Firmen kaum beeinflussen können. Die Konsumenten haben sehr viel Macht, und leider zeigen viele Konsumenten das ihnen die Arbeitgeber und Arbeitnehmer die die Produkte herstellen egal sind, oder zumindest verdrängen sie die Problematik.
Genau das ist doch der Grund, warum man den Mindestlohn überhaupt braucht. Bestes Beispiel in der Fleischbranche - hier gibt es Unternehmer, die wie alle anderen geringe Löhne zahlen - und Mindestlohn fordern. Begründung ist hier, dass sie gerne mehr zahlen würden, aber nicht können, weil sie dann nicht im Wettbewerb bestehen könnten.
Ja, die "Reichen" gönnen den Hartz4lern nicht einmal die Butter auf dem Brott.  :rolleyes:
So ist es - oder warum haben die Reichen etwas gegen eine Anhebung von Hartz IV (wofür natürlich die Steuern erhöht werden müssten)?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Boris Merath @ 26 Sep 2013, 21:32 hat geschrieben:Das ist immer so das Totschlagargument. Natürlich macht es sich bemerkbar - Geld kann nur einmal ausgegeben werden, und wenn den oberen Einkommensschichten weniger bezahlt wird, kann den unteren mehr bezahlt werden.
Das impliziert das Axiom, dass die Summe des auszugebenden Geldes gleich ist.

Sobald man den globalen Wettbewerb dazu nimmt, geht diese Rechnung nicht mehr auf.

Nehmen wir die Automobilbranche. Für die internationalen Marktanteile behaupte ich einmal ist die Arbeit der Designer und Ingenieure wichtiger als die der Lageristen und Montagearbeiter.
Senkt jetzt eine deutsche Autofirma die Löhne der Ingenieure und Designer und erhöht die Löhne der unteren Lohngruppen, besteht die Gefahr dass die eigenen Produkte nicht mehr so sehr als das beste auf dem Markt angenommen werden, folglich werden weniger Fahrzeuge verkauft, das Unternehmen verdient weniger und alle Mitarbeiter schauen in die Röhre.

Im oberen Segment ist der Arbeitsmarkt wesentlich mobiler als im unteren.

Weil der Lohn schlechter ist, geht kein Fabrikarbeiter ins Ausland, bei Ingenieuren, Juristen, Industriedesignern, Programmieren etc ist das jedoch ein Faktor.
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Beitrag von 146225 »

Iarn @ 26 Sep 2013, 21:43 hat geschrieben: Nehmen wir die Automobilbranche. Für die internationalen Marktanteile behaupte ich einmal ist die Arbeit der Designer und Ingenieure wichtiger als die der Lageristen und Montagearbeiter.
Nur bis zu einem gewissen Grad. Mal abgesehen davon, daß es der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durchaus dienlich wäre, wenn wir von einer Branche wegkämen, die zwischenzeitlich über weite Erdteile hinweg zigtausendfach kopiert wurde und die am liebsten immer noch "mehr Leistung" als größte Innovation verkauft, was nützt das beste Auto mit den aufregendsten technischen Features und dem aufregendsten Design, wenn niemand da ist, der es zusammenbaut, die Teilelogistik bewerkstelligt, und, und, und...
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Beitrag von Iarn »

146225 @ 26 Sep 2013, 21:55 hat geschrieben:Nur bis zu einem gewissen Grad. Mal abgesehen davon, daß es der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durchaus dienlich wäre, wenn wir von einer Branche wegkämen, die zwischenzeitlich über weite Erdteile hinweg zigtausendfach kopiert wurde und die am liebsten immer noch "mehr Leistung" als größte Innovation verkauft, was nützt das beste Auto mit den aufregendsten technischen Features und dem aufregendsten Design, wenn niemand da ist, der es zusammenbaut, die Teilelogistik bewerkstelligt, und, und, und...
Dann nimm eine andere artverwandte Branche, es kommt auf das selbe raus. Deutschland hat das Glück mit Fahrzeug und Maschinenbau, Luft und Raumfahrt sowie Medizin und Energietechnik Branchen zu haben mit einer sehr hohen Wertschöpfung.

Ich komme recht viel rum. Die meisten Leute in Deutschland machen sich nicht bewusst, welche immer noch außergewöhnliche Rolle Deutschlands weltweit hat, Dank unserer Hightech Produkte hat Deutschland einen Handlesblinanz und damit einen Wohlstandsüberschuss der es erlaubt, dass hier alle Löhne auch die der angeblich unterpriviligierten Gruppen auf einem international sehr hohem Niveau zu halten.

Geh mal bitte in ein Schwellenland. Dort sind die Lohnscheren viel größer. Auch wenn ein Ingenieur bei einer international agierenden Firma dort halbwegs das gleiche verdient wie in Deutschland, verdient dort der Lagerist ein Zehntel. Sobald eine chinesische Firma anfängt den Ingenieuren dort das doppelte zu zahlen wie in Deutschland, wird das mit dem deutschen Hightech Standort bald Geschichte sein. Und die werden eher dem Ingenieur das doppelte anbieten als dem Lageristen ein fünftel des deutschen Pendants. Ich kenne schon ein paar Ingenieure die dem Geld nach China & Co gefolgt sind.

Ich möchte damit nicht den Wettbewerb der niedrigsten Standards huldigen sondern nur daran erinnern, dass Deutschland eine Insel der Lohngerechtigkeit ist (auch wenn Sarah Wagenknecht jetzt vor Schreck der Hummer aus der Hand fällt). Wir reden in Deutschland vielleicht von 1:4 zwischen den Enden der Lohngruppen, es gibt ne Menge Länder da wird das dreistellig.
Und wenn Deutschland meint, 1:2 wäre das Maximum dann gehen die Leute in die 1:100 Länder, die Deutschland erst den Wohlstand in der Breite ermöglichen.
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Beitrag von 146225 »

Mag sein, das ander Länder - andere Sitten - im Knechten ihrer Arbeiter- und Bauernsklaven effizienter sind als wir, aber sollten wir wirklich auch noch in den Wettbewerb einsteigen, wer sich international am ehesten für die Wiedereinführung der erblichen Leibeigenschaft als erster qualifizieren möchte? Mit dem Schreckgespenst einer Abwanderung zu drohen, ist übrigens zu einfach - dann sollen die Unzufriedenen doch abhauen, wenn es in Ländern ohne grundlegende Bürgerrechte und Freiheiten nur des schnöden Mammons wegen soo viel besser ist.
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Beitrag von Caesarion »

Boris Merath @ 26 Sep 2013, 21:32 hat geschrieben: "Die Wahrheit" gibt es in der Wirtschaft nicht - das Wirtschaftssystem ist kein Naturgesetz, sondern vom Menschen gemacht - und damit auch vom Menschen änderbar.
Die Wirtschaft ist die planvolle Befriedigung einer Nachfrage mittels Ressourcenallokation, welche selbstverständlich den Regeln der Vernunft gehorcht, die die einzelnen Wirtschaftsteilnehmer dabei aufwenden müssen.
Oder anders: Genau wie die Naturwissenschaft Physik sich der Formalwissenschaft Mathematik bedient, bedient sich die Wirtschaftswissenschaft neben der Mathematik auch der Formalwissenschaft Logik.

Die Gesetze des Wirtschaften sind folglich nicht "menschengemacht", sie werden nur auf eine menschliche Gesellschaft angewandt.
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Beitrag von 146225 »

Caesarion @ 26 Sep 2013, 22:37 hat geschrieben: Die Gesetze des Wirtschaften sind folglich nicht "menschengemacht", sie werden nur auf eine menschliche Gesellschaft angewandt.
Diese Theorie wird Dir durch das im wirtschaftlichen Bereich unvermeidbare Einfließen von Präferenzen aller Art zerschossen. Ich sehe es auch wie Boris: "Was Hände bauten, können Hände stürzen!" (Schiller)
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Beitrag von Iarn »

146225 @ 26 Sep 2013, 22:46 hat geschrieben: Diese Theorie wird Dir durch das im wirtschaftlichen Bereich unvermeidbare Einfließen von Präferenzen aller Art zerschossen. Ich sehe es auch wie Boris: "Was Hände bauten, können Hände stürzen!" (Schiller)
Die "Logik" der Wirtschaftswissenschaften ist wie angedeutet natürlich durchbrechbar, wenn den Bogen überspannt wird, siegt im Endeffekt die macht des faktischen.
Die russische Revolution hat gezeigt, dass Logik durch die Kraft der Frustration zu erliegen kommen kann.
Dort liegt dann natürlich auch die Obergrenze für Lohngefälle, wenn die Gefahr von Unruhen aufkommt, ist die Schere zu groß. Irgendwann erschlägt der Mob halt den "Bankster". So hat auch der Kapitalismus seine Grenzen.

Nur alle Sprüche der deutschen Linken zum Trotz, wir sind nicht in der Situation von Russland 1917....
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Beitrag von JeDi »

Iarn @ 26 Sep 2013, 22:59 hat geschrieben: Die "Logik" der Wirtschaftswissenschaften ist wie angedeutet natürlich durchbrechbar, wenn den Bogen überspannt wird, siegt im Endeffekt die macht des faktischen.
Nun - die Logik der Wirtschaftwissenschaften basiert eben auf Annahmen, die man in der Realität so nicht wiederfindet.
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Beitrag von autolos »

JeDi @ 26 Sep 2013, 23:05 hat geschrieben: Nun - die Logik der Wirtschaftwissenschaften basiert eben auf Annahmen, die man in der Realität so nicht wiederfindet.
Wie bitte? Was ist denn das für eine Aussage? "Die" Wirtschaftswissenschaften basieren nicht auf "den" Annahmen. Der jahrelange Irrtum vieler Wirtschaftswisschenschaftler war, dass alle Bürger und Unternehmen monetäre Nutzenmaximierer sind. Das fand ich schon immer arg verengend. Aber Nutzenmaximierer sind sie trotzdem, aber der Nutzen existiert halt auch auf der emotinalen Ebene, wozu auch ethische und moralische Ansprüche gehören. Letztlich entscheidest auch Du nach Deinem individuellen Nutzen, bevor Du etwas kaufst oder eine Dienstleistung erwirbst. Wer sich heute für 15 € einmal pro Woche die Haare schneiden lässt, weil ihm auch der Kaffee beim Friseur schmeckt und er das lockere Gespräch dort liebt, wird es für 25 € vllt nicht mehr jede Woche machen. Ob man das gut findet oder nicht, spielt dabei doch gar keine Rolle, aber es wird negative Folgen auf die Nachfrage haben, wenn der Preis steigt.

@ Boris: Nicht ich blende aus, sondern andere. Ich habe explitzit gesagt, dass ein gesetzlicher Mindestlohn auch positive Aspekte hat, aber er hat halt auch negative. Und wenn halt - unter Einbeziehung aller Aspekte - jemand keine Arbeitsleistung erbringt, für die jemand bereit ist, einen Lohn zu zahlen, der zu einer "angemessenen" Lebensführung reicht, ist es eine gesellschaftliche Aufgabe, diesem Jemand zu helfen, aber nicht in Form einer Zwangsverpflichtung einiger weniger. Der nächste Schritt wäre dann ja wohl, Arbeitgeber zu zwingen, Arbeitslose zu beschäftigen.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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Cloakmaster @ 26 Sep 2013, 16:59 hat geschrieben:
Galaxy @ 26 Sep 2013, 12:28 hat geschrieben:
Electrification @ 26 Sep 2013, 12:21 hat geschrieben:
Ich bin immer noch der Meinung dass sich die Union und die Grünen zusammenraufen sollten. Ein Versuch ist es wert und wenn es schief geht, gut, dann gibt es halt in 1-2 Jahren Neuwahlen.
Jetzt aber von Neuwahlen zu reden, ist undemokratisch, denn es wurde gewählt und wenn die Parteien damit keine stabile Regierung auf die Beine kriegen sind sie selber schuld.
+ 1
+1
Das sehe ich ähnlich
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Beitrag von autolos »

Galaxy @ 26 Sep 2013, 12:28 hat geschrieben:
Electrification @ 26 Sep 2013, 12:21 hat geschrieben:
Ich bin immer noch der Meinung dass sich die Union und die Grünen zusammenraufen sollten. Ein Versuch ist es wert und wenn es schief geht, gut, dann gibt es halt in 1-2 Jahren Neuwahlen.
Jetzt aber von Neuwahlen zu reden, ist undemokratisch, denn es wurde gewählt und wenn die Parteien damit keine stabile Regierung auf die Beine kriegen sind sie selber schuld.
+ 1
??? Was heißt denn "+ 1"????
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Daniel Schuhmann
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Beitrag von Daniel Schuhmann »

„Gefällt mir“, „Sehe ich auch so“, „Zustimmung“ etc.

Kommt aus dem Google-Plus-Umfeld.
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autolos
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Beitrag von autolos »

Daniel Schuhmann @ 27 Sep 2013, 10:48 hat geschrieben: „Gefällt mir“, „Sehe ich auch so“, „Zustimmung“ etc.

Kommt aus dem Google-Plus-Umfeld.
Danke für die Info! Muss man also nicht wissen und sich nicht merken.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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