Caesarion @ 16 May 2014, 14:14 hat geschrieben: Boris, seit Jahrzehnten haben Statistiker, Volkswirte und Ingenieure dutzende Methoden entwickelt, um genau die von dir angesprochenen Probleme zu lösen.
Dutzende Methoden gleich? Und welche ist jetzt die richtige?
Ich empfehle folgendes Buch zum Thema:
Hanusch
Ich habe es mir heute mal organisiert, um das zu lesen fehlt mir aber die Zeit. Eine Information, wie man Zeit in Geld umrechnet, habe ich auf die Schnelle aber leider nicht drin gefunden. In welchem Kapitel steht das denn?
Ach ja - in einem Punkt schreibt er davon, dass bei der Berechnung des NKF eines neuen Flughafens die Beeinträchtigung durch Lärm einberechnet werden muss.
Frage 1: Wie rechne ich Lärm um in Geld?
Dann schreibt er aber noch, dass das nur gilt, wenn mit dem neuen Flughafen neuer Verkehr erschlossen wird, nicht dagegen, wenn nur Verkehr von einem anderen Flughafen abgezogen wird, weil in dem Fall ja wo anders der Lärm sinkt, in dem Fall entfällt die Berücksichtigung des Lärms.
Frage 2: Was ist daran objektiv? Sind die Kosten bei den Wohnungen, die jetzt neu Lärm bekommen (bisher aber Ruhe haben) wirklich gleich groß wie der Nutzen bei den Wohnungen, die bisher schon Lärm haben, künftig auch Lärm haben werden, davon nur etwas weniger? Warum macht er es sich so einfach und lässt die Berechnung ganz fallen, ohne auf die Quantität des Lärms einzugehen?
JeDi @ 16 May 2014, 14:27 hat geschrieben:Welche Einheit würdest du denn Vorschlagen?
Ich bin der Meinung dass es dafür keine sinnvolle Einheit gibt. Man kann versuchen, diverse Kennzahlen zur besseren Beurteilung zu ermitteln - man kann aber nicht einfach alles in Geld umrechnen.
Es fließen auch durchaus Einzelfallbetrachtungen in die Berechnung ein.
Was dann aber nicht mehr objektiv ist, wenn man für jedes Projekt was eigenes macht.
Man verrechnet verlorene Freizeit in der Regel mit dem Stundensatz, den man für die selbe Arbeit erhalten würde. Auch hier gilt - nenne was sinnvolleres.
Was sinnvolleres dürfte es nicht geben - damit ist aber eben diese Methode nur sehr eingeschränkt bis gar nicht verwendbar.
Zu welcher echten Wissenschaft gehört das?
Zu allen, die eine Methode nicht nur anwenden, sondern auch überprüfen, ob diese Methode überhaupt anwendbar ist. Die Fehlerbetrachtung ist essentiell, um die Aussagekraft einer Zahl beurteilen zu können. Wenn man einen NKF von 0,9 hat, aber einen Fehler von plus/minus 0,5 , dann sagt der NKF genau gar nichts über die Förderwürdigkeit eines Projektes aus. Und bei einer Methode, wo man den Fehler nicht angeben kann (und ich bin mir sicher, bei der Nutzen-Kosten-Analyse kann man das nicht), ist die Methode einfach fragwürdig. Und auch da, wo man den Fehler berechnen kann, kann rauskommen, dass zwar die Methode stimmt, aber der Fehler so groß ist dass das Ergebnis keine Aussagekraft hat. Und das fehlt beim NKF völlig.
Ich sage nichts gegen den NKF als ein Hilfsmittel, als einen Aspekt bei der Beurteilung eines Projektes. Der NKF ist aber ganz sicher nicht dafür geeignet, Projekte verlässlich miteinander zu vergleichen.
Caesarion @ 16 May 2014, 18:41 hat geschrieben:Die Nutzen-Kosten-Analyse ist ein Feld für sich, das laufend weiterentwickelt wird. Zig Professuren und Unternehmen beschäftigen sich damit.
Es handelt sich halt um Festlegungen, die immer wieder diskutiert und geändert werden. Aber es sind Festlegungen, keine objektiven Feststellungen.
Hot Doc @ 16 May 2014, 18:55 hat geschrieben:Noch zusätzlich bemerkt, selbst wenn man davon ausgeht, dass der NKF nicht wirklich gut oder exakt berechnet (was ich von Leuten, die sich offensichtlich nicht wirklich näher mit dem Thema beschäftigt haben, schon eine ziemlich abgehobene Meinung finde), sollte man Ihm doch zumindest zugestehen, dass er positives positiv und negatives negativ abbildet.
Ja, das tut er. Aber es kommt ja nicht nur darauf an, ob es etwas positives oder negatives gibt, sondern wie groß das positive und wie groß das negative ist. Und damit:
Insofern ist zumindest im Vergleich zu anderen Projekten immer das mit dem höheren Faktor auch das lohnendere.
Nein, ist es eben nicht, weil die Höhe der Kosten und die Höhe des Nutzens eben nicht objektiv und sicher feststellbar ist, und damit auch nicht der Faktor.
Bei einfachen Projekten kann das natürlich schon ein sinnvolles Werkzeug sein - wenn man jetzt drei verschiedene Trassenführungen vergleicht, die sich nur in Details unterscheiden, kann man schon versuchen da irgendwelche Faktoren auszurechnen. Aber doch nicht bei völlig unterschiedlichen Projekten, und das Abprüfen auf die Zahl 1 ist auch relativ sinnlos.
Es hat ja seinen Grund, dass nicht grundsätzlich jedes Projekt >1 gebaut wird, sondern in einer zweiten Stufe eine politische Diskussion und Überprüfung stattfindet. Ansonsten könnte man ja sagen, alle Projekte, beginnent mit dem größten NKF, werden gebaut, solange wie das Geld reicht. Aber genau das macht man ja nicht, sondern man wendet auch andere Kriterien an. Und genauso muss es auch umgekehrt sein - auch ein Projekt mit einem NKF < 1 darf nicht automatisch förderunwürdig sein, sondern man muss sich ansehen, ob es nicht aus besonderen Gründen doch förderwürdig ist, und auch, ob die NKF-Berechnung in der Form hier Sinn ergibt.
Iarn @ 16 May 2014, 19:35 hat geschrieben:Es gibt viele Wissenschaften und ich würde Ingenieursmathe auch nicht zwingend als solche bezeichnen.
Aber wenn ich mir beispielsweise die Mathematik oder Physik anschaue, sind 99% der Lehrmeinung unumstritten und es gibt Widersprüche nur am Rande. Was vor 100 Jahren Stand der Wissenschaft war, ist heute zwar sicherlich um viele Punkte ergänzt aber immer noch zu 98% valide (Prozente willkürlich erfunden). In den Wirtschaftswissenschafter vertritt jeder Guru eine andere Meinung und wenn es sowas wie einen Konsens geben sollte, ändert der sich alle paar Jahre.
Danke für diesen Kommentar, das fasst es sehr gut zusammen. Leider wird in der Wirtschafts"wissenschaft" so viel als gottgegeben betrachtet, was aber halt auch nur eine mehr oder weniger willkürliche Festlegung ist. Natürlich kann man gewisse Gesetzmäßigkeiten versuchen zu ermitteln, aber man muss halt auch sehen, dass die Wirtschaft etwas vom Menschen gemachtes ist, und nicht ein Naturgesetz.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876