Stockfisch, Störche & Süße Teilchen

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Beitrag von Entenfang »

Tag 6 Mit Bus und Bahn durch Porto

Den heutigen Tag beginnen wir mit einem Spaziergang.
Blick über Wäscheleinen…
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…und über das Häusermeer.
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Wo man schon mal an der Kathedrale ist, kann man auch mal reinschauen.
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Alles nur Fassade
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Frühlingserwachen
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Blick zur Ponte Luis I
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Die Brücke ist und bleibt einfach ein faszinierendes Bauwerk. Auch wenn der Baustil an Gustave Eiffel erinnert, stammt die Brücke von einem Partner, der mit Eiffel an der einen Kilometer weiter östlich gelegenen Ponte Maria Pia zusammengearbeitet hat.
Auf dem weiteren Weg nach Osten entdecke ich zufällig eine Fotostelle auf die Strecke zwischen Sao Bento und Campanha.
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Hier ist nun die Ponte Maria Pia zu sehen, die bis 1991 die Hauptstrecke nach Lissabon getragen hat. Aufgrund der Eingleisigkeit stellte sie natürlich ein Nadelöhr dar, weswegen die dahinter liegende Sao Joao-Brücke den heutigen Verkehr auf zwei Gleisen aufnimmt.
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Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von Entenfang »

Auf dem Rückweg zum Bahnhof passieren wir den Praca da Batalha, wo wir erstmal wieder Gras angeboten bekommen.
Werfen wir noch einen Blick auf die Igreja de Santo Ildefonso.
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Da biegt auch gerade passend die Tram um die Ecke.
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Blick in die Einkaufsstraße Rua de Santa Catarina
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Hügelauf, hügelab läuft man durch die Stadt. Blick zur Praca da Liberdade
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Nun widme ich mich der Metro. Abgesehen von den unterirdischen Bahnhöfen werden überall die Gleise höhengleich überquert.
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Kurzer Fotohalt bei Carolina Michaelis:
Außer Eurotrams sind noch Flexity Swift unterwegs, die eher für längere Strecken gedacht und aufgrund der Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf den Expressfahrten eingesetzt werden.
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Auf den ehemaligen Schmalspurstrecken wird im Raumabstand gefahren.
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Gut gemeint, schlecht gemacht: Ein Paradies für Tauben
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Wagen 037 nähert sich der Haltestelle, im Hintergrund die Spitzen der Igreja da Lapa
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Auch im weiteren Verlauf ist die großzügige Trassierung erkennbar. Bei Francos steige ich wieder aus.
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Beitrag von Entenfang »

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Von hier ist es nicht weit bis zur nächsten Bushaltestelle. 6 Linien fahren von dort zurück ins Zentrum – wie fast alle Linien im Takt 30. Drei weitere Fahrgäste warten bereits nervös. Ein Mann schreit sich einige Male selbst an. Doch es hilft nichts. Weit und breit kein Bus in Sicht. Er lehnt seinen Kopf gegen den Windschutz und leckt ihn ab. Feinstes Bushaltestellenglas gewürzt mit Bremsabrieb und Rußpartikeln. Mahlzeit! Damit erreicht er immerhin, dass ein Bus vorbeifährt. Es ist jedoch eine Dienstfahrt. Nach weiterem Geschrei kommt schließlich nach gut zehn Minuten ein Linienfahrzeug.
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Es sind überwiegend Rentner im Bus. Die Fahrt führt zuerst durch triste Wohnblocks…
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…dann durch engere Straßen mit einigen grünen Plätzen. Auf dem Mittelstreifen einer Hauptstraße sind Orangenbäume angepflanzt, die Früchte in voller Reife tragen – zumindest oberhalb der Greifhöhe. Die Straßen werden noch enger, als wir uns dem Zentrum nähern und schließlich die Endstation Aliados erreichen. Von hier sind es gute 500 m bis zu meinem Ziel, ich entscheide mich dennoch, eine Station Metro zu fahren. Als ich nach vier Rolltreppen den Bahnsteig erreiche, sehe ich nicht mal mehr die Rücklichter. Dadurch verliere ich 5 Minuten und wäre wohl zu Fuß schon am Ziel gewesen.
Das Mittagessen verläuft heute unerwartet schnell. Das ist sehr vorteilhaft, denn die historische Tram, die auf drei Linien im Takt 30 durch die Stadt fährt, will auch noch genutzt werden.
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Von der Avenida Aliados nehme ich die 22. Da sich die Bahn sofort nach meinem Zustieg in Bewegung setzt, muss mir der Fahrer während der Fahrt eine Karte verkaufen. Er bietet mir die Einzelfahrt für 2,50€ an, die will ich aber nicht. Nach kurzem Kramen zieht er den 24h-Block hervor. Ich nicke. Der Fahrer leitet einen gemächlichen Bremsvorgang ein, bevor er Stunde und Tag locht. Wir kommen mit deutlichem Abstand zum letzten Pkw an der nächsten Ampel zum Stehen. Man merkt sofort, dass ihm das Fahren der alten Bahn in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Dann kämpft sich erstmal ein Rettungswagen durch den dichten Verkehr, anschließend geht es im Stop and Go weiter. An den Kreuzungen staut es sich besonders schlimm, weil niemand darauf achtet, bei Grün im Stau vor der Ampel zu warten.
Die Bahn ist ziemlich leer, außer mir sind noch zwei Touristen und einige Einheimische unterwegs. Die Möglichkeit, mit der Monatskarte aufpreisfrei auch die historischen Bahnen nutzen zu können, wird von den Einheimischen durchaus gern angenommen.
Bei Carmo ist ein direkter Umstieg zur 18 vorgesehen. Da wir im Stau stehen und die Anschlussbahn an der Haltestelle zu sehen ist, springt ein Einheimischer einfach in den stillstehenden Verkehr und legt die letzten 100 Meter zu Fuß zurück. Ich warte geduldig, denn ich habe Vertrauen in die Fahrerin der Anschlusstram. Sie wartet tatsächlich bis unsere Tram eine halbe Minute später direkt nebenan steht und ich steige um. Auf ihren fragenden Blick hin wedele ich mit der Tageskarte, die wohl eher selten verkauft wird. Nach einem längeren Gefälle ist das am Douro-Ufer gelegene Straßenbahnmuseum erreicht.
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Zur Weiterfahrt entlang der Küste sind es 23 Minuten Umsteigezeit zur Linie 1. Die Zeit nutze ich für einen Blick ins Museum. Bei dem trotz des reduzierten Eintrittspreises wegen meiner Tageskarte immer noch happigen Preis staunt es mich keineswegs, dass abgesehen von mir nur noch eine Schulklasse durch die Wagenhalle streift.
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Die Gitter an der Fahrzeugfront dienten dem Fußgängerschutz, werden aber heute nicht mehr verwendet.
Zwischenzeitlich wurde 275 an die frische Luft gebracht.
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Das schöne Abendlicht am Ufer kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen.
2956 nähert sich dem Straßenbahnmuseum
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Bröckelnde Fassade
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Bald nähert sich ein Schienenfahrzeug
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Beitrag von Entenfang »

Bereits am dritten Tag ist mir die folgende Fotostelle bei der Vorbeifahrt im Bus aufgefallen.
205 kurz vor dem Erreichen der Endstation am Museum
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Mit dem gerade nahenden 500er setze ich die Fahrt stadtauswärts fort, um den vorherigen 1er kurz vor der Endstation Passeio Alegre einzuholen.
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Ab hier ist die Strecke bis Matosinhos abgebaut.
Ziemlich eng führt die Trasse an den Häusern vorbei. Doch der Platz reicht dicke, um noch ein Auto abzustellen.
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Nun bleiben mir einige Minuten, um das Treiben der Fischer zu beobachten.
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Dann nähert sich der werbefreie 220 als letzter Kurs des Tages.
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Wie dem aufmerksamen Betrachter nicht entgangen sein wird, besitzen die historischen Wagen keinen der heute üblichen Einholmstromabnehmer. Die Straßenbahnbetriebe Porto und Lissabon gehören zu den wenigen Betrieben, die noch mit dem älteren System des Rollenstromabnehmers fahren. Dieser ähnelt in vielen Punkten dem Stromabnehmer der Obusse und hat unter anderem den Nachteil, dass an Fahrwegverzweigungen eine sogenannte Luftweiche in der Oberleitung eingebaut werden muss. Um deren Anzahl zu reduzieren, wird die Oberleitung auf eingleisigen, im Zweirichtungsbetrieb befahrenen Strecken häufig doppelt ausgeführt. (Sehr schön hier zu sehen) Zumindest an Ausweichstellen werden die Luftweichen auf diese Weise überflüssig. Des Weiteren kann die Rolle entgleisen (Geschichte folgt in einigen Tagen) und an der Endstation muss sie vom Fahrpersonal um 180° gedreht werden.
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Einige Touristen erkundigen sich beim Fahrer, ob die Bahn ins Zentrum fährt. Nur bis zum Museum, erläutert der Fahrer und verweist auf den 500er. Als er ansetzt, mir dasselbe nochmal zu erklären, bekunde ich mein Interesse, dennoch mitzufahren, zumal mir der Umstand aus einer Fußnote im Fahrplan ohnehin bekannt ist. Daraufhin meint er noch, ich könne dann auch in den 18er umsteigen und weiterfahren. Abfahrtszeit wäre aber erst in sechs Minuten. Das finde ich nicht schlimm. Zeit, den Blick über den historischen Innenraum schweifen zu lassen.
Die Sitzbänke werden an der Endstation umgeklappt, sodass sie immer in Fahrtrichtung weisen.
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Beitrag von Entenfang »

Nicht ganz passend zur Einrichtung sind die elektronischen Entwerter
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Die restliche Wendezeit verbringt er telefonierend und unterbricht nur, um zwei weitere Touristengruppen auf den 500er zu verweisen.
Noch zwei Minuten, klärt er mich entschuldigend auf und fährt pünktlich immer noch telefonierend ab.
Zwei Frauen spazieren auf den Gleisen und hören auch nicht, als der Fahrer die Klingel betätigt. Sind die beiden taub? Wie kann man dieses Fahrzeug nicht hören… Erst als er schon bremst, springen sie erschrocken beiseite. Wir durchfahren einige Stationen ohne Halt, dann möchte ein Paar mit kleinem Kind einsteigen und lässt sich auch nicht abwimmeln. Zumindest für ein Teilstück hatte ich jedenfalls meine private Fahrt mit der historischen Tram.
Am Betriebshof angekommen, wartet bereits der Anschluss.
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Ich entscheide mich dann doch gegen die 18 und fahre mit dem Bus bis direkt vor die Haustür.


Schon bald bricht die blaue Stunde an und ich schnappe mir mein Stativ. Auf zur Ponte Luis I.
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Für den Nachtfotografen ist sie der reinste Albtraum, denn die kommt nie zu Ruhe. Selbst weit entfernte Fußgänger versetzen sie derart in Schwingung, dass die Bilder hoffnungslos verwackeln. Von den Bahnen wollen wir lieber gar nicht sprechen.
Zwei vorzeigbare Bilder entstehen dennoch.
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Zwei junge Frauen knipsen mit ihrem Smartphone. „Schau mal, da drüben ist es auch sehr interessant“, meint die eine. „Puh, ich trau mich bloß nicht, da rüber zu laufen“, entgegnet die andere nach einem vorsichtigen Schritt in den Gleisbereich. Als ihre Freundin einfach die Gleise überquert, flitzt sie in einem Affenzahn hinterher. Ist man aus Deutschland gar nicht gewohnt, kommentiere ich die Aktion. Während ich die Freiheit für Fußgänger sehr unterstütze, dürften das die Fahrer wohl anders sehen und machen mit häufigem Klingeln auf sich aufmerksam.
Mit festem Boden unter dem Stativ sinkt die Anzahl der benötigten Versuche drastisch.
Blick über den Douro zur Autobahnbrücke Arrabida…
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…und über die Altstadt.
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Eigentlich wollte ich mit der Seilbahn zum Hafen runterfahren, doch um 19 Uhr herrscht bereits Betriebsruhe. Also geht es wohl oder übel zu Fuß weiter.
Blick über die untere Ebene der Brücke
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Während die im Hafen liegenden Schiffe den Blick auf die Brücke weitgehend versperren, kann zumindest ein Rabelo vor der Altstadtkulisse verewigt werden.
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Der Bus zur Rückfahrt kommt mit satten +15. Uff, nach dem heutigen Tag bin ich wirklich geschafft…
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Beitrag von Entenfang »

Tag 7 Porto -> Coimbra -> Lissabon

Nach dem Frühstück begeben wir uns durch Sprühregen zum Bahnhof. Wir haben uns einen guten Tag zur Weiterreise ausgesucht. Nachdem die Fahrkarten bis Coimbra für 17€ gekauft sind, bleiben noch einige Minuten, um uns in der touristenüberlaufenen Bahnhofshalle umzuschauen.
Tuuuttuuut, die Eisenbahn!
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Mit der S-Bahn fahren wir bis Campanha, um dort in den Alfa Richtung Lissabon umzusteigen. Obwohl wir die Fahrkarte gerade mal eine halbe Stunde vor Abfahrt gekauft haben, bekommen wir noch einen Tisch.
Keine Stunde später sind wir bereits in Coimbra B, dem Durchgangsbahnhof etwas außerhalb. Die 14 Minuten Umsteigezeit zum zentral gelegenen Coimbra A nutze ich zum Fahrkartenkauf für die spätere Weiterfahrt nach Lissabon, die 23€ kostet. Der Fahrkartenverkauf am Schalter scheint hier wesentlich schneller als bei uns abzulaufen. Es gibt allerdings überhaupt keine Fahrkartenautomaten.
Über einen Reisendenübergang gelangen wir zum Bahnsteig, an dem der Zug zur Weiterfahrt angekündigt ist. Laut Anzeige hat er +10. Als schließlich am anderen Bahnsteig ein anderer Zug nach Coimbra A einfährt, wechseln wir schnell unsere Position und fahren tatsächlich vor dem verspäteten Zug ab, der inzwischen eingetroffen ist.
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Schlichtes Design im Innenraum mit gut gepolsterter 3+2-Bestuhlung
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Die dreiminütige Fahrt über die eingleisige Strecke endet am übersichtlichen Bahnhof Coimbra A.
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Jetzt noch schnell die Koffer im Schließfach verstauen, dann kann der Stadtrundgang beginnen. Doch halt. Wo gibt es hier überhaupt Schließfächer? Auf Nachfrage am Schalter empfiehlt man uns, in einem der umliegenden Geschäfte nachzufragen, ob man dort nicht unser Gepäck vorübergehend verstauen könne. Wir wählen das erstbeste auf der gegenüberliegenden Straßenseite, eine Mischung aus Bäcker, Imbiss und Café. Wir brauchen zwar drei Anläufe, bis die Frau hinter der Theke versteht, was wir eigentlich wollen, doch sie stimmt zu. Die Verspätung und Organisation der Gepäckaufbewahrung hat uns schon eine halbe Stunde unseres überschaubaren Aufenthalts gekostet.
Quer über den Bahnhofsvorplatz und durch die Bushaltestelle führt ein nicht mehr benutztes Gleis.
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Künftig soll hier eine Regionalstadtbahn verkehren – die Metro Mondego. Bisher ist aus den großen Plänen jedoch noch kein Zug gefahren.
Mehr Infos

Nicht nur die Gegend rund um den Bahnhof ist schäbig, sondern auch weite Teile der Innenstadt.
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Hier steht gefühlt noch mehr leer als in Porto. Es ist nicht zu übersehen, dass einige Häuser unbewohnt und dem Verfall preisgegeben sind.
Und immer grüßen die zugepflasterten Plätze.
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Beitrag von Entenfang »

Wir spazieren ein wenig durch die Gassen.
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In einer einsamen Seitengasse finden wir eine Gelegenheit zum Mittagessen. Das kleine Restaurant liegt in einem der alten Häuser. An den größtenteils unverputzten Wänden sind Ziegelsteine und Mörtel zu sehen, an denen sich Ablagerungen gebildet haben. Es ist unangenehm feucht und ziemlich dunkel. Durch die kleinen Fenster im Erdgeschoss der engen Gasse dringt kaum Licht ins Innere. Nach dem nasskalten Wetter draußen freut man sich eigentlich immer auf ein warmes Zimmer, doch bisher sind wir schon einige Male enttäuscht worden. Bei diesem Anblick wundert es mich nun wirklich nicht, dass in den alten Häusern niemand wohnen möchte. Sie auf einen modernen Stand zu bringen, muss ein Vermögen verschlingen. Ein Student bedient und macht uns sogar das Angebot, den Nebenraum mit der Klimaanlage aufzuheizen. Wir entscheiden uns dann doch, nahe am Tresen Platz zu nehmen und unsere Jacken anzulassen. Die improvisierte Küche am Rand des Raumes wirkt irgendwie völlig deplatziert. Der Bereich ist so klein, dass sich kaum zwei Menschen nebeneinander stellen können. Ein weiterer Student werkelt hier. Außer unserem ist noch ein weiter Tisch mit zwei Einheimischen besetzt.
Etwas ratlos studieren wir die Speisekarte, denn die meisten Gerichte sagen uns auf Englisch genau so viel wie auf Portugiesisch. Wir ziehen den Studenten zurate. Er empfiehlt uns dringend Bacalhau (Stockfisch). Den gibt es in Portugal wirklich überall, er muss bei den Einheimischen der wahre Renner sein. Meine Mitreisenden nehmen die Empfehlung an, ich entscheide mich für Schweinefleisch in Senfsoße. Außerdem nehmen wir noch eine Chorizo-Wurst.
Obwohl wir inzwischen ganz alleine sind, warten wir ziemlich lange. Ein Glück, dass der größte Hunger mit Brot und Oliven gestillt werden kann. Auf die Vorfreude folgt dann die große Ernüchterung. Die Chorizo ist wirklich extrem fettig und der Stockfisch nicht ansatzweise unser Fall. Da fahre ich mit dem Schweinefleisch in Senfsoße noch am besten. Es schmeckt völlig anders als die gewohnte Küche von daheim und hat einen ziemlich strengen Geschmack. Als wir auf Nachfrage gestehen, dass uns der Bacalhau überhaupt nicht zusagt, ist der Student regelrecht erschrocken und fühlt sich wegen seiner Empfehlung schuldig. Angeblich hat der Stockfisch bisher noch jedem geschmeckt, aber irgendwie bezweifeln wir das dann doch. Wir bestellen noch ein paar Kartoffeln, um nicht hungrig wieder zu gehen.
Nachdem wir den stockfischfreien Rest verspeist haben, gehen wir zum Nachtisch über. Wir bestellen Panna Cotta, doch leider ist die Erdbeersoße aus. Ob er uns vielleicht Tomatenmarmelade oder Kürbismarmelade dazu servieren könne? Uff. Nach dem Reinfall mit dem Stockfisch sind wir weniger auf Experimente aus. Er bietet schließlich an, uns von beiden erstmal probieren zu lassen. Da sagen wir natürlich nicht nein.
Es ist wieder ein neuer und ungewohnter Geschmack, doch wir sind uns letztlich einig, dass es mal ganz lecker zum Probieren ist, wir aber gut entschieden haben, im Douro-Tal kein ganzes Glas davon zu kaufen. Als letzten Ausweg gibt es noch frische Erdbeeren zum Panna Cotta. Bisher haben wir noch keine gegessen, da sie Mitte März auch in Portugal noch komplett unreif ausgesehen haben. Liebevoll mit Erdbeerstückchen dekoriert serviert er uns das Panna Cotta. Es enttäuscht uns nicht und nachdem sich der Student zum fünften Mal für seine Empfehlung entschuldigt hat, kommen wir ins Gespräch. Das war nun also traditionell portugiesische Küche. Die Chorizo auf dem Brettchen wird nur mit Brot gegessen, zum Fleisch in Senfsoße üblicherweise Gemüse oder Kartoffeln, um den strengen Geschmack etwas zu dämpfen.
Eine kulinarische Erfahrung reicher verlassen wir das kleine Restaurant, um Sightseeing an der Uni zu treiben. Dafür muss zunächst der Hügel erklommen werden.
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Bald erreichen wir die Alte Kathedrale mit ihrem ruhigen Innenhof.
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Da kann man ja mal ein Wort zum ÖPNV verlieren. Aufgrund der Straßengeometrie kommt in den engen Gassen nur ein sehr kleines Fahrzeug infrage.
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Beitrag von Entenfang »

Außerdem wird ein Teil des Stadtverkehrs durch den Obus bedient, der auch zur Universität hochfährt.
Wir erklimmen den Hügel weiter zu Fuß.
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In Universitätsnähe gibt es einige Studentenwohnheime, die eine linke Community beheimaten.
Da kann man noch es noch so oft überstreichen, Graffiti ist hier allgegenwärtig.
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Blick in den Innenhof der alten Universität
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Vom großzügigen Innenhof aus kann die alte Biblioteca Joanina besichtigt werden. Sie wurde bis 1910 regelmäßig benutzt, heute stehen die wertvollen Wälzer weitgehend ungenutzt herum. Außerdem befindet sich hier die Universitätskirche.
Ein Teil der alten Universität scheint auch heute noch genutzt zu werden, zumindest der Festsaal.
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Allmählich drängt die Zeit. Bevor wir uns auf den Rückweg zum Bahnhof machen, lassen wir den Blick über die Landschaft schweifen.
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Zügig begeben wir uns bergab, sammeln die Koffer ein und besteigen eine S-Bahn nach Coimbra B. Der Nachteil des außerhalb liegenden FV-Bahnhofs wird jetzt überdeutlich, denn wir müssen fast eine halbe Stunde auf den Alfa nach Lissabon warten. Müde wie wir sind ist es gar nicht schlimm, diese im gut gefüllten Warteraum zu verbringen.

Wieder begleiten uns Störche auf unserem Weg, während sich langsam die Nacht über das Land senkt. Pünktlich erreichen wir Lissabon-Santa Apolonia, den Kopfbahnhof östlich der Innenstadt. Der Bahnhof ist vergleichsweise übersichtlich. Immerhin hat man den Seitengleisen hier im Gegensatz zum Holzkirchner Bf ein Dach spendiert.
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Wir kaufen elektronische Pappkarten und laden ein 24h-Ticket auf. Jetzt müssen wir von den unzähligen Bushaltestellen nur noch die Richtige finden. Einige Minuten später entdecken wir eine Halteposition, von der eine der drei Linien abfährt, die wir nehmen können.
Gut gefüllt erklimmt er Bus enge, dunkle Straßen, die sich einen Hügel hinaufwinden. Zumindest in dieser Hinsicht ähnelt Lissabon schon mal Porto, auch was die heruntergekommenen Häuser angeht. Nach einem Schwätzchen mit dem Gegenkurs nähern wir uns allmählich dem Ziel. Nur wie die richtige Haltestelle ohne jede Info im Bus finden? Ah, die mittelalte Frau mit Handy sieht so aus, als würde sie sich auskennen und Englisch sprechen. Treffer. Die Haltestelle Sappadores gibt es zweimal. Hmm. Ich weiß, dass wir unweit der Tram wohnen. Welche der beiden ist denn näher an der Tram? Die Frau schaut mich unsicher an. Ich probiere es mit Electrico. Ahhh. Die zweite Haltestelle. Ob wir denn jetzt den 28er nehmen wollen? Jetzt nicht mehr, aber morgen bestimmt.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 8 Lissabon: Belem

Heute wollte einfach nichts so recht klappen. Zuerst haben wir uns um das Naheliegende gekümmert – etwas zum Essen. Direkt gegenüber gibt es einen kleinen Markt mit fünf Ständen, an denen Obst, Gemüse und Fleisch angeboten wird. An allen Ständen verkaufen alte Frauen, dementsprechend schwierig gestaltet sich die Verständigung. Ehe wir es uns versahen, hatten wir mehr als 2 kg Obst - in fünf Plastiktüten verpackt – gekauft. Das sollte erstmal für ein paar Tage reichen.
Nach einem Schauer herrscht wieder strahlender Sonnenschein, als wir uns auf den Weg machen. Ich möchte mir den topografischen Netzplan mit allen Buslinien besorgen, den es nur im Kundencenter gibt. Geöffnet hat er nur werktags. Tja, ist Samstag nun ein Werktag oder nicht? Ich will es dennoch versuchen. Wir begeben und zur Bushaltestelle und müssen bei gut merkbarem Takt 21 immerhin nur sechs Minuten warten.
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Hoch und runter geht es durch herabgekommene Häuserschluchten und entlang stillgelegter Trambahnstrecken. Das Stadtbild unterscheidet sich etwas von Porto, ist aber kaum besser instandgehalten mit ebenfalls hohem Leerstand.
Eine Viertelstunde später erreichen wir den großzügigen Praca Marques de Pombal, der sich im modernen Stadtteil Lissabons befindet. Als Reformer im Absolutismus sowie wichtiger Verdienste beim Wiederaufbau Lissabons nach einem schweren Erdbeben im Jahr 1755 ist in jedem größeren Ort Portugals ein Platz nach ihm benannt.
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Nach einigen Minuten Suche im schlecht beschilderten Zwischengeschoss stehen wir schließlich vor den verschlossenen Türen des Kundencenters.
Also fahren wir mit der U-Bahn nach Baixa-Chiado, um von dort mit der Tram 15 nach Belem zu fahren. Laut Umgebungsplan ist es ein Stück zu laufen, doch erstmal müssen wir an die Oberfläche. Die 45 Meter Höhenunterschied werden mit insgesamt fünf Rolltreppen überwunden. Die Teilung der Rolltreppen erweist sich als eine kluge Entscheidung, denn prompt ist eine davon außer Betrieb. Schnaufend kämpfen sich alte Menschen und Mütter mit Kinderwagen den Treppenabsatz hoch.
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Baixa-Chiado, an der Grenze zwischen den beiden gleichnamigen Stadtteilen gelegen, ist einer der wichtigsten U-Bahnhöfe und gleichzeitig einer der wenigen U-Bahnhöfe mit Aufzug und erinnert durch die weiße Verkleidung an die Pariser Metro. An anderen Bahnhöfen erinnert vor allem das häufig notwendige Treppensteigen an Paris.
Am Ausgang hält gerade eine bis auf den letzten Stehplatz gefüllte Tram der berühmten Linie 28. Wir müssen den Gleisen ein Stück folgen. In kurzem Abstand kommen uns noch zwei weitere Fahrzeuge mit abnehmendem Füllungsgrad entgegen.
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In den Gassen von Chiado…
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…mit Blick auf den Tejo
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Die abenteuerliche Gleisgeometrie der Tram ist kaum zu übersehen.
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An der im Umgebungsplan eingezeichneten Haltestelle fährt die Tram leider durch, möglicherweise wegen Baustelle. Die nächste Haltestelle befindet sich erst am Cais do Sodre, sodass wir nun eine ganze U-Bahnstation gelaufen sind.
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Zunächst befährt die Tram einen besonderen Bahnkörper entlang einer breiten Ausfallstraße, später fährt sie straßenbündig durch kleinere Hauptstraßen. Dabei durchqueren wir herabgekommene Stadtviertel mit hohem Leerstand. Nach einigen Behinderungen durch Autofahrer steigen wir schließlich am Mosteiro dos Jeronimos mitten in Belem aus. Der am westlichen Rand Lissabons gelegene Stadtteil war Ausgangspunkt für die Entdeckungsfahrten der portugiesischen Seefahrer und stellt eine Kurzform von Bethlehem dar.
Das Hieronymitenkloster gilt als das wichtigste Bauwerk der manuelinischen Zeit und steht für die Macht und den Reichtum Portugals während der kolonialen Eroberungen, aus deren Erträgen der Bau finanziert wurde. Nach 100 Jahren Bauzeit wurde es im Jahr 1601 vollendet und gehört seit 1983 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Dichter Verkehr quält sich vor dem eindrucksvollen Gebäude entlang.
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Da es sich um eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Lissabons handelt, ist der Ort hoffnungslos überlaufen. So richtig kann ich bei dem ganzen Trubel die Schönheit der Kirche Santa Maria nicht genießen…
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Nicht nur Könige haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden, sondern auch der Seefahrer Vasco da Gama und der Dichter Luis Vaz de Camoes.
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Als wir aus der Kirche heraustreten, zieht ein kurzer Schauer durch. Unzählige Regenschirmverkäufer nerven die Touri-Horden auf Schritt und Tritt. Langsam könnte man ans Mittagessen denken. Da in den umliegenden Restaurants kein freier Platz zu sehen ist, fahren wir mit der nächsten Tram eine Station stadteinwärts in der Hoffnung, dass es dort nicht ganz so überfüllt ist. Eine völlige Fehleinschätzung, wie es sich bald herausstellt. Weit und breit hat keine Gaststätte drinnen noch einen Platz und draußen im Regen wollen wir bei den kühlen Temperaturen auch nicht sitzen. Nach einer erfolglosen Runde um den Block entscheiden wir uns, mit der Tram zwei Stationen stadtauswärts zum Torre de Belem zu fahren, wo wir ohnehin als Nächstes hinwollten. Ab dem Kloster fährt sie nur im Takt 20 – dementsprechend gut gefüllt ist die nächste Bahn.
Wir entdecken einen kleinen Laden direkt an der Tramhaltestelle. Während wir einige Minuten auf einen freien Tisch warten, entsteht noch dieses Bild vom Bus. Die Sonne strahlt wieder, als wäre nichts gewesen.
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Gut gestärkt laufen wir zum Torre de Belem. Über eine Fußgängerbrücke überqueren wir eine breite Ausfallstraße mit der S-Bahnstrecke Cais do Sodre-Cascais in der Mitte.
Der aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts stammende Turm diente dem Schutz des Hafens sowie als Gefängnis. Heute ist er fast genauso überlaufen wie das Kloster.
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Bei der Besteigung der Aussichtsplattform gilt Blockabfertigung mit Einbahnstraße im engen Treppenhaus. Die Aussicht über Belem…
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…und den Tejo zur Ponte 25 de Abril entschädigt zumindest teilweise für die Überfüllung.
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Die Betonsäule am rechten Ende der Brücke ist eine der welthöchsten Christusstatuen.
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Anschließend fahren wir mit der Tram zurück zum Kloster, da wir noch den Klosterinnenhof besichtigen möchten.
Da die Sehenswürdigkeit in weniger als einer Dreiviertelstunde geschlossen wird, geht es nun etwas entspannter zu. Die Menschenmenge hat sich gelichtet und das Kloster erstrahlt im zarten Nachmittagslicht.
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Zurück an der Tramhaltestelle erwartet uns eine böse Überraschung. Eine riesige Menschenmenge wartet auf die Rückfahrt. Der Füllungsgrad der kurzen Tram ist definitiv nicht mehr bedarfsgerecht und an vielen Unterwegshalten müssen Fahrgäste zurückgelassen werden. Eine anstrengende halbe Stunde später steigen wir am Cais do Sodre aus – endlich Luft! Mit der Metro soll es bis Martim Moniz und von dort mit der Tram 28 bis vor die Haustür gehen. Doch die applaudierende Schlange, als endlich eine Bahn einfährt, macht den Plan zunichte.
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Der Einsteigevorgang dauert außerdem wegen des Fahrkartenverkaufs ewig. Dann halt noch zwei Stationen weiter mit der Metro und von dort mit dem Bus. Der Umgebungsplan verrät uns leider nicht die Halteposition. Gesucht wäre Linie 712.
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Beim Blick in die linke untere Ecke wird auch klar, warum man auf diesem Plan lange suchen kann. Womöglich geht er bald als Historisch durch.
Wir wählen einen Ausgang und suchen die Haltestelle, die 50 Meter entfernt hinter einer Straßenverzweigung liegt. Wenigstens müssen wir nicht lange warten. Auf der kurzen Fahrt kommt uns eine bis auf den letzten Platz vollgequetschte Tram entgegen. Ob man die Linie 28 wohl auch als ganz normales öffentliches Verkehrsmittel nutzen kann, ohne sich vorher eine Stunde anzustellen? Zumindest in der SVZ kommt die stadteinwärtige Bahn mit freien Sitzplätzen…
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…und die stadtauswärtige Bahn komplett leer daher.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 9 Von Cascais ans Meer

Heute gönnen wir uns eine Pause vom vielen Laufen und dem stressigen Sightseeing. Im Bücherregal unserer Ferienwohnung entdecken wir einen Reiseführer Lissabon. Beim Stöbern stoße ich auf den Tipp, am Bahnhof Cascais kostenlos ein Fahrrad von der Stadtverwaltung auszuleihen. Dieser Tipp überzeugt mich, doch zunächst müssen wir den ÖPNV nutzen, um zum 30 km entfernten Vorort zu gelangen. Hoffentlich klappt das besser als gestern.
Obwohl der Bus im Takt 26 fährt und laut Fahrplan in zehn Minuten kommen soll, verkündet die DFI die nächste Abfahrt in 33 Minuten. Natürlich kann sie auch irren und eigentlich wollte ich auch ganz gerne mal Tram fahren. Wir positionieren uns strategisch günstig an der stadtauswärtigen Haltestelle, um gegebenenfalls schnell die Seite wechseln zu können, sollte die Tram stadteinwärts zuerst kommen. (beide Richtungen führen früher oder später zur U-Bahn)
Keine Minute später kommt eine stadteinwärtige Bahn. Eine alte Frau steht bereits an der Haltestelle. Natürlich ist die Bahn proppenvoll. Die Frau quetscht sich hinein, wir schaffen es auch noch irgendwie. Wahrscheinlich hat die Fahrerin nur wegen der Einheimischen angehalten. Bei der Tram muss die Haltewunschtaste zum Aussteigen gedrückt werden, bei Überfüllung wird einfach durchgefahren, wenn niemand aussteigen möchte. Am bekannten Miradouro de Santa Luzia einige Stationen weiter steigen einige Touristen aus und wir ergattern Sitzplätze. Nun ist es nicht mehr ganz so voll und man kann bequem stehen. Die Bahnen in Gegenrichtung sind alle bis auf den letzten Platz vollgequetscht. Rasant geht es durch die engen Gassen, durch enge Bögen, bergauf, bergab. Auf einem kleinen Platz sind die Gleise zugeparkt – ein Pkw und ein Lieferwagen mit Warnblinker in der zweiten Reihe. Der MIV ist abgesehen von der hoffnungslosen Überfüllung einer der Hauptgründe für die Unzuverlässigkeit der Lissaboner Straßenbahn.
Ja, faszinierend ist die Fahrt zweifelsohne. In den engsten Gassen müssen sich Fußgänger in die Hauseingänge pressen, um die Tram passieren zu lassen. Die Hauswände sind so nah, dass man sie mit der aus den offenen Fenstern ausgestreckten Hand berühren kann. Außerdem gibt es diverse Gleisverschlingungen sowie signalgesicherte eingleisige Abschnitte. Mit viel Gebimmel wird die Fahrt bis Chiado untermalt. Dort steigen wir in die Metro um und erreichen eine Station später den S-Bahnhof Cais do Sodre. Nun müssen wir unsere Fahrkarten noch mit einer Einzelfahrt aufladen, denn die 24h-Karte gilt nur in Bus, Tram und Metro, nicht aber bei der S-Bahn (CP) sowie den Fähren. Der Automat im Metro-Zwischengeschoss will nur entweder eine weitere Tageskarte oder gar nichts aufladen. Am Informationsschalter verweist man uns an den CP-Schalter. Vor diesem hat sich eine lange Schlange gebildet. Ein Automat tut es doch eigentlich auch. Das Aufladen einer Einzelfahrt auf eine Tageskarte ist nicht möglich – ich hatte mich bereits gefragt, woher der Entwerter wissen soll, was er denn entwerten soll. Also für jeden eine neue Pappkarte zu 0,50€ je Stück. Aber wieso nimmt der Automat den Schein nicht? Na gut, dann eben mit Karte. Declined. War ja klar.
Inzwischen ist die S-Bahn abgefahren, wir haben 20 Minuten Wartezeit gewonnen. Also flugs zum Schalter, an dem die Schlange jetzt etwas kürzer ist. Hier klappt die Bezahlung schließlich. Alle, die sich noch hinter uns anstellen, werden verscheucht. Sofort nach uns schließt der einzige Schalter. Zumindest damit haben wir gerade nochmal Glück gehabt.

Der nächste Zug nähert sich:
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Die Linha de Cascais stellt eine Besonderheit im portugiesischen Bahnnetz dar. Während üblicherweise mit 25 kV 50 Hz elektrifiziert wurde, werden die S-Bahnen auf dieser Strecke mit 1500V Gleichstrom angetrieben. Grund für den Inselbetrieb war der bis 1974 private Betreiber der Strecke. In Alcantara gibt es eine Gleisverbindung zum restlichen Netz. Zukünftig ist eine komplette Modernisierung inklusive Angleichung der Spannung vorgesehen.
Recht großzügig ist der Innenraum der Bahnen.
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Die Türen an den Wagenübergängen überfordern manchen Fahrgast. Es handelt sich dabei um stinknormale Türen mit Klinke. Es empfiehlt sich dringend, sie nach Benutzung wieder ordnungsgemäß zu verschließen, denn auf Dauer nervt das Auf- und Zuschlagen durch die Bewegung des Zuges gewaltig.

Die Fahrt führt durch heruntergekommene Vororte, abschnittsweise auch direkt am Meer entlang. An den Bahnanlagen ist jede denkbare Einrichtung graffitibemalt – sogar die Oberleitungsmasten. Dementsprechend einladend sehen auch die Bahnhöfe aus, an denen nur noch intakt ist, was völlig unzerstörbar ist.
Eine Dreiviertelstunde später ist Cascais erreicht, fast eine andere Welt verglichen mit den durchfahrenen Orten. Direkt auf dem Bahnhofsvorplatz ist der Fahrradverleih in einer Art Kiosk untergebracht. Nach Angabe von Pass- und Telefonnummer ist die unkomplizierte Ausleihe zum Nulltarif abgeschlossen. Ich gönne meinen Füßen eine Laufpause und meinem Geist eine ÖPNV-Pause.

Cascais ist ein sehr schön herausgeputzter Ort.
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Blick zurück, wo wir hergekommen sind. Hoffentlich kommen die Wolken nicht hierher…
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Fischerboote im Hafen
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Auf einem gut ausgebauten Radweg verlasse ich die Stadt…
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…und fahre am Steilufer entlang.
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Beitrag von Entenfang »

Blick zum Guia-Leuchtturm
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Hinter dem Stadtrand folgen Golfclubs und Restaurants mit Meerblick. Ich lege eine Mittagspause zwischen den Felsen ein.
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Ein Fischer versucht sein Glück im schäumenden Meer. Hier ist es deutlich rauer als in Cascais, auch der Wind hat zugenommen.
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Eine Möwe beäugt den fremden Fotografen kritisch - mein Lieblingsbild der Reise.
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Besonders bequem ist das Fahrrad nicht und Gänge hat es auch keine, aber die leichten Steigungen kann ich erfolgreich überwinden.
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Ich schwinge mich wieder auf den Sattel und folge der Küstenlinie. Das einzige Manko des Weges ist der Verlauf direkt an der viel befahrenen Landstraße. Durch die einsame Dünenlandschaft wäre er nochmal so schön.
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Nun an der völlig ungeschützten Westküste angekommen, weht mir kräftiger Wind entgegen und treibt die Gischt in mein Gesicht und auf die Linse.
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Die Kraft des Windes lässt gelegentlich meterhohe Wasserfontänen aufspritzen. Als ein Teil davon auf mich als kleine Dusche niederprasselt, weiß ich, dass ich mich zu nah an das Meer herangewagt habe.
Heute herrscht extrem klare Sicht. Blick zum Cabo da Roca, Europas Südwestspitze
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Beitrag von Entenfang »

Auf dem Rückweg lege ich einen Stop bei der Boca del Inferno ein, angeblich ein wahnsinnig spektakulärer Ort, an dem die einheimischen Familien ihre Selfiesticks schwingen.
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Das Meer hat sich einen kleinen Durchbruch ganz unten in der Felsenwand geschaffen. Es schäumt hier aber wegen der geschützten Lage weit weniger stark und ich finde den Ort deutlich weniger interessant als die raue Westküste.

Um Punkt halb fünf gebe ich wie gefordert mein Fahrrad wieder ab und setze mich in die S-Bahn zur Rückfahrt. Immer noch hängen einige schwarze Wolken an der Küste Richtung Lissabon, doch mich haben sie verschont.
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Nachdem ich in Zwischengeschoss am Cais do Sodre eine weitere Tageskarte für morgen aufgeladen habe, versuche ich mein Glück, von hier mit der Tram 15 in die Stadt zu fahren. Die DFI verkündet 13 Min. Wartezeit. Nachdem eine Viertelstunde vergangen ist und trotz Takt 10 keine einzige Bahn in keine Richtung gefahren ist, gebe ich auf und laufe zur nahen Haltestelle der Tram 25. Etwa 100 Meter weiter steht eine Bahn mit Warnblinker auf der Strecke, die durch einen Polizeiwagen blockiert ist. Es sieht nicht danach aus, als würde hier demnächst eine Tram verkehren.
Also weiter bergauf durch die Straßen Chiados zur 28.
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Am Praca da Camoes treffe ich wieder auf Gleise und sie sind nicht stillgelegt.
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Der Westast der 28 ist nicht ganz so überlaufen, also bin ich guter Dinge, hier ohne Schlange einsteigen zu können. Nach weniger als einer Minute biegt auch schon eine um die Ecke.
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Beitrag von Entenfang »

In der Baixa steigen viele aus und ich ergattere einen Sitzplatz. Dann füllt sich die Bahn wieder bis auf den letzten Platz. Mit viel Gebimmel werden Fußgänger und Autos von den Gleisen verscheucht. Beim Halt an einer Station wird nur die vordere Tür geöffnet, da niemand aussteigen möchte. Hier funktioniert selbst mit nur zwei Türen und Vordereinstieg die Fahrgastverteilung relativ gut, der Druck von außen ist einfach groß genug… Ein Mann klopft gegen die hintere Tür, doch der Fahrer öffnet sie nicht. Als die Bahn ohne ihn anfährt, springt er einfach auf die Trittstufe und fährt mit. „Oh my god!!!!!! He just jumped on!!!!!!“, ruft eine Frau aufgeregt. Man sollte vielleicht noch dazusagen, dass die Aktion wirklich extrem gefährlich ist, denn es gibt von außen keine Haltegriffe oder dergleichen, an denen man sich vernünftig festhalten kann. Zu seinem Glück ist es ein breiter Abschnitt ohne abenteuerliche Gleisgeometrie und niemand zwingt die Bahn zur Schnellbremsung. Die Aktion hätte sonst auch leicht am nächsten Pfosten oder parkenden Auto enden können.
An der nächsten Haltestelle springt er ab. Als die Bahn wieder anfährt, zieht der blinde Passagier kräftig am Seil und die Rolle entgleist funkensprühend. Mit einem Ruck kommt die Tram zum Stehen. Ein Großteil der Fahrgäste hat zwar mitgekriegt, dass etwas nicht stimmt, aber wirklich verstanden hat es wahrscheinlich kaum jemand. Betretens Schweigen herrscht im überfüllten Wagen, als der Fahrer aussteigt und dem Mann einige unverständliche Sätze zuruft, während er die Rolle wieder in die richtige Position bringt.
Allmählich kämpfe ich mich nach hinten zum Ausgang durch. Ein alte Frau, Einheimische, ruft dem Fahrer irgendetwas zu, bevor sie zusammen mit mir aussteigt. Der Fahrer folgt und wieder gibt es ein Wortgefecht. So richtig genießen kann ich die Abendstimmung nach der Fahrt jedenfalls nicht.
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Nur gedämpft klingt der Lärm der Stadt auf die Dachterrasse, während ich mich umschaue.

Blick über die Igreja de Santa Engrácia auf den Tejo. Die im 17. Jahrhundert begonnene Kirche wurde aufgrund wechselnden politischen Interesses erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollendet. Das wird wohl nicht mal der BER reißen ;)
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Blick über das Häusermeer Richtung Bairro Alto
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Zu später Stunde gibt es in der Tram reichlich Sitzplätze, aber auch einen stark ausgedünnten Takt. Der tagsüber völlig überlaufene Miradouro Santa Luzia ist jetzt fast menschenleer – nur zwei komische Gestalten mit wild herumrennenden und laut kläffenden Hunden halten sich hier auf. Ich halte gebührenden Abstand, während ich mein Stativ in Position bringe.
Nochmal die Igreja de Santa Engracia aus einer anderen Perspektive
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Blick über das chaotische Alfama auf den Tejo
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Nachfotos von der Tram sind jetzt reines Glücksspiel, denn ohne Haltewunsch oder wartenden Fahrgästen wird einfach durchgefahren.
Am Largo Portas de Sol klappt es gleich beim ersten Versuch.
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Ich probiere mich an einer anderen Stelle, an der die Bahn nur in Schrittgeschwindigkeit fahren kann. Doch bei den Lichtverhältnissen stößt meine Kamera nichtsdestotrotz an ihre Grenzen.
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Und noch zwei Bilder ganz ohne Tram:
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Auch wenn mir die Gassen menschenleer im Dunklen besser gefallen als überlaufen bei Tageslicht – so richtig überspringen will der Funke bis jetzt noch nicht und mich die Stadt besonders faszinierend finden.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 10 Lissabon: Campo de Ourique, Baixa & Alfama

Beginnen wir den heutigen Tag doch auf der Dachterrasse mit einem Blick nach Westen…
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…und über die Lissaboner Variante des inzwischen zugebauten Wiener Lochs.
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Heute ist Montag und ich wollte mir nun endlich den topografischen Netzplan beschaffen. Pünktlich kommt der Bus zum großzügigen Praca Marques de Pombal. Wie überall in Portugal muss man auch im Kundencenter eine Nummer ziehen. Von drei Schaltern haben zwei geöffnet, an einem wird gearbeitet. Die Mitarbeiterin am Zweiten telefoniert und hantiert hektisch an ihrem Computer herum. Nach knapp zehn Minuten wechselt sie – immer noch telefonierend – an den unbesetzten Schalter. Von den sieben Nummern vor mir wurde bisher eine aufgerufen. Ich habe keine Lust mehr und verzichte auf den Netzplan. Da muss der Ausschnitt aus dem Zentrum, den ich mir daheim ausgedruckt habe, wohl reichen.
Erst vor wenigen Jahren wurde ein Autobahnzubringer mit einem Tunnel an diesen Platz geführt, angesichts der ohnehin schon autoüberfüllten Stadt ein völlig zurecht kritisiertes Projekt.
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Weiter nach Westen können wir zwischen den Buslinien 720 und 738 wählen. Ersteren verkündet die DFI in einer, letzteren in 13 Minuten. Nachdem die 13 zu einer 12, dann zu einer 11 und schließlich zu einer 10 geworden ist und beim 720er immer noch eine 1 steht, taucht dieser auf. Wir durchfahren den modernen Stadtteil und steigen am Estrela-Park aus, um dort in die Tram 25 oder 28 umzusteigen. Die erste Linie sollte alle 17 Minuten kommen, die zweite Linie alle 7/8. Zehn Minuten vergehen, nichts passiert. Dann kommen in kurzem Abstand drei Bahnen stadteinwärts und eine 28 stadtauswärts, die allerdings hier wendet.
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Weitere fünf Minuten vergehen, ohne dass eine Bahn in Sicht kommt, wir laufen bis zur nächsten Haltestelle. Nach einer weiteren Bahn in Gegenrichtung kommt dann endlich auch eine in unsere Richtung.
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An der Endstation Prazeres verlassen wir das historische Vehikel wieder, um den gleichnamigen Friedhof zu besichtigen.
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An der Westseite gibt es einen schönen Aussichtspunkt zur Ponte 25 de Abril. Wie auf der Öresundbrücke befindet sich unter der Fahrbahnebene auch eine Eisenbahnquerung.
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Links ist der Bahnhof Alcantara-Terra zu erkennen, von dem die S-Bahnen in einem großen Ring um die Stadt zum Bf Oriente oder St. Apolonia fahren. Von hier führt ein Betriebsgleis nach Alcantara-Mar an die Linha de Cascais. Früher befand sich zu Füßen des Hügels ein slumartiges Viertel. Die Stadt hat diesem durch den Bau von Sozialwohnungen entgegengesteuert.

Bevor wir weitergehen, noch ein Blick auf die Tram. Auf einigen Abschnitten kann nicht mit Rolle gefahren werden, sodass alle Wagen mit einem Bügelstromabnehmer ausgerüstet wurden.
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Üblicherweise wird jedoch stilecht mit Rolle gefahren.
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545 nähert sich der Endstation Prazeres
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Beitrag von Entenfang »

In der Nähe entdecke ich diese architektonisch interessante Kirche.
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Als nächstes steht mal wieder die Versorgung mit Nahrungsmitteln an, denn wenige Minuten entfernt befindet sich der Mercado de Campo de Ourique in einer Halle. Das Stadtviertel ist weniger schäbig hat aber zwei entscheidende Nachteile: Es hat keinen U-Bahnanschluss und liegt in der Einflugschneise des ziemlich stadtnah gelegenen Lissaboner Flughafens. Im Minutentakt rauschen Flugzeuge über unsere Köpfe hinweg.
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Der recht bald nach Betreten der Markthalle beginnende Regen kommt mit Ansage.

Kaum könnte der Kontrast zum Mercado do Bolhao größer sein. Wir befinden uns zweifelsohne in einem für Touristen herausgeputzten Markt. Das ist erstens daran zu erkennen, dass alle Verkäufer perfekt Englisch verstehen und zweitens leider an den Preisen.
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Zur Rückfahrt müssen wir nur wenige Minuten auf die Tram warten, die sich bald wieder gut füllt. Immerhin müssen keine Fahrgäste zurückgelassen werden.
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In der Baixa nutzen wir die Gelegenheit zur Mittagspause.
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Die Unterstadt ist streng nach einem Schachbrettmuster angelegt. Die meisten Gassen sind Fußgängerzone. Die Hauptachse Rua Augusta vom Rossio zum Praca do Comercio ist jedoch hoffnungslos überlaufen.
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Während wir gemütlich speisen, zieht ein Gewitter durch. Anschließend ist vom T-Shirt-Wetter nichts mehr zu spüren.
Werfen wir noch einen Blick auf den Elevador Santa Justa, vor dem sich natürlich auch eine lange Schlange gebildet hat, da es sich um eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Lissabons handelt. Die Stahlkonstruktion erinnert an den Stil von Eiffel, wurde jedoch von einem Schüler entworfen. Die 24h-Karte berechtigt sogar zur Nutzung des Aufzugs.
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Weiter geht’s zum Rossio. Blick durch den Springbrunnen zum ehemaligen Kloster Convento do Carmo, das seit dem Erdbeben 1755 eine Ruine ist
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Beitrag von Entenfang »

Blick nach Chiado
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Nochmal zieht ein kurzer Schauer durch und augenblicklich öffnet sich ein buntes Meer aus Regenschirmen. Es ist immer wieder faszinierend, wie anders die Einstellung der Menschen zum Wetter sein kann. Bei uns würde sich bei einem leichten Tröpfeln niemand die Mühe machen, einen Schirm zu öffnen. Und die Norweger würden überhaupt nicht merken, dass Niederschlag fällt…
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Sicherheitshalber wollen wir schon mal eine neue Tageskarte für morgen aufladen. Pustekuchen. Der Automat nimmt zwar Scheine, wechselt aber beim Betrag von 6€ nicht auf einen Zwanziger. Am Schalter labert erst eine Frau vor uns ewig herum, dann erfahren wir, dass man dort kein Geld vorhält und man uns deshalb weder einen Zwanziger wechseln noch Fahrkarten verkaufen kann. Immerhin klappt der Anschluss zum Bus und wir verfrachten die Einkäufe nun endlich in die Küche.

Eigentlich soll es zum Sonnenuntergang an den nahegelegenen Miradouro gehen, doch wieder zieht ein kräftiger Schauer durch. Im Anschluss klart es von Westen auf und gleich zwei Regenbogen entstehen im letzten Abendlicht.
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Viel ist von der Sonne nicht mehr zu sehen, als ich schließlich den Miradouro de Graca erreiche. Der bunte Abendhimmel ist dennoch beeindruckend.
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Blick über Mouraria, Baixa und Chiado zur Ponte 25 de Abril…
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…zum Miradouro Nossa Senhora de Monte, dem höchsten Aussichtspunkt der Stadt…
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…zum Kastell Sao Jorge…
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…und über das Häusermeer nach Westen.
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Direkt am Miradouro befindet sich die Igreja da Graca.
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Beitrag von Entenfang »

Auf dem kleinen Platz gibt es sogar ein wenig Grün.
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Anschließend zieht es mich nach Alfama, welches gewisse Ähnlichkeiten mit den Gassen von Portos Altstadt aufweist. Der Geruch des Abendessens streicht durch die engen Straßen.
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Kloster Sao Vicente de Fora
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Heute entscheide ich mich, die Gassen ganz ohne Tram zu fotografieren und diese stattdessen zu filmen.

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Dieser Abschnitt in Alfama gehört zu den engsten im Lissaboner Tramnetz.
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Während sich tagsüber hier Touristenhorden durch die engen Gassen quetschen, sind sie zu später Stunde ausgestorben.
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Ab und zu weichen die dicht gebauten Häuser und eine Sichtlinie auf den Tejo öffnet sich.
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Erst unten in der Restaurantmeile kehrt wieder Leben in die Gassen. Viele kleine Gaststätten warten auf Kundschaft. In einem Haus befindet sich eine Sporthalle.

Der Platz an der Kathedrale ist kaum mit dem Zustand bei Tage zu vergleichen.
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Von hier möchte ich nun mit der Tram zurückfahren. Doch wie man es von der 28 gewohnt ist – bei Takt 15 warte ich fast 25 Minuten, dafür kommen gleich zwei hintereinander.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 11 Tomar

Nach dem Frühstück fahren wir direkt zum Bf. Santa Apolonia. Der ursprünglich vorgesehene Bus wird auf der DFI zwar erst in zehn Minuten angekündigt, aber glücklicherweise gibt es mehrere Fahrtmöglichkeiten und eine andere Linie erscheint wenig später an der Haltestelle. Viele Menschen warten hier auf den Bus, vorwiegend Rentner. Vormittags unter der Woche ist das nicht verwunderlich.
Am Bahnhof angekommen müssen wir ausnahmsweise mal keine Nummer ziehen und auch nicht Schlange stehen sondern können direkt zum nächsten freien Schalter gehen. Die Mitarbeiterin kann leider nur rudimentäre Englischkenntnisse vorweisen, sodass erhebliche Verständigungsschwierigkeiten auftreten und wir auf den Kauf der Rückfahrkarte verzichten. Dank des Nichtanstehens bleibt noch Zeit für einige Bahnhofsbilder.
Die Fenster einer 5600 werden für die nächste Fahrt gereinigt
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Die in den 2000er Jahren modernisierten E-Tw 2240 werden auf vielen NV-Strecken, teilweise auch als IC eingesetzt.
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Die nächsten zwei Stunden legen wir fast ausschließlich auf der Hauptstrecke nach Porto zurück. Dabei passieren wir wieder unzählige Storchennester, einige mit Bewohner. Nur das letzte Stück führt eingleisig durch Hügellandschaft mit Korkeichen und Olivenbäumen.

In Tomar steht ein kurzer Spaziergang auf den Hügel an, auf dem die Christusritterburg steht.
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Im 12. Jahrhundert wurde vom Templerorden eine Burg zur Verteidigung errichtet, doch davon ist heute kaum noch etwas zu sehen. Ein Großteil der heute vorhandenen Anlage stammt aus dem 15. bis 17. Jahrhundert und gehört seit 1983 zum UNESCO Weltkulturerbe.
Von der geringen Zahl weiterer Besucher sind wir angenehm überrascht. Umso mehr Spaß macht die Erkundung des riesigen Areals, auf dem es viel zu entdecken gibt.

Am Eingangstor sind die Reste der Festung noch gut zu erkennen.
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Die Natur erobert sich manchen Ort erfolgreich zurück.
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Werfen wir als Nächstes einen Blick in die sechzehneckige Templerkirche aus dem 12. Jahrhundert, die einen achteckigen Mittelraum besitzt.
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Im 16. Jahrhundert wurde ein gotisches Kirchenschiff, die Christusritterkriche, direkt an die Templerkirche angebaut, hier vorne im Bild zu sehen. Im Hintergrund die sechzehneckige Templerkirche
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An der Westfassade der Christusritterkirche befindet sich das wohl bekannteste Fenster Portugals, reich im manuelinischen Stil dekoriert.
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Insgesamt gibt es acht Kreuzgänge. Hier der gemütliche Claustro do Cimiterio, in dem Ritter und Mönche des Klosters bestattet wurden.
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Doch auch der Hauptkreuzgang kann sich sehen lassen.
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Beitrag von Entenfang »

Nachdem man einige windige Wendeltreppen erklommen hat, bekommt man fast den Eindruck, über der Landschaft zu schweben.
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Zum Abschluss noch einen Blick in den Keller.
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Was wurde bloß in derart großen Gefäßen gelagert? Morgen gibt’s die Auflösung. Wein war es übrigens nicht.

Während es vormittags noch richtig warm war, zieht der Himmel allmählich zu und ein kühler Wind streicht über den Hügel.
Blick nach Nordosten…
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…und über die Dächer.
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Der Hunger treibt uns in das Stadtzentrum.
Auch in Tomar gibt es die obligatorischen Gassen.
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Die Igreja de Sao Joao Baptista am Praca Republica.
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Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, was ich von zugepflasterten Plätzen… Na gut, lassen wir das.

Wir begeben uns zurück zum Bahnhof, wo wir nach fünf Minuten Anstehen die Rückfahrkarten lösen. Wir erfahren, dass es für U25 25% Rabatt gibt. Hätte man das doch früher gewusst…
Die Rückfahrt verläuft ebenso unspektakulär und auf gleichem Wege wie die Hinfahrt. Nur die WC-Tür ist äußerst widerspenstig. Ein großer Fan der elektrisch angetriebenen Behinderten-WC-Türen war ich noch nie und diese hier lässt sich erst nach unzähligem Knopfdrücken, gutem Zureden und schließlich Handgreiflichkeit endlich schließen.
Im Kampf um den kompliziertesten Bahnhofsnamen schlägt man sich ganz gut in der 1. Liga mir Hedersleben-Wedderstedt und Ottendorf-Okrilla Nord.
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Beitrag von Entenfang »

Wir sind gerade zu rechten Zeit zurück, um das Stativ abzuholen und zur blauen Stunde wieder loszuziehen. Wer vermasselt es mal wieder? Richtig, die 28. Nach einigen Minuten an der Haltestelle kommt eine Bahn in die falsche Richtung, nach einer weiteren Minute zwei weitere direkt hintereinander. Dann kommt 10 Minuten nichts. Ich gebe auf, zumal man in eine jetzt Ankommende vermutlich ohnehin nicht einsteigen könnte und laufe einfach los. Durch das multikulturelle Mouraria baue ich die Höhe ab. Die verwinkelten Gassen dieses Viertels unterscheiden sich nicht wesentlich von Alfama, dennoch steht Mouraria in keinem Reiseführer.
Wieder begleiten mich die Düfte des Abendessens auf dem Herd, die Schwätzchen durch die offenen Fenster und die Fernseher in den winzigen Kneipen auf meinem Weg.
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Ich lande schließlich am belebten Martim Moniz, auf dem Menschen verschiedenster Herkunft verweilen.
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Hoch über dem großzügigen Platz thront das Castelo de Sao Jorge
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Da die 28 hier endet, hoffe ich auf einigermaßen regelmäßige Abfahrten für die Rückfahrt.
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Endlich klappt die Fahrt reibungslos – aber nicht ohne irgendeinen Mann, der den Fahrer vom Bahnsteig aus anschreit, bis dieser die Tür zuknallt und abfährt.
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Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von Entenfang »

Tag 12 Am Tejoufer

Heute sollen meine Füße nochmal geschont werden. Unweit vom Cais do Sodre gibt es einen Fahrradverleih. Der fahrbare Untersatz schlägt mit 14€ zu Buche.
Vorgesehen ist, immer dem Ufer entlang bis zum 1998 zur Expo errichteten Stadtteil Oriente zu fahren. Abgesehen vom Abschnitt Praca do Comercio bis Santa Apolonia gibt es inzwischen einen durchgehend befahrbaren Radweg.
Doch halten wir kurz an, um einen Blick auf die Kathedrale und die sich auftürmenden Häuser Alfamas zu werfen.
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Am Bahnhof Santa Apolonia befindet sich das Museu Militar. Dahinter ragt die Igreja de Santa Engracia empor.
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Hier beginnt der Fahrradstreifen entlang der Hauptstraße. Die ersten Kilometer führen durch wenig interessantes Hafengebiet.
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Warum wohl jemand das Fahrradfahren zum Slalomlauf machen möchte?
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Mit dem Erreichen des Neubauviertels wechselt die Kulisse plötzlich.
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Eine breite Uferpromenade zieht sich die Küstenlinie entlang. Wirklich fahrradfreundlich ist sie jedoch nicht, denn es gibt keinen Radweg und die Bodenplatten haben sich durch die Wurzeln an vielen Stellen zu unangenehmen Bodenwellen gehoben. Außerdem tauchen unerwartet Stufen auf.
Eine Seilbahn ohne jede Erschließungsfunktion führt einen Kilometer an der Küstenlinie entlang. Wer 6,50€ übrig hat, kann sie für eine Hin- und Rückfahrt nutzen.
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Im Hintergrund der Torre de Vasco da Gama, ein Hotel, und die Ponte Vasco da Gama, eine 17 km lange Autobahnbrücke, die seit 1998 über den Tejo führt.

Viele der Ausstellungshallen auf dem ehemaligen Messegelände werden auch heute noch genutzt.
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Der Portugal-Pavillon auf der linken Seite steht jedoch bis heute leer. In der Mitte die einem überdimensionalen UFO ähnelnde MEO Arena, eine Konferenz- und Veranstaltungshalle. Rechts das Oceanario, eines der größten Aquarien Europas.
Man merkt allerdings, dass allmählich der Zahn der Zeit an einigen Gebäuden nagt. Abseits des Stadtteilzentrums stehen ganze Häuserzeilen leer.

Im Parque das Nacoes genannten Stadtviertel erinnern Fahnen an alle teilnehmenden Länder.
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Machen wir noch einen kleinen Abstecher an die Gleise. Ein S-Bahnzug der BR 2300 hat Oriente verlassen.
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Auch wenn die Architektur nicht sonderlich spektakulär ist, gibt es einige interessante Gebäude.
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Beitrag von Entenfang »

Die schattige Alameda dos Oceanos lädt zum Verweilen ein.
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Springbrunnen im Detail
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Nach einem genauen Blick auf den Torre Vasco da Gama…
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…beginne ich den Rückweg. Statt dem Weg durch das Hafengebiet wähle ich eine Parallelstraße, die durch Lagerhallen und leerstehende Gebäude führt. Schließlich passiere ich ein kleines Stadtteilzentrum, das einst einen Straßenbahnanschluss besaß. Zumindest sind die Gleisreste der Wendeschleife noch zu sehen.
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Bald nähere ich mich dem Bahnhof Santa Apolonia.
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Ich beschließe, die Hauptstraße zu verlassen. Sofort geht es steil bergauf.
Die Einheimischen beäugen mich etwas skeptisch – wahrscheinlich bin nur ich verrückt genug, mich mit dem Fahrrad in die steilen, engen, kopfsteingepflasterten Gassen von Alfama zu wagen.
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Ich gebe zu, es war tatsächlich nicht eine meiner besten Ideen. Die Straße, durch die ich eigentlich eben zur Kathedrale weiterfahren wollte, ist wegen Baustelle gesperrt. Die an den Hauswänden für Fußgänger freigelassenen Wege sind derart schmal, dass sich zwei entgegenkommende Passanten nur mit Mühe aneinander vorbeiquetschen können. Es ist schlicht völlig unmöglich, mit dem Fahrrad irgendwie durchzukommen. Ich ziehe den Stadtplan zurate und versuche eine andere Route. Als es bald darauf mit mindestens 20% Steigung bergauf geht, kehre ich um und probiere eine andere Seitenstraße. Die endet schließlich an einer Kreuzung, die mir die Wahl lässt, das Fahrrad entweder eine von zwei Treppen hoch- oder eine Treppe herunterzutragen oder den Weg zurückzufahren, den ich gekommen bin. Ich entscheide mich für Letzteres.
Als ich endlich die Kathedrale erreiche, liegt sie wie geplant im schönen Nachmittagslicht. Doch ein Trambild scheint eine völlig aussichtlose Angelegenheit zu sein. Rikschas rangieren vor und zurück und parken direkt vor meiner Nase, stadteinwärts staut sich der Verkehr bis hier hoch, sodass immer ein Auto mitten im Bild steht. Wenn dann in unregelmäßigen Abständen mal ein oder zwei Trambahnen ankommen, springen mindestens drei Handyfotografen zu den zehn zufällig ins Bild gelaufenen Touristen dazu.
Als ich schon aufgeben und weiterfahren möchte, verschwindet der Stau auf mysteriöse Weise plötzlich. Keine Rikscha knattert ins Bild, kein Tourist fuchtelt mit seinem Selfiestick.
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Beitrag von Entenfang »

Absolut nicht umsetzbar ist leider mein Plan, die schön ebene und im übersichtlichen Schachbrettmuster angelegte Baixa mit dem Fahrrad zu erkunden. Auf den Straßen mit motorisiertem Verkehr stehen Autos dicht an dicht im Stau und alle anderen Straßen sind überlaufene Fußgängerzonen.

Bevor ich mein Fahrrad zurückgebe, lege ich noch einen kleinen Zwischenstop am Praca do Comercio ein, der wie schon am Namen erkennbar früher große Bedeutung für den Handel besaß.
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In der U-förmigen Bebauung um den Platz waren Zoll und Hafenverwaltung untergebracht. Der riesige Platz besitzt eine Fläche von etwa 35.000 qm. Bis zum Erdbeben im Jahr 1755 stand hier das Königsschloss Paco da Ribeira, weshalb der Platz (und die Metrostation) bis heute auch Terreiro do Paco heißt. Heute sind rund um den Platz einige Ministerien, aber auch Restaurants und ein Museum zur Geschichte Lissabons untergebracht.
Am Triumphbogen auf der linken Seite sind einige berühmte Portugiesen, darunter Vasco da Gama und Marques de Pombal, in Statuen verewigt. Unter dem Arco da Rua Augusta beginnt die überfüllte Fußgängerzone zum Rossio. Zentral auf dem Platz steht die Reiterstatue von Jose I., einem König von Portugal. Rechts im Hintergrund erhebt sich das Castelo de Sao Jorge über die Stadt.

Vom Cais do Sodre nehme ich die im Takt 20 verkehrende Fähre über den Tejo nach Cacilhas. Dafür lade ich auf meine freie Chipkarte zwei Einzelfahrten zu je 1,80€ auf. Die Fähre ist ziemlich voll, größtenteils Pendler auf dem Heimweg.
In Cacilhas gibt es eine Metro Sul do Tejo (MTS) genannte Stadtbahn, die im dichteren Takt als die Metro in Lissabon verkehrt. Seit 2007 wurde das 13 km lange Streckennetz etappenweise eröffnet. Zum Einsatz kommen ausschließlich Combino Plus.
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Bus und Bahn nahe der Endstation am Fähranleger Cacilhas
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Blick in die Gegenrichtung
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Ich folge der Strecke einige hundert Meter und lande in einer attraktiven Wohngegend.
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Beitrag von Entenfang »

Allmählich muss ich mich beeilen, um den Sonnenuntergang nicht zu verpassen und entscheide mich, die eine Station zurückzufahren. Eine Einzelfahrt kostet hier nur 0,85€ - allerdings brauche ich noch eine dritte Chipkarte, denn auf der ersten habe ich eine noch nicht benutzte Tageskarte und auf der zweiten die Rückfahrt mit der Fähre. Während es in der Mittagszeit sogar leicht getröpfelt hat, wurde es im Laufe des Nachmittags immer sonniger. Jetzt ist es völlig klar und nichts steht dem Genießen des Sonnenuntergangs im Wege. Naja, fast nichts. Mit der heruntergekommenen, vermüllten Uferstraße, an deren Bebauung Schilder vor Steinschlag warnen, könnte ich ja noch leben. Aber warum hat hier niemand eine Bank aufgestellt, um in Ruhe den Sonnenuntergang beobachten zu können?
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Eine Fähre nähert sich Cacilhas
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Einige wenige Menschen spazieren hier und schauen zu, wie die Sonne hinter der Ponte 25 de Abril im Meer versinkt.
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Der Torre de Belem im Abendrot
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In der Altstadt Lissabons bricht die blaue Stunde an
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Auf der Rückfahrt ist die Fähre ziemlich leer. Ein letztes Bild vom Tejo
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Die Heimfahrt mit Metro und Bus klappt mit durchschnittlicher Wartezeit ohne besondere Vorkommnisse.
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Beitrag von Entenfang »

Verehrte Leser, leider hat unser Reisebericht zurzeit etwa zwei Tage Verspätung. Grund hierfür ist die hohe Streckenauslastung. Der vor uns liegende Blockabschnitt ist jetzt wieder frei und wir setzen den Bilderbogen in Kürze fort. Bitte beachten Sie: Da es sich um ein stark ermäßigtes Angebot handelt, können keine Leserrechte geltend gemacht werden. Wir bitten um Entschuldigung.


Tag 13 Sintra & Cabo da Roca

Einer der Must-do-Tagesausflüge von Lissabon führt nach Sintra. Mit dem Bus fahren wir zur Metro, doch die letzten 200 m dauern über fünf Minuten, weil die Straße hoffnungslos zugestaut ist. Die 28er sind vollgestopft wie eh und je, zwei junge Männer fahren auf der Trittstufe mit. Die S-Bahnen nach Sintra fahren vom Bahnhof Rossio ab, der frühere Hbf Lissabons. Durch die neuen Bahnhöfe Santa Apolonia und Oriente hat er stark an Bedeutung eingebüßt. Jetzt noch schnell eine Fahrkarte für die S-Bahn kaufen, dann…
Moment mal.
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Ist das etwa die Schlange vor den Schaltern und Automaten? Leider ja. Obwohl an der CP-Verkaufsstelle im Untergeschoss dick und fett steht, dass hier keine Fahrkarten nach Sintra verkauft oder Infos gegeben werden, frage ich nach, ob man an den Automaten in der Metrostation auch Fahrkarten für die S-Bahn aufladen kann. Man kann und zwar mittels Zapping, das Aufladen eines Guthabens, von dem anschließend je nach Fahrtstrecke etwas abgebucht wird.
Der hilfreiche Auskunftsmitarbeiter in der Metro verrät mir, dass die Fahrt 1,80€ kostet. Man muss zwischen festgelegten Beträgen auswählen und ich entscheide mich für 5€, um für die Rückfahrt nicht wieder aufladen zu müssen.
Bis ich wieder zurück im Bahnhof bin, ist die Schlange erstaunlich weit fortgeschritten. Ich hätte nicht gedacht, dass wir die 20 Minuten später als eigentlich geplante S-Bahn noch mit Anstellen erwischt hätten.
Mit Spannung halte ich meine Karte an die Bahnsteigsperre, die mit einem gutmütigen Piep den Weg freigibt. Da auf dem ZZA des nächsten Zuges Melecas und nicht Sintra steht, wird er von allen Touristen verschmäht, obwohl es unterwegs schlanken Anschluss an eine S-Bahn nach Sintra gibt. Behauptet zumindest der DB Navigator.
Wir passieren endlose Hochhaussiedlungen. Im Vierer schräg gegenüber sitzen zwei junge Frauen. Beide haben ihre Lippen dunkelrot geschminkt, für ihren Geschmack aber wohl noch nicht dunkelrot genug. Eine zieht den Lippenstift einige weitere Male über die Lippen der anderen. Dann nimmt sie ein Tuch, um wieder einen Teil davon abzuwischen. Anschließend trägt sie noch mehr auf, um es wieder abzuwischen. Dieses Spielchen geht die nächste Viertelstunde mit weiter, manchmal zur Abwechslung mit offenem Mund oder verrenktem Kiefer.
Die Hochhaussiedlungen nehmen kein Ende. Lissabon wirkt irgendwie größer als München, obwohl die Stadt aufgrund massiver Abwanderung ins Umland weniger als 600.000 Einwohner besitzt.
Auf einer Teilstrecke fahren die Linie, in der wir sitzen und die nach Sintra parallel. Irgendwann beschließen wir, umzusteigen. Wenige Minuten später rollt der Anschlusszug bahnsteiggleich heran.
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Die S-Bahnhöfe müssen kürzlich modernisiert und auf den aktuellen Stand gebracht worden sein.

Immer noch stehen Hochhäuser entlang der Bahnstrecke. Erst kurz vor Sintra wird die Bebauung lockerer. Nach dem Aussteigen überprüfen wir am Automaten unser Guthaben, welches tatsächlich noch 3,20€ beträgt.
Sintra ist zwar ein hübscher Ort, doch rund um den bekannten Palacio Nacional reihen sich nur Touri-Buden aneinander. Schon von weitem ist der königliche Palast an den charakteristischen Schornsteinen der Küche erkennbar. Vom 15. bis 19. Jahrhundert war er nahezu durchgehend bewohnt.
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Es herrscht so viel Verkehr, dass an einer Kreuzung mit Vorfahrtsschildern zusätzlich Verkehrspolizisten aktiv sind. Sie bemühen sich darum, die Busse halbwegs zügig voranzubringen. Die Linie 434 fährt in die Nähe des auf dem nächsten Berg gelegenen Palacio de Pena und den Ruinen des Castelo dos Mouros. An der Haltestelle hat sich eine lange Schlange gebildet. Kein Wunder, denn auf den Linienbussen wird mit Hin- und Rückfahrt für 5€ geworben. Die Sightseeingbusse, die auf derselben Route fahren, erfreuen sich keiner großen Beliebtheit, weil sie mehr als das Dreifache kosten.
Wir entscheiden uns für eine Wanderung, die zuerst durch enge Gassen mit weiteren Touri-Buden führt. Schnell weiter.
Bald erhalten wir einen Blick über den Palacio Nacional und die Gegend um Sintra.
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Die Landschaft am Berghang ist wirklich wunderschön.
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Reste des äußeren Mauerrings um das Castelo dos Mouros
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Beitrag von Entenfang »

Der Aufstieg wird uns durch wohlklingende Musik versüßt. Einige Minuten später passieren wir einen jungen Mann, der am Wegesrand Klarinette spielt.
Der Ausblick ist nun nicht zu verachten. Links das Stadtzentrum von Sintra, nach rechts erstrecken sich die endlosen Hochhaussiedlungen über die nächsten 20 km bis Lissabon.
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Bald gibt der Märchenwald den Blick auf das Castelo dos Mouros frei.
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Wie schon am Namen zu erkennen, wurde die Festung von den Mauren im 8. Jahrhundert erbaut. Im 12. Jahrhundert wurde es von portugiesischen Streitkräften besetzt. Abgesehen von der regelmäßig genutzten, im Anschluss an die Eroberung erbauten christlichen Kapelle verlor die Anlage an Bedeutung. Beim Erdbeben im Jahr 1755 wurde die verlassene Festung schwer beschädigt. Die Überreste können heute besichtigt werden.
Wir lassen die Festung jedoch rechts liegen und laufen weiter zum Palacio da Pena. Bereits auf dem Wanderweg waren nicht wenige Menschen unterwegs, doch ab dem Parkplatz am Parkeingang zum Palast herrscht aus Lissabon gewohntes Gewusel. Vom Eingang in den Park bis zum Schloss ist noch ein halber Kilometer steil bergauf zurückzulegen. Wem angesichts des Eintrittspreises die Spucke wegbleibt, der kann nochmal 3€ investieren und sich in die Schlange stellen, um anschließend mit einem Elektrobus bis vor das Eingangstor kutschiert zu werden.
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Das kunterbunte, kitschige Schloss mit einer Mischung diverser Baustile wird auch Neuschwanstein Portugals genannt.
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Der Palast wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut und diente als königliche Sommerresidenz.
Die beliebte Touristenattraktion ist natürlich hoffnungslos überlaufen. Die dreifache Kartenkontrolle tut ihr Übriges für unnötige Warteschlangen.
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Wir beginnen einen Rundgang über die Mauer. Während wir beim Aufstieg auf der windgeschützten Seite des Berges etwas ins Schwitzen gekommen sind, ziehen wir nun alles an, was wir im Rucksack finden. Kalter Wind macht den Aufenthalt sehr ungemütlich.
Doch für den Ausblick lohnt es sich definitiv. In einer kurzen Wolkenlücke erstrahlt das Castelo dos Mouros im Mittagslicht.
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Der Hauptturm stellt eine Nachbildung des Torre de Belem dar.
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Blick in die Kapelle mit bemalten Glasfenstern Made in Germany.
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Beitrag von Entenfang »

Der Besichtigungsweg der Innenräume ist als Einbahnstraße angelegt und besteht quasi aus einer ununterbrochenen Menschenschlange. Da bleibt reichlich Zeit zum Knipsen…
Innenhof
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Tischlein-deck-dich
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Ökologische Nische
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Wir wandern durch die großzügige Parkanlage auf den 529 Meter hohen Cruz Alta, die höchste Erhebung der Serra de Sintra.
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Der Ausblick auf den Palast kann sich sehen lassen.
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Schon am Schloss war ein ständiges Brummen im Hintergrund zu hören, jetzt ist es unangenehm laut. Von hier erkennen wir nun auch den Grund: Ein Autorennen. Der Wind treibt die Geräusche bis auf den Gipfel, sodass wir das Gefühl haben, direkt daneben zu stehen.

Nach dem Abstieg machen wir uns auf den Rückweg zum Bahnhof. Doch vorher noch einen Blick zurück auf das Castelo dos Mouros, welches hoch über Sintra thront.
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Am Bahnhof fährt der Bus zum Cabo da Roca ab. Der Fahrplan des Betreibers Scotturb stimmt also doch und nicht die angegebenen Zeiten der multimodalen Auskunft Transporlis.
http://www.scotturb.com/carreiras/horarios http://www.transporlis.pt/Default.aspx?tab...&language=en-GB
Der Bus verkehrt im Takt 30 und ist durchaus gut nachgefragt. Unser Restbudget auf der Fahrkarte reicht nicht mehr, denn die Fahrt kostet 4,15€.
Durch bewaldete Hügel fahren wir bergab, nachdem wir eine Ehrenrunde über den etwas außerhalb liegenden Busbahnhof gedreht haben. Dabei folgen wir einer Weile der Tramstrecke Sintra – Praia das Macas, auf der leider nur zwei- bis dreimal am Tag eine historische Bahn verkehrt. Obwohl am späten Nachmittag eigentlich keine Tram mehr unterwegs ist, gelingt mir zufällig ein Sichtungsbild.
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Beitrag von Entenfang »

In den Ortschaften ist der Fußweg entlang der Hauptstraße oft keinen halben Meter breit – kein Wunder, dass eine Frau ihre Einkäufe lieber über die Tramgleise schleppt. Nach einer Schleife über ein Dorf und zurücksetzendem Gegenverkehr an einer Engstelle wird mir allmählich klar, warum die Fahrt über 18 km 35 Minuten dauert. Über kurvige Landstraßen nähern wir uns dem Meer. Ohne erkennbaren Grund haben wir inzwischen +11 eingesammelt und die unzähligen wartenden Fahrgäste dürften diesen Wert nochmal erhöhen.
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Die Landschaft wird von der Abendsonne angestrahlt.
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Der südwestlichste Punkt des europäischen Festlandes ist den Elementen schutzlos ausgeliefert. Kräftige Windböen kommen ungebremst vom Atlantik entgegen und mir ist trotz Winterkleidung nicht warm.
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Knapp 150 Meter fällt die Steilküste zum Meer ab.
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Trotz der Kälte genieße ich den Sonnenuntergang.
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Leider versteckt sich die Sonne immer stärker hinter der Wolkendecke und verschwindet schließlich ganz.
Während ich zurück zur Haltestelle laufe, bricht auch schon die blaue Stunde an. So weit im Süden geht das immer so schnell…
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Und siehe da, der Folgekurs steht mit +15 noch an der Haltestelle, während der letzte einsteigende Fahrgast bezahlt. Mit drei großen Sätzen springe ich ebenfalls in den Bus, bezahle 3,25€ und nehme den letzten freien Sitzplatz ein. Nach mir kommt eine junge Frau angerannt und fragt, ob die Zugfahrkarte von Lissabon nach Sintra auch auf der Strecke nach Cascais gilt. Der Busfahrer bejaht, drei weitere Fahrgäste steigen zu und alle bezahlen mit einem 10€-Schein. „Why does nobody in this bus have change?“, seufzt der Busfahrer und klaubt Münzen aus der Wechselkasse zusammen. Mit annähernd +20 geht es weiter. Der Fahrer bemüht sich sehr, die Verspätung herauszufahren und brettert über die Landstraße, die sich durch die Dunkelheit der Ausläufer der Serra de Sintra schlängelt. Irgendjemand schafft es, sich derart an eine Haltestange zu lehnen, dass dabei ständig unabsichtlich die Haltewunschtaste betätigt wird. Beim dritten unnötigen Halt murrt der Fahrer etwas auf Portugiesisch, aber höchstwahrscheinlich ist ein Tourist dafür verantwortlich.
Weiter geht’s mit 65 durch Stadtrandsiedlungen von Cascais. Und wieder ein unnötiger Stop. Wieder Murren. Endlich am Busbahnhof angekommen, bleiben uns zehn Minuten bis zur Abfahrt der S-Bahn. Wir nehmen den falschen Ausgang, sodass wir einen kleinen Umweg gehen müssen. Am Bahnhof angekommen sind es noch vier Minuten. Eigentlich reichlich Zeit. Eigentlich. Mein Ticket entlockt der Bahnsteigsperre nur ein protestierendes rotes Licht. Bei meinen Mitreisenden funktioniert es dagegen einwandfrei – dabei sind wir doch exakt die gleiche Strecke gefahren… Ich sprinte ein paar Meter zum nächsten Fahrkartenautomaten. Der erste Aufladeversuch schlägt fehl. Weniger als eine Minute. Neuer Versuch. Oh Gott, wie viele Zonen waren es nochmal von Lissabon bis Cascais? Ich muss wohl 3 ausgewählt haben, was sich aber im Nachhinein als zu wenig herausgestellt hat. Oder ich habe etwas ganz anderes ausgewählt. Es hat jedenfalls 1,85€ gekostet (Wichtig für die Statistik) und mir in der letzten Sekunde die Bahnsteigsperre geöffnet. Unmittelbar hinter mir schließen die Türen, die S-Bahn setzt sich in Bewegung und rattert durch die Nacht.
Doch oh weh, beim Verlassen des Bahnsteigs in Lissabon leuchtet die Sperre wieder rot. Da weit und breit kein Personal in Sicht ist, bin ich gezwungen, eine fragwürdige Methode anzuwenden, um meinem Gefängnis zu entkommen.
Bevor es in die Metro geht, checke ich meine drei Karten. Zwei sind leer und auf der Dritten ist immer noch das Guthaben von 3,20€ drauf. Habe ich etwa in Cascais die falsche Karte an das Lesegerät gehalten? War nicht eigentlich auf Karte Nr. 2 noch eine unbenutzte Tageskarte? Wie sehr ich doch die moderne Technik liebe. Man weiß nie so genau, was sie macht.
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