Iarn @ 4 Jul 2016, 11:34 hat geschrieben:Das mit dem Forum sehe ich mittlerweile leider genauso. Und wenn man gegen offensichtlich rechtsextreme Argumentation (wie Biologismus) protestiert, [...]
Ich häng mich mal hier mit dran, gehe aber zunächst von der kritisierten Rolle der Moderation etwas weg:
Ich hab diese neuerliche Diskussion schon gestern angelesen, es dann aber abgebrochen, weil die Richtung absehbar war, nachdem Jackie sich über "AgD" echauffiert hatte und der russische Spion mal wieder sein U-Boot verlassen hat, um seine Erfahrungen, seine Freunde als allgemeingültig und repräsentativ rauszukehren. Ebenso klar war, dass das Kindl wieder aus seiner Versenkung auftauchen wird und irgendetwas aus dem Populistenbaukasten über den "Islam" zum besten geben wird, nachdem er sich an einem Beitrag angehängt hatte -
und siehe da: genau so ist es gekommen.
- Einleitend wird ein Satz reingetippt, der provozieren will und an den ein Lach-Smiley rangeklatscht wird.
- Als nächstes wird die imaginierte Zielgruppe angesprochen, diesmal sind "alle" gemeint, und "alle" meint ausdrücklich ALLE, die "immer so viel Toleranz und Willkommenskultur gegenüber dem Islam fordern". Der bekannte Dualismus "wir gegen die", "oben gegen unten", "schwarz gegen weiß", "McDonalds gegen BurgerKing". Kindl gut, alle anderen doof.
- Dann werden die Vorwürfe formuliert: "alle", die für Religionsfreiheit (runtergebrochen auf Islam) schreiben bzw. eintreten, leben hier mit Zucker im Arsch, würden aber nie in "muslimischen Ländern leben wollen"; Stadtviertel werden muslimisiert, Länder werden mit der Religion gleichgesetzt (Politik, Soziales, Tradition, Wohlstand, Ressourcen, usw. werden ausgeklammert) und sie als ausschlaggebende Variable gingestellt, Frauen & "Köln" -
es wird immer in die gleiche Kerbe geschlagen, es wird immer das (fast) Gleiche gesagt, es werden immer die selben Beispiele bemüht.
Seriöse Quellen? Von Kindl gar keine, von Jackie werden immer die üblichen Verdächtigen "Huffington Post", "Focus", seit neustem "Cicero" und nun auch PI angeführt. Alles Kandidaten, die rechts stehen ("Cicero", PI), was als Verortung nicht verwerflich ist, oder für's
Clickbaiting (wiki) optimierte Medien, die mit reißerischen Überschriften, die erkennbar rechte Klischees bedienen, Klicks generieren und so ihre Werbeeinnahmen steigern wollen ("Focus", "Huffington Post").
Belege? Kindl und der Spion rekurrieren auf Allgemeinplätzchen, auf irgendeinen Common Sense ("westliche Freiheit", "Köln", meine Freunde), ohne diesen genau auszuführen. Jeder kann sich seinen Kram hineindenken, jeder kann mitfühlen und sich an seinem Gut-Böse-Radar orientieren - und genau auf dieses Fühlen kommt es speziell bei Kindl offensichtlich an: Irgendwo leben zu müssen fühlt sich scheiße an. Stadtviertel mit Muslimen fühlen sich scheiße an. Muslimisierte Stadtviertel fühlen sich scheiße an. Ihr kennt sowieso keine Muslime, ihr wisst also nicht, wie scheiße sich das anfühlt.
Mit diesem Fühlen geht eine Dekontextualisierung einher, aus der sich der allgemeingültige Richtigkeitsanspruch speist, so dass dagegen argumentieren wieder erschwert wird. Beispiel München (schön noch auf die eigene Lebenswirklichkeit runtergebrochen) mit "Hasenbergl" und "Neuperlach Süd", wo er sich nicht vorstellen könne (wie sonst lässtt sich das Gefühlte als Bürge für die Richtigkeit der eigenen Wahrnehmung sonst noch besser darstellen als mit dieser Formulierung??), dass dort ein anständiger Doitscher leben wollen würde. Ohne Kontext, als ob man sich heute in München bei der angespannten Wohnsituation seine Wunschwohnung aussuchen könnte.
Was ich sagen will: Gegen diese Gefühle lässt sich schwer argumentieren. Und weil die Gefühle immer und immer wieder vorgebracht werden, verstärken sie sich. Genau das macht speziell Kindl, er bringt immer wieder "den Islam" bzw. "den IS-lam" hier rein, immer wieder in der gleichen Form: Provozieren, einmal ausführen mit Common-Sense-Bezug und dann in weiteren Beiträgen noch provozierend oder beleidigend (
"Der Einzige der hier einen massiven Schaden bist Du!") nachtreten. Danach geht's wieder auf Tauchstation, bist in ein paar Wochen die nächste Sau durch's Dort getrieben werden kann.
Es läuft immer nach diesem Muster, in jedem Thread, der sich halbwegs dafür anbietet: Flüchtlingsfrage, allgemeine Politik, Europa, S-Bahn München, Tessiner Burka-Gesetz - und sicher noch ein paar andere.
----
Ganz ehrlich, mir fehlen so langsam die Worte für das, was hier abgeht.
Sortieren wir es ein bisschen: Es heißt gerne, man solle gegen solche Ansichten mit Fakten resp. mit "besseren" Argumenten argumentieren. JA, MUSS MAN.
Andererseits setzt eine Diskussion auch gewisse Konventionen voraus. Sei es nur die Bereitschaft des Wissenserwerbes, dann folgt daraus unweigerlich eine Reflexionsbereitschaft, um die Argumente anzunehmen, zu bewerten und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Reflexion spricht IMHO auch dafür, nicht immer die gleichen (Gegen-)Argumente vorzubringen und sich den Regeln zu unterwerfen.
Ersteres sehe ich nicht, die Kernthese "Islam = böse" wird aus dem Populistenbaukasten zusammengesetzt, immer die gleichen Argumente und Argumentationsstile (eigenes Erleben, subjektives Empfinden, mangelnde Belege - und natürlich die Umkehr der Belegpflicht: ich behaupte was, du musst mich widerlegen ->
so kann keine Diskussion auf Dauer funktionieren). Letztlich läuft das darauf hinauf, eine Diskussion zu sprengen: Sie wird mit der eigenen These überladen und in die entsprechende Richtung gelenkt, das eigene Gedankengut wird an den Mann gebracht und wenn die Diskussion lahmgelegt ist, steht der Kram im Netz und man hat noch einen persönlichen Erfolg gefeiert.
Zweiteres ist dahingehend bemerkenswert, dass Kindl versucht, die Regeln dahingehend auszutesten, was er gerade noch sagen darf, ohne gesperrt zu werden. Gerne nimmt er ein, zweie gerade noch so duldbare Formulierungen, dann kommt ein mindestens nahe am Rassistischen stehender Punkt, und als Camouflage kommt wieder ein wenig was Harmloseres. Das ist das übliche Austesten der Grenze, das Anstrengen der Mod-Geduld und das kontinuierliche Ausweiten dessen, was sagbar ist.
@Mods: In meinen Augen
verfolgt Kindl damit eine klare Strategie, die auf einschlägigen rechten Seiten auch offen kommuniziert wird. Beispielhaft sei es an
diesem Leitfaden "Viraler Hass. Rechtsextreme Kommunikationsstrategien im Web 2.0. (PDF) der Amadeu-Antonio-Stiftung aufgezeigt:
[S. 9]Feindbilder kreieren – Zukunftsängste wecken
Schwerpunkt der offenen Aggression als Kommunikationsstrategie ist das Aufbauen und Aufrechterhalten typischer Feindbild-Strukturen. Verallgemeinerung und Vereinfachung komplexer sozialer Gefüge erzeugt ein künstliches »Gruppen-Wir«, das dann gegen das feindliche »Die Anderen« abgegrenzt wird. Durch die ständige Wiederholung radikaler Stereotype und fanatischer Zukunftsvisionen versuchen Rechtsextreme darüber hinaus, Ängste in der nicht-rechten Bevölkerung zu schüren.
Feindbild-Struktur: der Islam, die muslimischen Länder, "alle", die für Toleranz eintreten
Aufrechterhalten: die permanente Wiederholung
Verallgemeinerung & Vereinfachung: "leben wollen" in "muslimischen Ländern", Muslime in München, Wohnungssuche/Umziehen, Muslime in Mehrheit = Intoleranz samt Umkehrschluss Minderheit = Toleranz gefordert, zugleich ist das Rekurs auf einen angeblich kriegerischen Islam, so dass alle Muslime potentielle Feinde sind
"Gruppen-Wir": Wir Klarsehen gegen "alle" anderen sowie der Abschlussappell
Alle die hier immer gegen die AfD hetzen sollten dieser Partei dankbar sein, dass sie dafür kämpft, dass wir hier auch in 20 Jahren noch so leben dürfen wie wir es vor 20 Jahren gewohnt waren!
Zukunftsvision: erneut der Abschlussappell
Auf der nächsten Seite geht's noch weiter, und was dort steht lässt sich genau so auf andere Beiträge von Kindl anwenden, speziell das andauernde Verwenden von Kampfbegriffen.
Lässt sich mit immer gleichen Argumenten, mit immer gleich vorgetragenen dumpfen Thesen, auf Dauer eine hochwertige Diskussionskultur etablieren? Lässt sich damit diskutieren in dem Sinne, dass das "beste" Argument Geltung gewinnt? - NEIN, wer immer das Gleiche vorbringt und Intersubjektivität nur auf gefühlte Richtigkeit anwendet, mit dem lässt sich nicht diskutieren, reflektieren, Wissen generieren. Über einen simplen Meinungsaustausch à la "Ich mag mein Steak medium" vs. "Ich mag mein Steak blutig" vs. "Ich mag gar kein Steak" kommt so etwas nicht hinaus.
---
Abseits der notwendigen Diskussionsbereitschaft komme ich nochmals auf die Rolle der Moderation zurück. Zur Klarstellung: Ich spreche im Folgenden nur für mich, so wie ich die Sache sehe, auch wenn ich Bezug nehme auf andere Beiträge.
In der Rückschau dürfte hier mindestens einmal im Monat die "Islam-Frage" angerissen worden sein, mal in eigenen Threads, mal im Kontext allgemeiner Threads. Auch wenn das in allgemeinen Threads letztlich in viele Richtungen sich entwickeln kann, so lässt sich speziell bei den Usern
Münchner Kindl und
JLanthyer das Bemühen ausmachen, Diskussionen über dieses Thema gezielt anzustoßen, diese am Laufen zu halten und sie hochzukochen. Mir stellt sich nun die einfache Frage:
Soll das hier für die nächsten Monate so weiter gehen?
Wenn Ihr als Mods das wollt, dann macht weiter wie bisher, hier mal ein paar Beiträge einziehen, dort was stehen lassen - so lange der größte Teil der eigenen Islamophobie stehen bleibt, ist das für die User wohl verschmerzbar. Ist ja nicht so, dass sie viel Arbeit in Recherche oder Formulieren stecken.
Dann bedenkt aber, liebe (wirklich!) Mods, dass das häufige Aufploppen und weitgehende Laufenlassen der "Islam-Frage" auf das gesamte EF abstrahlt. Das kann positiv sein (nicht nur streng über Eisenbahn reden), das kann negativ sein (andauernd Politik, AfD & Islam? Wo bleibt die Eisenbahn?).
Damit verbunden setzt bei den anwesenden, "alteingeseßenen" Usern (wohl) auch ein Ermüdungseffekt, der sich an manchen Beiträgen ablesen lässt (
Bayernlover,
Iarn -
ich hoffe, ich versteh die entsprechenden Beiträge mit dieser Interpretation nicht miss, falls ja, bitte melden 
) mit einhergehender sinkender Bereitschaft, sich weiter einzubringen.
Und nun male ich mal ein Zukunftsszenario an die Wand, auch wenn das eine rechte Strategie ist: In dem Maße wie die "alteingeseßenen" Beiträge zurückgehen, seltener werden und weniger Eisenbahnbezug aufweisen, werden die islamophoben, eisenbahnfremden Beiträge zunehmen. Dann stehen ihnen nämlich weniger Widerworte entgegen und sie können ihre menschenverachtenden Gedanken, ihren Zweiklassendualismus und ihren Sieg offen zur Schau stellen.
Wenn das das EF der Zukunft sein soll, ein Eisenbahnforum, in dem nur noch hie und da über Eisenbahn diskutiert wird, dann seid Ihr auf einem guten Weg.